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The Mighty Quest for Epic Loot: F2P-Ausflug mit Erfolgschancen?

In einem Jahrhundert, in welchem immer mehr Menschen für immer mehr Markenbezeichnungen sorgen und ein Titel wie Scrolls plötzlich im Konflikt zur Marke The Elder Scrolls zu stehen scheint, wählt Ubisoft den sicheren Weg. The Mighty Quest for Epic Loot sprengt zwar den Rahmen dessen, was man gewöhnlich unter einer kurzen und knappen Identität für ein neues Onlinespiel versteht. Doch die Verwechslungsgefahr zur Konkurrenz bleibt gering. Bloß kein Risiko! Anders verhält es sich mit diesem bereits im Bereich des Gameplays. Schlösser bauen und Schlösser verteidigen – so die Essenz dessen, wovon man sich in Frankreichs Chefetagen Erfolg verspricht. Das Modell wirkt eintönig und fast wie eine Gefahr. Wir gehen mit unserem Abstecher in die laufende Beta aber auf Nummer sicher und verraten euch, welche Punkte für und gegen einen Besuch in The Mighty Quest for Epic Loot (MQEL) sprechen könnten. Doch sei gesagt: Noch hat das Onlinespiel seinen finalen Stand nicht erreicht.

Witz am Reißbrett

MQEL geht im Genre neue Wege, sofern man den neuen Schützling von Ubisoft überhaupt einer bestehenden Gameplay-Kategorie zuordnen kann. Folgerichtig können selbst erfahrene Gamer daher nicht auf ihre Routine-Griffe vertrauen oder sich mal eben von Menü zu Menü klicken. Stattdessen bedarf es eines gelungenen Tutorials, was man auch im Studio in Montreal verstanden hat und den Spieler sogleich fest an die Hand nimmt. Letztlich erklären sich die beiden zentralen Aspekte, nämlich das Angreifen und Verteidigen der Schlösser, aber wie von selbst. Allein dieser Umstand deutet darauf hin, dass Ubisoft nicht darauf hofft, Hardcore-Gamer an den Bildschirm zu fesseln, um diesen einen achtstündigen Spielabend zu versüßen. Mit großen Augen schielen die Verantwortlichen lieber auf den Casual-Bereich. Und wie garantiert man sich dessen Gunst am einfachsten? Genau: Man gibt den Spielern einfach das Gefühl, dass man es hier locker angeht. The Mighty Quest for Epic Loot baut daher gerne auf witzige Dialoge durch den Quest-Geber, die sich eigentlich gut in den Comic-Look einbetten. Leider schießen die Herren und Damen bei Ubisoft gerne über das Ziel hinaus. Die gekünstelt amüsanten Versuche wirken wie vom Reißbrett und hätten die Idee eines Amateurs sein können. Eine bessere Versorgung für das Zwerchfell ist in Videospielen durchaus möglich. Man blicke nur auf WildStar oder in die Offline-Abenteuer von Daedalic. Zum Glück vertraut MQEL aber selbst nicht auf lange Text-Passagen. Drei weitaus wichtigere Säulen geben dem Spiel nämlich seinen eigentlichen Charme.

Baustein Nr. 1: Taktik dank Verteidigung

Jeder heldenhafte Abenteurer braucht ein Eigenheim als Rückzugsort. So werden in MQEL kurzerhand alle Spieler zu Burgherren und Chefs ihrer eigenen Schlösser. Hier trennen unterschiedlichste Räume das Eingangstor von der Schatzkammer am Ende des Ganges. Als selbstbewusster Sparer sprudelt man natürlich vor Motivation über und denkt gar nicht daran, auch nur eine Münze des eigenen Besitzes dem Feind zu überlassen. Daher sind Angreifer auf ihrem Durchmarsch durch die Hallen aufzuhalten. Mithilfe mehrerer Gebäude, die den Bau und die Weiterentwicklung von Monstern und Fallen erlauben, geht es frisch ans Werk, um den Verteidigungswert des Domizils in die Höhe zu treiben.

Das Beschwörerportal bietet dabei die notwendige Auswahl an Kreaturen, wobei die Vielfalt mit dem Ausbau des Portals wächst. Anfangs dürfen Burgherren also noch Hühner und einfache Knochen-Gesellen in den Räumen individuell platzieren. Mit fortschreitendem Level greift man  auch gerne zu mächtigeren Boss-Gegnern. Platziert man ein Monster am gewünschten Punkt, so stellt das Spiel sicher, dass in dessen Umkreis nur noch eine bestimmte Anzahl anderer Verteidiger mitmischen darf. Dies schützt das Gameplay davor, unüberwindbare Hürden zu bauen oder verzweifelte Spieler in die Flucht zu schlagen. Insbesondere mit wachsender Kreaturenauswahl wissen die Spieler auch mit diesen gegebenen Restriktionen umzugehen und schaffen eine herausfordernde Mischung aus verschiedenen Mobs. Während etwa Zyklopen den Angreifer durch die Gegend schubsen, machen sich Knochenzauberer ans Werk um verstorbene Recken aus dem Boden zu stampfen, weshalb ihre Vernichtung oberste Priorität für den Eindringling genießt. Stichwort Taktik. Gerade in Kombination mit Fallen, die das Opfer verlangsamen oder mit Flammenstrahlen anbrennen, ergibt sich eine womöglich gar tödliche Mischung.

