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Activision Blizzard angeklagt wegen sexueller Belästigung und Diskriminierung (Update)

Update vom 5. August 2021: Nachdem zum gestrigen Tag Blizzard Entertainment-Präsident J. Allen Brack das Unternehmen verlassen und sein Amt abgegeben hat, folgt nun Jesse Meschuk. Der Senior Vice President HR von Blizzard hat den Publisher diese Woche infolge der Anklage gegen Activision Blizzard ebenfalls verlassen.

Meschuk galt laut Bloomberg als oberster Personalvertreter. Besonders die Personalabteilung des Unternehmens wird derzeit kritisiert, da hier laut Berichten zahlreicher aktueller und ehemaliger Mitarbeitender, „schikaniert, herabgesetzt oder Skepsis gezeigt wurde“, wenn Berichte von mutmaßlicher Belästigung oder Körperverletzung eingegangen sind.

Anklage durch Investoren: Hinzu kommt eine offiziell gewordene Sammelklage, die von den Geldgebern und Aktionären eingereicht wurde. Darin wird behauptet, dass Activision Blizzard es versäumt habe, sie über die Untersuchung ihres angeblich toxischen Arbeitsumfelds zu informieren und „bewusst oder einfach ignorant, falsche und irreführende Aussagen über das Unternehmen getroffen hat“. Das hat vermeintlich dazu geführt, dass sie „wirtschaftlich geschädigt“ wurden. Auf Ars Technica könnt ihr die vollständige Anklageschrift einsehen, einen Auszug lest ihr hier:

„Infolge der unrechtmäßigen Handlungen und Unterlassungen der Beklagten und des steilen Rückgangs des Marktwertes der Stammaktien des Unternehmens haben der Kläger und andere Gruppenmitglieder erhebliche Verluste und Schäden erlitten.“

Update vom 4. August 2021: Kurze Zeit später, nachdem Activision Blizzard von dem Sexismus-Skandal erschüttert wurde, – die sich nun mit einer Klage konfrontiert sehen – geht der aktuelle Präsident des Unternehmens. Der nun Ex-Präsident J. Allen Brack verlässt Activision Blizzard:

Activision BlizzardNach Skandalen & Klage: Präsident J. Allen Brack verlässt Activision Blizzard

Update vom 30. Juli 2021: Gegen den einstigen World of Warcraft,-Senior Creative Director Alex Afrasiabi wurden bereits im letzten Jahr interne Untersuchen erlassen, nun legte ein Bericht von Kotaku jedoch die Details zur sogenannten Cosby Suite offen, deren Name auf den mutmaßlichen Sexualstraftäter Bill Cosby zurückgeht.

Im Rahmen der Klage des Staates Kalifornien gegen Activision Blizzard wurde nun von einem Sprecher des Unternehmens bestätigt, dass Afrasiabi nach den eingeleiteten Untersuchungen wegen seines Fehlverhaltens im Umgang mit anderen Mitarbeiterinnen gekündigt wurde. Auch hier ging es um sexuelle Belästigung, bei denen Afrasiabi Frauen gesagt haben soll, dass er sie heiraten möchte, seinen Arm um sie legte und versucht hat, sie zu küssen.

Stellungnahme von Ubisoft: Darüber hinaus haben sich offenbar knapp 500 Ubisoft-Mitarbeiter*innen in einem offenen Brief gegen das eigene Management solidarisiert, der nicht nur Activision Blizzard, sondern auch den Umgang von Ubisoft mit dem Thema sexueller Belästigung und Diskriminierung kritisiert. Axios hat den Brief veröffentlicht:

„An die Mitarbeiter von Activision Blizzard, wir hören euch und wollen euch lautstark unsere Solidarität erklären. In der vergangenen Woche wurde die Spielebranche erneut von Enthüllungen erschüttert, die zu vielen von uns schon lange bekannt sind. […] Wir haben in über einem Jahr nichts mehr gesehen als nette Worte, leere Versprechungen und eine Unfähigkeit oder ein Unwille, die bekannten Täter zu entlassen. Wir vertrauen nicht länger auf eure Versprechen diese Angelegenheiten bei der Wurzel zu packen. Ihr müsst mehr tun.“

Aufzug aus dem Brief der Ubisoft-Mitarbeiter*innen
Assassin’s Creed ValhallaAssassin’s Creed Valhalla-Creative Director tritt wegen Vorwürfen von sexuellem Fehlverhalten von Projekt zurück

Update vom 28. Juli 2021: Die Veröffentlichung des Briefs an die Geschäftsleitung von Activision Blizzard war nur der Anfang. In einer aktuellen Erklärung kündigten die enttäuschten und unzufriedenen Mitarbeitenden des Unternehmens einen Streik an, der am heutigen Mittwoch von 10 bis 14 Uhr auf dem Blizzard-Campus stattfinden soll, aus Protest gegen die vorherrschenden Arbeitsbedingungen.

