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World of Warcraft: Neuerfindung des Heilens in Warlords of Draenor

Kurz vor dem zehnjährigen Jubiläum des Kult-MMORPGs World of Warcraft wollen die Entwickler mit dem Erscheinen von Version 6.0.2 die Rolle des Heilers grundlegend überarbeiten und interessanter gestalten. Ziel dabei sei es zum einen sämtliche Heilzauber grundlegend abzuschwächen und eine effizientere sowie durchdachtere Nutzung der Fähigkeiten zu fördern. Obwohl die Änderungen auf den ersten Blick drastisch wirken, so fördern sie zwei Elemente, die von vielen Spielern durchaus vermisst werden: Anspruch und taktisches Handeln.

Die aktuelle Erweiterung „Mists of Pandaria“ hatte, rückblickend gesehen, so einiges zu bieten und muss sich daher definitiv nicht hinter ihren Vorgängern verstecken. Aber Hand aufs Herz: Es wird doch auf keinen Fall ein Kapitel sein, an das sich die meisten heilenden Klassen in Zukunft wohlwollend zurückerinnern werden. Vor einiger Zeit meldete sich nun WoW-Chefentwickler Ion "Watcher" Hazzikostas im offiziellen Forum zu Wort und brachte dabei die aktuell vorhandenen Probleme auf den Punkt:

1. Die Heilungsmacht war in keinem Verhältnis zu den Lebenspunkten der Spieler, sodass Verletzte nach einem Zauber fast augenblicklich wieder über volle Lebenspunkte verfügten.

2. Mana wurde zunehmend irrelevant, sodass einige Heiler sogar dazu übergingen, Willenskraft in für sie nützlichere Werte durch Umschmieden abzuändern.

3. Ein großer Teil der gewirkten Heilung entfiel auf sogenannte „Smart Heals“, sodass die Auswahl des zu heilenden Spielers in vielen Fällen irrelevant wurde.

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Den Entwicklern sei es zudem schwer gefallen, Boss-Gegner zu entwickeln, die gegen diese Macht ankommen konnten. So habe man gezielt Schadensspitzen implementiert, wie beispielsweise die von Endgegner Garrosh genutzte Fähigkeit „wirbelnde Verderbnis“. Diese Elemente sollten umgehend Spieler aus dem Leben bringen, falls ein Heiler nicht im richtigen Moment eine entscheidende Fähigkeit zündete. Durch die zu mächtigen Flächenheilungen etablierten sich zunehmend spezifische Heilungs-Rotationen, was schließlich dazu führte, dass die meisten Kämpfe bis zum normalen Schwierigkeitsgrad von den Klassen als zu monoton empfunden wurden. Nicht ohne Grund erfreut sich der Disziplin-Priester aktuell hoher Beliebtheit: Durch Schilde und die Möglichkeit, zusätzlich geringen bis mittleren Schaden auszuteilen, bietet er Abwechslung, die den anderen Heilungsklassen aktuell sehr fehlt.

Die nun von Blizzard angekündigten und bereits testbaren Überarbeitungen besinnen sich zunächst auf die Vergangenheit und setzen genau an der Erweiterung an, in der Heilung mitunter die schwierigste Rolle darstellte: Cataclysm. Damals weilte der Blick des heilenden Spielers ständig auf der Mana-Anzeige, da zu viele Fehler zum Stillstand der Heilung führten, weil Spontanzauber fast unbezahlbar waren. Hinzu kam, dass die geringeren Heilungszauber wie „Heilende Berührung“ das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis hatten und dadurch die mögliche Heilungsmacht doch sehr begrenzt war. Durch die quasi nicht vorhandene Mana-Regeneration war so nicht selten das vorzeitige Ende des Bosskampfes besiegelt.

