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Streit mit Disney: Warum der Marvel-Film Black Widow in den Kinos boykottiert wird

Die Kinos haben gerade erst nach einer monatelangen Zwangspause aufgrund der Corona-Pandemie wieder geöffnet, schon sorgt der neue Marvel-Film Black Widow für Schlagzeilen. Trotz der enormen Verluste und Einnahmeausfälle weigern sich viele Kinobetreiber und Lichtspielhäuser, den neuen Actionfilm aus dem Hause Marvel/Disney auf der großen Leinwand zu zeigen – obwohl der Blockbusterfilm ein Zulauf an Zuschauern generieren würde.

Neuer Marvel-Film auch auf Disney Plus

Warum weigern sich die Kinos Black Widow zu zeigen? Eigentlich dürften die Kinos froh sein, endlich wieder einen Blockbusterfilm auf der großen Leinwand zeigen zu dürfen. Doch bei einer Disney-Produktion sieht das anders aus. Der Grund ist nicht neu und liegt daran, dass der Disney-Konzern seine Preise vor einigen Jahren schon kräftig angezogen hat und nun mehr Geld von den Kinobetreibern als Mieter für den Film verlangt, als andere Verleiher wie etwa Warner Bros. oder Paramount.

Hinzu kommt jetzt das neue Angebot von Disney Plus, wo der MCU-Film mit Scarlett Johansson seit dem Tag des Kinostarts zusätzlich über den VIP-Zugang für 21,99 Euro abrufbar ist. Inzwischen hat Disney die offiziellen Zahlen bekannt gegeben: Demnach hat „Black Widow“ allein am Startwochenende weltweit rund 218 Millionen US-Dollar eingespielt. Davon entfallen satte 60 Millionen US-Dollar Einnahmen über Disney Plus als VIP-Titel.

Da man nicht so ohne weiteres den Film in allen Kinos sehen kann (Corona-Testpflicht bis hin zu begrenzten Sitzplätzen), stellt Disney Plus den Marvel-Fans eine echte Alternative für den Kinobesuch dar – was bei den Kinobetreibern wie Kinopolis verständlicherweise für neuen Ärger sorgt:

„Liebe Kinogäste, endlich können wir Filme wieder an dem Ort erleben, für den sie gemacht werden. Und zwar im Kino auf der großen Leinwand und in bester Bild- und Tonqualität. Bedauerlicherweise wurden seitens der Filmverleiher die Konditionen und Einsatzbedingungen für einige Filme in erheblichem Umfang und einseitig zu Lasten der Kinos verändert. Um auch zukünftig qualitativ hochwertiges Kino zu fairen Preisen anbieten zu können, müssen wir daher leider – allen Einigungsversuchen zum Trotz – schweren Herzens auf den Einsatz von BLACK WIDOW verzichten.

Natürlich wollen wir Euch auch in Zukunft das bestmögliche Kinoprogramm bieten. Sollte es trotzdem dazu kommen, dass wir vereinzelt Filme nicht einsetzen können, werden wir Euch frühzeitig auf unserer Internetseite darüber informieren. Wir hoffen auf Euer Verständnis und wünschen Euch viel Spaß und gute Unterhaltung im Kino. Euer Kinopolis-Team“

Streit zwischen Kinos und Disney nicht neu

Worum geht es im Protest gegen Disney? Zahlreiche deutsche Kinobetreiber – von den kleinen Arthouse-Kinos um die Ecke bis hin zu großen Multiplex-Kinos von Kinoketten wie Cinemaxx, Kinostar, Cinestar oder UCI mit hunderten Sälen – äußern schon seit einigen Jahren ihren Unmut gegenüber dem Disney-Konzern. Nicht nur die kleinen Kinos rufen zum Boykott sämtlicher Disney-Filme auf, dazu zählen auch die Marvel-Filme.

Der Streit geht bereits ins Jahr 2015 zurück. Damals wurden die ersten MCU-Filme wie „Avengers“ von den Kinos boykottiert, auch der neue „Star Wars“-Film „Das Erwachen der Macht“ konnte man damals als Fan nicht in allen Kinos sehen.

Der Grund liegt heute wie damals an den veränderten Konditionen des Verleihers. Disney verlangt inzwischen deutlich mehr Miete für seine Filme im Vergleich zu anderen Verleihern. Inzwischen müssen Kinobetreiber 50 bis 60 Prozent der Ticket-Einnahmen an Disney als Verleiher abdrücken, da bleibt nicht mehr viel übrig für das Kino. Besonders kleinere Kinos machen paradoxerweise bei den großen Blockbusterfilmen mehr Verlust als Gewinn.

Disney Plus sorgt für neuen Ärger

Warum eskaliert der Streit Kinos vs. Disney trotz Corona? Obwohl die Kinobetreiber aufgrund von Corona eine lange Durststrecke hinter sich haben und sich über jeden neuen großen Film als Publikumsmagneten freuen dürften, eskalierte bereits am Tag der Wiedereröffnung Anfang Juli der Streit mit Disney. Zum einen liegt es weiterhin an der aus Sicht der Kinobetreiber überzogenen Abgaben der Kinoeinnahmen, an den sich seit nunmehr über 5 Jahren nicht viel geändert hat.

Neu kommt hinzu, das die wachsende Anzahl der Streamingdienste auch hierzulande den Kinos immer mehr Konkurrenz machen. Insbesondere da Disney selbst mit Disney Plus ein neues Angebot für deutsche Filmfans bereithält. Mit den kürzlich eingeführten VIP-Zugängen bei Disney Plus, die gerade aufgrund der Corona-Krise dem Konzern fehlende Einnahmen generieren sollen, hat sich Disney immer mehr unabhängig von den Kinos gemacht. Mit einem einmaligen Aufpreis, etwa in Höhe eines Kinotickets, können die Disney Plus-Abonnenten den neuen Blockbusterfilm exklusiv sehen – unbegrenzt und unabhängig von den Kinos.

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Den Anfang machte der Film Mulan, der wegen den geschlossenen Kinos schon mehrfach verschoben werden musste, ein Schicksal, das viele Kinofilme wie der Bond-Film teilt. Mit dem neuen exklusiven Service für seine Kunden hat Disney einen Testversuch gestartet, der scheinbar so erfolgreich angenommen wurde, dass der VIP-Zugang für weitere Disney-Filme wie die neuesten Marvel-Filme ausgebaut wird.

Der neue VIP-Service macht Schule: Inzwischen haben weitere Verleiher mit vergleichbaren Angeboten nachgezogen. Warner etwa kündigte vor einigen Monaten unter enormen Protesten an, sämtliche Kinofilme für das Jahr 2021 exklusiv und zeitgleich zum Kinostart (soweit es möglich ist) auf dem eigenen VoD-Dienst HBO Max zu veröffentlichen. Die Filmfans freut es, die Kinofilme sehen zu dürfen und zeigen sich bereit, einen angemessenen Preis dafür zu zahlen – ob nun im Kino auf der großen Leinwand oder im Heimkino gemütlich auf der Couch.

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Vera Tidona

Schreiberling für PlayCentral.de und begeisterte Film- und Serien-Guckerin. Süchtig nach neuen Folgen von Stranger Things oder The Witcher und stets für ein Abenteuer bereit, sei es in Hogwarts, Monkey Island oder in der Welt der Lego-Klötzchen.
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