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Kazunori Yamauchi lebt und liebt den Motorsport. Laut eigener Aussage hat er diese Leidenschaft bereits im Alter von nur drei Jahren entdeckt. Da scheint es auch wenig verwunderlich, dass der heute 54-jährige Yamauchi seinen ersten Wagen im Alter von 24 Jahren in einem Unfall verschrottete.
Yamauchi prägte die Gran-Turismo-Reihe über die vergangenen 25 Jahre. Und auch wenn das Interesse am Motorsport in der Community in der jüngeren Vergangenheit spürbar nachließ, so brennt der Chefentwickler bei Polyphony Digital weiterhin für sein Lebenswerk. Aber nicht nur für ihn und Polyphony Digital ist Gran Turismo wichtig, auch die Marke Sony PlayStation profitierte maßgeblich von dem Erfolg der Rennspielserie. Lange Zeit war Gran Turismo einer der Kaufgründe für eine Sony-Konsole.
Dieser Hype hat sich spätestens mit dem 2017 erschienenen „Gran Turismo: Sport“ ein wenig verabschiedet, welches gerade zum Launch nicht den Ansprüchen genügt. Mit Gran Turismo 7 soll das anders laufen. Und so präsentiert sich die Rennsimulation als gewaltige Hommage an den Motorsport, in der Autonarren ihre neue Heimat finden werden.
Gran Turismo 7 im Test: Die Welt des Motorsports
Zentrale Anlaufstelle bildet dabei die Weltkarte. Von hier aus sucht ihr euch neue Aufgaben, springt in den Online-Modus oder passt euren Fuhrpark an. Wie schon in früheren Serienablegern liegt die Motivation auch in „Gran Turismo 7“ vor allem darin, möglichst viele teils normale, teils exotische Autos mit virtuellen Credits einzukaufen, zu verbessern und vor allem natürlich zu fahren.
An den Anfang dieser Reise jedoch setzt das Spiel das Café und dessen Menü-Karten. Diese dienen nämlich als roter Faden (oder auch Kampagne) durch die Welt von „Gran Turismo 7“. Auf diesen Karten serviert euch das Spiel Aufgaben, die ihr bewältigen müsst und im Gegenzug weitere Funktionen wie Autos, Strecken oder auch einfach Belohnungen freischaltet. In den ersten Stunden etwa müsst ihr den Scapes-Fotomodus ausprobieren oder auch Sets bestimmter Boliden wie etwa Kompaktwagen freischalten.
Das System ist selbsterklärend und erleichtert den Einstieg spürbar, da es euch so spielerisch erweiterte Funktionen wie das Tuning oder das Anpassen der Fahrzeuge erläutert. Vervollständigt ihr Auto-Sets, erhaltet ihr zudem ein Erklärvideo über deren Hintergründe. Wie Yamauchi in Interviews betonte, wolle man so auch Wissen vermitteln und das Interesse am Automobil wecken.
Ganz wichtig: „Gran Turismo 7“ bietet trotz Weltkarte keine offene Spielwelt oder dergleichen. Die Weltkarte ist lediglich eine Art Hub, von wo aus ihr die einzelnen Optionen ansteuert. In seiner Präsentation gibt sich „Gran Turismo 7“ zwar edel und hochwertig, allerdings verzichtet das Spiel komplett auf Sprachausgabe.
Sämtliche Erklärungen (selbst in den Belohnungsvideos im Café) setzen stattdessen auf Texte. Das passt nicht wirklich zum Anspruch von „Gran Turismo 7“ und sorgt mitunter auch dafür, dass die Präsentation abseits der Strecke altbacken und arg nüchtern daher kommt.
Schnapp sie dir alle
Doch dieses Manko ändert nichts daran, dass einen „Gran Turismo 7“ schnell in seinen Bann schlägt. Denn das Spiel überschüttet einen förmlich mit Belohnungen: Credits, Roulette-Tickets mit zufälligen Preisen, Autos und Tuning-Teile regnen hier förmlich vom Himmel. Und so seid ihr non-stop damit beschäftigt, neue Veranstaltungen zu beenden und den eigenen Fuhrpark zu erweitern. Neue Wagen wiederum heben eure Sammlerstufe an. Mit Stufenaufstiegen gibt es ebenfalls frische Extras.
Eure sauer verdienten Credits investiert ihr bei drei Händlern (Gebrauchtwagen, Legendäre Autos und Brand Central) in neue Spielzeuge. Im Tuning-Shop kauft ihr leistungssteigernde Upgrades ein und verbessert so die Leistung auf der Strecke. Seid ihr mit bestimmten Autos besonders viel unterwegs, nehmen diese „Schaden“. Im GT-Auto-Menü könnt ihr eure Lieblinge pflegen und ihnen etwa einen Ölwechsel oder eine Wäsche verpassen. Zudem könnt ihr hier auch die Wagen mit Spoilern, Felgen und anderen Teilen anpassen oder mit Lackierungen individualisieren.
