Noch immer haben wir keine handfesten Informationen dazu, wann und mit welchem Angebot die Virtual Console auf Nintendos Switch Einzug halten wird. Die perfekte Gelegenheit für andere Publisher, um mit eigenen Retro-Downloads für den eShop in die Bresche zu springen. In Namco Museum für Switch bekommt ihr für ca. 30 Euro gleich 11 Spiele auf einmal, was zunächst nach einem angemessenen Preis klingt. Aber muss man die rosaroten Nostalgie-Gläser aufsetzen, um heute noch mit den Oldies Spaß zu haben?
Geschichtsstunde mit Pac-Man & Co.
Unter dem Banner Namco Museum erscheinen seit mehr als 20 Jahren Compilations mit Titeln aus Namcos Spielhallen-Portfolio, die jeweils insgesamt mehr Kleingeld geschluckt haben dürften, als Pac-Man Pillen gemampft hat. Kernstück der Version für Switch sind zehn Arcade-Titel, die ursprünglich im Zeitraum von 1980 bis 1991 veröffentlicht wurden. Pac-Man, Galaga oder Dig Dug dürften auch jüngeren Zockern ein Begriff sein, obskurer wird es schon mit The Tower of Druaga oder Tank Force.
Über das Hauptmenü sucht ihr eins der Spiele aus und schon flackert der Titelscreen über den Bildschirm. Mit dem L-Knopf simuliert ihr einen Münzeinwurf für Credits, der R-Knopf ruft ein Menü mit Optionen auf. Die Auswahl an Einstellungen ist beachtlich und erlaubt es euch nicht nur schnell und unkompliziert von einem Spiel zum nächsten zu wechseln, sondern lässt euch jede Menge Freiraum zur individuellen Anpassung der einzelnen Titel.
Ihr könnt wahlweise Scanlines hinzuschalten oder verschiedene Qualitätsstufen für den Sound einstellen. Ebenso lässt sich der Schwierigkeitsgrad verstellen oder ihr erhöht die Anzahl der Leben, die ihr pro Credit erhaltet. Natürlich dürft ihr auch die Belegung der Buttons nach Belieben ändern, auch wenn das Standard-Layout eigentlich ausreichen sollte. Namco Museum behält das ursprüngliche Seitenverhältnis der enthaltenen Spiele bei und füllt den Rest des Screens entweder mit einem Artwork eurer Wahl oder einem einfarbigen Rahmen.
Ehemals nur japanische Texte werden mit einem übersetzen Overlay bedeckt. Eine Hinweisbox mit der Funktion der einzelnen Knöpfe ist ebenfalls optional am unteren Bildrand zu sehen, für noch mehr Arcade-Feeling müsst ihr euch schon einen echten Automaten zulegen. Problematisch wird es mit Titeln, die für ein vertikales Anzeigeformat konzipiert wurden und nur einen dementsprechend kleinen Teil eines Widescreens nutzen.
Bandai Namco Games hat in weiser Voraussicht die Möglichkeit integriert, den Bildschirm um 90° mit oder gegen den Uhrzeigersinn zu drehen, damit auch Spiele im vertikalen Format anständig gezockt werden können. Die Idee in allen Ehren, leider gibt es hardwarelogistische Probleme mit dieser Lösung. Der ausklappbare Standfuß der Switch lässt sie nur waagerecht stehen. Die Switch sollte also entweder flach hingelegt oder an einen anderen Gegenstand angelehnt werden, um in einer senkrechten Position zu bleiben.
Schlimmer wird es bei Benutzung der Docking-Station, ihr müsst entweder den Kopf schief legen oder gleich den Fernseher kippen. An der Emulation selbst gibt es nichts zu bemängeln, die Klassiker laufen flüssig und wirken auf Anhieb nicht merklich schlechter als auf der originalen Hardware. Dank Savestates und unbegrenzt vieler Credits habt ihr die Chance, euch mit Unterbrechungen bis zum Abspann durchzubeißen, denn der Schwierigkeitsgrad ist nicht von schlechten Eltern.
Süße Nostalgie, bittere Realität
Das Spielprinzip der einzelnen Titel ist durch die Bank weg leicht verständlich, vielleicht schon etwas zu simpel. Taktische Finesse ist nicht von Nöten, flinke Finger dagegen schon. Ihr solltet also etwas Ehrgeiz für einen Highscore mitbringen, wenn ihr mehr als einen Level hintereinander spielen wollt, denn die Spiele werden schnell öde. Eure Bestleistungen werden jedoch nicht online in der Rangliste gespeichert, wenn ihr von einem Savestate startet oder mit modifizierten Einstellungen wie Schwierigkeitsgrad oder Leben pro Credit spielt.
Bei der Steuerung fällt ein gewisses Gefühl von Trägheit auf, das auch auf der Original-Hardware vorhanden war und Bewegungen werden nicht mit derselben Geschwindigkeit umgesetzt, wie man es von anderen Retro-Titeln aus der Ära kennt. Kombiniert mit Patzern beim Design, wie dem lächerlich kurzen Schwert eures Charakters in The Tower of Druaga oder dem plumpen Handling von „Nicht-Jason Vorhees“ in Splatterhouse, kann das schnell für Frust sorgen.
Extras oder Online-Multiplayer gibt es nicht, dafür diverse Challenges mit eigenen Leaderboards für die einzelnen Spiele, in denen ihr Levels möglichst schnell beenden oder möglichst viele Gegner abservieren müsst. Bunte Pixel und primitive Effekte bestimmen den technischen Stil, der sich durch die Compilation zieht, aber es ist immer noch allerliebst anzusehen, wenn Pac-Man mit seinem ikonischen paku paku durch die Labyrinthe wetzt.
Bei seiner Erstveröffentlichung brachte Splatterhouse mit kruden Gore-Effekten die Gemüter der Moralapostel zum Kochen, heute wurde Namco Museum von der USK mit einer Freigabe ab 12 Jahren durchgewunken. Angesichts der bisherigen Preispolitik auf der Virtual Console würde alleine die NES-Portierung von Pac-Man wieder fünf Euro kosten, preislich kommt ihr also besser weg, als wenn jeder Titel einzeln erworben werden müsste.
Als elftes Spiel ist eine Umsetzung von Pac-Man Vs. enthalten, einer der Pioniere des asymmetrischen Gameplays, welches eines der Hauptkonzepte von Nintendos Wii U werden sollte. 2004 lag das Spiel R: Racing Evolution für den GameCube bei und machte von der GBA-Verbindung Gebrauch, indem ein Spieler auf dem GBA als Pac-Man eine Übersicht über das gesamte Labyrinth hatte, während bis zu drei Mitspieler die Geister übernahmen und auf dem Fernseher jeweils nur einen Ausschnitt des Areals zu sehen bekamen.
Für den Multiplayer von Pac-Man Vs. braucht ihr zwar eine zweite Switch, dafür gibt es im eShop eine kostenlose App dafür, wegen der ihr nur eine Vollversion von Namco Museum benötigt. Mit einer Prise Nintendo-Fanservice in Form von Mario als Announcer ist Pac-Man Vs. ein klares Highlight der Sammlung.