Artikel

Wolfenstein 2: Terror Billy erobert Amerika

Mit Wolfenstein II: The New Colossus schickt Machine Games nun den offiziellen Nachfolger des Wolfenstein-Reboots ins virtuelle Shooter-Rennen. Wir waren bei Bethesda zu Gast und durften vorab einen Blick auf zwei spezifische Abschnitte aus dem Spiel werfen. Das Spiel erscheint noch in diesem Jahr am 27. Oktober 2017, doch bevor es soweit ist, möchten wir euch innerhalb unserer Vorschau einen adäquaten Ersteindruck vermitteln und euch auf kommende Ereignisse vorbereiten.

Machine Games hat vor einiger Zeit das Ruder übernommen und lenkt die Marke Wolfenstein in eine neue Richtung. So spielte Wolfenstein: The New Order nicht länger im zweiten Weltkrieg, sondern machte einen Zeitsprung in die Sechzigerjahre. Eine Zeit, die sich im Vergleich zu unserer Realität anders entwickelt hat und eine düstere Tatsache birgt.

Wolfenstein 2Wolfenstein 2: Ca. drei Stunden Cutscenes mit 100 Schauspielern

Das Regime, wie es im Wolfenstein-Universum betitelt wird, hat den zweiten Weltkrieg nicht verloren und ist drauf und dran die Welt zu erobern und die Tyrannei auch in den letzten Winkel der Erde zu verbreiten. Wo wir uns im ersten Ableger durch Europa kämpften, wird William B.J. Blazkowicz – oder auch bekannt als Terror Billy – seinen Kampf im Nachfolger hingegen in Amerika fortsetzen.

Die Ereignisse knüpfen also an die des Vorgängers an, allerdings ändert sich kurzerhand die Umgebung, indem euch die Entwickler auf einen anderen Kontinent verschiffen. Die Ländereien und Dörfer des alternativen Amerikas sind vollends vom Regime besetzt. Der Widerstand, dem der Kämpfer Blazkowicz angehört, wird es demnach noch schwerer haben, sich dieser totalitären Übermacht entgegenzustellen.

Das dystopische Setting verspricht vielerlei Anlaufstellen für spannende Handlungsstränge. Auch wenn es oberflächlich den Anschein macht, handelt es sich hierbei nicht um einen Action-Shooter à la Doom, der mit rudimentären Story-Einlagen ausgestattet ist. Machine Games hat in Wolfenstein: The New Order bereits Ansätze verbaut, die mit dem Nachfolger weiter ausgearbeitet werden und eine solide Basis für ein kontroverses Geflecht aus Gut und Böse liefern.

Figuren, Lager und Konstellationen

Wichtig, um diesen Ansätzen in einem angemessenem Rahmen Ausdruck zu verleihen, sind die Figuren der einzelnen Lager. Auf der Seite des Widerstands gibt es neben Blazkowicz und seiner Frau, die sich bald Eltern schimpfen dürfen, diverse Charaktere, die allesamt differenzierter nicht sein könnten. Das Leitmotiv wird bei Terror Billy nun in andere Bahnen gelenkt. So darf seiner Frau und den kommenden Zwillingen kein Leid widerfahren. Und auch bei den geistigen Köpfen des Widerstands sind viele Anlaufpunkte gegeben, die im andauernden Kampf gegen die Tyrannei über sich hinaus wachsen müssen.

Doch nicht nur der Widerstand verfügt über starke Persönlichkeiten. Mit Frau Engel darf sich das Regime über eine perfide Führungsriege freuen. Und auch die Antagonisten erfahren im Nachfolger mehr Tiefgang. Entweder durch kleinere Details wie das Buch Victory, das im Detail beschreibt, wie Frau Engel den Krieg gewonnen hat, oder durch weiterführende Konstellationen. Frau Engel hat nämlich eine Tochter namens Sigrun, mit der sie durchweg unzufrieden ist, da sie sich im Kern von ihrer Mutter unterscheidet. Hier gibt es vielerlei Ansätze für unvohersehbare Entwicklungen.

Insgesamt sind die Figuren beider Lager wohldurchdacht und gut inszeniert. So ist ein Eintauchen in die Gefühlswelt der Menschen, die in solch einer Welt zu kämpfen hätten, durchaus möglich und von der ersten Minute an gegeben.

