Vor 25 Jahren hieß es zum aller ersten Mal: Civilization! Seit dem 21. Oktober können sich Strategiefreunde zum nunmehr sechsten Mal in die rundenbasierte Weltgeschichte stürzen und müssen mit allerlei Aufgaben klarkommen, die ein Herrscher in seinem Alltag zu bewältigen hat. Wer hier und da in Gameplaymaterial reinschaut, könnte dabei zurecht ins Stocken kommen, denn der Umfang des Games scheint überwältigend. Wie man in diesem Wirrwarr zurechtkommt und ob sich der sechste Teil tatsächlich als beste Strategiealternative bewerben darf, erfahrt ihr in unserem PC-Test.
Allgemeines Konzept
Das Konzept bleibt alteingesessen und beliebt: In der Rolle einer berühmten Persönlichkeit der Weltgeschichte übernehmt ihr das Ruder eures Landes, um euch am Ende einer Partie weltbeste Zivilisation nennen zu dürfen. Dabei zieht ihr rundenbasiert in die Schlacht gegen Freunde oder die KI, wobei ihr in jeder Runde Bauen, Truppen bewegen und Fortschritte einleiten könnt. Dabei stehen euch verschiedenste Wege zur Verfügung, um erfolgreich aus der Partie hervorzugehen: Wissenschaft, Kultur oder einfach absolute Herrschaft seien an dieser Stelle nur eine Auswahl eurer möglichen Alternativen.
Zwar bietet euch die Wahl eures Landes einzigartige Boni – euren Weg durch die Weltgeschichte bahnt ihr euch jedoch primär mittels der vorgefertigten Technologie- und Ausrichtungsbäume, die euch von der Antike bis zum Technologiezeitalter begleiten. Natürlich müsst ihr auch geographisch expandieren und baut euer Imperium Stadt für Stadt auf – wie auch in den Teilen davor muss die Umgebung stets im Auge behalten werden, denn Ressourcen für Wachstum oder kontinuierliche Produktion sind begrenzt und zugleich wertvoll. Nur wer alle Aspekte des Spiels in seine Strategie mit einbezieht, wird seine Konkurrenz überholen und somit zur Superior Zivilisation aufsteigen.
Die Neuerungen von Civilization 6
Besonders mit dem fünften Teil hat die Civilization-Reihe viele neue Anhänger gefunden. Klar ist: An dieser Stelle müssen die Spieler mit vielen Neuerungen klarkommen. Um es vorweg zu nehmen: Mit dem vorliegenden sechsten Ableger versucht man natürlich umso mehr Aspekte der Weltgeschichte ins Gameplay zu integrieren, was es insbesondere für Neueinsteiger zu Beginn ziemlich schwer macht einen Überblick über alle Inhalte zu erhalten. Nicht nur müssen Mechanismen der vergangenen Teile erlernt werden (sei es das Ressourcensystem oder das strategische Positionieren von Städten), sondern auch fortgeschrittene Gameplay-Mechanismen wie die Religion, Spionage (beides Inhalte, die zuvor nur als DLC-Inhalt zur Verfügung standen), Stadtdistrikte oder der brandneue Ausrichtungsbaum wollen vom Herrscher erlernt und genutzt werden. Sowohl die Religion als auch die Spionage bieten eine wunderbare Ergänzung zum linearen Spielverlauf des fünften Teils und regen dazu an, neue taktische Kniffe auszuprobieren. Wer militärischen Krieg per se umgehen möchte, kann über diesen friedlicheren Weg beispielsweise Missionare und Inquisitoren mit sogenannten Glaubenspunkte erwerben, um feindliche Städte zur hauseigenen Religion zu konvertieren – Kriegsführung auf heiligem Boden! Religion stellt an dieser Stelle also keine irrelevante Funktion dar, sondern kann von euch nach Belieben in den strategischen Prozess integriert werden. Über dieses könnt ihr euch auf diverse Spielmechanismen eures Spiels fokussieren und Boni für Produktionen, Wachstum oder Wissenschaft erlangen.
Besonders interessant präsentiert sich das brandneue Bausystem innerhalb eurer Städte: Eure Bauten beschränken sich nicht nur auf das Hexagon eurer Stadt, sondern müssen nun in verschiedenen Distrikten um eure Stadt herum gebaut werden. Wer beispielsweise einen Markt erwerben möchte, muss zunächst einen Handelsdistrikt in Reichweite der Stadt bauen, Universitäten verlangen einen Wissenschaftsdistrikt usw. Die Entwickler lösen somit ihr Versprechen ein, dass ihr bereits zu Anfang eurer Partie planen müsst, wo ihr eure Städte positioniert, um weitere Boni über eine clevere Positionierung der Distrikte zu erhalten – schließlich macht auch das „sinnlose“ Modernisierung von Geländefeldern keinen Sinn mehr, wenn ihr dieses 20 Runden später doch als Distriktfeld verwendet wollt. Auch Weltwunder nehmen nun ein komplettes Feld innerhalb eures Stadtreichs ein, was das Farmen von Weltwundern innerhalb einer Stadt fast komplett unbrauchbar macht.
Zu guter Letzt sticht der brandneue Ausrichtungsbaum und das damit verbundene Politiksystem heraus. Fortschritte werden nicht mehr allein durch den Technologiebaum definiert – nun könnt ihr kulturelle Entwicklung auch durch den Erwerb von politischen Karten darstellen. Diese Karte besitzen verschiedene Farben, die jeweils für bestimmte Strategien wie Wirtschaft, Militär oder Diplomatie stehen. In der frühen Phase des Spiels erhaltet ihr Zugang zu eurer ersten Politikform „Stammesführerschaft“, mit der ihr eine bestimmte Anzahl militärischer, diplomatischer und wirtschaftlicher Karten verwenden könnt – je nachdem, welche politische Regierung in Zukunft angestrebt wird, lässt sich der Anteil der verfügbaren Kartentypen variieren. Dies bietet nicht nur (wie bereits so oft) mehr taktische Tiefe, sondern bringt letztlich umso mehr Varietät in jede neue Partie – fantastisch.
Technisch
Civilization 6 bricht einen alten Trend und bewegt sich optisch nun in eine als comichaft zu bezeichnende Richtung: Die eher ernste Atmosphäre des fünften Ablegers weicht einem bunten Farbspiel, was insbesondere alteingesessenen Fans aufs Gemüt schlagen könnte. Rein subjektiv verzieht man anfangs etwas die Miene, wenn ein animierter Theodore Roosevelt zu einem spricht, aber nach ein paar Stunden Spielzeit gewöhnt man sich erfahrungsgemäß relativ schnell an diese stilistische Veränderung. Musikalisch bleibt sich Civilization 6 treu und begleitet eure Partien erneut mit weichen, wie auch etwas schnelleren Tracks, je nachdem in welcher Lage ihr euch aktuell befindet. Auch was die Systemanforderungen angeht, folgen die Entwickler ihrem klassischen Trend: Civilization 6 ist auch auf älteren Rechnern und Laptops problemlos spielbar und dürfte somit auch für Spieler ohne High-End-Computer von Interesse sein. Wer die Muskeln seines Rechners spielen lassen will, kann hier und da trotzdem einige nette, visuelle Effekte aus dem Titel rausholen – am Ende also für jeden Spielertyp etwas dabei.