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Pokémon Go: Wie Schweigen ein Spiel zerstört

Mit Pokémon Go hat der Entwickler Niantic den erfolgreichsten Smartphone-Titel aller Zeiten veröffentlicht. Einst ein gigantischer Hype, wird nun langsam klar, wie viel es dem Spiel noch mangelt. Die viel zu frühe Veröffentlichtung des Titels sorgt dafür, dass die Grundmechanik (das Aufspüren von Pokémon) nicht einmal ansatzweise funktioniert. Mitten im Trubel entscheidet sich Niantic für eine abstruse Methode, die Sache aufzuklären: Schweigen. Das schadet dem Spiel aber immer weiter.

Monatelang hat man auf den Release von Pokémon Go gewartet, doch langsam aber sicher zeigt sich, dass man lieber noch länger gewartet hätte. Der Release im Juli erfolgte nahezu überraschend und das zurecht: Beta-Spieler wussten bereits, dass es dem Titel noch an unglaublich vielen Funktionen mangelt. Das musste sogar Entwickler Niantic eingestehen: Man habe bislang nur 10 Prozent aller Features eingebaut, erklärte das Studio in einem Interview.

Zu Beginn plagten vor allem Serverfehler das Spiel, was nicht allzu problematisch ist. Bei einem gigantischen Ansturm und Millionen Downloads innerhalb weniger Stunden war es klar, dass irgendwann die Infrastruktur schlappmacht. Was nicht geht, ist das Nicht-Funktionieren der Grundmechanik: Aufspüren und fangen von Pokémon.

Der fehlende Witz an Pokémon Go

Seit einem der jüngeren Updates ist die "In der Nähe"-Funktion völlig nutzlos. Sämtliche Pokémon werden mit drei Schritten angezeigt, einen Indikator über die tatsächliche Entfernung des Pokémon gibt es nicht. Wer ein seltenes Pokémon angezeigt bekommt, der läuft dumm umher um möglicherweise nicht einmal wirklich in der Nähe des Pokémon zu sein. Die Community entdeckte nach einiger Zeit, dass der Bug dem Client geschuldet ist – und fertigte sogar einen funktionierenden Fix an. Niantic entschloss sich im neuen Update aber nicht dazu, den Fix einzubauen, sondern schaffte die Schritte-Anzeige komplett ab. Wer jetzt ein Pokémon suchen will, kann auch gleich zuhause bleiben.

Kein Wunder, dass Seiten wie PokéVision schnell an Popularität gelangten. Wozu ein Pokémon suchen, wenn es schlichtweg unmöglich ist? Wozu sich die Mühe machen, wenn es witzlos und unspaßig ist? Der große Spaß an Pokémon Go lag bislang darin, möglichst viele ungefangene Pokémon in seinem Besitz zu bringen. Das macht aber nur wenig Spaß, wenn man nie weiß, wo es sein kann.

Zu wenige Features

Fehlende Features wie Tausch, PVP und Events tun ihr Übriges. Wenn die einzige Funktion, die zum Spielen animiert, nicht geht, dann ist der Spaß schnell verflogen. Das müsste auch Niantic wissen und zumindest versuchen, die Spieler zu beruhigen. Stattdessen gab es bislang nur ein einziges Statement: Schweigen.

Nachdem Niantic-CEO John Hanke öffentlich erklärte, er sei kein Fan von Seiten wie PokéVision, stellten diese ihren Geschäftsbetrieb ein. Es mache ohnehin keinen Sinn, wenn Niantic jederzeit damit drohen könnte, den Seiten die API-Rechte zu entfernen. Der Umweg zum Aufspüren von Pokémon wurde damit zunichte gemacht.

Wochenlang gab es kein einziges Statement zum Drei-Schritte-Bug und warum es unmöglich ist, diesen zu fixen. War es Absicht? War es tatsächlich nur ein Fehler im Programmiercode? Gibt es schon Fortschritte in der Behebung? Hanke erklärte auf der San Diego Comic Con lediglich, "man sei sich dem bewusst". Das Ergebnis war die vollständige Entfernung des Features.

Kein Statement

Was ist der Sinn darin, ein Pokémon-Aufspür-Spiel zu spielen, wenn das Aufspüren von Pokémon nicht funktioniert? Kein Statement. Warum befindet sich der "Verschicken"-Button plötzlich ganz wo anders? Keine Anmerkung in den Patchnotes. Wieso werden Erfahrungspunkte für gut geworfene Pokébälle scheinbar nicht mehr vergeben? Keine Anmerkung dazu. 

Niantics Kommunikation grenzt an Abschottung. In den Patchnotes zum neuen Update wurde zwar angemerkt, dass man die Schritte-Funktion entfernt habe, einen Ausblick auf die Zukunft gab man aber nicht. Wird das Feature überhaupt wiederkommen? Arbeitet man jetzt an einem Fix oder nicht? Wird man die Funktion überarbeiten? Kein Statement.

Bei iOS-Geräten wurde die Batteriespar-Funktion aus dem Menü entfernt. Warum das und wird man an einer eventuellen Problembehebung arbeiten? Kein Statement. Es ist okay, wenn das Spiel noch Fehler hat, aber wenn man diese nicht einmal anständig an mehr als 75 Millionen Spieler erklären kann, hätte man den Titel nicht auf den Markt bringen können. Es war abzusehen, dass das Spiel unfassbar populär werden würde. Man hätte warten können. Jetzt muss man sich mit hunderttausenden enttäuschten Spielern herumplagen, die ihren Unmut im Netz verbreiten.

Oder in anderen Worten: Kein Statement.

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