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Elemental: Der atemberaubend schöne Film von Pixar in der Kritik

Wenn wir mal den Ausreißer „Cars 2“ aus der Gleichung nehmen, gibt es eigentlich keinen Film von Pixar, von dem man sich nicht zumindest an einem gemütlichen, vielleicht sogar verregneten Samstagnachmittag berieseln lassen kann. Schließlich sind selbst die schlechteren Werke aus diesem Animationsstudio immer noch relativ unterhaltsam.

Und die Besten? Gehören in jedes Regal von Filmliebhaber*innen. Ob Elemental, der neue Film von Regisseur Peter Sohn, in dieser Liste von Must-Have-Titeln erwähnt werden sollte, ist aber noch fraglich. Denn obwohl das charmante und atemberaubend schöne Werk viele Stärken besitzt, ist die Handlung viel zu überladen, um zufriedenstellend zu einem Abschluss geführt zu werden.

Elemental: Unsere spoilerfreie Kritik zum neuen Pixar-Film

Abgesehen von dem Kurzfilm Teilweise wolkig hat Peter Sohn lediglich bei einem anderen Pixar-Film Regie geführt und zwar bei Arlo & Spot. Eine Produktion, die zwar qualitativ hochwertig ist, der aber nicht nur der gewisse Zauber fehlt, sondern auch Inhalte für ältere Zuschauer*innen. Am Ende des Tages ist es kindgerechte Unterhaltung, aber nicht mehr oder weniger.

Bei Elemental wollte man wohl genau diesen Fehler vermeiden und hat sich, so wie wir es von dem Unternehmen aus Kalifornien gewohnt sind, dafür entschieden, einen kinderfreundlichen Film zu erschaffen, der gleichzeitig reichlich Elemente für Erwachsene bietet. Und auch wenn der Mix aus Inhalten, die verschiedene Zielgruppen ansprechen wollen, in ihrem Kern funktioniert, ergeben sich dadurch dennoch Probleme.

Elemental: Unsere spoilerfreie Kritik zum neuen Pixar-Film
© Pixar Animation Studios/Walt Disney Motion Pictures Group

Denn Sohns Werk möchte einfach zu viele Themen auf einmal ansprechen. In „Elemental“ geht es um Rassismus, es geht um typische Geschlechterrollen, um Vorurteile im Allgemeinen, um Erwartungsdruck, um die Wahrnehmung von temperamentvollen Individuen und so weiter… Es werden beinahe so viele Themen angesprochen, wie es Probleme auf der Welt gibt.

Eine eigentlich lobenswerte Idee, deren Umsetzung jedoch die Gesamtqualität runter zieht, denn kaum eines dieser Themen wird zufriedenstellend abgearbeitet. Meist bleibt es bei einer Erwähnung, einem kurzen zur Schau stellen, bevor die eigentliche Geschichte fortgeführt wird. Die nun aber durchzogen von neuen Ansätzen ist, die durchaus relevant sind.

Wichtige Ansätze, vor allem mit Blick auf die Feinfühligkeit, die Pixar beim Ansprechen und Verarbeiten an den Tag legt. Wundervoll ist auch die filigrane Herangehensweise, wenn es darum geht, andere Blickwinkel aufzuzeigen und Figuren mit Tiefe darzustellen. Doch dieses Überladen mit allerlei Themen bläht den Film gleichzeitig auf, lenkt zu oft vom fokussierten Handlungsstrang ab.

Elemental: Unsere spoilerfreie Kritik zum neuen Pixar-Film
© Pixar Animation Studios/Walt Disney Motion Pictures Group

Elemental: Visuell ein unverschämt schöner Film

Das waren jetzt fünf Absätze, nur um zu zeigen, dass „Elemental“ vollkommen überladen ist. Diese sechs Absätze sollen in unserer Filmkritik als Kontrast dienen, um deutlich zu machen, wie wenig Pixars neuer Film wirklich falsch macht. Wäre es den Schöpfer*innen des Films gelungen, ein Stück konsequenter zu sein, es wäre ein Meisterwerk geworden.

Punktgenaue Situationskomik, sympathische Figuren, bodenständige Probleme und jede Menge Eigenideen, die sich wunderbar in die skurrile und dennoch herzlich schöne Geschichte einfügen. Über einige Details der Welt darf man zwar nicht zu sehr nachdenken, dafür sollte man bei anderen Themen in „Elemental“ genau das tun.

Der höchst ungewöhnliche aber stets außerordentlich schöne Animationsstil der Charaktere geht Hand in Hand mit der stellenweise fotorealistischen Szenerie, was bei einem Kinobesuch dafür sorgt, dass geneigte Zuschauer*innen visuell überwältigt werden können. Dieser Pixar-Film ist so unverschämt schön, dass es Animatoren weltweit Tränen in die Augen treibt.

Elemental: Visuell ein unverschämt schöner Film
© Pixar Animation Studios/Walt Disney Motion Pictures Group

Und über die Illumination, also der gezielte Einsatz von Licht in einem Film, können wir nicht einmal mehr etwas sagen. Seit Pixar in A Toy Story: Alles hört auf kein Komando in Sachen Beleuchtung neue Welten erobert hat, wurden die Grenzen von dem Animationsstudio ständig weiter nach hinten geschoben. Das Ergebnis: ein malerischer Fiebertraum.

Dennoch sollte und muss vielleicht sogar erwähnt werden, dass sich die stark stilisierte Welt und ihre Charaktere ebenfalls eher an ein jüngeres Publikum richten. Die Themen, die hier abgearbeitet werden, und manch eine tiefere Bedeutung hinter einzelnen Szenen, biedern sich dennoch Erwachsenen mit Kino- und Lebenserfahrung an, jedoch ohne Kinder abzuschrecken.

Pro:

  • Animation und Illumination sind auf einem anderen Level
  • Gut ausgearbeitete Charaktere
  • Schubladendenken wird geschickt an den Pranger gestellt
  • Liebenswerte Welt mit vielen interessanten Eigenideen
  • Schwere aber dennoch wichtige Themen werden kindgerecht angesprochen
  • Treffsichere Situationskomik

Kontra:

  • Zu viele Themen werden angesprochen aber nicht abgearbeitet
  • Lose Handlungsfäden am Ende des Films
  • Gelegentliche Leerläufe

„Elemental“ von Peter Sohn ist ohne Frage ein wunderschöner, einfühlsamer und ebenso cleverer Film, der lediglich darunter zu leiden hat, dass einfach zu viele Themen und gesellschaftliche Probleme auf einmal angesprochen werden. Da sie für die Figuren und ihre Welt jedoch wichtig sind, ist es problematisch, dass sie nur stellenweise aufgedröselt werden.

Heiner Gumprecht

Roter Magier des Lebens und grauer Jedi unter den Gruftis. Liebt alle Formen von Spielen, allen voran JRPGs und Pen and Paper. Cineast mit starken Gefühlen für den Mainstream und Dr. Nova der Philosophie. Ewiger One-Piece-Fanboy.
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