Daedalic befeuert mit der neuesten, hauseigenen Produktion den Echtzeit-Strategie-Markt. „A Year of Rain“ befindet sich seit dem 6. November 2019 im Early-Access-Status auf Steam. Wir haben uns den Titel angesehen und verraten euch in unserer Review, wie sich der geistige Nachfolger von „Warcraft“ auf den ersten Metern schlägt. Der deutsche Entwickler und Publisher Daedalic konnte in der Vergangenheit mit einigen Durchbrüchen wie Deponia, State of Mind, Shadow Tatics: Blades of the Shogun oder gar The Long Journey Home überzeugen. Dabei setzten die Verantwortlichen zumeist auf altbekannte Genres wie dem Action-Adventure oder der Echtzeit-Taktik und hauchten diesen Genres wieder neues Leben ein, während sie diese stets mit kreativen Ideen aufwerteten, gar weiterentwickelten. Mit A Year of Rain gehen sie einen ähnlichen Weg. Lange vorbei sind die Hochzeiten der Echtzeit-Strategie (Real Time Strategy, kurz RTS). Umso mutiger erscheint der Versuch, sich diesem Genre anzunehmen und es wiederzubeleben. Nur ein WarCraft-Klon? Aber was ist „A Year of Rain“? Nun stellt sich allem voran die Frage, ob wir es hier lediglich mit einem WarCraft-Klon zu tun bekommen, doch an dieser Stelle gibt es sogleich Entwarnung. Daedalic würde kein RTS ins mediale Rennen schicken, wenn sie keine findige Idee auf Lager hätten. So ist die logische Weiterentwicklung in diesem Fall der Koopaspekt, der es den Spielern ermöglicht, die Story-Kampagne und andere Spielmodi vollständig im Duo und somit im Team zu erleben. Das hat es in WarCraft in dieser Form nicht gegeben. Diesbezüglich wurden die einzelnen Missionen von Grund auf so konzipiert, dass zwei Spieler parallel an einer Mission arbeiten und sie separat und doch gemeinsam erleben (wahlweise mit KI). Separat, da einzelne Aufgaben in Missionen voneinander abweichen können, während andere Missionen die ungetrennte und unentwegte Zusammenarbeit erfordern. Insbesondere durch den lodernden Schrei nach mehr und neuen Koop-Games hat „A Year of Rain“ in dieser Hinsicht schon einmal vieles richtiggemacht. Dabei setzen die Entwickler auf übliche Genrestärken. Ein paar zauberhafte Story-Ansätze im Fantasy-Abenteuer, sinnvoll ausgearbeitete Charaktere und cineastische Cutscenes. Angereichert wird das Ganze mit dem typischen Daedalic-Scharm und einer Vertonung, die dem Spiel den nötigen Märchenzauber verleihen. Die Geschichte, die wir bislang im Early Access erleben konnten, wirkt dabei recht einfach inszeniert und kommt mit unterschiedlichen Rassen wie Menschen, Elfen, Geistern oder gar Untoten daher. Die Helden folgen einfachen Motiven und funktionieren durch stimmiges Zusammenspiel grundverschiedener Charaktere, was nicht minder häufig in einem unterhaltenden Lacher mündet. Fraktionen, Multiplayer und Mechaniken In der Story-Kampagane als auch in Online-Partien wird auf die Zweieinigkeit gesetzt. Im Multiplayer, einem 2v2-Skirmish-Modus, spielt ihr ebenfalls mit einem Freund oder einem Mitspieler aus dem Internet und tretet gegen ein anderes Duo an. Der Koopgedanke ist also allgegenwärtig. Geschichtlich begleiten wir in der ersten Kampagne das Haus Rupah, eine Franktion aus Menschen, Zwergen und Elfen, die unerforschte Gegende zivilisieren möchte. Dazu kommt in der Zukunft das untote Rastlose Regiment, eine blutrünstige Armee aus untoten Kriegsherren, Skeletten, Bestien und Seelen. Und das Wilde Banner stellt die dritte Fraktion dar, sie wurde aus wahllosen, humanoiden Überlebenden zusammengesetzt, die wie Nomaden umherstreifen. Im Early Access steht dabei lediglich die erste von drei Story-Kampagnen zur Verfügung. Eine Kampagne mit den Untoten und eine mit den Wilden wird noch folgen. So zählen wir am Ende drei Fraktionen, ähnlich wie in StarCraft. Diese Fraktionen können schon jetzt im Multiplayer gespielt werden. Der Multiplayer-Modus hingegen erinnert an längst vergangene WarCraft 3-Tage. Ressourcen sammeln, Bauwerke errichten und parallel mit einem von drei Helden pro Fraktion (insgesamt 9 Helden bislang) durch die Karte streifen, um Monster zu töten. Eure Helden leveln unterdessen, mit jedem Level könnt ihr eine von vier Fähigkeiten auswählen oder verstärken. Doch Items könnt ihr – anders als im Singleplayer – nicht auffinden und ausrüsten. Dafür verschaffen euch bestimmte Bossgegner auf der Karte ganze Gruppenbuffs, die ein wenig an „League of Legends“ erinnern. Zu Beginn jeder Runde wählt ihr zudem eure Rolle: Tank, Damage oder Support, was euch im Spiel wiederum einige Sonderfähigkeiten verleiht. Hier gilt es zu erwähnen, dass die Partien im Grunde nach dem einfachen Schere-Stein-Papier-Prinzip funktionieren, da jede Fraktion lediglich über eine begrenzte Auswahl an Einheitenklassen verfügt. Bei Haus Rupah sind das neben Bauarbeitern zum Beispiel Fußsoldaten, Bogenschützen, Priester (Heiler), Ritter (Kavallerie), Zwerge (Belagerungseinheiten) und eine mächtige Einheit namens Dschinn. Die Unterschiede zu den einzelnen Fraktionen sind dahingehend eher optischer Natur, da alle recht ähnlich aufgebaut sind. Erwartet also keine fundamentalen Unterschiede wie in „StarCraft“. Was nicht heißt, dass sie sich gar nicht voneinander unterscheiden. Noch sind sie allerdings allesamt zu ähnlich. Und dennoch bieten die Partien viel Abwechslung und schon jetzt Raum für Strategien. Bekannte RTS-Strategien aus „StarCraft 2“ lassen sich hier teils sehr gut anwenden, Fähigkeiten im Mikro- und Makromanagement natürlich vorausgesetzt. Für die Zukunft wäre eine größere Auswahl bei den Einheitenklassen dennoch wünschenswert. Wichtig ist zudem, dass Daedalic noch weitere Modi für die Zukunft plant, die vollends für das Teamplay konzipiert werden. Im asymmetrischen Multiplayer-Modus Against All Odds werden sich zwei Helden einer riesigen Armee stellen (folgt im Early-Access-Status). Das Early-Access-Problem So weit, so nostalgisch und erfrischend für alle RTS-Fans, die auf „WarCraft 3“ stehen. Ihr werdet sicherlich euren Spaß in den Multiplayer-Partien haben. Doch wenn sich ein Unternehmen dazu entscheidet, ein Spiel im Early Access auf Steam zu veröffentlichen, muss es sich (genauso wie die Spieler) bewusst sein, dass sich das Spiel noch inmitten der Entwicklungsphase befindet. Der Frustfaktor zum derzeitgen Entwicklungsstand ist hier vorprogrammiert und wird zum Beispiel durch häufige Abstürze ausgelöst. Die Wegfindung der einzelnen Einheiten ist mit der Release-Version mangelhaft. Einheiten kommen häufig nicht adäquat an anderen vorbei, laufen stumpf gegen Barrikarden (ohne eigene Wegfindung) oder bleiben gänzlich auf einigen Stellen auf der Karte hängen, sodass ihr Missionen im Singleplayer häufiger neustarten müsst. Neben der schlechten Wegfindung lässt die KI zudem zu wünschen übrig. Zum Teil stehen Bauarbeiter im Multiplayer schlicht in der Gegend herum und handeln auch sonst sehr fragwürdig. Davon ab ließe sich kritisieren, dass die Missionen komplett neugestartet werden müssen, wenn ihr sie nicht schafft. Eine Speicherfunktion innerhalb der Missionen suchen wir bislang vergebens. Problematisch ist ebenfalls die Gruppensuche. Freunde werden häufig nicht ordnungsgemäß in die Gruppe aufgenommen. Das geht sogar so weit, dass ihr das Spiel häufig neustarten müsst. Insgesamt können sich die Spieler aller Voraussicht nach eine Menge Frust ersparen, wenn sie die nächsten Patches abwarten. Die Entwickler haben bereits eine umfangreiche Roadmap für das nächste Jahr online gestellt, wo Dinge wie die Wegfindung der Einheiten angesprochen werden. Zum derzeitigen Zeitpunkt wirken sich zudem einige ebenfalls bekannte Game-Breaker-Bugs massiv auf den Spielspaß aus. So verliert „A Year of Rain“ trotz eigener Erstellung eines Spiels ständig den Host im 5. Kapitel der 1. Kampagne. Der Fehler tritt exakt dann auf, wenn ihr mit euren Einheiten die Tore der Bastion geöffnet habt und einmarschiert. Daedalic weiß allerdings über viele Bugs Bescheid und auch hier wird womöglich schon zeitnah Abhilfe geschaffen.