Wir schreiben einen offenen Brief an die Kollegen von CD Projekt RED und erklären darin, was uns bei „Cyberpunk 2077“ wirklich wichtig ist, denn Hype und hübsche Videos machen noch lange keinen erfolgreichen Titel aus.
Liebes CD Projekt RED-Team,
es steht außer Frage, dass der Hype um Cyberpunk 2077 endgültig in den Köpfen der Leute angekommen ist. Euer Stand auf der diesjährigen gamescom war die pure Verkörperung des Begriffs Überlaufen, dabei gab es doch eigentlich nur eine Präsentation zu sehen. Menschen standen stundenlang an, um euch über euren Titel reden zu hören. Nicht einmal, um selbst spielen zu können. Verrückt. Wir fangen erst gar nicht an, über die Geheimniskrämerei zu Zeiten der E3 2018 zu reden.
Die Leute wollen euer Spiel. Warum? Weil ihr auf die Community hört. Weil ihr euch einen Namen in dieser Branche erarbeitet habt. Weil ihr mit „The Witcher“ gezeigt habt, dass Spieleentwicklung eben nicht nur die Gier nach Profit ist, sondern diese eine Wechselbeziehung zwischen Spieler und Entwickler repräsentiert beziehungsweise repräsentieren sollte.
Ihr habt in den letzten Jahren gelernt, eure Produkte zu verkaufen und genau diese Beziehung anzusprechen. Heißt verkaufen aber gleichzeitig auch immer optimal abzuliefern? Ich bin nicht daran interessiert, irgendwelche optimal zurechtgeschnittenen Schnipsel zu sehen. Ich will wissen, wie sich „Cyberpunk“ anfühlt. CD Projekt RED, lasst uns mal über die Musik in „Cyberpunk 2077″ reden.
„Cyberpunk 2077″ – das Jahr steht schon im Titel. Night City ist eine dystopische Version einer modernen Großstadt. In meiner Vorstellung laufen überall krumme Dinger, die Kriminalität erlebt ihren Höhepunkt und alles hat irgendwie mit Technik zu tun, die für absolut alles missbraucht wird. Missbrauch, weil Dinge passieren, die nicht in unsere Zeit passen und die wir uns eigentlich gar nicht vorstellen können oder wollen. Als ob wir uns ein Bild davon machen wollten, wie schrecklich die Erde in 50 Jahren aussehen wird.
Wisst ihr, woran ich bei einer solchen Zukunft immer denken muss? An den „Ghost in the Shell“-Anime aus dem Jahre 1995. Für mich ist dieser Anime ein Inbegriff dessen, was dieses Genre – eine dystopische, auf Technologie basierte Zukunft – ausmacht. Die Story war solide, die Qualität der Zeichnungen für seine Zeit okay.
Was aber das gesamte Flair des Anime ausgemacht hat, war die Stimmung, die ununterbrochen transportiert wurde. Die Nutzung von düsteren, kalten Farben auf visueller Ebene. Die Grundstimmung der Menschen, die in dieser Stadt gelebt haben. Schlussendlich aber eben auch der Soundtrack, der einem bis ins Mark vorgerückt ist.
Die Musik plätscherte nicht im Hintergrund vor sich hin – sie war Teil der Story. Es war im strengen Sinne kein Soundtrack, sondern eine klangbasierte Visualisierung des technologischen Fortschritts. Er hat „böse Technologie der Zukunft“ ins Gesicht der Leute geschrien – dabei war es doch nur Techno-orientierter Sound.