Clickbait im Journalismus
Buzzfeed, Heftig.co, Gawker oder im deutschsprachigen Bereich Huffington Post, Focus und Bild – all diese Webseiten personifizieren laut einer kritischen Internetgemeinde sozusagen den Clickbait. Sie haben ihn so verinnerlicht, so dermaßen in unzähligen Varianten ausgearbeitet, dass selbst Dagi B und Katja Krasavice noch von ihnen lernen könnten.
Das absurde ist, dass sich der sensationsgierige Leser über die Art der Überschriftenformulierung aufregt, anstatt sein eigenes Surf-Verhalten zu analysieren. Stattdessen ist man enttäuscht, dass doch keiner gestorben ist, dass doch nur ein normales, gesundes Baby zur Welt gekommen oder der Amokläufer nur ein Renter mit Heckenschere gewesen ist. Und bevor jetzt jemand bei Google sucht: Das waren alles frei erfundene „News“.
Viele der Überschriften spiegeln allerdings recht gut den tatsächlichen Inhalt wieder, vielleicht etwas verschärft oder destilliert, aber nicht irreführend. Gerne wird hier ‚Clickbait‘ als Synonym für ‚Sensationsjournalismus‘ verwendet. Der mag zwar reißerisch sein, gibt seiner Klientel aber durchaus das, was sie will und ist nicht per se irreführend.
Drehen wir den Spieß um!
Noch bin ich nicht fertig! Denn es gibt noch ein interessantes Detail zum Thema. Das Wort ‚Clickbait‘ wird nämlich gerne als Totschlag-Argument verwendet. Von Lesern, denen der Inhalt eines Artikels nicht gefällt oder solchen, die keine Lust haben, sich mit besagtem Inhalt genauer auseinanderzusetzen. Es wird sozusagen die ‚Clickbait‘-Keule geschwungen, die eine Überschrift und mit ihr den Artikel kompromisslos abkanzelt.
Ein Beispiel: Ich habe einmal einen Artikel geschrieben, den ein Redakteur mit „Anzügliche Kolumne: Sexualität in Computerspielen“ betitelt hatte. Ein wütender Follower auf Twitter entfolgte mir mit einigen harschen Worten. Er war von ‚Clickbait‘ ausgegangen, dabei stellt der Artikel eine ernstgemeinte (und meines Erachtens nach berechtigte) Kritik an der Verarbeitung von Sexualität in Spielen dar.
Es ist nicht alles Clickbait
Nur weil ein Thema gerne als ‚Bait‘ verwendet wird, bedeutet das nicht, dass alle Artikel mit diesem Thema automatisch ‚Clickbait‘ sind. Ebenso ist es kein Clickbait, wenn ein allgemein beliebtes/provokantes/polemisches Thema auf einer Seite aufgriffen wird oder über eine prominente Persönlichkeit berichtet wird. Es ist noch nicht einmal Clickbait, wenn durch eine Überschrift eine gewisse Spannung oder Neugierde erzeugt wird – das ist ein Stilmittel, welches seit jeher in der Unterhaltungsindustrie zu finden ist. Alles kein Clickbait!
Es sei denn, wir sprechen über die erste Definition! Dann würde das Wort ‚Clickbait‘ aber kaum als verwerflich gelten können, sondern lediglich eine legitime Anstrengung bezeichnen, um die Leser- oder Zuschauerschaft zu erweitern. Wer also das nächste Mal mit Großbuchstaben CLIKCBAIT!!!!11!! in die Kommentare hämmert, der möge kurz innehalten und überprüfen, ob man tatsächlich bösartig in die Irre geführt wurde.
Wenn ja, dann lasst die Finger rauchen!