Wer sein Schloss nicht nur in Sachen Monster einem Wachstumsschub unterziehen will, sondern auch zusätzliche Räume einarbeiten möchte, der kann dies natürlich ebenfalls tun. Grundlage ist der Ausbau des im Hinterzimmer des Schlosses zu findenden Architektenbüros. Unterschiedliche Raumkonstellationen machen es dem Angreifer natürlich schwieriger, den Weg zur Schatzkammer zu finden. Zudem können Monster teilweise auf kleinerer Fläche verteilt werden und lassen anderen Spielern so weniger Möglichkeiten, um ihren Angriffen auszuweichen. All diese Optionen sollte ein angehender Burgherr berücksichtigen. Schafft es ein anderer Spieler nämlich, die Verteidigung zu durchschlagen, so nimmt er sich mal eben einen festen Prozentsatz des hauseigenen Goldschatzes mit. Diesen benötigt man in der Regel aber selbst für den Ausbau von Gebäuden sowie die Erforschung besserer Kreaturen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich auch in Eigenregie daran versuchen, mit seinem Charakter die Verteidigung zu durchbrechen. Grundsätzlich bleibt dies aber  Aufgabe der anderen Spieler.

Baustein Nr.2: Spielspaß dank Angriff

Natürlich kommt den Eindringlingen dabei die weitaus amüsantere Aufgabe zuteil, denn spätestens seit dem Kindergarten weiß ein Gamer: Wer vor die Wahl zwischen dem Aufbau und der Zerstörung von Bauten gestellt wird, der entscheidet sich immer für den Vorschlaghammer. Im Endeffekt aber ist jeder Angreifer an anderer Stelle auch Verteidiger, denn wer will schon die Kammern anderer Spieler plündern, nur um sich im Anschluss selbst ausrauben zu lassen? Die Stürmung feindlicher Schlösser hat dabei stets den gleichen Ausgangspunkt. Soll heißen: Zu Beginn des Manövers steht ihr mit eurem per Maus gesteuertem Charakter vor dem Burgtor, das euch freiwillig Einlass gewährt. Auf diesem Weg kommt das klassische Spielgefühl auf, das man vom Genre des Hack and Slay gewohnt ist. Angriffe und Fähigkeiten befinden sich auf der linken und rechten Maustaste sowie auf drei zusätzlichen Skill-Tasten. Der Casual-Gruppe bleiben unzählige Talente also erspart.

Das ist in der Tat gut so, denn insbesondere dann, wenn der Burgherr einen mit einer Ansammlung von 20 einfachen Mobs spielen lässt, braucht es keine große Überlegung, wie vorzugehen ist. In The Mighty Quest for Epic Loot ist daher oft das Draufhauen die richtige Devise und es macht einfach einen Höllenspaß, mal eben unzählige Feinde mit einem Schlag von der Bildfläche zu kloppen. Kniffliger wird das Ganze aber schnell, wenn das Schloss auf Taktik setzt und größere Bossfeinde beherbergt. Deren Strategie sollten Angreifer durchaus studieren, denn mit der Größe des Feindes wächst auch die Gefahr, den Boden zu küssen. Damit gelingt MQEL der schmale Spagat zwischen taktischem Know-how und stupidem sowie rücksichtslosem Prügeln, das nach einem langen Arbeitstag auch nicht schaden kann. Gerade vor den Toren der Schatzkammer dürfen Burgherren mehr Hindernisse platzieren als es in den anderen Flügeln des Gebäudes zulässig ist. Dies wiederum lässt die Spannung steigen und vermittelt das Gefühl anspruchsvoller Begegnungen – wie man es von Dungeons und deren Endbossen aus MMORPGs kennt.

