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Das Buch von Boba Fett: Eine Star Wars-Legende als Statist in der eigenen Show – Serienkritik

Mit Das Buch von Boba Fett fügten die kreativen Köpfe von Lucasfilm ihrem Star Wars-Universum ein neues Kapitel hinzu. Im Mittelpunkt des Geschehens steht niemand Geringeres als eine absolute Ikone des Franchise, Kopfgeldjäger Boba Fett. Mittlerweile gipfelte die Serie in ihrem großen Finale und wir wollen die Show nun in unserer großen Kritik noch einmal Revue passieren lassen.

Vom Killer zum Verbrecherlord von Tatooine

Nach den Ereignissen am Ende der 2. Staffel von The Mandalorian kehrten unser Protagonist und seine rechte Hand, Fennec Shand, zurück auf einen gewissen Wüstenplaneten. Dort beseitigten sie Bib Fortuna und bestiegen jenen Thron, der einst Jabba dem Hutten gehörte. Ihre Mission ist klar: Sie wollen dessen einstiges kriminelles Imperium neu aufbauen und fortan selbst herrschen.

Dabei läuft jedoch nicht alles nach Plan, denn die ansässigen Verbrecherfamilien sind sich noch unsicher, ob sie die neue potentielle Nummer Eins wirklich anerkennen sollen. Darüber hinaus zieren sich ebenfalls der Bürgermeister und sein Gefolge davor, dem einstigen Kopfgeldjäger ihren Respekt zu zollen.

Als wäre das noch nicht schlimm genug, muss sich Boba Fett ebenfalls einem Kapitel aus seiner Vergangenheit stellen, denn eine berüchtigte Verbrecherorganisation greift nach der Macht über Tatooine. Geschehnisse, die unser Hauptcharakter nicht einfach so hinnehmen kann, allerdings weiß er auch, dass er dieser Bedrohung alleine womöglich nicht gewachsen sein wird.

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Boba Fett und Fennec Shand haben allerhand zu tun © Lucasfilm/Disney

Der Boden ist somit bereitet für ein spannendes Crime-Abenteuer in der weit, weit entfernten Galaxis und tatsächlich beginnt die Serie in dieser Hinsicht durchaus vielversprechend. Allerdings zeichnen sich im Laufe der Zeit zusehends Probleme ab, auf die wir später noch genauer eingehen werden. Doch beginnen wir zunächst mit den positiven Aspekten in den ersten Episoden der Show.

Boba Fett als Verbrecherboss hat Potential

Im Laufe der Serie kommt es beispielsweise zu einer besonderen Versammlung, in der Boba und Fennec die anderen Verbrechergruppen davon überzeugen wollen, sich aus dem aufziehenden Krieg herauszuhalten. Zunächst setzt Boba noch auf Diplomatie, um seine Gäste zu überzeugen. Doch erst ein spezielles Geschenk, ein Rancor, verleiht seinem Vorschlag den nötigen Nachdruck.

The Book of Boba Fett Jabbas Ex-Gefolgsleute
Boba muss bei den anderen Verbrecherfamilien Überzeugungsarbeit leisten © Lucasfilm/Disney

Es sind Szenen wie diese, in denen „The Book of Boba Fett“ wirklich glänzen kann. Sie sind gut geschrieben und verströmen aufgrund ihrer Inszenierung sogar dezente Der Pate-Vibes. Des Weiteren legt die Serie hier ein durchaus vielversprechendes Fundament für einen aufregenden Konflikt auf Tatooine mit unserem Fanliebling und seinen Verbündeten im Zentrum.

Hierzu passt auch die neue, ruhigere Version des einstmals berühmt-berüchtigten Kopfgeldjägers. Unter dieses Kapitel seines Lebens will unser Protagonist endlich einen Schlussstrich ziehen, weshalb wir nun einen ungewöhnlich gesprächigen Boba Fett erleben, der zudem auch noch ziemlich oft sein Gesicht zeigt. Es ist eine zur Crime-Story durchaus passende Neuinterpretation der Figur.

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Boba Fett ist in der Serie ziemlich oft ohne seinen Helm zu sehen © Lucasfilm/Disney

Auf der anderen Seite kann diese Entscheidung von Jon Favreau und Dave Filoni, den treibenden Kräften hinter der Serie, jedoch ebenfalls kritisiert werden. Es ist eine Version des Charakters, die mit dem knallharten Kopfgeldjäger und Killer aus der Original-Trilogie und dem alten Expanded Universe nur noch wenig gemein hat. Darin überlebte der Mandalorianer bekanntlich ebenfalls den Sturz in den Sarlacc und erlebte anschließend weitere Abenteuer, in denen er weiterhin zumeist ziemlich schweigsam war. Eine gewisse Enttäuschung alteingesessener Fans angesichts dieses krassen Umschwungs ist nachvollziehbar.

Statist statt Hauptfigur

Das ist jedoch ein Fehler, der „Das Buch von Boba Fett“ noch durchaus verziehen werden kann. Anders sieht es da bei einigen weiteren narrativen Entscheidungen des Kreativteams aus. Zunächst hätten wir hier die ersten Episoden der Serie, die zwischen zwei Zeitebenen wechseln. In mehreren Flashbacks lernen wir, was der einstige Kopfgeldjäger nach seiner Flucht aus dem Sarlacc erlebte. Wir sehen, wie er gemeinsam mit einem Tusken-Stamm lebte, von diesen trainiert wurde und sich so auch charakterlich veränderte.