Im Anschluss winkt der Scapes-Fotomodus, wo ihr eure Wagen in entsprechender Kulisse inszeniert und fotografiert. Scapes ist optional und vor allem für den Austausch mit anderen Gran-Turismo-Fans gedacht. Die hier integrierten Möglichkeiten sind enorm und erlauben das Schießen professioneller Bilder. Und wenn ihr einen Spielmodus abseits der klassischen Time Attacks sucht, probiert die Musik Rallye aus und fahrt anstatt gegen die Zeit gegen die Beats der ausgewählten Songs. Klingt seltsam, bringt aber tatsächlich einen anderen Gameplay-Ansatz mit sich und ist für zwischendurch unterhaltsam.
Kurzum: Auch abseits der Rennen gibt es in „Gran Turismo 7“ viel zu tun. Gran Turismo 7 ist in Puncto Umfang ein wahres Monster und wartet mit vielen Funktionen zum Zeitvertreib, aber auch zum Spielfortschritt auf. Größter Kritikpunkt sind hier sicherlich die aufdringlich platzierten Mikrotransaktionen, die einen ständig darauf hinweisen, dass man Credits ja auch im PlayStation Store kaufen könnte.
Auf der Strecke unschlagbar?
Doch auch wenn „Gran Turismo 7“ viel Spielraum für Kritik zulässt, Motivation und Gameplay stimmen über weite Strecken dennoch. Vor allem der pure Racing-Aspekt überzeugt: Sobald eure virtuellen vier Reifen den Asphalt berühren, ist das Rennspiel in seinem Element. Zum einen sieht „Gran Turismo 7“ erstklassig aus. Die Kurse sind herrlich detailliert und Strecken wie der Nürburgring sind ihren realen Vorbildern bis ins kleinste Detail nachempfunden. Gleiches gilt für die Fahrzeuge, die heimlichen Helden von „Gran Turismo 7“. Besonders schön sieht das Spiel zweifellos inmitten von dynamischen Wettereffekten oder Tages- und Nachtwechseln aus.
Auch wenn das Spiel Hilfefunktionen – etwa für Bremsen und die Ideallinie – anbietet, solltet ihr auf lange Sicht darauf verzichtet. Ansonsten verpasst ihr die größte Stärke von „Gran Turismo 7“. Jeder Wagen steuert sich anders und fühlt sich anders an. Kleinigkeiten beim Tuning oder auch den verbauten Teilen sind sofort spür- und sogar hörbar.
Dank der Funktionen des Dualsense-Controllers spürt ihr das Fahrverhalten eures Boliden und merkt, wenn er ausbricht oder wie die Bodenbeschaffenheit ist. Gerade die Kurvenfahrten profitieren massiv vom Handling und so erkennt ihr Gewichtsverlagerungen leichter und könnt darauf reagieren. In seinen Rennen macht „Gran Turismo 7“ immer wieder Gebrauch von den Eigenheiten der Vehikel. Beispielsweise müsst ihr mit untermotorisierten Fiat 500 über eine hügelige Strecke rasen. Das Ergebnis: Wir juckeln mit 30 Kilometern die Steigung hoch – und haben Spaß dabei.
In den Events der Menükarten bestehen die Rennaufgaben meist darin, Rennen zu gewinnen. Das Problem: In nahezu jeder Veranstaltung startet ihr als Letzter und müsst euch durch das Feld arbeiten. Ganz schön monoton! Ebenfalls schade: Die gegnerischen Piloten agieren alles andere als clever oder natürlich. Viel zu oft fahren sie einfach nur hintereinander her. Wirklich aggressive Piloten gibt es nur in den separaten härteren Veranstaltungen.
Für Abwechslung sorgen die bekannten Lizenzprüfungen, in denen ihr auf die Jagd nach Rekorden geht. Sehr schön: Im Anschluss erhaltet ihr ein Ranking mit euren Freunden, sodass ihr „passiv“ in Konkurrenzkampf mit ihnen tretet. Gran Turismo 7 benötigt stets eine Internet-Verbindung, ansonsten ist nur der Arcade-Modus spielbar. Im Test waren die Online-Komponenten zwar aktiv, allerdings waren die Lobbys noch verwaist und bei den täglichen Events gab es lediglich das Qualifying. Wir erwarten aber, dass das Spiel in Zukunft im Online-Gameplay und eSport oben mitfahren wird.
Einen zusätzlichen Farbtupfer hinterlassen die so genannten Missionen. Ähnlich wie die Lizenzprüfungen sind diese Aufgaben nicht sonderlich lang. Wollt ihr jedoch überall Gold einfahren und somit den Haupt-Bonus erringen, werdet ihr viel Zeit investieren müssen. Die Missionen bieten eine bunte Vielzahl an Aufgaben – vom Fahren im Windschatten bis zum Absolvieren bestimmter Streckenpassagen ohne Unfälle. In Verbindung mit dem Arcade-Modus und weiteren Rennarten liefert Gran Turismo 7 ein rundes Gesamtpaket.