Burnout: Ein Begriff, der seit Jahren in aller Munde ist und vor allem Managern oder Stars zugeschrieben wird. Ein Irrtum, denn betroffen sind vor allem Menschen in wenig gesicherten oder gesellschaftlich weniger angesehenen Jobs, besonders im sozialen oder kreativen Bereich. Wir sprechen deshalb über die Arbeit als Spieleredakteur und thematisieren dabei nicht nur unsere Liebe zum Beruf, sondern auch Gefahren wie Überengagement, ungewisse Zukunftsaussichten, strukturelle Probleme, (finanziellen) Druck und fehlende Abgrenzung.
Das Burnout-Syndrom, kurz Burnout genannt: Gehört hat diesen Begriff vermutlich jeder schon einmal, denn er geistert seit Jahren (und mit steigender Intensität) in den Medien umher. Stars und Sternchen sprechen mit gedämpfter Stimme und traurigem Blick über die Schattenseiten des Ruhms, Manager outen sich als „echtes Arbeitstier“, welches es „eine Zeitlang übertrieben“ habe. Und wir sitzen da, auf der heimischen Couch, die obligatorische Chipstüte bedächtig in der Hand wiegend und denken uns: „Ja, das macht Sinn, die tragen ja auch echt viel Verantwortung. Puh, so einem Stress möchte ich nicht ausgesetzt sein. Ich hab's da ja noch echt gut, zum Glück kann mir so etwas nicht passieren.“
Blöd nur, dass dies nicht stimmt. Denn tatsächlich machen nicht diejenigen von uns, die in der Öffentlichkeit stehen und viel Macht, Geld und soziale Anerkennung genießen, den Großteil der Betroffenen aus. Es sind die freundliche Krankenschwester, der immer etwas müde aussehende Nachbar von gegenüber und die neuerdings ständig gereizte Lehrerin, die diese psychische Störung statistisch gesehen repräsentieren. Nicht zu vergessen die kreativen Köpfe unter uns, Autoren, Künstler und eben auch Redakteure. Wir wollen heute über Letztere sprechen und dabei den Fokus auf den immer bedeutender werdenden Onlinejournalismus lenken. Da wir uns auf einer entsprechenden Seite befinden, liegt unser besonderes Augenmerk zudem auf dem Beruf eines Spieleredakteurs.
Mehr als bloße Überarbeitung – Burnout in der Übersicht
Burnout kann zusammengefasst werden als tiefgreifender, psychisch ausgelöster, sich aber auch körperlich bemerkbar machender, lähmender und über einen längeren Zeitraum anhaltender Erschöpfungszustand. Diesem geht eine längere Phase der Überbeanspruchung ohne genügend Pausen und ausgleichende Ressourcen wie Freunde, Familie und Hobbys voran. Neben typischen psychosomatischen Symptomen wie Kopf- oder Bauchschmerzen, Schwindel, Tinnitus und Schlafstörungen, sind es vor allem depressive Verstimmungen, die im späteren Verlauf charakteristisch für ein Burnout sind.
Auslöser ist meist eine anhaltende Belastungssituation im beruflichen oder familiären Umfeld, aber auch Charaktereigenschaften wie hohe Sensibilität und Vulnerabilität, ein wenig ausgeprägtes soziales Netzwerk sowie fehlende Anerkennung und Sinnverständnis tragen zu der Entstehung eines Burnouts bei. Uneinigkeit bezüglich der Diagnosekriterien und Überschneidungen mit der Symptomatik einer Depression sind die Hauptgründe, weswegen ein Burnout derzeit nur in den Bereich einer Zusatz-, nicht aber Behandlungsdiagnose fällt. Vermutet ein Psychotherapeut oder Psychiater eine entsprechende Belastung, bleibt ihm nur, eine verwandte Störung oder Nebenerscheinung zu attestieren, um den Therapiebedarf zu sichern. Soll heißen: Während sich schon Fachkräfte schwer tun, die Problematik auf den Punkt zu bringen und von anderen Störungen abzugrenzen, fällt dies dem Durchschnittsbürger noch deutlich schwerer. Hängen blieb bisher offenbar primär „Das haben Manager, die viel arbeiten“, was sicherlich vor allem der falschen Repräsentation in den Medien anzukreiden ist.