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Ein Tusken-Stamm spielt eine große Rolle in der „Star Wars“-Serie © Lucasfilm/Disney

Das ist an sich durchaus löblich und bietet einige wundervoll atmosphärische Momente, die an Klassiker wie „Der mit dem Wolf tanzt“ erinnern. Ein Problem hierbei ist hingegen, dass die Gewichtung zwischen Vergangenheit und Gegenwart nicht stimmt. Wir verbringen zu viel Zeit mit den Flashbacks, worunter letztendlich die eigentlich Geschichte, der Konflikt zwischen Boba und einem Verbrechersyndikat, leidet.

Es wirkt schlichtergreifend so, als hätten die Drehbuchautoren keine Ideen für eine immerhin sieben Episoden umfassende Geschichte rund um die „Star Wars“-Legende gehabt. Die Erzählung wirkt oft zäh und kommt entsprechend langsam in die Gänge. In der 5. Folge kommt es dann zu einem ziemlich krassen Perspektivwechsel, denn darin folgen wir Rückkehrer Din Djarin, der Boba unterstützen will.

Din Djarin kehrt in „Das Buch von Boba Fett“ zurück © Disney/Lucasfilm

An sich wäre ein Auftritt des „The Mandalorian“-Protagonisten kein großes Problem und vermutlich dürften viele Fans genau damit auch schon im Vorfeld der Serie gerechnet haben. Besagte Episode wirkt jedoch eher wie der verfrühte Auftakt der 3. Staffel des wortkargen Mandalorianers. Ein Eindruck, der noch dadurch verstärkt wird, dass Boba Fett nicht eine einzige Sekunde zu sehen ist. Es ist ein Kardinalfehler, den erfahrene Autoren wie Favreau und Filoni eigentlich hätten vermeiden müssen.

In der 6. Folge setzt sich dieser Trend fort, auch wenn unser eigentlicher Hauptcharakter immerhin für einige Sekunden im Bild stehen darf. Obwohl diese beiden Episoden wirklich gut sind und uns einige wichtige Entwicklungen für das größere Star Wars-Universum präsentieren, verdeutlichen sie doch das zentrale Problem von „The Book of Boba Fett“: Wenn die womöglich besten Episoden einer Serie mit ihrem eigenen Hauptdarsteller nichts zu tun haben, muss etwas sehr stark im Argen liegen.

Star Wars Das Buch von Boba Fett Pyke-Syndikat erklärt
Boba Fett wird in seiner eigenen Serie zum Statisten degradiert © Disney/Lucasfilm

Es entsteht der Eindruck, als hätten die Verantwortlichen keinerlei Vertrauen darin gehabt, dass Boba Fett, immerhin eine absolute Legende des Franchise, eine eigene Serie auf seinen Schultern tragen könnte. Ein Umstand, über den auch das ordentliche Finale, in dem unser Jung-Verbrecherboss in einigen rasant inszenierten Actionszenen sein Können demonstriert, lediglich bedingt hinwegtröstet.

Nicht der erwartete Hit

Als „Das Buch von Boba Fett“ mit der kleinen Post-Credit-Szene am Ende der 2. Season von „The Mandalorian“ angekündigt wurde, rechneten vermutlich nicht wenige „Star Wars“-Fans mit einem Hit. Die Zutaten für einen solchen waren immerhin zweifelsohne vorhanden: Ein Boba Fett, der endlich Herr über sein Schicksal sein will. Eine fähige wie charismatische rechte Hand mit Fennec Shand an seiner Seite und ein einstiges Verbrecherimperium, das nur darauf gewartet hat, vom tödlichen Duo erobert zu werden.

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Herauskam letztendlich allerdings ein Produkt, das „Star Wars“-Fans in den vergangenen Jahren bereits zu oft sehen mussten: Die Serie bietet einige berührende wie bedeutsame Szenen, in denen die Schauspieler ihr Können zeigen und uns auf ein großes Abenteuer entführen. Sie demonstriert sogar, dass in diesem gewaltigen Universum selbst etwas so Albernes wie die Figuren sowie die Action eines Robert Rodriguez („Desperado“, „Spy Kids“) ihren Platz haben können.

Dem gegenüber stehen jedoch allerlei narrative Probleme, die den Eindruck erwecken, als sei das Konzept der Serie, genauso wie die eine oder andere Wendung, von den Machern nicht konsequent durchdacht worden. Die Show wirkt somit sowohl unausgeglichen als auch unausgegoren. Womöglich wäre es für Boba Fett doch besser gewesen, seinem kriminellen Leben endgültig abzuschwören und abgeschieden ein einfaches Leben zu führen, als einfacher Mann seinen Weg in der Galaxis zu suchen.

Sven Raabe

Anime-Liebhaber, Dragon Ball-Fan auf Super-Saiyajin Blue-Level, Videospiel-Enthusiast mit einem Hang zu Action-Adventures und abgedrehten Hack'n'Slays. Außerdem Sith-Lord (oder vielleicht doch Jedi?) mit einer Schwäche für DC- und Marvel-Adaptionen.
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