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Call of Duty: Advanced Warfare: Rettet Kevin Spacey die alternde Spieleserie?

Willkommen liebe Leute zu einem weiteren Jahr in der Historie von Call of Duty. 11 Jahre nach dem Erstling wird Activision nicht müde uns jedes Jahr einen weiteren Aufguss des Milliarden-Franchise zu servieren. Nach dem eher mäßigen Call of Duty: Ghosts von 2013, geht es dieses Jahr mit dem neuen Entwickler Sledgehammer Games, der bereits an Modern Warfare 3 beteiligt war, mit Call of Duty: Advanced Warfare in neue Höhen der in die Jahre gekommenen Ballerorgie. Ob dem Studio damit der gelungene Einstieg in die Reihe von Infinity Ward und Treyarch geglückt ist, klären wir im Test. Diese Runde dreht sich dabei allein um die Solospieler-Kampagne, die optional zum eigentlichen Mehrspieler-Fokus zur Verfügung steht.

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Willkommen bei Atlas, Jack Mitchell

Ein Jahr lang hatten wir Pause, jetzt schickt uns Activision wieder in den Krieg. In der Rolle des jungen Marines Jack Mitchell erleben wir 2054 einen Angriff von Nord Korea auf Süd Korea und müssen die bösen Jungs aus Seoul vertreiben. Dabei machen wir das, was wir am besten können: Ballern, Granaten werfen, in Deckung gehen und uns die ganze Zeit wirre Befehle wie „Los Mitchell, zur Tür“ oder „Schnapp dir den Zünder, Mitchell“ um die Ohren fliegen lassen. Obwohl wir recht schnell in das gewohnte Gameplay reinkommen, endet unsere Mission nicht allzu glücklich und wir kehren als Kriegsverletzter in unser Heimatland, die USA, zurück. So kann uns das Militär natürlich nicht weiter gebrauchen und entlässt uns kurzerhand ehrenhaft aus dem Dienst. Ende.

Was, wie? Natürlich nicht! Bei der Beerdigung unseres Kameraden lernen wir dessen Vater Jonatahn Irons kennen, der von Kevin Spacey gespielt wird. Ihm gehört die Privatarmee Atlas, die ihre Dienste jedem Land, das bereit ist die Rechnung zu bezahlen, zur Verfügung stellt und nebenher auch noch über die modernste Technik verfügt – darunter auch die Exo-Anzüge. Da Irons Sohn Mitchells bester Freund war, bietet er uns nicht nur eine hochtechnologische Prothese für unseren fehlenden Arm, sondern auch einen Posten in seiner Firma an – als Frontsoldat. Willkommen also zurück im Dienst.

An der Seite des mürrischen Gideon, der ziemlich den Anführer raushängen lässt sowie dem skurrilien Joker geht es ab in die ersten Einsätze. Unser Gegner ist die Terrororganisation KVA, die sich in Nigeria erhoben hat und die Welt ins Chaos stürzen will. Das gelingt ihr auch, als wir es nicht schaffen eine Kernschmelze in einem Atomreaktor in Seattle zu verhinden, was erst der Anfang für den Feldzug der Terroristen ist und viel Arbeit für Atlas bedeutet. Darüber freut sich unser lieber Kevin, denn so steigt die Relevanz und die Macht seines Unternehmens und schon sehr bald finden wir heraus, dass der gute Mann an noch viel mehr Macht interessiert ist als uns lieb wäre.

Der Plott von Call of Duty: Advanced Warfare ist sicherlich keine Neuerfindung des Genres, aber dennoch hollywoodreif inszeniert und mit einigen, vorhersehbaren, Wendungen gespickt. Wie gewohnt wird die Geschichte in Episoden erzählt, die wir als Missionen spielen. Dabei läuft die eigentliche Story in den Zwischensequenzen ab. Die Einsätze selbst sind pure Action und Dauerballerei. Mit fünf bis sechs Stunden Laufzeit ist die Handlung gewohnt schnelllebig, dafür bekommen wir in dieser Zeit einen temporeichen Actionfilm serviert, der sich durch verschiedene Szenarien und Schauplätze abwechselt. So sind wir wahlweise in Süd Korea, Griechenland, Nigeria, Thailand, den USA und anderen Orten unterwegs und dürfen auch mal ein Flugzeug steuern oder mit dem Hoverbike durch die Kannte donnern. Kevin Spacy (Jonathan Irons), Troy Baker (Mitchell) und Gideon Emery (Gideon) spielen ihre Rollen super, wobei der machthungrige Irons der eigentliche Star des Spiels ist und von Activision auch intensiv als Aufmacher beworben wurde.