„Ich habe zu viel gemacht, für zu viele Menschen, für zu lange Zeit, mit zu wenig Rücksicht auf mich selbst.“ (Graham Greene in seinem Roman „A burned out case“)
Nun sind es aber vor allem die Angestellten, die in wenig gesicherten Jobs arbeiten, kaum (soziale) Anerkennung genießen, sich mit viel Engagement verausgaben und schlecht nach der Arbeit abschalten können, welche an einem Burnout erkranken. Das Gefühl sich beweisen zu müssen steht im Vordergrund und pusht die Betroffenen bis weit über ihre Grenzen hinaus und trotzdem fehlt am Ende das Gefühl eigener Wichtigkeit. Sie sind wenig widerstandsfähig und können mit Stress nicht gut umgehen, sind dafür umso perfektionistischer und ehrgeiziger und zeigen ein überzogenes Pflichtgefühl. Sie sind empfindsam, schnell verletzlich und haben eine niedrige Frustrationstoleranz gegenüber Kritik und Zurechtweisung. Es fällt ihnen schwer sich abzugrenzen und sie definieren ihren Selbstwert über Leistung und die Rückmeldung anderer. Diese Charaktereigenschaften zusammen mit fehlenden privaten Stabilisatoren wie Familie, Freunde und Hobbys sind offenbar entscheidend dafür, dass manche Menschen ein Burnout entwickeln, während andere ähnlichen Belastungsfaktoren standhalten. Wir halten fest: Es gibt Menschen, die anfälliger sind als andere. Und trotzdem tauchen die Überlastungsanzeichen vermehrt in bestimmten Berufsgruppen auf und treffen unter anderem besonders auch kreativ arbeitende Menschen. Auf den Job eines Onlineredakteurs bezogen, gibt es dabei verschiedene prädisponierende Faktoren:
Fehlende (finanzielle) Absicherung
Jobs in der Journalismusbranche sind rar gesät. Möchte man im Gamingbereich arbeiten, sieht das Ganze nicht unbedingt rosiger aus, von der ungewissen Zukunftsperspektive ganz zu schweigen. Sich nicht anderweitig abzusichern und davon auszugehen, dass der Job langfristig gesichert ist, erfordert ein gewisses Maß an Mut und Gutgläubigkeit, ja fast schon Naivität. Und selbst wenn wir nicht an die weit entfernte, sondern nur die nahe Zukunft denken: Die wenigen Plätze sind heiß begehrt und am Ende wird der gewählt, der am besten ist, am meisten schreibt und die optimale Leistung erbringt. Qualität ist Voraussetzung, am Ende ist es aber die Quantität, die entscheidend ist. Denn im Gegensatz zu Zeitungen und Zeitschriften, die nicht nur Werbeanzeigen verkaufen, sondern auch kostenpflichtig sind, werden die Gehälter der Onlineredakteure fast ausschließlich über Werbeeinnahmen finanziert. Dank Adblock fallen diese in der Regel verhältnismäßig gering aus, was die Bedeutung von Aufrufen/Klicks noch erhöht. Je mehr News und Artikel, desto mehr Klicks. Je mehr Klicks, desto mehr Geld. Je mehr Geld, desto mehr Redakteure können finanziert werden.
Mangelnde Abgrenzung
Was also, wenn der Tag fast vorbei ist, aber auf einmal ein wichtiger Trailer veröffentlicht wird? Was, wenn per Pressemitteilung bekannt gemacht wird, dass The Last of Us 2 kommt? Nun mag man sagen „Na, dann schreibt ihr das eben kurz“ und liegt damit prinzipiell richtig. Wer zuerst die News veröffentlicht, kriegt die meisten Klicks und warum das wichtig ist, wissen wir bereits, Schnelligkeit ist also von großer Bedeutung. Aber wo ziehen wir die Grenze? Jeden Tag stolpern wir auch abends noch über Neuigkeiten, die relevant erscheinen und unsere Leser interessieren würden. Welche News ist also besonders wichtig und welche kann bis zum nächsten Tag warten? Aber Spieleneuigkeiten kennen nicht nur keinen Feierabend, sondern auch kein Wochenende und keinen Urlaub. Sie tauchen auf, während die bessere Hälfte oder das Haustier auf dem heimischen Sofa wartet und starren dich mit großen, vorwurfsvollen News-Augen an. „Nur noch schnell“ heißt es dann entschuldigend immer mal wieder, während das Privatleben mit einem Seufzer die Schultern hängen lässt und sich der Endgegner Burnout hämisch die Hände reibt.