Wer nicht physisch teilnehmen kann, wurde gebeten den Hashtag #ActiBlizzWalkout zu verwenden, unter dem bereits jetzt mehrere aktuelle und ehemalige Blizzard-Mitarbeiter*innen ihre Unterstützung für den Streik bekunden.

Was fordern die Mitarbeiter*innen bei dem Streik?

  • Aufhebung von Zwangsschlichtungs-Klausel „in allen aktuellen und zukünftigen Arbeitnehmerverträgen“.
  • Neue Praktiken für Rekrutierung, Vorstellungsgespräche, Einstellungen und Beförderungen, „bei denen sich die Mitarbeitenden in einer unternehmensweiten Organisation für Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion einig sind“.
  • Veröffentlichung von Daten zu relativer Entlohnung, Beförderungsquoten und Gehaltsspannen für Mitarbeiter „aller Geschlechter und Ethnien im Unternehmen“.
  • Bevollmächtigung einer unternehmensweiten Task Force für Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion, mit der eine dritte Partei beauftragt werden kann, um Prüfungen der Berichtsstruktur, der Personalabteilung und der Führungskräfte zu ermöglichen.

Update vom 27. Juli 2021: Nachdem der einstige Activision Blizzard-CEO Mike Morhaime Stellung zur Anklage gegen das Unternehmen bezogen hat, folgte nun die Veröffentlichung eines offenen Briefs an die derzeitige Firmenleitung, den über 2.600 Mitarbeiter*innen unterschrieben haben und der explizite Forderungen an die Chefetage enthält.

Was steht in diesem Brief? Unter anderem werden darin die Reaktionen auf die Klage wegen sexueller Belästigung und Diskriminierung kritisiert und als „abscheulich und beleidigend“ bezeichnet. Zudem werden offizielle Erklärungen gefordert, die zeigen, dass die Geschäftsleitung den Ernst der Anschuldigungen anerkennt und den Opfern Mitgefühl entgegenbringt. Kotaku hat einige Auszüge aus dem Brief erhalten und durch zwei Quellen bestätigen lassen:

„An die Geschäftsleitung von Activision Blizzard,

Wir, die unterzeichnet haben, sind der Meinung, dass die Aussagen von Activision Blizzard, Inc. und ihrem Rechtsbeistand in Bezug auf die DFEH-Klage sowie die anschließende interne Aussage von Frances Townsend abscheulich und beleidigend für alle sind, für die unser Unternehmen unserer Meinung nach stehen sollte. Um es klar und unmissverständlich auszudrücken, unsere Werte als Mitarbeitende spiegeln sich in den Worten und Taten unserer Geschäftsleitung nicht korrekt wider.

Wir glauben, dass diese Aussagen unserem anhaltenden Streben nach Gleichberechtigung innerhalb und außerhalb unserer Branche geschadet haben. Die Kategorisierung der Behauptungen als „verzerrt und in vielen Fällen falsch“ schafft eine Unternehmensatmosphäre, die die Opfer ungläubig macht. Es lässt auch Zweifel an der Fähigkeit unserer Organisationen aufkommen, Täter für ihre Handlungen zur Verantwortung zu ziehen und ein sicheres Umfeld zu schaffen, in dem sich Opfer in Zukunft zu Wort melden können. Diese Aussagen machen deutlich, dass unsere Geschäftsleitung unsere Werte nicht an erste Stelle stellt. Sofortige Korrekturen von der höchsten Ebene unseres Unternehmen sind erforderlich.

Unsere Unternehmensleiter haben behauptet, dass Maßnahmen zu unserem Schutz ergriffen werden, aber angesichts rechtlicher Schritte – und der beunruhigenden offiziellen Reaktionen, die darauf folgten – vertrauen wir nicht mehr darauf, dass unsere Führungskräfte die Sicherheit der Mitarbeitenden über ihre eigenen Interessen stellen werden. Zu behaupten, dies sei eine „wirklich haltlose und unverantwortliche Klage“, während so viele aktuelle und ehemalige Mitarbeitenden über ihre eigenen Erfahrungen mit Belästigung und Missbrauch sprechen, ist einfach inakzeptabel.

