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Das Horrorspiel Dead Island konnte dem Hype rund um seinen legendären Trailer nicht gerecht werden und doch hat es eine Menge Spaß gemacht, im Koop durch die Zombiehorden zu schnetzeln. Und obwohl man viel mehr über dieses Spiel kaum sagen kann, hat das Interesse der Community an einem Nachfolger irgendwie nie nachgelassen.
Nachdem es gleich zwei Wechsel beim zuständigen Entwicklerstudio gab und Dead Island 2 öfter verschoben wurde als der Abwasch in einem Junggesellenapartment, ist es nun erstaunlicherweise soweit: Mehr als elf Jahre später, am 21. April 2023, erscheint das Sequel und viele offene Münder begleiten starrende Augen und der allgegenwärtigen Frage: Hat sich die Wartezeit gelohnt?
Nach etlichen Stunden in Hell-A können wir euch nach besten Wissen und Gewissen antworten: Nein aber ja. Es ist halt nicht so einfach. „Dead Island 2“ zeigt sich in seinem Kern nämlich überaus stark, kann darüber hinaus aber kaum etwas liefern, das ihr nicht schon nach wenigen Spielstunden hochfrequent wiederholt habt.
Dead Island 2 im Test: Zombies, die grauenhaft hübsch sind
Leichenteile fliegen umher, Blut spritzt an die Wand, Augäpfel ploppen aus ihren Höhlen und schwabbelnde Eingeweide zeigen sich glitschig, eklig und bereit, jederzeit zu explodieren. Kaum war es so widerlich und gleichzeitig unterhaltsam, den Untoten endgültig den Garaus zu machen wie in „Dead Island 2“. Das Horrorgame von Dambuster Studios macht auf morbide Weise Spaß. Aber warum?
Ganz einfach: weil die Untoten so scheußlich gut aussehen. Eine angemessene Anzahl verschiedener Zombietypen, deren Skins sich nicht allzu oft wiederholen, haben schon in ihrem natürlich unnatürlichen Zustand eine bizarre Anziehungskraft, sobald ihr sie filetiert wird es aber noch schlimmer. Und damit meinen wir besser.
Dort, wo ihr die wandelnden Leichen trefft, erleiden sie überzeugend Schaden entsprechend eurer Waffe und der Kraft, mit der ihr zuschlagt. Schält ihnen die Haut ab, verbrennt sie, ätzt ihnen alles bis auf die Knochen weg, legt mit einem sauberen Schnitt ihr Gehirn frei, schneidet Gliedmaßen ab, zerfetzt ihnen das Gesicht und macht einfach all das, was man nun wirklich nicht machen sollte. Spaß.
Die Auswahl an unterschiedlich ausspielbaren Waffen ist relativ groß, die Menge an Schadenszonen pro Zombietyp ansprechend und die Möglichkeiten, die Wiedergänger in Scheibchen zu schneiden, sucht ernstzunehmende Konkurrenz. Dead Island 2 macht in seinem Kern also vieles richtig. Wer auf diese Art von Abendunterhaltung steht, sollte von Anfang bis zum Ende auf seine Kosten kommen … können.
Vor allen Dingen dann, wenn ihr im Koop durch die apokalyptische Welt von L.A. huscht, was eine Menge Freude bringen kann, einfach, weil das reine Grundprinzip so unterhaltsam ist und geteilte Freude oft halt doppelte Freude ist. Ihr findet ständig neue Waffen, könnt diese mit allerlei Modifikationen aufpeppen und Elemente nutzen, um noch mehr Schaden anzurichten.
Und das Ganze in einer wirklich hübschen Welt, die lediglich darunter leidet, dass viele Assets zu oft wiederverwendet wurden. Wer darüber hinwegsehen kann, bekommt ein Horrorspiel, in welchem die Zombies zwar nur selten eine echte Gefahr sind, aber einem Clown gleich sowohl Schrecken als auch Unterhaltung bringen.
Dead Island 2 im Test: Aufgeblähte Leichen explodieren saftig
Die 10 Bezirke, die ihr in der Kampagne erkunden könnt, sind relativ klein und bieten oftmals nur Variationen von bereits Bekanntem. Das gleiche gilt für beinahe alle anderen Inhalte. Sei es die Hauptgeschichte, die irgendwo auf dem Niveau eines weniger charmanten B-Movies herumstolpert, die eher langweilig geschriebenen Neben-Quests oder auch das System mit den Sammlerstücken.
Ihr erhaltet zwar reichlich Anregungen, warum ihr immer und immer wieder die gleiche Handvoll Aktivitäten wiederholen sollt, wirklich motiviert werdet ihr dabei jedoch nicht. Stattdessen wurde einfach alles extrem aufgebläht und das, obwohl es eh schon kaum richtig dicke Inhalte gibt. So könnt ihr die Kampagne in knapp 10 Stunden zu einem Ende bringen, nur, um jede Ecke noch einmal zu besuchen. Aber mit neuen Zombies.
Kehrt hierhin zurück, um noch eine Neben-Quest zu bewältigen, lauft nach dort, um einen Zombietyp zu jagen, den ihr erst in der Haupt-Quest freischalten musstet, lauft abermals nach A, um einen winzigen Bereich zu erkunden, der vorher nicht zugänglich war, und dann zum x-ten Mal nach B, weil dort erst jetzt eine Waffe gefunden werden kann, die ihr gar nicht mehr braucht und euch ohne New Game+ auch nichts mehr bringt.
Lange bevor ihr das Ende des Spiels erreicht habt, habt ihr im Grunde alles bereits zum mindestens zweiten Mal gesehen. Selbst der finale Boss ist nur aufgewärmte Suppe vom Vortag und die Handlung verbringt mehr Zeit damit, euch das theoretische Dead Island 3 schmackhaft zu machen, anstatt erst einmal den aktuellen Titel etwas besser zu würzen.
Dead Island 2 im Test: Weniger ist manchmal eben nicht mehr
Statt einem Fähigkeitenbaum habt ihr nun Karten, die ihr jederzeit ausrüsten und auswechseln könnt und die sich untereinander für nette Effekte kombinieren lassen. Klingt in der ersten Spielstunde so toll wie es aussieht, wird aber genauso schnell langweilig, weil die Abwechslung nur vorgespielt ist. So ist der Einstieg spaßig, der Langzeitspielspaß aber eher mau.
Seien es die Missionen, die Waffen, die Zombietypen oder eben auch die Fähigkeitenkarten: Alles ist erst einmal schön und grandios ausgearbeitet, bis man einen gewissen Punkt im Spiel erreicht und realisiert, dass dies nur für die grundsätzliche Idee gilt. Denn nach oben ist nicht nur Luft, es gibt ein grauenhaft erdrückendes Vakuum.
Lange vor dem absolut enttäuschenden Finale habt ihr bereits alles mehr als einmal gemacht, jede Kombination ausprobiert und jeden Spielinhalt ausgereizt. Danach steht eigentlich nur noch die Frage im Raum: Macht ihr gerne immer wieder genau das gleiche und bringt es euch mehr Freude, wenn ihr es mit Freunden tut? Wenn ja: super. Wenn nein: Mist.
„Dead Island 2“ wirkt, als sei der Fokus deutlich auf gewisse Inhalte gelegt worden, alles andere wurde dafür aber sträflich vernachlässigt. So ist das Spiel am Ende hübsch geworden und überzeugt mit einem sehr unterhaltsamen Kampfsystem und schauderhaft grauenhaften Zombies, mehr gibt es aber einfach nicht.