Zeitlich mag eine kurze Meldung nicht mal ein großes Problem darstellen, aber auf lange Sicht ist eine Dauererreichbarkeit Gift für die menschliche Psyche. Immer präsent, immer verfügbar, immer das Gefühl so viel gemacht zu haben, obwohl man am Ende vielleicht sogar weniger als bei einem „normalen“ Vollzeitjob tut. Wie viel effektiver und weniger gestresst wären Vollzeit-, aber auch Teilzeitredakteure, hätten sie klare Arbeitszeiten, während derer sie sich auf ihren Job konzentrierten, um dann nach Feierabend wirklich abzuschalten? Zwar gibt es durchaus mal einen mahnenden „Macht Feierabend, Leute“-Zeigefinger, aber auf Kommando loszulassen ist schwierig. Denn wir lieben, was wir tun. Und kurzfristig gesehen scheint es doch kein Problem, nur noch ein wenig länger zu recherchieren oder nur noch eine weitere News vorzubereiten, denn wir sind ja schließlich mit Freude und Leidenschaft bei der Sache. Langfristig aber summiert sich das Ganze und kann in Kombination mit anderen Faktoren durchaus problematisch werden.
Doppelbelastung durch Doppelrolle
Wie bereits erwähnt, dürfen sich eher wenige Redakteure über eine Festanstellung freuen. Die meisten steigen zunächst ohne Entlohnung ein, bei entsprechender Leistung kann daraus dann ein Minijob oder eine freie Anstellung werden. Stimmt das Drumherum und sind die finanziellen Mittel gegeben, ist auch eine Festanstellung keine unerreichbare Wunschvorstellung, du musst es nur genug wollen und beweisen, dass man bei dir an der richtigen Stelle investiert. Was also macht der Rest? Wir befinden uns in der Ausbildung oder studieren und viele gehen zusätzlich noch einem Teilzeitjob nach, manch einer steht vielleicht auch schon mit beiden Beinen im Berufsleben. An dieser Stelle wird es tricky, denn nun kämpfen wir an verschiedenen Fronten: Neben Privatleben, Haushalt und sozialen Anforderungen stehen nun noch die betrieblichen und/oder universitären Verpflichtungen und die Stelle als Redakteur. Je nachdem ob (und wie) wir bezahlt werden, wird hier mehr oder weniger erwartet.
Aber selbst wenn du das Glück hast, in einer Firma wie unserer zu arbeiten, in der „Bildung geht vor“ die Standardantwort auf sämtliche Einschränkungen zu sein scheint, dann musst du das trotzdem noch selbst vertreten können. Und wenn du ausfällst, sollten vielleicht nicht die nächsten drei Redakteure auch nicht verfügbar sein. Blöd nur, dass Klausurenphasen sich auch über Universitäten und Fächer hinweg oft überschneiden. Entweder schaffen es jetzt die Kollegen dein Fehlen auszugleichen oder die Zahlen stimmen nicht. Und wo kommen die nächsten Gehälter her, wenn die Zahlen dauerhaft nicht stimmen?
Wer wiederum falsche Prioritäten setzt und sein restliches Leben vernachlässigt, spürt die Konsequenzen vermutlich deutlich schneller und härter. Wer versucht alles unter einen Hut zu bekommen, ohne dabei Abstriche zu machen, wird am Ende die Einbußen bei sich selbst vorfinden. Wer immer nur kämpft, hat schon verloren. „Ich wusste nicht, dass es mich dann nicht mehr gibt“, sagte vor einigen Wochen eine Interviewpartnerin über ihre Doppelbelastung (in diesem Fall als Mutter und Studentin). Und hier liegt der Knackpunkt: Wer bemüht ist, alle Anforderungen von anderen und vor allem sich selbst perfekt zu erfüllen, dem winkt am Ende die völlige – auch psychische – Erschöpfung und die Erkenntnis, das man hierbei selbst auf der Strecke geblieben ist.
Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit
Zwar gibt es durchaus auch Journalisten, die noch ganz klassisch jeden Tag in die Redaktion fahren, dort ihrer Pflicht nachkommen und nach Feierabend dann diesen Teil ihres Lebens zurücklassen, der Trend geht allerdings dahin, von zu Hause aus zu arbeiten. Dies klingt zunächst ziemlich verlockend, selbst wenn man so einiges an realer sozialer Interaktion einbüßt, die in einem „normalen“ Job ganz nebenbei mitgeliefert wird. Gut, wir haben schon über die ständige Erreichbarkeit und die wenig klaren Arbeitszeiten gesprochen, aber sonst hört sich das Ganze doch ziemlich vielversprechend an, oder nicht? Wer einmal eine längere Zeit zu Hause verbracht hat, beispielsweise nach dem Abitur, in den Semesterferien oder in einer Phase ohne festen Job, wird bestätigen können, wie schwer es ist sich selbst zu disziplinieren. Die Arbeit muss erledigt werden, aber es steht niemand hinter dir, der dir sagt, was du zu tun hast. Und wann ist Schluss und wo ist dein Tätigkeitsbereich zu Ende?
Du hast keine klaren Vorgaben à la „Setze dich hier von neun bis fünf hin und arbeite diesen Stapel ab, dann hast du Feierabend!“ und selbst wenn dir eigentlich klar ist, was deine Aufgaben sind, ziehst du genau da die Linie? Was, wenn ein unerfahrener Kollege Hilfe braucht? Was, wenn etwas Korrektur gelesen werden muss? Was, wenn ein Event ansteht? Was, wenn abends noch eine wichtige Meldung reinkommt, die jeder schreiben könnte? Eine klare Strukturierung und Aufgabenverteilung fehlt oft, was dazu führt, dass sich entweder niemand in der Verantwortung sieht oder eine Person die Last besonders schwer und erdrückend auf ihren Schultern fühlt. Es ist eben ein sehr flexibler und kunterbunter Job, der schwer in klare Teilziele und Tätigkeitsbereiche zu unterteilen ist. Die Grenzen verschwimmen und deshalb fällt es manchmal schwer, sich abzugrenzen. Alles so zu koordinieren, dass nicht entweder alle rotieren oder am Ende wichtige Themen auf der Strecke bleiben, weil sich keiner zuständig fühlte, ist hierbei eine der anspruchsvollsten, aber auch wichtigsten Aufgaben, nicht nur für den langfristigen Erfolg einer Redaktion, sondern auch für die Entlastung der Mitarbeiter.
Kreativität: Kein Fass ohne Boden
In einem kreativen Job zu arbeiten, ist Fluch und Segen zugleich. Wir finden Freude und Erfüllung in unserem Tun und sind manchmal wirklich stolz auf das kleine, knautschige Etwas, das wir da erschaffen haben. Aber Kreativität ist nicht unendlich verfügbar und manchmal geht einfach nichts mehr. Dann kommt jeder Satz schwer über die Finger und alles ist zäh und dauert unendlich lang. Je weniger Input die betroffene Person durch andere Aktivitäten wie Freunde, Hobbys oder gar einen total nervigen Nebenjob bekommt, desto langsamer füllt sich das Fass wieder auf. Und irgendwann ist es leer, du starrst auf den Bildschirm und alles steht still. Was machst du dann? Einfach funktionieren ist schwer, wenn es um wenig automatisierte Prozesse geht. Wenn du dir dann noch Druck machst, dass sich andere auf dich verlassen oder du das Gefühl hast dich rechtfertigen zu müssen, dass du eben nicht wie eine Maschine funktionierst (auch wenn das nie jemand verlangt hat), blockierst du vollkommen. Dann kommen die Zweifel, die Vorwürfe, die Selbstentwertung. Und plötzlich bist du mittendrin in einem sich selbst verstärkenden Kreislauf, aus dem es kaum ein Entrinnen gibt.
