Mit Assassin’s Creed Valhalla habe ich mich in das nunmehr elfte Hauptspiel der Assassinen-Saga aus dem Hause Ubisoft gestürzt und mich ein elftes Mal von der Reihe überzeugen lassen. Ja, ich sage es gleich zu Beginn: Als eingefleischte Assassinen-Liebhaberin, die jeden Teil mit Hingabe gespielt hat, habe ich auch an Valhalla meine Freude gefunden. Über 150 Stunden habe ich „Assassin’s Creed Valhalla“ bislang gespielt und es werden noch einige Stunden obendrauf kommen, sobald ich die angekündigten Erweiterungen in meinen Händen halte.
Nun bin ich bereit, meine Erkenntnisse mit euch zu teilen, die mir meine bisherige Spielzeit gebracht hat, was sie mich über AC Valhalla, doch auch über das gesamte Franchise gelehrt hat und vor allem: warum ich trotz merklicher Kritikpunkte, an eine Zukunft von Assassin’s Creed glaube – oder glauben möchte.
Doch, es ist Assassin’s Creed!
Mit jedem neuen Ableger der ikonischen Ubisoft-Reihe wird die Diskussion darüber entfacht, ob der neue Teil überhaupt als „Assassin’s Creed“ gelte. Immerhin wurde dieses und jenes geändert, vom Action-Adventure zum Rollenspiel übergewechselt und einen richtigen Assassinen spielt man ja sowieso schon lange nicht mehr.
Wie mir AC Valhalla jedoch ein weiteres Mal bewiesen hat, geht es in der Reihe nicht um das Genre, den federführenden Protagonisten, das historische Setting oder die Gameplay-Kombi aus Klettern und Meucheln – zumindest nicht ausschließlich. Die Linie, die sich meiner Meinung nach durch die gesamte Spielreihe zieht, ist der uralte Kampf zwischen Templern und Assassinen, die Frage nach Freiheit und Ordnung, Schicksal und Ursprung.
Gänsehautmomente in AC Valhalla
Genau deshalb habe ich mich auch über jeden Verweis auf vergangene AC-Teile, jedes Schriftstück in den verlassenen Bruderschaftshäusern Englalands und ja, mich sogar über die Momente außerhalb des Animus gefreut. Ich habe jede Datei auf Laylas Laptop durchstöbert, alle Texte gelesen und sämtlichen Audiodateien (mit meinem geliebten Desmond) gelauscht. Ich habe jeden dieser Krumen dankbar in mich aufgesogen.
Die Höhle in Vinland, in der Eivor einen der Edensplitter findet und vor der mit Isu-Symbolen übersäten Wand steht, hat mich deshalb sogar eine Investigativrecherche starten lassen, um herauszufinden, ob das tatsächlich die Höhlenwand in Nordamerika ist, die wir aus Assassin’s Creed 3 kennen. Das Ergebnis meiner Recherche sagt: Verdammt, ja!
Es ist also wahr, dass „Assassin’s Creed Valhalla“ wie angekündigt alle anderen Teile miteinander zu verbinden versucht oder zumindest einen offensichtlicheren Bogen zu den Ereignissen vergangener Ableger schlagen möchte. Dafür baute man sogar die Sprache der Isu so aus, das man das Gefühl habe, als hätte sie schon immer in dieser Form existiert. Doch es gibt noch mehr Beispiele für AC-Verweise:
- Die Assassinen-Aufträge in London, York und Winchester, die als gespiegelte Versionen derer auftreten, denen Altair in Acre, Damaskus, und Jerusalem nachging – Assassin’s Creed 1
- Die immer wieder erwähnte Assassinen-Basis in Rom – Assassin’s Creed 2
- Basim, den es mit Hytham aus Konstantinopel nach England verschlug – Assassin’s Creed Revelations
- Ebendieser Hytham, dessen Name scheinbar als Vorbild für Edwards Sohn Haytham Kenway diente – Assassin’s Creed 4: Black Flag und Assassin’s Creed 3
- Redas Comeback und der geheimnisvolle Brief mit der vermeintlich fiktiven Geschichte über Bayek – Assassin’s Creed Origins
Einen der besten Momente hat mir jedoch das Ende des Spiels beschert. Vielleicht lag es daran, dass meine Erwartungshaltung nach der 2000. verschlossenen Tür, dem 5534. Wolfsangriff und dem 342. Räuberversteck allgemein niedrig war. Aber: das Finale des Spiels war eine kleine Offenbarung für mich und konnte meine AC-Nostalgie tatsächlich mit den erzählerischen Innovationen der neueren Ableger verbinden. Es schien sich ein Kreis zu schließen, der vom ersten „Assassin’s Creed“ an durchdacht und geplant war.
Ich wünschte mir jedoch, dieser so essenzielle Teil des Spiels hätte mehr Raum eingenommen und wäre nicht nur so unterschwellig zum Tragen gekommen. Es ist schade mit anzusehen, das Eivor so gar nichts mit den gestreuten Details von Assassinen und Templern anfangen kann und sich schlussendlich eher wie Fanservice für alte „Assassin’s Creed“-Hasen anfühlt. Womit wir zu den negativen Seiten meiner Spielerfahrung kommen.
