Mit Apollo Justice: Ace Attorney ist endlich die Hauptreihe von Ace Attorney vollständig für den Nintendo 3DS im eShop zu finden, auch wenn die Reihenfolge der Veröffentlichungen etwas durcheinander ist. Apollo Justice statt Phoenix Wright, Rot statt Blau, ansonsten gibt es keine größeren Unterschiede zu den Vorgängern. Was die Umsetzung des vierten Ace Attorney zu bieten habt, lest ihr in unserem Test.
Auch ein Phönix kann tief fallen
20. April 2026. Apollo Justice ist die Anspannung regelrecht anzumerken, auch wenn er lauthals sein Mantra "I'm fine!" wiederholt. Nicht nur ist Gerechtigkeit wortwörtlich sein Nachname, Apollo ist frisch gebackener Strafverteidiger und im Begriff, seinen ersten Prozess vor Gericht zu führen. Sein Mandant? Kein Geringerer als Phoenix Wright, der seinerseits bessere Tage gesehen hat. Nicht nur hat seine Karriere als Anwalt vor sieben Jahren ein abruptes Ende genommen, er ist auch wegen Mordes angeklagt und ihr müsst gegen eine erdrückende Beweislage seine Unschuld belegen.
Mit einem ausgestreckten Zeigefinger und aus voller Brust geschmetterten "Objection!" lässt sich jedoch noch kein Prozess gewinnen. Es müssen Widersprüche in Zeugenaussagen ausfindig gemacht und Tatsituationen rekonstruiert werden, um den wahren Täter zur Strecke zu bringen. Das erfordert bereits für ein Tutorial einiges an Denkarbeit, die anschließend mit einem Freispruch eures Mandanten belohnt wird.
Die restlichen drei Fälle sind deutlich umfangreicher und beinhalten zudem Ermittlungsarbeiten außerhalb des Gerichtssaals, in denen ihr selbst Nachforschungen für eure Verteidigung anstellt. Das Gameplay entspricht einer typischen Visual Novel, das heißt ihr sucht Schauplätze nach Hinweisen ab und führt Gespräche mit anderen Personen, bis ihr das passende Event getriggert habt. Letzten Endes bedeutet das, dass ihr in den Hintergründen jeden Pixel nach möglichen Beweismitteln absucht und in Dialogen jede Option ausprobiert, bis schließlich die Handlung weitergeht.
Das Spiel lockt euch nur allzu gerne auf eine falsche Fährte und zaubert neue Erkenntnisse aus dem Hut, die euren bisherigen Gedankengang noch einmal durcheinander wirbeln. Wegen des strikt linearen Ablaufs müsst ihr den richtigen Moment abwarten, um die Resultate eurer Ermittlungen zu präsentieren, selbst wenn ihr den Fall bereits in Gedanken gelöst habt. Aktiviert auf jeden Fall im Hauptmenü die Option, Text schneller durchblättern zu können.
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Adlerauge gegen Pokerface
Neben dem neuen Protagonisten und Status Quo gegenüber den ersten drei Spielen, besteht auch der restliche Cast von Apollo Justice: Ace Attorney überwiegend aus neuen Gesichtern. Zum Beispiel steht euch die Magier-Azubine Trucy Wright mit Rat und Tat zur Seite, die euch zunächst als Tochter von Phoenix vorgestellt wird. Mit dem Staatsanwalt Klavier Gavin bekommt auch Apollo einen ebenbürtigen Gegner, mit dem ihr euch Duelle im Gerichtssaal liefert.
Cameos von bekannten Charakteren oder Musikstücken zünden natürlich nur, wenn ihr sie bereits aus den Vorgängern kennen solltet. Vorausgesetzt ist dies nicht, um den Titel durchzuspielen, aber eine emotionale Bindung zu den Figuren erhöht eure Motivation. Gemein haben sämtliche Charaktere einen Hang zur Dramatik, insbesondere Zeugen und Angeklagte, wenn ihr ihre Lügen im Prozesssaal aufdeckt. Natürlich stets mit augenzwinkernder Übertreibung. Charmant sind die Personen so oder so, dank der Federführung von Serien-Schöpfer Shu Takumi.
