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Elden Ring im TEST: Wahrlich das bessere Dark Souls – dank Open World!

Es ist zwei Uhr Nachts. Im Arbeitszimmer brennt noch Licht. Aus dem Raum tönen Schlachtenklänge, Geschimpfe und angestrengtes Prusten. So oder so ähnlich könnt ihr euch unsere Testrunden mit Elden Ring vorstellen. Aber der hohe Schwierigkeitsgrad wird in diesem Testartikel nicht die Hauptrolle spielen. Denn „Elden Ring“ ist vor allem eins: Ein unglaubliches Abenteuer, das euch eure Geschichte selbst schreiben lässt.

From Software, die Entwickler der Dark-Souls-Serie, bringen weite Teile der bewährten Spielmechanik in die offene Spielwelt Zwischenland. Zahm sind die Weiten des Dark-Fantasy-Szenarios zweifellos nicht, aber die neuen Möglichkeiten ergänzen die Souls-Formel nahezu perfekt und öffnen dieses Spiel auch für all jene, die bislang keinen Spaß an From-Software-Games hatten.

Aber bedeutet das, dass „Elden Ring“ wirklich das von vielen so heißt herbeigesehnte Meisterwerk ist? Der Test klärt auf!

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Der Start in eine neue Welt

Diese Reise beginnt mit der Auswahl der Klasse. Zehn Archetypen stehen bereit und bestimmen euren Spielstil in den ersten Stunden. Wer gerne den Nahkampf sucht, schnappt sich den Helden oder den Krieger. Seid ihr mehr auf Magie und Fernkampf aus, wählt ihr den Astrologen. Und möchtet ihr euch gar nicht festlegen, startet ihr als Bettler und seid nicht nur mit ausgewogenen Talenten sondern nur mit Holzschild und Keule ausgerüstet.

Der Charakterbaukasten erweist sich als solide. Andere Action-Rollenspiele bieten aber deutlich mehr Optionen zur Individualisierung. Seid ihr dann über einige Irrwege endlich im Zwischenland angekommen, zeigt „Elden Ring“ sogleich seine Unterschiede zu anderen Open-World-Titeln wie Horizon Forbidden West oder Assassin’s Creed: Valhalla. Wirklich an die Hand nimmt euch das Spiel nicht. Quest-Marker oder andere Informationen habt ihr noch nicht, als ihr das Startgebiet Limgrave betretet.

Elden Ring - Open World
© From Software/ Bandai Namco

Aus der Intro-Sequenz aber wisst ihr natürlich, was euch blüht: Das Zwischenland liegt nach Kriegen, Seuchen und der Gier nach Macht in Trümmern. In bester Anlehnung an Tolkiens „Der Herr der Ringe“ müsst ihr als Befleckter die Lords besiegen und den Elden Ring erobern, um so das Zwischenland wieder zu befrieden. Wir sind ehrlich: Die Geschichte spielt eher eine unterschwellig Rolle und wird im Verlauf durch krude Charaktere langsam weiter erzählt. Diese trefft ihr unter anderem an der Tafel der Gnade – einer Art Hub-Welt – wieder. Ein klassisches Story-Game ist Elden Ring allerdings nicht.

Im Galopp durch Zwischenland

Auch ist es kein Spiel für zwischendurch. Ihr müsst euch mit „Elden Ring“ auseinandersetzen und dafür Lust und Zeit mitbringen. From Software überträgt aus Dark Souls bekannte Spielelemente auf das Szenario: Für besiegte Gegner sammelt ihr Runen, die ihr an Orten der Gnade in Stufenaufstiege investiert und so Charakterwerte verbessert. Tut ihr dies, erscheinen aber zuvor besiegte Feinde erneut und ihr habt zwar euren Spielfortschritt gerettet, müsst euch aber erneut durch die Reihen kämpfen. Geht ihr drauf, verliert ihr die bis dahin gesammelten Runen und habt genau eine Chance, diese zurück zu erobern. Erwischt es euch auf dem Weg, verliert ihr sie vollständig.

© From Software/ Bandai Namco

Allerdings beschert euch „Elden Ring“ diesmal mehr Optionen, damit derartige Faux-Pas nicht ganz so häufig vorkommen wie etwa in der Dark-Souls-Reihe. Allen voran Reittier Sturmwind. Mit dem gehörnten Gaul galoppiert ihr mit ordentlich Tempo durch die Welt und weicht so Feinden aus. Im Kampf ist Sturmwind ebenfalls enorm hilfreich: Schläge vom Ross herunter richten ordentlich Schaden an und das Umkreisen von Widersachern ist gerade in der ersten Phase des Spiels enorm nützlich.

Sturmwind unterstützt euch auch beim Erforschen der Welt. So nutzt ihr etwa Luftwirbel um auf höhere Ebenen zu gelangen oder kraxelt mit Sturmwind wie mit einer Bergziege durch das Gelände. Allerdings ist Sturmwind nicht überall nutzbar. In Katakomben oder auch bei Story-Bossen wird er automatisch deaktiviert.

Für besonders weite Wege greift ihr auf ein Schnellreisesystem zurück, das euch auf Tastendruck (und nach einer kurzen Ladepause) zum ausgewählten Ort der Gnade zurück bringt. „Elden Ring“ mag zwar bisweilen störrisch sein, aber habt ihr euch erst einmal mit den Mechaniken angefreundet, ist es vergleichsweise komfortabel.

