1936 war es die berühmte britische Schriftstellerin Agatha Christie, die in ihrer Schaffenszeit den Kriminalroman "Die Morde des Herrn ABC" veröffentlichte. 80 Jahre später dürfen wir in digitaler Form selbst die Rolle von Hercule Poirot übernehmen und haben es zur Aufgabe, eine rätselhafte Reihe genial durchgeplanter Morde aufzudecken. Erfahrt in unserem Test, ob das Point'n'Click-Adventure "Agatha Christie – The ABC Murders" auch heute noch spannendes Krimifutter liefern kann.
Wir schreiben den 18. Juni im Jahre 1935. Es ist eine beschauliche Zeit. Nur wenige Autos fahren die Straßen entlang und ein jeder Spaziergänger in feiner Kleidung grüßt höflich seine Mitmenschen. Hinter den verschlossenen Türen der prunkvollen Häuser ist die Stimmung weit weg von der Glückseligkeit der Straße. Zwei Männer sind es, die ungewöhnlich aufgebracht durch ihre Wohnung in London stolzieren. Es sind der Meisterdetektiv Hercule Poirot und sein treuer Gefährte Arthur Hastings. Mal wieder beschäftigt sie ein Mordfall. Dieser allerdings ist anders als jene, die sie in ihrer langen Laufbahn bereits lösen konnten: Schon Tage vor der eigentlichen Tat bekommt unser Protagonist Poirot einen Brief, der den folgenden Mord ankündigt. Was will der Täter damit erreichen? Provokation? Aufmerksamkeit? Wir wissen es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Schon bald werden wir jedoch die Gewissheit haben, dass es nicht bei einer Leiche bleibt – und jedes Mal ereilt uns zuvor der todbringende Brief. Welches Spiel wird hier gespielt?
Der Tatort
Agatha Christie – The ABC Murders bringt uns zurück in die frühen Anfänge des 20. Jahrhunderts. Die wirklich wundervoll inszenierten Szenen bekommen durch die erwachsene Comicgrafik einen ganz eigenen Stil und laden zum Umherwandern ein. Das Spiel lässt uns nicht nur komplett frei durch die Landschaften laufen, es ist auch bitter nötig das zu tun – Hercule Poirot ist bekannt dafür, für die Aufklärung einer Straftat jeden noch so kleinen Stein umzudrehen. Überall könnten Hinweise lauern. So machen wir es ihm nach und untersuchen akribisch die uns gebotenen Kulissen. Diese reichen von alten Villen hin zu hügeligen Landschaften mit tollem Ausblick auf das Meer. Rein optisch macht der Titel des Entwicklerstudios MICROÏDS nahezu alles richtig und sorgt für die passende Stimmung zum Spiel. Größere Areale mit mehr Handlungsfreiheit hätten hier aber nochmal mehr aus dem Spiel rausholen können.
Story & Handlung
Man merkt der Story in den ersten Zügen bereits an, welches Meisterwerk hier zugrunde liegt. Als Spieler ist man schnell tief in der Geschichte drin, was natürlich zur Folge hat, dass man schnellstmöglich den Fall lösen möchte. "Ich glaube, ich weiß jetzt, wer es war!" ging mir das eine oder andere Mal durch den Kopf und dieser Vermutung musste natürlich so lange nachgegangen werden, bis Klarheit in die Sache gebracht werden konnte.
Auf dem Weg zur Lösung des Falls hat man gleich mehrere Aufgaben, die man erfüllen muss. Zum einen ist es natürlich die Pflicht eines jeden Detektiven von Rang und Namen, dass man die wichtigsten Stellen der Morde genau unter die Lupe nimmt und dann eventuell vorhandene Zeugen nach Informationen befragt. Irgendjemand hat schließlich immer etwas gesehen! Cooles Feature: Wir haben an vielen Stellen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, was wir wen auf welche Art fragen. Je besser wir uns dabei anstellen, desto mehr Informationen erhalten wir. Anhand von genauen Beobachtungen können wir beispielsweise feststellen, dass ein Zeuge völlig aufgewühlt von der aktuellen Situation ist und man lieber vorsichtige Fragen stellen sollte. Handeln wir so, wie es ein wahrer Hercules Poirot tun würde, sammeln wir zusätzlich Ego-Punkte. Diese dienen jedoch einfach dem Achievement, alle erlangt zu haben – spielerische Auswirkungen gibt es nicht. Auch falsch geführte Verhöre haben keinen gewaltigen Einfluss – an sein Ziel kommt man auch mit wenig Fingerspitzengefühl. Wir hätten uns generell gesehen etwas mehr Tiefe und Herausforderung gewünscht. Wichtige Entscheidungen, die bei falscher Wahl in eine Sackgasse führen und uns unsere Strategie überdenken lassen. Mehr Optionen zur Lösung des Falls. Mehr eigene Recherchearbeit. Verschenktes Potenzial!
Wie es für Point'n'Click-Adventures üblich ist, begegnen uns auf unserem Streifzug der Gerechtigkeit einige Rätsel. Ein riesiger Pluspunkt für das Spiel ist die Tatsache, dass keinerlei sinnlose Aufgaben integriert sind, die zu völlig abwegigen Lösungsschritten zwingen. Wer gerne rätselt und mit ein bisschen Überlegung an den Titel rangeht, der bekommt eine vernünftige Portion Rätselspaß geliefert, die fordert, aber nicht verzweifeln lässt. Da ist es auch verschmerzbar, dass so manche Aufgabe sich wiederholt oder mehr als Lückenfüller daherkommt. Die Story steht klar im Vordergrund und soll nicht unnötig von aberwitzigen Knobeleien behindert werden. Gut gemacht!
Technik, Umfang, Steuerung
Ein Mordfall löst sich nicht im Vorbeigehen. Selbst geübte Detektive werden mit Agatha Christie – The ABC Murders einige Stunden Krimispaß erhalten, der technisch einwandfrei über die Bühne geht. In unserem Testdurchlauf sind keinerlei Fehler aufgetaucht, sodass man sich komplett auf seine eigentlichen Aufgaben konzentrieren kann. Auch die Steuerung – wie sollte es anders sein – geht flüssig von der Hand. Mit der Maus machen wir genretypisch die meiste Arbeit und das Hauptmenü ist jederzeit erreichbar und gut sortiert. Manchmal fällt jedoch auf, dass das präzise Klicken in den kleinen Ansichten der Rätselumgebung nicht immer zum gewünschten Ergebnis führt und man häufiger als nötig einen Schritt vor oder zurückgehen muss. Ebenfalls nicht ideal: Die Gestik und Mimik der Charaktere passt in den einzelnen Sequenzen und Dialogen nicht immer zu dem, was sie sagen – fernab einer Lippensynchronität.