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Armored Core: Verdict Day: Leider nur für den harten Kern

Mit Armored Core: Verdict Day schicken Publisher Namco Bandai und Entwickler From Software den neuesten Ableger ihrer bekannten Mecha-Serie ins Rennen, der den Kampf mit den Riesenrobos ein weiteres Mal fortführt. Das Action-Spektakel für PlayStation 3 und Xbox 360 weiß dabei ganz klar mit seinen Feinheiten zu glänzen, schwächelt aber an etlichen Ecken. Ich habe mich in das Cockpit einer dieser Blechdosen gehockt und mich ins Schlachtengetümmel gestürzt. Erfahrt nun, wo der Titel seine Stärken hat und wo ihr zweimal überlegen solltet, ob ihr den Vollpreistitel wirklich euer Eigen nennen wollt.

Der Krieg der Zukunft

Wer sich von euch überhaupt schon mal mit einem Mecha-Universum wie Gundam, Battletech oder Eureka auseinandergesetzt hat, wird sich bestimmt nicht sonderlich wundern, warum auch der neueste Ableger der Armored-Core-Reihe keine großen Sprünge in Sachen Handlung macht. Es geht um Krieg. Es geht immer um Krieg! In der Zukunft führt man diesen nur etwas anders, nämlich mit bemannten Kampfrobotern. Verdict Day gibt sich hier keine große Mühe und konzentriert sich lieber auf seine zwei wesentlichen Aspekte: Intensive Kämpfe und vielseitig anpassbare Mechs. Immerhin gibt es so was wie eine Rahmenhandlung, zumindest im Singleplayer. Hier übernehmt ihr die Rolle eines Söldners, der mitten zwischen die Fronten zweier verfeindeter Fraktionen gerät. Satte 60 Missionen stehen euch hier zur Verfügung, die ihr nach und nach freischaltet und meistern müsst. Oft geht es dabei nur darum, alles Leben auf den Karten auszulöschen. Am Ende gibt es dafür dann natürlich den Sold, den ihr gegen Munition und Upgrades für euren Mecha eintauschen könnt. Klingt simpel, ist es aber nicht. Der Teufel liegt bei Armored Core nämlich im Detail.

Nichts für Anfänger

Verdict Day kann sich bei mir gleich durch eine Sache auszeichnen, die gleichermaßen Segen und Strafe ist. Das Spiel ist definitiv nichts für Anfänger. Wer so absolut gar keine Ahnung von dieser Art Game hat, sonst andere Genres bedient oder generell wenig spielt, wird die ersten Stunden so richtig schön den Allerwertesten versohlt bekommen. Zwar leitet euch das kurze Tutorial gut in die Steuerung ein und zeigt euch eigentlich alles, was ihr wissen müsst. Doch danach sind Skill und taktisches Verständnis gleichermaßen gefragt. Wer also direkt in der ersten Mission gleich ins Blaue schießt und denkt er könnte hier wie in vielen anderen Games einfach als unbesiegbarer Held über das Schlachtfeld flanieren, während er andere Suits wie Enten abknallt, lässt wohl schneller das virtuelle Leben, als die Installation des Spiels gedauert hat. Selbst mit ein bisschen Rumgetrickse, versuchtem Flankieren oder Angriffen aus dem Hinterhalt sind die Solo-Missionen – so einfach sie auch klingen mögen – eine echte Wucht. Hier macht Armored Core alles richtig, zumindest, wenn man auf ein ernsthaftes Mecha-Erlebnis aus ist. Wer es lieber arcadiger mag und nur ein bisschen Spaß für zwischendurch sucht, ist hier definitiv falsch.

Der Schlüssel zum Erfolg sind eine perfekte Beherrschung der umfangreichen Steuerung und das geschickte Ausnutzen des Terrains. Aber selbst dann lassen sich die meisten Missionen nicht im ersten Versuch erledigen.