© From Software/ Bandai Namco

Kampf, Loot und Upgrades

Im Fokus eurer Touren durch Zwischenland steht natürlich der Kampf. Egal, ob auf den saftig grünen Auen von Limgrave, in den finsteren Sümpfen der Seenlandschaft oder gar in Katakomben und späteren Regionen – Viele Freunde trefft ihr nicht. Dafür setzt euch From Software aber eine Fülle kreativer und vor allem tückischer Monster und Kreaturen vor.

Nehmt ihr es in Limgrave etwa noch mit Soldaten und Reitern auf, folgen später Tentakel-Ungeheuer, Baum-Riesen und andere Monstrositäten. Das Spiel streut immer wieder kleinere und mittlere Zwischenbosse und besondere Widersacher ein, um die Motivation hoch zu halten. Sie fordern, überfordern aber selten und dienen so dem schnelleren Stufenaufstieg. Das nimmt aber nichts von den eigentlichen Bossen weg.

An dieser Stelle möchten wir nicht spoilern. Aber freut euch auf harte Herausforderungen und jede Menge gruselige Gestalten und mächtige Fantasy-Wesen wie Drachen oder andere Kreaturen. Speziell in späteren Gebieten wartet „Elden Ring“ mit bissigen Monstern auf, die euch im schlimmsten Fall in Sekundenbruchteilen einen Kopf kürzer machen.

© From Software/ Bandai Namco

Um diesen Bestien Herr zu werden, erfordert es Geduld und Taktik. Ihr müsst euch Bewegungsmuster merken und entsprechend darauf reagieren. Zugleich aber schenkt euch Elden Ring auch mehr Hilfen. Beispielsweise ruft ihr andere Spieler um Hilfe oder holt euch gar einen NPC-Krieger an eure Seite. Unsere Favoriten waren aber die Geister, die ihr mit Hilfe einer Glocke heraufbeschwört. Wölfe, Skelettkrieger und andere Erscheinungen kämpfen dann an eurer Seite und sind vor allem eine willkommene Ablenkung für die dicken Brocken.

Die Kämpfe selbst sind gewohnt ausgezeichnet ausbalanciert. „Elden Ring“ setzt stärker auf magische Fähigkeiten wie Anrufungen oder auch Schimmersteinzauber. Das Freischalten und Experimentieren mit diesen Optionen macht im späteren Verlauf einen Großteil der Motivation aus und fügt sich ausgezeichnet in die Kämpfe an. Unterfüttert wird das Ganze durch ein robustes Charaktersystem, das neben Crafting-Optionen auch Waffen-Upgrades und die Erweiterung der Talente mit Hilfe von Kriegsasche zulässt.

Wichtig: Das Spiel überflutet einen nicht mit Loot. Crafting-Rohstoffe findet ihr zwar tonnenweise, geeignet Waffen und Rüstungsgegenstände sind aber eine Seltenheit und entsprechend besonders. Gleiches gilt für die Upgrades, auf die ihr hinarbeiten müsst.

Unschön fallen die immer wieder auftretenden Fehler auf: Schleicht ihr euch an Feinde heran und attackiert sie aus der Distanz, reagieren diese oftmals später oder gar nicht. Auch mit Höhenunterschieden kamen sie im Test alles andere als gut klar. Hier muss From Software dringend nachbessern. Gleiches gilt für gelegentliche Technik-Patzer: In Schloss Morne etwa blieb ein Ritter im Test immer wieder in der gleichen Tür stecken und versuchte uns zu attackieren. Immer wieder ploppen Texturen unschön auf uns es kommt zu kleineren Bildstörungen. All das beeinflusst den Spielspaß nicht wirklich negativ, fällt aber doch störend auf.

© From Software/ Bandai Namco

Der wahre Held ist Zwischenland

Wie eingangs erwähnt gibt Elden Ring ein ganz eigenes Spieltempo vor. Ihr werdet hier nicht im Schnelldurchlauf von Boss zu Boss eilen und die Hauptgeschichte binnen 20 Stunden beenden. Stattdessen ermutigt euch das Spiel, auch die Welt zu entdecken und genau darin liegt die große Stärke von „Elden Ring“. Das freie Erforschen schenkt euch die besten Momente und dafür ist die stimmungsvolle Inszenierung und die Kreativität des Spiel-Designs verantwortlich.

So sehr einen „Elden Ring“ auch immer wieder auf die Füße tritt, so häufig belohnt es einen auch mit tollen Momenten, denkwürdigen Schlachten und dramatischen Szenen. Wir hätten hier ein ganzes Tagebuch an Geschichten aufschreiben können, aber wir möchten euch das Erlebnis nicht durch Spoiler versauen. Deshalb: Auch wenn From Software das Rad der Open-World-Games sicherlich nicht neu erfindet, so sind gerade die Spielwelt und deren Atmosphäre das, was das Abenteuer auszeichnet.

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Olaf Bleich

Seit über 20 Jahren Spielejournalist, der sich in Polen die Hand gebrochen und trotzdem weiter Artikel geschrieben hat. Videospielgeschmack mäandert zwischen Shootern, Spaß und Stardew Valley – abgesehen davon besitzt er eine obskure Vorliebe für Wrestling.
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