Deus Ex: Mankind Divided von Square Enix ist vor wenigen Tagen für den europäischen Markt veröffentlicht worden. Wie wir die Dystopie in dem Titel empfinden und wie sich der Hauptcharakter spielt, erfahrt ihr in unserem Test.
Zukunftsdystopie wird Wirklichkeit
Deus Ex: Mankind Divided von Square Enix führt uns in eine Welt der Zukunft. Vor zehn Jahren hätten wir wahrscheinlich noch gesagt, dass das Gezeigte in weiter Ferne liegen wird. Heute stellen wir erschrocken fest: diese dort gezeigte Zukunft ist nur noch einen Steinwurf entfernt. Bereits jetzt sind mechanische Bauteile im Körper keine Seltenheit mehr. Von Chips im Gehirn, über Schrauben im Knie oder kleinen Chips in der Fingerkuppe, mit denen sich die Türen des eigenen Autos über eine Berührung öffnen lassen: nichts scheint mehr undenkbar.
Gleich zu Beginn besonders hervorzuheben, ist der Blick in die weiteren Optionen des Startbildschirms. Denn die Entwickler haben sich eine Kleinigekeit für jene Spieler einfallen lassen, die bisher mit der Reihe noch nicht vertraut sind: Über einen Knopfdruck startet ein rund 10-minütiger Film über die bisherge Geschichte. Mit Originalszenen und Gesprächen bekommt der Spieler hier alle wichtigen Momente der Story mit auf den Weg und startet samt einigem Vorwissen ausgestattet in das neue Abenteuer. Während der Forführung kommentiert Adam Jensen die gezeigten Szenen und bringt an etwas undurchsichtigen Stellen Klarheit hinein. Auch für Fans der Reihe und Story-auswendig-Kenner ein absoluter Leckerbissen!
Was bisher geschah
Adam Jensen ist das was wir salopp einen 'Cyborg' nennen würden. Sein Körper ist übersäht mit Augmentationen – technischen Verbesserungen. Die Meisten davon dienen als Hilfsmitel im Kampf, ob aktiv oder passiv. Jensen ist aber nicht der Einzige, der im Laufe der Jahre freiwillig oder unfreiwillig so verändert worden ist: viele Menschen ließen sich Körperteile amputieren oder verändern, um besser, schneller und insgesamt leitungsfähiger zu sein. Doch nicht alle Bewohner der Erde sind so überzeugt von dieser Technik. Die Menschheit spaltete sich so in die Befürworter und Gegner dieser Technik. Auch wenn diese zwei Gruppen nie ein Herz und eine Seele waren: ein Zusammenleben ist möglich gewesen. Zumindest bis zu einem Hackerangriff, bei dem vor allem die Augmentierten betroffen waren und wahllos auf die Menschen losgingen. Unzählige verloren dabei ihr Leben.
Wie willst du vorgehen?
2029: Ein großer Streit entsteht und die einst 'besseren' Menschen rutschen in der Gesellschaft weit ab. Sie werden als Menschen zweiter Klasse bezeichnet und leben in den niedersten Ecken der Stadt. Eines Tages gibt es einen neuen Angriff: im Bahnhof von Prag gab es eine Explosion, bei der Adam Jensen beinahe umkam. In Mankind Divided macht sich der Spieler zusammen mit einer Spezialeinheit auf die Suche nach dem Täter, die sich als schwieriger und vielschichtger erweist, als zu Anfang angenommen.
Der Spieler hat im Game oft die Qual der Wahl. Bis unter die Zähne bewaffnet oder doch lieber still und heimlich vorgehen? Pistole oder Gewehr? Plan A oder lieber doch Plan B? Die Entscheidungen, die in solchen Momenten getroffen werden, haben meistens einen direkten Einfluss auf die kommenden Spielmethoden. So lässt sich natürlich nicht jedes Mal die komplette Story umschreiben, aber das Spielgefühl und die Art und Weise die folgenden Aufgaben anzugehen, verändern sich stark. Das fördert zudem stark den Wiederspielwert des aktuellen Teils der Deus Ex-Reihe.
Rohe Gewalt oder zarter Schleichangriff?
Bisher war es immer ein Vorteil, sich in Deus Ex auf leisen Sohlen voran zu bewegen. In Mankind Divided hingegen scheinen rohe Waffengewalt und katzenartiges Schleichen ausgeglichen zu sein. Viele Feinheiten wie die Steuerung und auch das Einsetzen der Umgebung wurde feinjustiert. So ist ein Vorankommen ebenfalls sehr gut möglich, indem eine Menge Blei genutzt wird, anstatt sie Nicht-lethal aus dem Weg zu räumen.