Wie viel Individualität kann sich eine Redaktion leisten?
Wie bereits erwähnt sind Klicks die finanzielle Grundlage einer jeden Redaktion. Ohne sie funktioniert überhaupt nichts. Nun kommt es auf die Führungsebene an, wie mit solchem Druck umgegangen wird. So klingt es erst einmal sinnvoll, vielleicht primär über die großen Titel zu berichten, die mehr Leute ansprechen als es beispielsweise ein neuer kleiner Indie-Titel vermag. Ein logischer Schluss könnte auch sein, lieber viele kurze News und Artikel zu schreiben als in einige wenige sehr viel Zeit zu investieren.
Wer sich wiederum ein wenig mit den Medien auskennt, weiß auch, dass nackte Haut und Sex immer ziehen. Wie trivial der Inhalt auch sein mag, ein entsprechendes Bild, eine reißerische Überschrift und voilà, schon hat man ein x-faches der Aufrufe einer durchschnittlichen Meldung erreicht. Hat man dies erst einmal durchschaut, scheint es doch mit wenig Aufwand verbunden zu sein und niemandem zu schaden, ab und an ein wenig zu tricksen, oder nicht? Clickbait funktioniert nicht nur auf YouTube, sondern auch in der Journalismusbranche, auch wenn das Ganze dann mit Seriosität schnell nur noch wenig zu tun hat. Oft scheint eine Redaktion für sich also die Entscheidung zwischen finanzieller Sicherheit und einem langfristig guten Ruf treffen zu müssen. Völlig frei von den Gedanken an Klicks und Werbeeinnahmen kann sich allerdings kaum einer machen, denn nur durch diese können wir uns den Luxus erlauben, zu schreiben über was wir wollen oder auch mal ein paar Stunden mehr in einen Artikel zu investieren.
Ein weiteres Problem ist die Abhängigkeit von Publishern. Sie liefern Muster für Spieletests, laden zu Events ein und ermöglichen damit nicht nur kostenloses Material, sondern auch teils exklusive oder früher verfügbare Inhalte. Was also, wenn ein Spiel schlicht total schlecht ausfällt? Zähne zusammenbeißen und eine halbwegs gute Kritik schreiben oder ehrlich sein, eine schlechte Wertung geben und riskieren, dass man keine Muster mehr zugeschickt bekommt? Die Antwort mag einfach klingen, aber gerade sehr kleine Redaktionen überlegen es sich zweimal, ob sie es sich buchstäblich leisten können, es sich mit einem großen Publisher zu verscherzen und so auch in Zukunft keine Einladungen zu wichtigen Event mehr erhalten und so nur noch schwer an exklusiven Content gelangen. In beiden beschriebenen Punkten steht eine Redaktion also vor dem Dilemma von Wirtschaftlichkeit und Kreativität beziehungsweise Individualität. Wie viel eigene Meinung, individuelle Schwerpunktsetzung bei der Themenwahl und Abweichung von dem, was finanziell gut wäre akzeptiert wird, entscheidet jedes Team für sich selbst. Die Balance zwischen Seriosität und der wirtschaftlichen Grundlage zum Fortbestehen der Arbeitsplätze zu halten ist aber durchaus eine schwierige Aufgabe, die mit vielen Grübeleien, Sorgenfalten und dem einen oder anderen Kompromiss einhergeht.
Fehlende Anerkennung
Am Anfang dieses Textes wurde bereits der Punkt der fehlenden Anerkennung genannt, oft ist diese sozialer Art, besonders wenn man nicht bezahlt wird: „Du schreibst doch nur zum Spaß, na und?“ Aber selbst wenn du entlohnt wirst, arbeitest du immer noch von zu Hause aus, kriegst Geld für „das bisschen Schreiben“ und wenn es dann auch noch um Videospiele geht… Tja, während dies innerhalb der Branche nach einem Traumjob klingt, trifft man dabei außerhalb oft auf wenig Hochachtung.