An dieser Stelle möchte man nun in der kommenden Erweiterung ansetzen und zugleich die damaligen Probleme angehen. Entwickler Hazzikostas betont in diesem Zusammenhang, dass es keineswegs darum gehe, heilende Klassen schwieriger zu gestalten. Vielmehr solle vor allem die Geschwindigkeit des Heilens angepasst werden, sodass es wieder normal werden soll, dass Spieler innerhalb eines Bosskampfes über längere Zeit nicht über volles Leben verfügen. Dies habe zur Folge, dass Spielern endlich wieder die Wahl gelassen werde, das zu heilende Ziel selbst zu bestimmen. Konsequenterweise werden daher sogenannte „Smart Heals“ (Zauber, die automatisch die am stärksten verwundeten Mitspieler heilen) abgeschwächt, damit zukünftig zufällige Spieler bestimmt werden. Einen Mana-Leerlauf wie damals werde es ab Warlords of Draenor dennoch nicht geben, da man die passive Mana-Regeneration stärken möchte. Im gleichen Zug müssen Spieler jedoch in Kauf nehmen, dass Rüstungen erheblich weniger Willenskraft gewähren und auch Spieler mit der bestmöglichen Ausrüstung auf ihre Manakosten achten müssen. Falls es doch einmal zu einer leeren Mana-Leiste kommen sollte, werden zukünftig günstige Zauber wie „große Heilung“ (aktuell 5,9% des Grund-Manas) weiterhin möglich sein – unterstützt durch die oben erwähnte verstärkte Regenerationsrate.

Einen weiteren Aspekt stellt die, oftmals zu Unrecht kritisierte, Änderung der meisten heilenden Spontanzauber dar, da diese zukünftig eine kurze Zauberzeit erhalten. Dieses Minus an Komfort bietet jedoch den Entwicklern die Möglichkeit abwechslungsreichere Bosse zu implementieren, die eben nicht auf sofort todbringende Angriffe setzen. Oftmals vergessen, stellt Heilung nämlich eine wesentliche Stellschraube im Balancing-Prozess dar.

Blizzards Ziel ist es daher, den Heilenden zur schnellen Analyse der Situation zu motivieren. Dabei soll diesem die Entscheidung vollständig überlassen werden, welchen Heilzauber er in einer Situation anwenden möchte, sodass er eben nicht auf optimierte Rotationen und „Smart-Heals“ angewiesen ist. Natürlich fühlt es sich zunächst schmerzhaft an, wenn der Lieblingsklasse komfortable Fähigkeiten genommen werden. Auf der anderen Seite werden Fehler im Heilprozess nun angemessener bestraft und gutes Heilen besser belohnt.

Ion „Watcher“ Hazzikostas formulierte die neue Zielsetzung wie folgt:

„Es ist keineswegs unser Ziel, die Rolle des Heilers zu erschweren. Daher behaupte ich auch nicht, dass Heilen in Mists of Pandaria zu leicht war. Wir wollen primär vor allem die Geschwindigkeit anpassen, sodass Heilen wieder mehr zu einer taktischen Herausforderung wird und ewig wiederholende Rotationen zur Seltenheit werden.“

Als Mitglied der heilenden Fraktion freue ich mich sehr über diese Änderungen und konnte diese bereits ausgiebig in der Beta-Version von Warlords of Dreanor antesten: Es fühlt sich einfach gut an, wieder mehr auf Einzelheilungen als auf Flächeneffekte zu setzen. Künftig wird es endlich wieder notwendig werden (selbst in heroischen Instanzen, die in der Beta aktuell knüppelschwer sind) den Überblick zu behalten und die Fähigkeiten des Gegners genauer abzuschätzen. Zu Beginn der neuen Erweiterung werden die unterschiedlichen Klassen fast annährend aufeinander abgestimmt sein und sich dennoch einzigartig spielen. Ob die beschriebenen Änderungen zum erwünschten Ziel führen werden, wird sich jedoch erst wieder gegen Ende der kommenden Erweiterung zeigen, da die Ausrüstung der Spieler in der Regel starken Einfluss nimmt. Heiler werden daher in der kommenden Erweiterung absolut spielenswert sein. Für meinen Teil habe ich entschieden: "Herausforderung angenommen!"

Redaktion PlayCentral

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