Entwickler Sledgehammer Games bietet mit Call of Duty: WW2 ein prall gefülltes Shooter-Paket an, das wenig an bekannten Gameplay-Mechaniken rüttelt, dafür aber auf ein neues Setting und frische Erweiterungen setzt. Wie gewohnt von der Reihe, hat uns die Singleplayer-Kampagne zwar nicht aus den Latschen kippen lassen, unseren Spaß hatten wir aber trotzdem. CoD-Veteranen werden mit dem umfangreichen Multiplayer in jedem Fall ihre Freude haben. Welche Schwächen und Stärken der Shooter im Detail hat, klären wir in unserem umfangreichen Test.
Zurück im Zweiten Weltkrieg
Maschinengewehrfeuer erwartet die alliierten Truppen, als sie am 6. Juni 1944 mit ihren Landungsbooten die Strände der Normandie in Frankreich erreichen. Unter ihnen der junge Private Ronald „Red“ Daniels, der zum bekannten D-Day mit der 1. US-Infanteriedivision zum ersten Mal in seinem Leben in den Kampf geschickt wird. Bisher kannte Daniels nur das beschauliche Leben auf dem Land, nun ist er an der Front und damit in der Hölle auf Erden angekommen. Die ersten Boote erreichen den Strand und werden von kurzen gezielten Gewehrsalven durchlöchert. Die darin befindlichen Soldaten haben nicht einmal den Hauch eine Chance.
Ab hier übernehmen wir als Spieler die Steuerung und stolpern mehr, als dass wir von Deckung zu Deckung laufen. Rechts und links von uns lassen Mörser und Granaten den Sand meterhoch durch die Luft wirbeln. Mit zittrigen Händen schraubt Daniels schließlich die Bangalore, ein Sprengrohr, zusammen und zerlegt damit Sekunden später die Barriere vor uns – der Weg für die amerikanischen Soldaten ist nun frei.
Während sich Electronic Arts und der schwedische Entwickler DICE bei Battlefield 1 für den Ersten Weltkrieg als Szenario entschieden hatten, kehren nun auch Activision und das in diesem Jahr zuständige Entwicklerstudio Sledgehammer Games bei Call of Duty zurück in die Vergangenheit und damit auch zurück zu den Wurzeln der mittlerweile 14 Ableger zählenden Shooter-Reihe.
Routinierter Alltag für Call of Duty-Veteranen
Wie Anfangs bereits beschrieben, erleben wir die Landung der Alliierten an den Stränden der Normandie, sind an der Befreiung von Paris maßgeblich beteiligt und kämpfen uns schließlich bis nach Aachen über die Ardennen, um die letzte Rheinbrücke zu überqueren und den Deutschen Soldaten das Leben im eigenen Land so richtig schwer zu machen. Der Großteil der Zeit erleben wir den Krieg dabei aus der Sicht von Private Ronald Daniels, der von den meisten in seinem Platoon einfach nur „Red“ genannt wird. Ab und an dürfen wir aber auch in die Uniform von anderen Charakteren schlüpfen, wie der 19-jährigen Widerstandskämpferin Rousseau, die nach einem herben Schicksalsschlag nur noch Rache und Vergeltung kennt.
Während Daniels oft die groben Aufgaben zugeteilt werden und wir die meiste Zeit auf Gegner feuern, feindliche Flugabwehrgeschütze in die Luft sprengen oder uns vor lauter Kugelgewitter in den nächsten Schützengraben werfen, infiltrieren wir als Rousseau eine Nazi-Garnison. Hier müssen wir an unserer erfundenen Geschichte festhalten und hin und wieder einigen besonders peniblen Deutschen den selbstverständlich gefälschten Pass vor die Nase halten. Unser Name? Natürlich Gerda Schneider, wie hätte es auch anders sein können? Doch genau diese Mission ist sinnbildlich für „Call of Duty: WW2“. Sledgehammer hat nicht nur im Vorfeld groß getönt zu den Wurzeln der Reihe zurückzukehren, sondern den Zweiten Weltkrieg auch möglich realistisch auf den Bildschirm der Spieler zu zaubern und Abwechslung zu bieten.