Prophet vermisst seinen Anzug

Wie das Gameplay in einem Kriegsszenario-Shooter abläuft, braucht wohl nicht genauer erklärt werden. Wir fassen es mal so zusammen: Laufen und Schießen! Zwischendurch Granaten werfen und ein paar Gadgets wie Drohnen, Raketenwerfer oder Geschütze benutzen. Die Level sind gewohnt linear aufgebaut und laufen immer nach demselben Muster ab: Reinrennen, verschanzen, alle Gegner abservieren und dann die nächste Tür eintreten. Hin und wieder erfordet eine Mission auch taktisches Vorgehen, wie z.B. Schleichen, aber das bleiben nur kurze Ausblicke. Das wirkliche Highlight in Advaced Warfare ist der neue Exo-Anzug, der glatt aus Cryteks Hit-Shooter Crysis stammen könnte und den es in zwei Varianten gibt: Spezial und Angriff. Er verfügt über einige Verbesserungen wie u.a. Bullettime (Zeitlupe), mehr Sprungkraft, kurzzeitige Unsichtbarkeit, ein ausklappbares Schild, einen Schallstoß (um Gegner taumeln zu lassen) und Magnethandschuhe, um auf Gebäude zu klettern oder sich an Fahrzeugen festzuhalten. Auch cool sind die neuen Granaten, die wir nach Bedarf umschalten, um Feinde zu markieren, mit EMP-Stößen Drohnen lahmzulegen oder bewegliche Ziele mit „Intelligenten Granaten“ zu erledigen, die wir im Flug steuern können. Auch sonst hat sich unser explosives Material gut verbessert. Splitter und Kontaktgranaten sorgen für ordentlich Dampf, während die neuen Zielflug-Granaten sich selbst ein Opfer suchen. Ebenfalls neu ist die Charakterentwicklung. Nach jeder Mission erhalten wir anhand unserer Abschüsse oder gesammelter Laptops Skill-Punkte, die wir in bis zu 22 Verbesserungen eintauschen können. Eine nette Idee, die leider in so einem Spiel kaum Relevanz findet und schnell nur durchgeklickt wird.

Alles im allem spielt sich die schnelle Action im neuen Call of Duty wieder sehr dynamisch und streckenweise auch recht anspruchsvoll, wenn wir uns mal wieder hinreißen lassen und viel zu offensiv vorgehen. Auf dem mittleren der fünf wählbaren Schwierigkeitsgrade müssen wir schon ganz schön aufpassen, nicht in die nächste Kugel zu laufen. Da die Spieleserie aber nicht für ihre Hardcore-Inhalte bekannt ist, haben wir massig Checkpoints und können im Notfall auch mal einen Gang runter auf die nächst niedrigere Schwierigkeitsstufe schalten. Zwar rennen unsere Gegner wild im Kreis und suchen sich auch mal Deckung, aber eine wirkliche Premium-KI gibt’s wie immer nicht – der Feind dominiert durch Masse und Feuerkraft das Feld.

Schade ist auch, dass wir die sehr coolen Eigenschaften des Exo-Anzugs nur an vorgegebenen Orten richtig ausleben können. Zwar sind kleine Gimmicks wie der Boost-Sprung immer einsetzbar und eine echte Erfrischung. Der Rest aber gehört mit zum Skirpt und lässt selten die Möglichkeit vom Schema F abzuweichen oder sich mal eine eigene Taktik auszudenken. Auch in Advanced Warfare sind wir nur wieder der dumme Junge, der tut, was man ihm sagt und keine Fragen stellt oder selbst das Ruder ergreift.

Solider Shooter ohne Grafikwunder

Auch wenn Activision nicht müde wird, uns jedes Jahr eine bahnbrechende Grafik anzukündigen, hat Sledgehammer Games mit Advanced Warfare zwar einen griffigen Shooter mit schöner Optik geschaffen, kann aber nicht mit aktuellen Genre-Kollegen mithalten. Technisch hat sich die Serie kaum weiterentwickelt und sieht immer noch nur leicht besser als Black Ops 2 oder Ghosts aus. Viele Texturen sind mal wieder leicht unscharf, was sich zwar in Grenzen hält aber dennoch nicht zu leugnen ist. Damit ist das neue Call of Duty zwar nach wie vor ein schönes Spiel, aber manche Dinge ändern sich wohl nie. Immerhin läuft der Titel auf der PS4 in 1080p mit durchgehend 60 Bildern in der Sekunde. Nur ganz selten haben wir Miniruckler gespürt oder aufploppende Texturen erkannt. Auch die Xbox One-Version kommt dieses Mal in identischer Qualität daher, auch wenn hier bei der Auflösung etwas geschummelt wurde und wir auf Microsofts Konsole lediglich 1360*1080 erhalten. Das fällt aber auch nur auf, wenn man es weiß oder gezielt vergleicht. Advanced Warfare wirkt auf den aktuellen Konsolen deutlich Runder als Ghosts und läuft durchgehend flüssig. Auf dem PC ist wie immer die beste Qualität zu finden.

Hervorstechen tun diesmal die Zwischensequenzen, die wirklich sehr detailliert und echt wirken. Hier zeigt Call of Duty, dass man wenigstens ansatzweise im Next-Gen-Zeitalter angekommen ist.

Wirklich bombastisch kommt dagegen der Sound daher. Explosionen, Projektile und die Umgebung – alles hört dich glaubhaft und sehr bassig an. Mit der nötigen Anlage oder einem guten Headset wird die Action damit gleich zum doppelten Genuss. Ebenso kann sich auch die deutsche Vertonung durchaus hören lassen. Mit Till Hagen hat Kevin Spacey seinen typischen Sprecher, der seine Sache allen voran sehr gut macht. Auch die anderen Charaktere werden von bekannten Sprechen übernommen, die wohlklingend durch die Geschichte geleiten.

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