Das größte Manko? Die Größe.
Allein an der Anzahl meiner Spielstunden kann man ziemlich gut erkennen, dass Valhalla einem viele Chancen gibt, eine Menge Zeit darin zu versenken. Corona-Pandemie und einem zwanghaften Verlangen nach Vervollständigung sei Dank, hab ich entsprechend viele Stunden in Englaland und Norwegen verbracht.
Wirklich gut finde ich das allerdings nicht, denn auch, wenn diese Zeit durchaus unterhaltsam war und eine gute Möglichkeit zum Abschalten bot, waren all die Schätze, Missionen, Räuberlager und Sammelgegenstände einfach zu viel. In einigen Momenten hab ich mich sogar dabei ertappt, wie ich dachte, ich würde eine To-do-Liste abarbeiten, anstatt freudig in einer offenen Rollenspielwelt zu versinken.
Ich kann einfach nicht leugnen, dass „Assassin’s Creed Valhalla“ mich übersättigt und mir zeitgleich zu wenig Sinn, Emotionalität und Atmosphäre vermittelt hat, um jede dieser gespielten Sekunden aus vollem Herzen genießen zu können. Wer also schon von den Plündererverstecken in The Witcher 3 genervt war, sollte gar nicht erst versuchen, in Valhalla sämtliche Nebenaufgaben zu erledigen, es sei denn ihr wollt euch 150 Stunden Zeit nehmen.
Meine Top 5 Valhalla-Fails
Darüber hinaus existieren einige weitere Elemente im Spiel, die nicht den Hauptteil des Spiels ausmachen, allerdings derart anstrengend sind, dass sie es in die Top 5 meiner Valhalla-Fails geschafft haben. Bühne frei für die Dinge, die Ubisoft besser machen könnte:
- Wieso muss jede Tür verschlossen sein? Ich hab selten so viele verschlossene Türen in einem Spiel erlebt wie in „Assassin’s Creed Valhalla“. Warum schindet Ubisoft derart viel Zeit damit? Mit solchen Schikanen sollte man die Spieler nicht an die Spielwelt ketten.
- Mehr Mikrotransaktionen als Fixes: Die meiste Ausrüstung findet man nicht in der Spielwelt, sondern im Ingame-Shop von Ubisoft, verborgen hinter Echtgeld. Dabei wären mir Bugfixes und Problembehebungen lieber als Rüstungen, für die ich sowieso nicht bezahlen möchte.
- Ich hasse diese Trophäe: Wie wäre es zum Beispiel mit einem Patch für die Trophy Überdimensioniert 2? Nach 25 Versuchen habe ich eingesehen, dass es hier einen Bug gibt, der mich von meiner Platintrophäe fernhält – und dem befriedigenden Gefühl der Vervollständigung.
- Der fragwürdige Humor: In Valhalla hat man bisweilen das Gefühl nur von Wahnsinnigen umgeben zu sein. Bisweilen ist der Humor so grotesk, dass man sich beinahe fremdschämt und sich Ezios lässig-lockeres Casanova-Dasein zurück wünscht. Geht es vielleicht wieder ein wenig subtiler, ein ganz klein wenig ernsthafter?
- Schleichen ist ein Unding geworden: Kennt ihr das noch? Man hebt eine ganze Festung aus, ohne auch nur einen offenen Kampf getriggert zu haben? Nein, ich auch nicht. Zumindest nicht aus „Assassin’s Creed Valhalla“. Wikinger hin oder her: Die Wahl zu haben, doch etwas weniger den ruppigen Haudrauf zu spielen, wäre schön gewesen, lässt sich aber nur umsetzten, wenn ihr euch viel Zeit nehmt – viel mehr Zeit. Wie viel Zeit soll ich mir denn noch für Valhalla nehmen, Ubisoft?
Die Zukunft von Assassin’s Creed
Wie ich eingangs bereits angemerkt habe, glaube ich trotz meiner Kritik an das Franchise, glaube daran, dass sich Ubisoft wieder auf das Wesentliche besinnen könnte und der Spielreihe wieder die Seele einhauchen könnte, die ihr bisweilen fehlt. Keiner der begangenen Fehler ist irreversibel – ganz im Gegenteil.
Wie ich bereits in einem anderem Beitrag geschildert habe, ist nun genau der richtige Zeitpunkt, um neue (oder sogar alte) Wege zu gehen, sich einem Remaster, Remake, neuen oder sogar bereits besuchten Settings zu widmen. Es stehen alle Türen offen. Aber bitte: Lasst die Reihe nicht zu einem Nostalgie-Köder verkommen, der lediglich einen Kompromiss zwischen Neueinsteigern und Langzeitfans bildet. Nutzt, was ihr geschaffen habt und entfacht den Zauber der Assassinen-Reihe erneut, die Spieler werden es euch danken.