Ohne Rücksicht auf Verluste
Wir können zwar schon an dieser Stelle verraten, dass echter Realismus in „Call of Duty: WW2“ Mangelware ist, doch wer hätte auch etwas anderes erwartet? Und trotzdem sieht man es dem aktuellen Ableger immer wieder an, dass die Verantwortlichen darauf aus sind, ein wenig frischen Wind durch den Ableger wehen zu lassen. Und der Ansatz ist dabei wirklich gut, würde der Titel nicht des Öfteren zurück zu alten Lastern der Reihe kehren. Immer wieder sitzen wir als Private Daniels an irgendeinem Maschinengewehr oder einer Flak und mähen minutenlang ganze Gegnerhorden nieder oder holen gleich duzende feindliche Flugzeuge vom Himmel. Das hat nicht nur absolut keinen Anspruch und erinnert stark an die alten Ableger, sondern zerstört auch die zum Teil guten Ansätze.
Die Schrecken des Krieges
Besonders gegen Ende bekommen wir in „Call of Duty: WW2“ eine sehr eingängige und einschüchterne Szene vorgesetzt. Als wir (Vorsicht Spoiler!) im Epilog ein verlassenes Arbeitslager durchquerten, schnürte sich unweigerlich unsere Kehle zu. Versteht mich nicht falsch, ich möchte damit nicht ausdrücken, dass „Call of Duty: WW2“ vermehrt mit solch schrecklichen Tragödien wie dem Holocaust zugunsten der Atmosphäre auftrumpfen sollte. Aber das Spiel zeigt hingegen viel zu selten wie grausam und menschenverachtend der Zweite Weltkrieg gewesen ist und äußert zu wenig Kritik daran. Nur in wenigen Szenen nimmt sich der Titel die Zeit, um den Spieler zum Nachdenken zu bewegen oder ihm die Konsequenzen seiner Taten aufzuzeigen.
Zudem fehlt vor einer jeden Mission die ungefähre historische Einordnung der jeweiligen Schlacht. Viel eher werden wir als einfacher Soldat von A nach B und schließlich rüber zu C verfrachtet, immer mit einer Menge Explosionen und Effektfeuerwerk im Gepäck und ohne groß nachzudenken (auch wenn ein einfacher Soldat sicherlich nicht viel zu melden hatte oder alleine groß etwas hätte ändern können). Die Krönung war ein entgleister Panzerflug, der uns minutenlang um die Ohren flog und der Schwerkraft zum Trotz gar nicht mehr auf die Erde zurückkehren wollte. Da haben wir die Infiltration mit Rousseau deutlich mehr genossen.
Cool und spielerisch abwechslungsreich sind die Charakterwechsel „Call of Duty: WW2“ in jedem Fall, allerdings kommen diese viel zu selten zum Einsatz und wirken stark an der Singleplayer-Kampagne eines Battlefield 1 orientiert. Bekommt es Daniels mit seinem Platoon mal mit einer gegnerischen Übermacht in Form von Panzern oder Flugzeugen zu tun, schmeißt uns das Spiel kurzerhand in die Rolle eines Panzerfahrers oder eines Piloten, um in bester Moorhuhn-Manier im Dauerfeuer alles in Grund und Boden zu ballern, was uns vors Fadenkreuz gerät.
Heilung ist auf dem Weg!
Eine Neuerung in „Call of Duty: WW2“ ist das neue Squad-System. Schon zu Beginn wird uns der Trupp vorgestellt, der in den nächsten sechs bis acht Spielstunden unsere Familie darstellen wird, uns bis zum Ende aber nicht so wirklich ans Herz gewachsen ist. Dazu gehören beispielsweise Reds bester Freund Robert Zussman, der 31-jährige Lieutnant Joseph Turner, der ein geborener Anführer ist sowie der etwas mürrische Sergeant William Pierson, der sich durch seine bedingungslose Härte auszeichnet. Jedes Mitglied bringt im Gefecht einen gewissen Nutzen mit und liefert uns auf Knopfdruck zum Beispiel frische Munition, Granaten oder ein oft lebensrettendes Medipack.
Denn automatische Heilung gibt es in WW2 nicht mehr. Heilen wir uns nach einigen Treffern nicht schnellstens, zählen wir Sekunden später ebenfalls zu den millionen Opfern des Zweiten Weltkriegs. Insgesamt funktioniert das System zwar gut und wir müssen regelmäßig auf unsere Kollegen achten, damit wir im Fall der Fälle versorgt werden, befehligen können wir diese aber zu keiner Zeit. Insgesamt entpuppt sich die im Grunde gute und frische Idee des Squads, als ein nettes Feature, auf das die Entwickler aber auch hätten verzichten können. Erfüllen wir sogenannte Heldentaten, helfen also anderen KI-Soldaten in Not, bekommen wir auch mal ein Medipack als Bonus spendiert. Stichwort KI: Wie in jedem anderen Teil werden die feindlichen KI-Soldaten nur in Überzahl wirklich gefährlich, sonderlich clever agieren diese aber zu keinem Zeitpunkt.