Dieser Ausgleich der Möglichkeiten entsteht vor allem duch die Vielzahl der wirklich hilfreichen Zusatzfähigkeiten, die den Körper von Adam Jensen weiter verändern. Hier kommt jeder Spielertyp auf seine Kosten. Schleichen lässt sich mit besonders leisen Beinen oder einem Glaskörper natürlich sehr gut, während auf Angriff getrimmte Spieler sicher Spaß an den explodierenden Nanoblades haben, die Adam verschießen kann. In Deus Ex: Mankind Divided werden typische Handfeuerwaffen und Gewehre mit der Technik der Zukunft kombiniert.
Ein kleines Watch Dogs?
Wenn wir heute von Hacking in Spielen spechen, denken die Meisten sofort an Ubisofts Watch Dogs (bzw. seine aktuellen Nachfolger). Doch auch in Deus Ex: Mankind Divided kommt dieses Element erneut zum Tragen. Hier ist es ebenfalls möglich, verschlossene Türen zu öffnen, Kameras zu entgehen und Geheimnis dank des Überlistens der Technik zu erfahren. Unerfahrene Spieler auf diesem Gebiet verwundert vielleicht die Darstellung der ersten Hacker-Szene etwas, doch mit der kleinen Erklärung und etwas Herumprobieren sollte jeder schnell verrstanden haben, wie sich die Türe öffnen lässt. Ein offenes Ohr bei den Einsatzaufgaben zahlt sich hier im Übrigen aus. Wer die gefährlichen Drähte in Ruhe lässt, löst auch keinen schweißtreibenen Alarm aus.
Spannend ist zudem, dass es immer wieder kleine Pfade abseits vom Weg gibt, Lüftungsschächte und kleine Schleifen, bei denen immer wieder Items und neue Ideen zum Lösen der bevorstehenden Aufgabe gefunden werden können. Abgesehen von den typisch nutzbaren Items wie essbaren Heilgegenständen und Waffenmonition, können auch verschiedene Umgebungsteile aufgehoben und in der Hand mitgeführt werden. Wer sich den Spaß erlauben will und schon immer einen Gegner mit einem Metallcontainer am Kopf treffenn wollte: Das ist deine Chance!
Macht er es besser?
Im Vergleich zu Vorgänger lassen sich optisch einge Augmentierungen am Spiel feststellen. Das komplette Bild wirkt feiner und auch größere Kämpfe spielen sich flüssiger ohne Einbrüche der Framerate. Detaillierte Texturen an den Wänden oder dem Boden tragen unterbewusst ebenso zum positiven Spielgefühl bei, wie die Optik der verschiedenen Spezialfähigkeiten.
In diesem Teil wird außerdem auch ein größerer Wert auf das Deckungssystem gelegt. Jensen kann sich hinter Wänden und Vorsprüngen verstecken und über spezielle Tastenkomandos schleichend zur nächsten Deckung bewegen, ohne groß aufzufallen. So nähert er sich fast geräuschlos seinen Feinden. Das eröffnet neuen Raum für Möglichkeiten und Pläne.
Auch die Schießerein machen richtig Spaß: Mit Bauteilen lasse sich die Waffen aufbessern und umwandeln, sodass auch die ein oder andere unerwartete Veränderung möglich ist. Hier lohnt es sich etwas Zeit zu investieren, herumzuprobieren und bei stärkeren Gegnern eine neue Strategie oder neue Waffen auszutesten.
Mit guten 25 Spielstunden (oder auch mehr, je nachdem wie schnell ihr vorankommt), liegt Deus Ex: Mankind Divided im guten Mittelfeld für ein Action-Rollenspiel. Die eine oder andere Ungenauigkeit in der Steuerung beschert euch eventuell eine Stunde mehr Spielzeit. Da es in jeder Ecke was zu entdecken gibt und die Wege nicht nur Linear ablaufen, lässt sich auch hier gut Zeit vertrödeln.
Wie würdest du reagieren?
Deus Ex: Mankind Divided ist eine gute Mischung aus Rollenspiel, Erkundungsmission und tödlichem Kampf. Die tiefgründige Story regt zum Nachdenken an. Wie weit sind wir wirklich mit unserer heutigen Technik von dem entfernt, was uns im Spiel als Möglichkeiten gezeigt wird? Hierbei fokussieren wir uns auf die technischen Körperverbesserungen, weniger auf die speziellen Fähigkeiten wie Unsichtbarkeit und Co. In einer Welt, in der das Hören durch Chips im Gehirn aktiviert werden kann, wir all unsere Geräte mit einer Sprachfunktion steuern können und immer permanent Fortschritte an mechanischen, wirklich funktionierenden Körperteilen gemacht werden – wann wird es auch bei uns zum Eclat kommen?
Und was noch viel wichtiger wäre, auf welche Seite stellst du dich? Ist es überhaupt realistisch, dass wir uns so stark verändern lassen? Der Mensch ist faul und ehrgeizig zugleich. Eine deutliche Aufwertung des Körpers um ein Vielfaches, ohne ins Fitnesstudio zu müssen, was wahrscheinlich nur einen Bruchteil verbessern würde, um schneller, stärker und ausdauernder zu werden.