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Chainsaw Man: Was bietet die beste Anime-Serie 2022? – Serienkritik

Kaum einem Anime-Neustart fieberten Fans 2022 so sehr entgegen wie Chainsaw Man. Bereits rund um die Manga-Vorlage entwickelte sich ein enormer Hype, dem Studio MAPPA mit seiner Anime-Adaption des düsteren Fantasy-Abenteuers gerecht werden wollte. Ob das gelang, erfahrt ihr in unserer Serienkritik.

Simple Träume in einer grausamen Welt

Anfangs noch ein paar Worte zur Story: Das Leben hat Denji kein sonderlich gutes Blatt zugeteilt. Sein Vater hat sich mit den falschen Leuten eingelassen und horrende Schulden angesammelt. Schulden, für die nach seinem Tod nun sein Sohn aufkommen muss – notfalls, indem er seine eigenen Organe verkauft.

Zudem hält er sich mit kleinen Gelegenheitsjobs, etwa dem Kampf gegen schwache Dämonen, über Wasser. Dank der Hilfe eines kleinen Teufels namens Pochita, dem Denji einst das Leben rettete, können sie einigermaßen über die Runde kommen. Die Träume des jungen Helden sind hierbei ziemlich bescheiden: Ein weiches Bett, eine warme Mahlzeit und die Brüste einer Frau anfassen.

Doch schon bald soll es für das ungleiche Duo noch sehr viel weiter bergab gehen: Denji wird von jemandem hintergangen, dem er vertraute, was ihm teuer zu stehen kommen soll. Während dieses Vorfalls erwacht jedoch eine gewaltige Macht in ihm und er wird als Chainsaw Man wiedergeboren. Von hier an soll sich sein Leben für immer verändern und er wird vor eine schwierige Wahl gestellt.

Nur oberflächlich eindimensional

Auf den ersten Blick wirkt all das nicht sonderlich originell und zwischenzeitlich wurden immer wieder Rufe laut, die Anime-Serie würde sich etwas zu sehr auf Fan-Service, etwa eindeutig zweideutigen Kameraeinstellungen, verlassen. Das Werk nur auf diese Schauwerte zu reduzieren, wird ihm allerdings nicht gerecht, denn der Wechsel zwischen seinen verschiedenen Facetten ist eine seiner größten Stärken.

Denji und Pochita haben eine enge Bindung © Tatsuki Fujimoto/Shūeisha/K.K. MAPPA

„Chainsaw Man“ hat diesbezüglich einen sehr eigenen Stil, der überdrehten Humor, große Emotionen und so manche trashigen Momente miteinander kombiniert. Das Kunststück ist: Nichts hiervon fühlt sich jemals falsch an und auch der Wechsel zwischen diesen so unterschiedlichen Facetten gelingt mühelos, was Bände hinsichtlich der erzählerischen wie inszenatorischen Qualitäten der Verantwortlichen spricht.

Die Comedy und auch der zuvor angesprochene Fan-Service dienen hierbei primär als eine Art Ablenkung, damit wir nicht dauernd von dem tragischen wie gleichermaßen dramatischen Leben Denjis mitgenommen werden. Außerdem sind sie dabei behilflich, dass die wirklich tragischen Momente, etwa das Ableben des einen oder anderen Charakters, eine noch größere emotionale Wucht entfalten.

„Chainsaw Man“ ist definitiv deutlich tiefgreifender, als es zunächst wirken mag.

Der Fan-Service in „Chainsaw Man“ dient eher der Ablenkung © Tatsuki Fujimoto/Shūeisha/K.K. MAPPA

Doch all dies wäre nur halb so viel wert, wenn die Charaktere und ihre Schicksale uns Zuschauer nicht packen könnten. Glücklicherweise liefert der Anime-Titel auch diesbezüglich ab und begeistert nicht nur mit vielschichtigen Thematiken, sondern ebenso seinen komplex gezeichneten Figuren.

Zwischen Arbeitsplatzcomedy und Bodyhorror

MAPPA gelingt es über den Verlauf der 12 Episoden hervorragend, uns einen tiefen Einblick in die Wesen der Charaktere zu geben. Insbesondere die ruhigen Momente stechen hier heraus. Die abgedrehten Szenen verschwinden und machen Raum, um uns echte Emotionen erleben zu lassen.