Nach einiger Zeit entwickelt man vor dem Einstieg in den Kampf ein durchaus gutes Gefühl, wie man mit der lauernden Gefahr umgehen muss. Man erkennt etwa, ob man sich einfach ins Geschehen stürzen kann oder der Gegner einem womöglich das Ende bereiten wird. Dadurch wirkt The Mighty Quest for Epic Loot oft berechenbar. Will man ein Schloss mit Bestbewertung abschließen, dann steht das Ableben des eigenen Charakters aber nicht zur Debatte. Beißt man ins Gras oder erreicht die Schatzkammer nicht im vorgegebenen Zeitlimit, so bleibt die Schatztruhe am Ende des Ganges verschlossen. Dieses Zeitlimit scheint Fluch und Segen zugleich. Einerseits gibt es dem Spielerlebnis einen zusätzlichen Reiz und schützt vor Ermüdung. Andererseits ermuntert es dazu, sich in Windeseile durch die Hallen zu prügeln oder frühere Mobgruppen einfach links liegen zu lassen. In Anbetracht dessen, dass MQEL bislang lediglich diesen Spielmodus kennt, wären wir um etwas Abwechslung auch in Zukunft nicht verlegen. So könnte man auf das Zeitlimit pfeifen und den Abenteurer zur Erkundung der Räume motivieren. Truhen an entlegensten Orten könnten dem Spiel eine zusätzliche Inspiration bieten und auch die Kreativität der Burgherren ankurbeln. Ansonsten könnte man sich mitunter schnell von The Mighty Quest for Epic Loot abwenden. Kurzweilige Abstecher in das Free-2-Play-Spiel machen zwar richtig Spaß. Nach einigen Burgen kehrt aber Routine ein. Insbesondere in den niedrigeren Levelbereichen sind gegenwärtig zudem kaum mehr Spieler unterwegs, die die eigene Burg angreifen würden. Wer also zur Beta einsteigt, muss erstmal einige Level erklimmen, um sich zum Angriffsziel zu machen.

Baustein Nr. 3: Selbstverwirklichung durch Charakterfortschritt

Level erklimmen? Auch das geht in MQEL dank der dritten Säule des Spielprinzips – dem Charakterfortschritt. Schon zu Beginn steht euch die Wahl zwischen einem Krieger, Magier sowie Schurken, womit die bisher vorhandenen Klassen genannt wären. Zum Nachteil des Individualismus müsst ihr mit den vorgefertigten Charaktermodellen leben, denn The Mighty Quest for Epic Loot verweigert euch jegliche Anpassung. In unserem Abstecher in die Beta war uns dies persönlich kein Dorn im Auge – doch Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Immerhin erwarten den virtuellen Helden auch im weiteren Spielverlauf Möglichkeiten, um der Spielfigur eine eigene Note zu verabreichen.

Hierzu reicht ein kleiner Blick in das Menü der Fertigkeiten. Wie bereits beschrieben, finden lediglich vier Skills in der Leiste einen Platz. Dem Charakter stehen aber durchaus mehr Talente zur Verfügung. An dieser Stelle beginnen erste taktische Überlegungen, die darauf abzielen, das Maximum aus der Klasse herauszukitzeln. Mit dem Erreichen bestimmter Level entwickeln sich die Fähigkeiten zudem weiter, sodass man an gewissen Punkten dazu animiert wird, sein Setup zu überdenken. Oft ist es aber auch die brachiale Gewalt der eigenen Waffe, die über Sieg und Niederlage entscheiden kann. Im Voraus fiel bereits der Begriff des Hack and Slay – und tatsächlich lassen die Feinde in den gegnerischen Burgen manchen Krempel fallen. Das Repertoire reicht dabei von Gegenständen, die für die eigene Klasse überhaupt nicht denkbar sind und daher verkauft werden, bis hin zu seltenen Waffen und Rüstungen, die direkt im Anschluss Teil der Ausrüstung werden müssen. Unterschiedliche Werte für die Objekte bringen das Hirn ins Grübeln und stellen die Frage, ob man sich lieber offensiv oder defensiv ins Gemetzel begibt. Stellenweise geht der Zuwachs an kritischem Schaden im Falle unseres Kriegers zum Beispiel auf Kosten des Rüstungswertes. Wer die Schnauze voll davon hat, immer nur auf Loot vertrauen zu müssen, der baut sich sein Meisterwerk in der hauseigenen Schmiede mal eben selbst für die entsprechende Summe an Gold. Voraussetzung ist der sachgemäße Ausbau der Schmiede, damit das Angebot auch zum Charakterlevel passt. Gleiches gilt für die Möglichkeit, Tränke zu brauen.

Natürlich sind die Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung in The Mighty Quest for Epic Loot überschaubar. Dennoch bieten gerade die Erfahrungsleiste und der Levelaufstieg Orientierung in müden Zeiten. Je nach Schwierigkeitsgrad bieten Schlösser etwa unterschiedliche XP-Menge und schaffen so auch einen Anreiz, sich einmal härteren Herausforderungen zu stellen. Andererseits bleibt der Erfahrungsaspekt auch ein Fluch, solange Ubisoft es etwa erlaubt, dass Schlösser nur dem XP-Farmen dienen. Ein Schloss voller Hühner? Kein Ding der Unmöglichkeit und der Freiheit geschuldet, die die Entwickler den Spielern überlassen wollen.

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