Apollo hat eine besondere Gabe, sein Armband beginnt zu pulsieren, wenn jemand etwas zu verbergen versucht. In einem kurzen Minispiel müsst ihr mithilfe eurer Wahrnehmung aufspüren, wie sich die Lügner verraten. Ähnlich wie beim Pokern können unscheinbar wirkende Bewegungen zugleich Tells darstellen, die des Rätsels Lösung sind. Konventioneller wird die Suche nach Spuren im Zusammenspiel mit der Ermittlerin Ema Skye, deren Herz für die Forensik schlägt.
In einem weiteren Minispiel tragt ihr auf dem Touchscreen Puder auf und pustet dann ins Mikrofon eures Handhelds, um Fingerabdrücke zu finden und anschließend in einer Kartei zu vergleichen. Alle Beweisstücke sind in der Gerichtsakte gelistet, die als euer Inventar dient. Einige der Gegenstände lassen sich als 3D-Modell betrachten, damit ihr sie mit Zoom- und Rotierfunktionen genauer untersuchen könnt.
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"Achtung, Baby!"
Stilistisch ist der Look des Originals mit handgezeichneten, spärlich animierten Figuren im Anime-Look erhalten geblieben. Zudem ist die Grafik etwas schärfer als zuvor und deutlich besser als in der Ace Attorney Trilogy. Cutscenes? Gibt es nicht wirklich. Der 3D-Effekt funktioniert ausgezeichnet und hebt Textboxen, Charaktere und Hintergründe erkennbar voneinander ab, auch wenn die einzelnen Ebenen als zweidimensionale Bitmaps zu erkennen sind.
3D-Modelle kamen erst ab dem Nachfolger Dual Destinies zum Einsatz, ebenso wie diverse Stützen in Form eines Textlogs und eines Notizbuchs, das eure noch zu erfüllenden Aufgaben listet. Stellenweise werden Tatorte als dreidimensionale Dioramen rekreiert, dass ist dann aber auch schon das höchste der dreidimensionalen Gefühle. Soundeffekte und Musik sind unkomprimiert und haben deswegen einen klareren Klang als in der Vorlage. Sprachausgabe gibt es, bis auf Ausrufe wie "Objection!" etc., keine.
Lokalisiert wurde auch die 3DS-Umsetzung von Apollo Justice nur auf Englisch, wie die restlichen Ableger der Reihe im eShop. Um das Skript vollends genießen zu können, solltet ihr fortgeschrittene Kenntnisse in der Fremdsprache besitzen. In den Dialogen stecken sehr viele Wortspiele und Charakter prägende Details, die den Appeal des Spiels ausmachen. Hiesige Zocker amüsieren sich vor allem über das Vokabular von Klavier Gavin und seine Faszination mit der deutschen Sprache. Der Preis von ca. 20 Euro lässt sich für den ersten Durchlauf nahezu Eins zu Eins in Spielstunden umrechnen.
Das Niveau der Rätsel ist fordernd und in der Regel ist die Lösung logisch nachvollziehbar, bis auf die eine oder andere Ausnahme. Scheut euch nicht davor, regelmäßig von der Speicherfunktion Gebrauch zu machen. Nichts ist so frustrierend, wie sich ein weiteres Mal durch 30 Minuten oder mehr an Text zu klicken. Bonusmaterial gibt es keins, jedoch ist die japanische Fassung Gyakuten Saiban 4 im Hauptmenü anwählbar, inklusive eines eigenen Speicherslots. Diese ist natürlich komplett in japanischer Sprache und beinhaltet bis auf ein paar angepasste Hintergrundgrafiken keine Veränderungen zur englischen Fassung.