Wir fordern offizielle Erklärungen, die die Ernsthaftigkeit dieser Anschuldigungen anerkennen und Mitgefühl für die Opfer von Belästigung und Übergriffen zeigen. Wir fordern Frances Townsend auf, zu ihrem Wort zu stehen, als Executive Sponsor des ABK Employee Women’s Network aufgrund der schädlichen Natur ihrer Aussage zurückzutreten. Wir fordern die Geschäftsleitung auf, mit uns gemeinsam an neuen und sinnvollen Maßnahmen zu arbeiten, die sicherzustellen, dass Mitarbeiter – sowie die Allgemeinheit – einen sicheren Ort haben, um sich zu äußern und vorzutreten.

Wir stehen zu all unseren Freunden, Teammitgliedern und Kollegen sowie den Mitgliedern unserer engagierten Community, die Misshandlungen oder Belästigungen jeglicher Art erfahren haben. Wir werden nicht zum Schweigen gebracht, wir werden nicht abseits stehen und wir werden nicht aufgeben, bis das Unternehmen, das wir lieben, ein Arbeitsplatz ist, auf den wir alle stolz sein können, wieder ein Teil davon zu sein. Wir werden die Veränderung sein.“

Originalmeldung vom 23. Juli 2021: Erst vor einigen Monaten wurden mehr als 50 Mitarbeiter von Activision Blizzard entlassen, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt Rekordumsätze verzeichnen konnten. Nun sorgt das Unternehmen erneut für negative Schlagzeilen: Eine kalifornische Behörde hat das Unternehmen verklagt. Sie wirft ihnen sexuelle Belästigung und Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz vor.

Activision Blizzard: Anklage mit schweren Vorwürfen

Das Department of Fair Employment and Housing (DFEH) aus Kalifornien geht nun mit rechtlichen Schritten gegen das Unternehmen vor. Aus den offiziellen Gerichtsdokumenten geht hervor, dass Activision Blizzard den weiblichen Angestellten unter anderem weniger Gehalt als den männlichen Kollegen in den gleichen Positionen gezahlt haben soll. Beförderungen soll es zumeist nur für männliche Mitarbeiter, die in einem guten Verhältnis zu den Vorgesetzten standen, gegeben haben.

Dazu sollen sowohl verbale als auch körperliche sexuelle Belästigung kommen. Beschwerden von Seiten der Betroffenen seien nicht ernst genommen und sogar mit Versetzungen oder ähnlichen Maßnahmen bestraft worden, was die Situation nur weiter verschlechterte.

Von besonderer Diskriminierung sollen außerdem weibliche People of Color betroffen sein. Der Klageschrift nach wurde von einer afroamerikanischen Mitarbeiterin eine Art Aufsatz verlangt, was sie mit ihren beantragten freien Tagen vorhabe, während dies von niemandem sonst gefordert wurde.

Was sagt Activision Blizzard dazu?

Das Verhalten der männlichen Angestellten vergleicht das DFEH mit dem einer Studentenverbindung. Alkoholkonsum sowie das Abwälzen der Arbeit auf Kolleginnen wurden ebenfalls thematisiert.

Activision Blizzard weist die Vorwürfe zurück: Das Unternehmen distanziert sich von den Anklagepunkten und weist diese zurück. Vor allem die Verbindung zu einem Suizidfall in der Belegschaft, dem anscheinend massive sexuelle Belästigung vorausging, sorgte beim Unternehmen für Empörung.

Activision Blizzard Teaser
© Activision Blizzard

Was passiert nun? In einem Statement gegenüber Bloomberg bezeichnete ein Sprecher der Firma die Beschreibungen als verzerrt sowie in vielen Punkten falsch und erhebt den Vorwurf, die Behörde wollte sie nicht über die festgestellten Probleme informieren. Bei der Anzahl und Schwere der Vorwürfe ist allerdings mit Konsequenzen zu rechnen.

Annika Menzel

Hexe, Superheldin und Pokémon-Trainerin, die ihre Zeit am liebsten mit Videospielen und Lesen verbringt. Von Astral Chain bis Zelda, fasziniert vom Land der aufgehenden Sonne. Gelobt sei sie! Dabei wandert sie stets auf dem schmalen Grat zwischen Frust und Euphorie.
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