Für manche ist es nur ein Job, andere empfinden bereits die finanzielle Entlohnung als Bestätigung. Manch einer sucht sie gar nicht erst, denn „Ich weiß ja, dass ich schreiben kann, das muss mir keiner sagen“, was sicherlich die gesündeste Einstellung ist und damit am wenigsten Burnout-Potential birgt. Aber viele von uns suchen sie, die Anerkennung und ab diesem Punkt wird es schwierig, denn hier legen wir unser Wohlbefinden in die Hände anderer. Von Leserseite aus kommt in der Regel kaum Lob, denn wir treten als Mensch hinter den Meldungen zurück, werden zu einem simplen Namen und damit mehr oder weniger unsichtbar. Nun ja, bis wir eine Information falsch verstanden, uns vertippt oder in einem Artikel oder einer Kolumne eine andere Meinung vertreten haben als die Person auf der anderen Seite des Bildschirms. Dann auf einmal stehen wir im Scheinwerferlicht und müssen den einen oder anderen teils sehr kränkenden Kommentar schlucken. Zweifelst du eh schon an dir, können diese Worte natürlich Gift sein, aber auch sonst tragen sie sicherlich nicht dazu bei, dass du gut gelaunt oder besonders motiviert in den Tag startest.
Aber auch intern wird die Bedeutung von Anerkennung oft unterschätzt, denn als Mitarbeiter in einer Spieleredaktion wurde aus unserem Hobby ja schließlich ein Beruf und wir haben zudem eine Menge Spaß bei der Arbeit. Außerdem sind entsprechende Stellen heiß begehrt und jeder „Auserwählte“ kann sich glücklich schätzen, das tun zu dürfen, was er liebt. Ist das nicht schon Lohn genug? Die Antwort ist ein entschiedenes Nein. Den trotz all der Leidenschaft, Freude und Begeisterung, die das Schreiben über Spiele in uns auslöst, tut es ab und an gut zu hören, dass man für seine Arbeit geschätzt wird. Dies ist nicht selbstverständlich und so kann sich still und leise ein sehr bedenkliches Verhältnis von Lob zu Kritik einschleichen, bei dem Anerkennung zu kurz kommt und nur auf Fehler hingewiesen wird. Dies ist weder der Motivation noch der Psyche eines Mitarbeiters zuträglich und wirkt sich zudem auch auf die Produktivität aus.
Mit etwas Glück arbeitest du in einer Redaktion mit flachen Hierarchien und einem freundschaftlichen Umgang miteinander. Kollegen, die deine Arbeit wertschätzen und dich bei gemeinen Kommentaren oder genereller Hilflosigkeit auffangen, sind eine Ressource und ein Segen, der nicht unterschätzt werden sollte. Als Konstante, Halt und Leidensgenossen zugleich fungierend und oft mehr verstehend als man auf den ersten Blick meinen könnte, sind sie ein Teil von dem, was diesen Beruf so großartig macht.
Fazit
Am Ende ist auch eine Stelle als Redakteur nur ein Job, wenn auch ein Traumjob, der uns unwahrscheinlich viel Freude bereitet und jeden Tag aufs Neue eine ungeahnte Leidenschaft weckt. Aber er birgt auch seine Risiken, denn er ist zukunftstechnisch nicht mit viel Sicherheit verbunden und verlangt einiges an Selbstdisziplin, aber vor allem auch Abgrenzungsvermögen und die Fähigkeit, Zufriedenheit nicht primär aus äußeren Faktoren wie Klicks, Kommentaren und Lob zu ziehen, sondern aus dem Gefühl, etwas erschaffen zu haben und das tun zu dürfen, was man liebt. Nur wer reflektiert auf seinen eigenen Umgang mit der Grauzone aus Job und Hobby blicken kann und weiß, welche Risiken bestimmte Verhaltensweisen und Entscheidungen bergen, kann wenn nötig gegenüber sich selbst den mahnenden Zeigefinger heben, einen Schritt zurückzutreten und mehr auf sich aufzupassen. Denn am Ende kann selbst ein The Last of Us 2 warten, aber unsere Gesundheit kann es nicht.