Deutschland ist meilenweit von einer flächendeckenden Versorgung mit schnellem Internet entfernt. Das betrifft Hobbyspieler, Esportler und Spielestudios gleichermaßen. Wir gehen dem Schmalband-Übel auf den Grund und lassen die Betroffenen zu Wort kommen.
Es war einmal vor langer, langer Zeit… da wählten sich Menschen noch mit seltsamen Maschinen ins Internet ein. Diese Blechkisten – man nannte sie Modems – klangen so, als würde man ein Tamagotchi in eine Waschmaschine stecken. Also ungefähr so:
Das höchste der Gefühle waren damals 56 Kilobit pro Sekunde – zumindest in der Theorie. Würde man also mit einem 56k-Modem das neue FromSoftware-Spiel Sekiro: Shadows Die Twice (17 GB) herunterladen, würde das umgerechnet ca. 4 Jahre und 31 Tage dauern. Die guten alten Modem-Zeiten sind zum Glück vorbei. Doch ein Sekiro-Download ist in manchen Teilen Deutschlands immer noch eine Qual.
Warum das so ist? Weil die Breitband-Vernetzung in Deutschland nur schleppend vorangeht. Dabei klang alles mal so vielversprechend. 2012 kündigte das Bundeswirtschaftsministerium vollmundig an, 2018 werde jeder Deutsche mindestens einen 50-Mbit-Zugang nutzen können. Doch Mitte 2018 konnten das laut Breitbandatlas nur rund 82,9 Prozent aller Haushalte. 2016 versprach die Bundesregierung, bis 2025 mit Gigabit-Netzen die „beste digitale Infrastruktur der Welt“ zu schaffen. Doch bereits letztes Jahr gab sie kleinlaut zu, dieses Ziel nicht mehr erreichen zu können. Dem Branchenverband Breko zufolge haben hierzulande nur etwa drei Prozent aller Haushalte einen Glasfaseranschluss. Damit liegt Deutschland weit unter dem EU-Schnitt von 13,9 Prozent. Und deutlich hinter Ländern wie Mazedonien, Rumänien und Litauen.
Stadt-Land-Gefälle
Erschwerend kommt hinzu: Die Breitband-Anbindung ist innerhalb Deutschlands sehr ungleich verteilt. Mitte 2018 konnten zwar 93,5 Prozent aller städtischen Haushalte auf 50 Mbit und mehr zugreifen. Aber auf dem Land waren es gerade mal 50,5 Prozent. In vielen ländlichen Regionen surfen Nutzer weiter quälend langsam vor sich hin. Für einen Industriestaat wie Deutschland ist das peinlich. Vor allem aber hat es Auswirkungen auf sämtliche Branchen, die schnelles Internet benötigen – für die Games-Branche gilt das ganz besonders. In unserem zweiteiligen Special erfahrt ihr, wie Games-Firmen und Spieler vom schleppenden Breitband-Ausbau betroffen sind – und welche Lösungen es für das Problem gibt.
Zunächst wollen wir uns aber den Ursachen des Schmalband-Übels widmen. Wie kann es sein, dass Deutschland beim Netzausbau so hinterherhinkt? Aus Sicht von Spiegel-Online-Kolumnist Sascha Lobo hat das vor allem mit dem Anteil des Staats an der Deutschen Telekom AG zu tun. Der liegt – inklusive des Anteils der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – bei rund 32 Prozent.
„Die Telekom ist damit kein Staatsunternehmen, sie ist aber auch kein Privatunternehmen, denn eine derart große Beteiligung bedeutet zwingend regierungsseitige Einflussnahme“, schreibt Lobo.
Die Regierungen unter Angela Merkel hätten in den letzten Jahren einfach zu wenig Druck auf die Telekom ausgeübt, den Glasfaser-Ausbau voranzutreiben. Das rächt sich nun: Experten zufolge ist Deutschland dadurch international ins Hintertreffen geraten. Den Rückstand aufzuholen, wird etliche Jahre dauern.
Teure Glasfaser
Der Hauptgrund für das Zögern der Telekom ist einfach: Glasfaser ist teuer. Das betrifft erstens das unterirdische Verlegen der Kabel bis zu den Verteilerkästen in den Wohngebieten. Hier wird neuerdings versucht, Kosten zu sparen, indem man die Glasfaser mit geringem Aufwand in geringer Tiefe verlegt (Micro- bzw. Minitrenching). Dennoch bleibt die Anbindung sehr teuer, besonders dann, wenn es um kleine, entlegene Siedlungen und einzelne Häuser geht. Zwar versucht der Bund, den privatwirtschaftlichen Ausbau finanziell zu fördern. Doch die Förderung ist in vielen Fällen noch zu bürokratisch.
Zweitens ist Glasfaser auch auf der „letzten Meile“ sehr teuer: Also dort, wo es um die Verbindung zwischen den Verteilerkästen und den Wohnungen der Kunden geht. Auf diesem Streckenabschnitt liegen alte Kupferleitungen, über die früher nur telefoniert wurde. Sie sind allerdings nicht für hohe Datenübertragungsraten geschaffen. Die Telekom nutzt Vectoring, um bis zu 100 Mbit aus den Kupferleitungen rauszuholen. Kritiker wie Sascha Lobo bemängeln, dass das den Glasfaser-Ausbau bremst.
„Diese Technologie ist eine Art technisches Voodoo, mit dessen Hilfe man den Zombie Kupferleitung noch ein Weilchen am Leben halten kann“, schreibt er auf Spiegel Online.
Für die Telekom sei das auch deswegen attraktiv, weil sie so die Kontrolle über die Verteilerkästen behalte. Zwar hat die EU-Kommission eine deutsche Förderung für Vectoring bereits verboten. Das hindert die Telekom aber nicht daran, künftig auf Super Vectoring zu setzen: Die Technologie bietet Datenraten bis 250 Mbit.