Pimp my Robot

Wenn From Software eine Sache verstanden hat, dann seine Fans mit ausreichend Service zu bedienen. Anstatt euch einfach von einem Modell zum nächsten zu kaufen, habt ihr die volle Kontrolle über euren Mecha. Angefangen von Gliedmaßen, über Waffen, Lackierung und sogar Aufkleber könnt ihr alles personalisieren. Das ist natürlich auch nötig, da ihr für höhere Missionen auch definitiv bessere Ausrüstung braucht. Diese schaltet ihr wie bereits erwähnt mit dem kassierten Geld frei. Dazukommt natürlich, dass nicht jede Kombination für jeden Zweck dienlich ist. So geht es in der Bestückung eures Blechkumpels auch nach Gewicht. Je schwerer, desto langsamer und undynamischer steuert er sich. Ebenso ist es auch bei den Waffen. Dicke Raketenwerfer sind meistens eher langsam und unflexibel. In Missionen, in denen eben schnelle Reflexe und viel Movement verlangt werden, seht ihr so alt aus. Da heißt es nach der Niederlage dann auf in die Werkstadt und umbauen. Das ist natürlich super für Fans des Genres, die sich so nach und nach ihre Traummaschinen für jeden Zweck zusammensetzen. Aber auch hier zeigt sich wieder, dass sich Verdict Day nicht an die breite Masse richtet. Wer keinen Spaß daran hat, sich zwischen den Missionen oft minutenlang in der Werkstadt aufzuhalten, dem vergeht wohl schnell die Lust.

Das leere Schlachtfeld

Er könnte so genial sein, der Multiplayer von Verdict Day, wenn es da ein kleines Problem nicht gäbe: Fehlende Mitspieler. Aber erst mal zum Konzept: Im Mehrspieler-Modus schließt ihr euch einer von drei Fraktionen an und zieht für sie aufs Schlachtfeld. Dieses ist in über 50 Kartenabschnitte aufgeteilt, in denen es darum geht Basen einzunehmen und zuhalten. Eingeteilt ist das Ganze in sogenannte Seasons. Sprich: Wenn die Zeit um ist, gewinnt die Fraktion, welche die meisten Stützpunkte besitzt. Solltet ihr sogar so stark sein, dass ihr vor Ablauf der Frist alle Basen einnehmt, gewinnt ihr ebenso – ist ja auch eine reife Leistung. Das Ganze würde sicher auch wunderbar funktionieren, wenn man eben genügend Mitspieler hätte. Leider erfreut sich die Armored-Core-Serie hierzulande nicht gerade hoher Beliebtheit und so kann der Multiplayer leider nicht sein ganzes Potenzial zeigen. In der Theorie könnte man hier sehr viel Spaß haben und bestimmt wochenlang mit seinen Kumpels zocken. In der Praxis geht dieser Plan derzeit leider noch nicht auf und das hat leider auch einen nachvollziehbaren Grund.

Krieg der Zukunft, Technik der Vergangenheit

Obwohl Verdict Day bisher in Sachen Gameplay, Personalisierung und Multiplayer (Konzept) punkten konnte, reißen die Entwickler mit der alten Schwäche der Serie erneut die Wertung ein. Kurzum, das Spiel sieht einfach grottig aus. Die Palette reicht von lieblosen Maps, über unscharfe Texturen, bis hin zu Kantenflimmern an jeder zweiten Ecke. Wüsste ich nicht ganz genau, dass da PlayStation 3 auf meiner Spielhülle steht, würde ich direkt davon ausgehen, dass ich ein Spiel für die letzte Konsolengeneration spiele. Das ist in diesem Fall wirklich nicht übertrieben, denn meine Gundam-Sammlung für die PS2 sieht optisch nahezu genauso aus. Sicherlich haben sich die Entwickler bei einigen Details wirklich viel Mühe gegeben. Eine Augenweide, oder überhaupt eine auch nur annähernde zeitgemäße Grafik, haben sie nicht zustande bekommen. Auch der Soundtrack und die Effekte sind eher mittelmäßige Standardkost. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass viele Spieler einen Bogen um diesen Titel machen.

Vor ein paar Jahren, als die derzeitigen Konsolen noch frisch waren, konnte man bei alten Armored-Core-Teilen darüber noch hinweg sehen. 2013 geht das beim besten Willen nicht mehr.

 

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