Wie ein Film
Der große Pluspunkt der Singleplayer-Kampagne von „Call of Duty: WW2“ ist sicherlich die gelungene Inszenierung der verschiedenen Missionen. Vor allem die Zwischensequenzen mit den oft täuschend echt wirkenden Charakteren, wissen zu überzeugen und haben wir in dieser Qualität nur selten in einem Videospiel bis dato erlebt. Die vermeintlich coolen oder oft einfach nur übertrieben patriotischen Sprüche ersticken die aufgebaute Atmosphäre aber meistens im Keim. Die verschiedenen Charaktere sind im Ansatz zwar gut aufgebaut, entpuppen sich aber recht schnell als stereotypische Soldaten, die fest in ihrer vorgegebenen Rolle stecken, keinerlei Entwicklung erkennen lassen und deren Handeln oft einfach nicht nachvollziehbar ist.
Das Herzstück von Call of Duty: WW2 – Multiplayer
Sind wir mal ehrlich, die meisten Spieler werden „Call of Duty: WW2“ weniger wegen der Singleplayer-Kampagne kaufen, sondern viel eher wegen dem Multiplayer. Denn ähnlich wie auch die vorherigen Ableger, besteht auch WW2 aus insgesamt drei verschiedenen Teilen. Neben Single- und Multiplayer darf sich zudem in den mittlerweile zur Tradition gewordenen Zombie-Modus gestürzt werden.
Doch beginnen wir bei den schnellen und hitzigen Gefechten, die sich genau wie die Kampagne, in diesem Jahr im Rahmen des Zweiten Weltkriegs abspielen. Vorbei ist es also mit Spielern, die scheinbar unaufhaltsam an Wänden entlang laufen, unmögliche Sprünge und Kunststücke vollbringen und sich kaum mit dem Fadenkreuz der eigenen futuristischen angehauchten Waffe einfangen lassen – Schluss also mit Exo-Suits, Jetpacks und Co. Insgesamt vertrauen die Verantwortlichen auf gewohnte Stärken, wie motivierende Levelaufstiege, viel freischaltbare Ausrüstung und zahlreiche coole Killstreaks.
Die verfügbaren neun Karten sollten jeden Spieler-Typen zufriedenstellen. Es gibt hier und dort immer Ecken, die sich für einen Hinterhalt eignen oder offenere Gebiete, um den Nutzen einer Sniper auszuschöpfen. Wie in den Vorgängern gilt: Gute Map-Kenntnis ist ein nicht zu vernachlässigender Vorteil.
Neu aber vertraut
Mit den sogenannten Divisionen weht „Call of Duty: WW2“ jedoch ein frischer Wind durch den aktuellen Ableger. Gewählt wird zwischen einer von fünf Divisionen (Infanterie, Airborne, Armored, Mountain und Expeditionary), die anschließend weiter individualisiert und verbessert werden können. Jede bringt dabei bestimmte Vorteile und Waffenfähigkeiten mit sich. So schrauben wir als Fallschirmjäger zum Beispiel einen Schalldämpfer an unser Gewehr.
Der aktuelle Ableger spielt sich bedingt durch das Setting zwar deutlich langsamer, fühlt sich aber noch immer wie ein waschechter CoD-Multiplayer an, wie man ihm von der Shooter-Reihe gewohnt ist. Etwas anderes hätte die riesige dahinter stehende Community wohl auch nicht akzeptiert. Trotzdem erlaubt sich Sledgehammer hier und da ein paar kreative Freiheiten, weshalb sich einige Waffen mit einem Schalldämpfer oder einem nützlichen Rotpunktvisier ausstatten lassen. Das ist historisch zwar nicht ganz korrekt, fügt sich aber sehr gut in den Multiplayer. Spieler, die Wert auf eine authentische Umsetzung des Settings legen, erwarten in der Kampagne übrigens keine der aufgezählten Features. Diese sind lediglich dem Multiplayer vorbehalten.
Das Hauptquartier im Überblick
Neben dem Setting „Call of Duty: WW2“, das viele Spieler schon zu Beginn der Ankündigung gefeiert haben, drehte sich das Marketing von Activision im Vorfeld vor allem um das sogenannte „Hauptquartier“. Dabei handelt es sich um ein Social Hub, in dem Spieler gemeinsam zwischen Multiplayer-Partien warten können. Bis zu 48 Spieler können sich im Hauptquartier gemeinsam versammeln, das ein Lager der Alliierten darstellt, nachdem die Truppen die Strände der Normandie gestürmt haben.
Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, um sich die Zeit zu vertreiben wie zum Beispiel die eigene Ausrüstung auf Vordermann zu bringen. Unter anderem könnt ihr im „HQ“ auch eure aktuellen Herausforderungen wählen, eure Waffenmodifikationen testen, die verdienten Lootboxen öffnen oder einen Blick auf die zur Verfügung stehenden Killstreaks werfen. Denn wie auch bei den Vorgängern, dürfen wir beispielshalber nach drei Abschüssen ein Aufklärungsflugzeug ordern, um uns die gegnerische Stellung aufzuzeigen. Damit werden vorübergehend Feinde auf der Minikarte enthüllt. Mit dabei sind außerdem ein Flammenwerfer, ein Artillerieschlag, eine Flak-Kanone oder das B-17G-Kanonenschiff, das ihr kurze Zeit bemannen könnt, um noch effektiver Abschüsse zu erzielen.
Die coolste Neuerung ist aber, dass ihr in der interaktiven Lobby nicht alleine seid, sondern auf andere Spieler trefft oder gemeinsam mit eurem Squad einkaufen gehen könnt. Zur Verfügung stehen darüber hinaus Eins-gegen-Eins-Matchs gegen andere Spieler oder ein Schießstand, an dem ihr eure Fähigkeiten unter Beweis stellen könnt. Insgesamt steht durch das Hauptquartier die Individualisierung und Anpassung eures Soldaten durch immer neue freigeschaltete Ausrüstungsgegenstände und Waffen stärker im Vordergrund, als je zuvor.
Neue frische Modi mit viel Abwechslung
Den Kernpunkt stellen aber natürlich die verschiedenen Spielmodi dar, zu denen die bereits bekannten Varianten wie Team Deathmatch, Stellung, Capture The Flag oder Kill Confirmed zählen. Erfreulicherweise gesellen sich aber auch einige Neuzugänge hinzu. Besonders spaßig ist dabei der neue asymmetrische Krieg-Modus, der viel Wert auf eure Team-Fähigkeiten legt. Hier müssen gemeinsam im Team bestimmte Ziele erreicht werden, die sich von Fraktion zu Fraktion unterscheiden können. So müsst ihr beispielshalber am Omaha Beach drei Stellungen erobern, die von den gegnerischen Spielern mit Maschinengewehren verteidigt werden.
Sind die ersten Punkte erobert, ziehen sich die Verteidiger zurück und müssen ihre Ausrüstung schließlich gegen die Angreifer verteidigen. Klar, dass hier der Einzelne nicht viel ausrichten kann, sondern im Team angegriffen werden muss. Abschüsse werden zudem nicht gezählt, denn wichtig in diesem Modus ist lediglich der Sieg. Zum Start stehen jeodoch nur drei unterschiedliche Karten zur Verfügung. Nachschub wird bestimmt in nächster Zeit nachgereicht, aber sicherlich nicht kostenlos.
Wer es ebenfalls gerne taktisch, aber zugleich auch lustig mag, für den könnte der Fun-Modus namens Gridiron eine interessante Alternative darstellen. Hier gilt es einen Ball von der Mitte des Spielfelds in den gegnerischen Spawn-Punkt zu tragen. Der Träger des Balls kann jedoch seine ausgerüstete Waffe nicht nutzen, weshalb es auch hier auf gutes Teamplay ankommt.
Der düstere Zombie-Modus
Zu guter Letzt steht auch in „Call of Duty: WW2“ der beliebte Zombie-Koop-Modus zur Verfügung, der uns in das verschneite bayerische Dorf Mittelburg versetzt. Die Hintergrundgeschichte bezieht sich auf die echte Suche nach Beutekunst im Zweiten Weltkrieg. Frauen und Männer haben seinerzeit ihr Leben riskiert, um die gestohlenen Kunstwerke zurückzuholen. Auch in Mittelburg sollen sich unbezahlbare Kunstwerke befinden, die die Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg gestohlen haben. Allerdings befindet sich in dem Dorf zudem ein mysteriöser Schlüssel zu einer gewaltigen Kraft, eine unbesiegbar wirkende Naziarmee der Toten.
Zwar versprüht der Modus nicht mehr den Trash-Charme des Vorgängers, dafür lief uns aber ab und an ein wahrer Schauer über den Rücken, da der Modus deutlich düsterer und ernster umgesetzt worden ist. Das Spielprinzip bleibt dabei dasselbe. Unter Zeitdruck und mit einer Menge Untoter im Genick, gilt es die Karte zu erkunden, Punkte durch Abschüsse zu sammeln und verschiedene Rätsel zu lösen.