Mit Batman – The Telltale Series lizenzierte Entwickler Telltale Games 2016 eines der erfolgreichsten Comic-Franchises aller Zeiten für eine Reihe von Adventures in Episodenform. Mit Batman: The Enemy Within wird die Serie in diesem Jahr mit einer zweiten Staffel in fünf Episoden fortgesetzt, die erste Episode mit dem Titel "The Enigma" ist bereits für mehrere Plattformen erhältlich. Grund genug also für uns, um Cape und Kutte überzustreifen und die Batcave zum Testlabor umzufunktionieren.
"Riddle me this, Batman…"
Vor Spielbeginn habt ihr die Möglichkeit, eure Entscheidungen aus Batman – The Telltale Series zu importieren. Alternativ lasst ihr diese entweder per Zufall bestimmen oder trefft jeweils einzeln eure Wahl, falls ihr die erste Staffel nicht gespielt haben solltet. Zu Beginn von Batman: The Enemy Within ist Gotham City im Begriff, ruhigeren Tagen entgegen zu blicken. Die Revolution der Childen of Arkham ist vereitelt, Wayne Enterprises ist erfolgreicher als je zuvor und dem GCPD ist es unter der Führung von Commissioner Gordon gelungen, die Verbrechensrate in der Stadt drastisch zu reduzieren.
Das alles ändert sich schlagartig, als der Riddler nach Gotham zurückkehrt. Er gilt als der erste kostümierte Bösewicht, der bereits mehrere Jahre vor Batmans Erscheinen aktiv war und erregt mit seinen oftmals lebensgefährlichen Rätseln erneut Aufsehen. Mit ihm erscheint auch eine mysteriöse Behörde auf der Bildfläche, die nur als "The Agency" bekannt ist. Amanda Waller, die Leiterin der Agency, ist wenig von Batmans Nacht-und-Nebel-Aktionen begeistert und scheint darüber hinaus eine Agenda zu verfolgen.
Wieder einmal schlüpft ihr in die Rolle von Bruce Wayne, Milliardenerbe und selbsternannter Rächer von Gotham City. Beide alter Egos kommen im Laufe der Handlung zum Zuge, der Wechsel zwischen ihnen wird in der Regel vom Spiel bestimmt. Überhaupt fällt euer Input eher gering aus, die meiste Zeit wählt ihr in Dialogen eine von vier möglichen Antworten oder trefft eine Entscheidung, während eine Cutscene abläuft.
Die Action-Passagen laufen in Form von Quick Time Events ab, bei denen ihr die Eingaben auf dem Bildschirm möglichst schnell ausführen müsst. Im Vergleich zum Vorgänger müsst ihr hier gelegentlich mehrere Tasten in der richtigen Reihenfolge eingeben oder dürft wählen, ob Batman zu einem Roundhouse Kick oder einem Bodyslam ansetzt. Klassisches Point & Click-Gameplay gibt es nur sporadisch und selbst mit deaktivierten HUD-Hilfen sind diese Abschnitte ein Kinderspiel. Zwar verstaut Batman jetzt auch Gegenstände im Inventar, anspruchsvoller werden die Rätsel dadurch aber nicht.
Platz da, hier kommt die Handlung!
Euch bleibt also kaum Freiraum, um die Settings selbstständig zu erkunden. Details wie Batmans Trophäensammlung in der Batcave, die im Laufe der Staffel mit Sicherheit um weitere Stücke ergänzt werden wird, sind ein Beispiel dafür, wie man den Locations mehr Charakter einhauchen kann. Gerade mit Blick auf den Riddler wird viel Kopfnuss-Potenzial verschenkt. Überhaupt wirkt dieser fast mehr wie ein Schurke aus einem Saw-Film mit einem Fetisch für Folter, zudem fehlt ihm das Charisma eines Two-Face oder Pinguin aus der ersten Staffel.
Die Engine läuft im Vergleich zu Staffel 1 selbst auf Mittelklasse-Hardware ein ganzes Stück geschmeidiger, Ruckler und Tearing treten trotzdem gelegentlich auf. Während manche Charaktermodelle schlicht recycelt wurden, hat man bei anderen noch einmal die Ärmel hoch gekrempelt. Batsuit 3.0 ist seinen Vorgängermodellen in puncto Design ganz klar überlegen und das Gesicht von Commissioner Gordon ist auch sichtlich überarbeitet worden, zum Positiven. Die englischen Sprecher leisten weiterhin gewohnt gute Arbeit, ohne sie wäre die Story nur halb so packend.
Gut zwei Stunden Spielzeit liegen zwischen Intro und Abspann. Nochmal so viel, wenn ihr andere Entscheidungen als im ersten Durchlauf treffen wollt. Zum Schluss wird Batman mit einer weiteren schockierenden Enthüllung konfrontiert, die Comic-Fans schon aus meilenweiter Entfernung kommen sehen konnten. Wie schon in den Vorgängern könnt ihr bei bestehender Internet-Verbindung eure Entscheidungen mit denen von anderen Spielern vergleichen. Außerdem wird jetzt euer Verhältnis zu bestimmten Charakteren als Prozentwert dargestellt. Romancing-Optionen gibt es (leider?) keine.
Einmal mehr fühlt sich die im Intro so hochgepriesene Bedeutung eurer Handlungen wie eine Illusion an. Im Finale müsst ihr unter Zeitdruck aus einer gefährlichen Situation entkommen. Solltet ihr scheitern, stirbt ein Charakter. Doch anstatt dass ihr mit diesem Fehlschlag leben müsst, heißt es Game Over und ihr müsst es noch einmal versuchen – der entsprechende Charakter ist für den Plot anscheinend zu wichtig, als dass sein Tod eine Konsequenz für das Versagen des Spielers sein könnte. Trotz alledem steckt in "The Enigma" viel Potenzial, das in kommenden Episoden noch ausgebaut werden kann.