Makima weiß genau, wie sie Denji manipulieren kann © Tatsuki Fujimoto/Shūeisha/K.K. MAPPA

Denji allein ist bereits ein ungewöhnlicher Protagonist für einen Shonen-Anime wie „Chainsaw Man“: Er möchte etwa kein König werden, sondern eher bescheidene Dinge erreichen, die für viele von uns normal sind. Tragisch hieran ist, dass unser junger Held dadurch verwundbar wird. Makima, die ihn nach seiner Verwandlung aufnimmt, manipuliert ihn, um mit ihm ihre eigenen Ziele zu erreichen.

Doch nicht nur Denji versucht, sich seine Träume zu erfüllen, sondern auch seine Kolleg*innen. Ein weiterer Umstand, der sie vereint und im Laufe der Anime-Serie langsam zusammenschweißt, ist, dass auch Power & Co. in mehrerlei Hinsicht gebrochen sind. Sie alle müssen schwere Zeiten durchstehen, was die intimen und witzigen Momente, die sie miteinander verbringen, umso wertvoller macht.

Denji & Co. wachsen im Laufe der Anime-Serie zusammen © Tatsuki Fujimoto/Shūeisha/K.K. MAPPA

Jeder Charakter in der Anime-Serie hat seine Rolle zu spielen und auch wenn sie nicht alle eine ähnlich große Entwicklung durchlaufen wie Denji, würde die Geschichte ohne sie weitaus weniger gut funktionieren. Ihre gemeinsamen Erfahrungen und Verluste schweißen sie zusammen und inmitten all der verrückten, erschütternden Ereignisse um sie herum werden sie einander wichtig.

Die komplexen Charaktere sind ein absolutes Highlight der Anime-Serie.

Ein blutiges Animationsfeuerwerk

Über jeden Zweifel erhaben ist dafür die audiovisuelle Umsetzung der ersten 38 Manga-Kapitel in den bisherigen 12 Episoden. MAPPA beherrschen ihr Handwerk meisterhaft und der eigenwillige Mix aus realistischen Hintergründen, 2D-Zeichnungen sowie 3D-Elementen funktioniert absolut hervorragend. Abgerundet wird all dies von einem famosen, mal ruhigen, mal temporeichen Soundtrack.

„Chainsaw Man“ ist ein blutiges und rasantes Animationsfeuerwerk © Tatsuki Fujimoto/Shūeisha/K.K. MAPPA

Es ist ein visueller Stil, der definitiv im Kopf bleibt und die Animationsqualität bewegt sich auf aller höchstem Niveau. Egal ob die enorm blutigen und brachial inszenierten Actionszenen oder die ruhigen Augenblicke zwischen den Figuren, animationstechnisch ist „Chainsaw Man“ über alle Zweifel erhaben. Es sind Qualitäten, die wir ansonsten eher in Anime-Kinofilmen zu Gesicht bekommen.

Dass die Anime-Serie sehr cineastisch anmutet, ist übrigens kein Zufall, denn das Werk strotzt nur so vor allerlei Anspielungen auf bekannte Filme. Im fantastischen Opening sind etwa Referenzen an „Reservoir Dogs“ oder auch „The Big Lebowski“ zu finden, während einer der beeindruckendsten choreographierten Kämpfe eine Hommage an den Kampf zwischen Spidey und Doc Ock in „Spider-Man 2“ darstellt.

Audiovisuell ist „Chainsaw Man“ ein Fest für die Sinne.

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Kurzum: Die 1. Staffel von „Chainsaw Man“ ist definitiv ein Pflichttitel für alle Anime- und Serien-Fans, die eine Vorliebe für bildgewaltig inszenierte Geschichten mit komplex gezeichneten Charakteren haben. Hiermit erschuf MAPPA nicht nur eine temporeiche Achterbahnfahrt, die euch in ihren Bann ziehen und bis zum Ende nicht mehr loslassen wird, sondern auch eine der besten Anime-Serien 2022.

„Chainsaw Man“ ist exklusiv bei Crunchyroll verfügbar.

Sven Raabe

Anime-Liebhaber, Dragon Ball-Fan auf Super-Saiyajin Blue-Level, Videospiel-Enthusiast mit einem Hang zu Action-Adventures und abgedrehten Hack'n'Slays. Außerdem Sith-Lord (oder vielleicht doch Jedi?) mit einer Schwäche für DC- und Marvel-Adaptionen.
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