Dystopisches Amerika als Knotenpunkt

Doch das Setting könnte nur schlecht funktionieren, wenn die Dialoge und Unterhaltungen der einzelnen Personen nicht mehr als stimmig wirkten. Schon nach wenigen Minuten und diversen Gesprächen wird deutlich spürbar, dass die Entwickler großen Wert auf die Erzählweise gelegt haben. Und das nicht nur in den Gesprächen zwischen den Hauptfiguren. Neben den actiongeladenen Shooter-Einlagen, gibt es mehrfache Levelareale – auch abseits der Cutscenes – mit wichtigen Story-Ansätzen, die das Gesamtgeschehen vorantreiben. Das können Nebenfiguren, Statisten oder die Umgebung selbst sein, die das Eintauchen abermals auf ein gesundes Level hieven.

Amerika als solches fügt sich hier wunderbar in die alternative Geschichte ein. Ein gesunder Mix aus realen Gegebenheiten der Sechzigerjahre und futuristischen Elementen, die vollends der Köpfe der Machine Games-Studios entspringen, schaffen hier eine gesunde Brücke, die jene Grundidee zum Leben erweckt und im Gesamtbild der Entwickler verfolgt wird. Das neue Wolfenstein verfügt dadurch über abwechslungsreiche Level, die in einzelnen Passagen ein absolutes Alleinstellungsmerkmal darstellen. 

Dabei können gefährliche Dialoge mit Anhängern des Regimes einen Spieler durchaus ins Schwitzen bringen. Beispielsweise hat Bethesda hier kürzlich eine spezifische Szene mit der "Erdbeermilch" im Diner veröffentlicht, die kommende Spieler auf haarsträubende Situationen vorbereiten soll.

Die Kamera, die selbst in Dialogen fast ausschließlich in First-Person und freihändig verankert ist, als auch diverse Stilmittel, die während der Cutscenes benutzt werden, ergeben auch hier ein stimmiges Gesamtbild. Das Ergebnis ist eine funktionierende Mixtur aus filmerischer Erzählkunst und der Interaktion mit dem Spieler.

Klassische Shooter-Kost

Wie bereits in The New Order und der Standalone-Erweiterung The Old Blood, gibt es auch im zweiten Ableger des Wolfenstein-Reboots bewährte Shooter-Elemente. Allem voran seid ihr mit diversen Waffen wie der Pistole, einem Sturmgewehr, der Maschinenpistole, dem Schockhammer oder einem Dieselkraftwerk ausgestattet. Temporäre "Schwere Waffen" wie das Laserkraftwerk runden das Waffenarsenal ab. Mit diesen technischen Hilfsmitteln werdet ihr euren Feinden das Fürchten lehren und dem Regime aufzeigen, was der Widerstand zu bieten hat.

Wem eine Waffe zur Hand dabei nicht genügt, der kann die Waffen zu beiden Händen als Akimbo-Variante tragen. Schlüssig hierbei ist, dass sogar unterschiedliche Waffen gleichzeitig getragen werden können, sodass ihr stets für den richtigen Gegner die richtige Waffe zur Hand habt. Die Action-Passagen, die wir in der Preview erleben durften, machen Spaß und bringen das klassische Shooter-Gefühl der Neunzigerjahre zurück.

Weitere Vorteile im Kampf bieten sich Terror Billy durch diverse Extras, die ihr freischalten könnt, wenn ihr spezifische Aufgaben im Kampf absolviert. Beispielsweise könnt ihr Enigma-Codes von gegnerischen Offizieren einsammeln, um das Alarmsignal zu beeinflussen. Als weiteres Beispiel müsst ihr Kills im Akimbo-Mode absolvieren, um auch hier einen weiteren Vorteil wie größere Magazinkapazitäten zu erhalten. Diese Nebenaufgaben müssen nicht absolviert werden und dienen dem Spieler bestenfalls als kleinere Herausforderung nach eigenem Ermessen.

Kreatives Gameplay

Schließlich beweist Machine Games die nötige Kreativität im Gameplay, um aus einem eher klassisch gehaltenen Shooter eine neuartige Erfahrung zu machen, die wir im Hause PlayNation keineswegs missen möchten. Kleinere Details stechen hier sofort ins Auge. Beispielsweise müsst ihr zu Beginn des Spiels auf eure Beine verzichten, was wiederum bedeutet, dass ihr mit Terror Billy an einen Rollstuhl gefesselt seid, der euch vorerst als Fortbewegungsmittel dient.

Ebenfalls ganz witzig sind kleinere Spielereien im Leveldesign, wie beispielsweise die Mikrowellenpassagen, die euch und andere Menschen bis aufs Mark desintegrieren, wenn sie durchlaufen werden. Vorsicht ist hier geboten!

Ben Brüninghaus

Hauptberuflicher Jedi-Meister, nebenbeschäftigt bei PlayCentral.de. Popkultur-Fetischist: Star Trek, Star Wars, alles mit „Star“, verspeist Spiele-OSTs zum Frühstück, Großmeister der Bärenschule. Inquisitor. Mag das Ende von Mass Effect.
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"