Am 09. September 2014 erschien mit Destiny der MMO-Hoffnungsträger des Jahres für PlayStation und Xbox. Trotz großer Euphorie und der üblichen „dicken Lippe“ der Entwickler konnte der Online-Shooter gerade mal mittelmäßige Wertungen und Kritiken einholen. Teilweise zurecht, da Story-Inhalt und Endgame-Abwechslung nicht gerade das Gelbe vom Ei sind – streckenweise aber auch zu unrecht, da das SciFi-MMO wie so oft Opfer seines eigenen Hypes wurde. Aber auch wenn die Revolution des Genres mal wieder ausblieb, hebt sich Destiny in einem Punkt von vielen anderen Kandidaten ab: Es macht Spaß! Obwohl Bungie bereits etliche Ohrfeigen kassieren musste, entpuppte sich Destiny als Publikumsliebling. Nicht zuletzt, weil es ein astreiner Shooter ist. Einen Monat nach dem Launch des Spiels fassen wir noch mal zusammen, was bisher passiert ist und was noch geschehen muss, damit Destiny seine Fans bei Laune hält.
Zugegeben, es ist für einen Spieletester nicht gerade leicht, den Erfolg von Destiny zu erklären. Eigentlich kränkelt das SciFi-MMO der Halo-Meister an einigen Stellen, die andere Games schon längst komplett zerstört hätten. Da wäre zum Beispiel die Story, die zwar total fulminant beginnt, aber schon eine halbe Stunde später völlig abflacht, Potenzial verschenkt und der vor allem zum Ende hin ein echter Showdown fehlt. Auch wenn die bombastische Grafik in den ersten Spielstunden über die meisten Lücken hinwegtäuschen kann, merkt man schnell, dass Destiny irgendwie reduziert daherkommt. Zusammengefasst bietet das Online-Spiel gerade mal vier verschiedene Gebiete, die jeweils mit einem Dungeon (Strike) und einer Handvoll Missionen daherkommen. Dass das Endgame dementsprechend repetitiv ausfällt, ist da wenig verwunderlich.
Kritiker aber rätseln eher darüber, warum Destiny dann überhaupt so viel Erfolg hat und seine Spieler immer noch bei der Stange hält. Immerhin sind beide genannten Punkte eigentlich ein Todesurteil für jedes MMO. Aber nicht hier, denn im Kern bietet Destiny jede Menge Spaß. Das liegt vor allem daran, dass der Titel als Shooter gesehen sehr gut funktioniert. Rein technisch gibt es wenige Mängel und auch der Fortschritt geht am Anfang zügig voran. Knapp ein Level schaffen wir pro halbe Stunde, was das Erreichen von Stufe 20 zum Klacks macht. Dabei werden wir aber so von Erfolgsgefühlen überschüttet, dass wir sogar Spaß haben, den wir laut Meinung vieler Stimmen gar nicht verspüren dürften.
Ist ja auch klar: In einem „normalen“ MMORPG schafft man mit einer halben Stunde Spielzeit am Tag vielleicht gerade mal ein Zehntel des Erfahrungsbalkens – das motiviert so gut wie gar nicht. In Destiny aber reicht dieselbe Zeit für ein ganzes Level oder später für eine Orbit-Aktivität – mit garantierter Beute. Die Motivation ist einfach da und man wird lange Zeit auch reichlich beschenkt. Dank der Beutezüge können wir die Planeten durchstreifen, finden so öffentliche Events, erhalten Ruf-Belohnungen oder schwingen uns eine Runde ins PvP. Das Endgame in Destiny ist eine wunderbar einfache (wenn eben auch reduzierte) Sache, die, wenn man nicht darauf Wert legt, jeden Tag 10 Stunden lang bespaßt zu werden, auch eine ganze Zeit lang sehr gut funktioniert. Unserer Meinung nach liegt hier das Erfolgsgeheimnis vergraben.
Allerdings steckt Destiny noch voller Problemzonen. Erreicht man ein gewisses Level, nämlich 28, steht der Fortschritt so gut wie still, wenn man nicht die Möglichkeit hat, am Raid teilzunehmen. Wer sich also nicht damit zufriedengibt, im Schmelztiegel auf die Pauke zu hauen, dem nutzt die blaue Beute aus den Strike-Playlists und den Orbit-Aktivitäten leider wenig. Dann steht man quasi auf der Stelle und kann nur noch probieren, sich ganz weit im Ruf vorzuarbeiten und genügend Seltsame Münzen für den exotischen Händler zu sammeln, der einmal pro Woche erscheint. Damit wird das Grinden, das ohnehin schon den Alltag bestimmt, ziemlich nervig, weil die Erfolgsgefühle immer seltener werden.
Jetzt könnte man natürlich meinen: „Ja, dann ab in den Raid!“, aber das ist eben gar nicht so einfach, da dieser ohne Matchmaking auskommt. Wer kaum Freunde im Spiel und kein Interesse daran hat, seine Profildaten im Netz preiszugeben, bleibt hier auf der Strecke. Ohne Raid ist Stufe 30 nur sehr schwer zu erklimmen, wobei einem auch viele nützliche Items, wie eben die exotischen Waffen, verwehrt bleiben. Hier muss Bungie auf jeden Fall noch mal einiges an seinem Konzept verändern und die automatische Zusammenstellung von Gruppen zumindest für den leichten Schwierigkeitsgrad erlauben – Gleiches gilt auch für den wöchentlichen heroischen Strike, der nur in selbst erstellten Gruppen abgeschlossen werden kann.
Dass Bungie aber bereit ist, tief greifende Änderungen am Spiel-System durchzuführen, hat der Entwickler jüngst erst mit Patch 1.0.2 bewiesen, der die Funktionsweise der Engramme (Behälter, die Items enthalten) völlig umgestaltete. Ursprünglich war das System so angedacht, dass zufällig ein Gegenstand erschaffen wird und der nur mit einer gewissen Chance der Farbe des Engramms entsprach. Das führte allerdings dazu, dass viele Spieler entsetzt feststellten, dass sie aus ihren legendären Behältern meistens blaue, oft auch nur grüne und nur selten mal ein legendäres Teil ans Tageslicht förderten. Schnell wurde der Kryptarch zu einem Objekt blanken Hasses vieler Fans, die sich schlichtweg betrogen fühlten. Anstatt nun aber den unglückseligen Versuch zu starten, seiner Spielerschaft monatelang zu erklären, warum dieses Konzept ja gut so sei, wie es ist, warf Bungie seine Pläne komplett über den Haufen und sorgte dafür, dass jedes Engramm nur Beute seiner Farbe entsprechend ausgibt.
Auch auf das Problem der Schatzhöhle reagierten die Entwickler angemessen. Unter Ausnutzung der Spielmechanik war es nämlich möglich, durch stumpfes Schießen auf einen bestimmten Höhleneingang, viele Engramme zu erhalten. Das war zwar lustig, kann aber nicht im Sinne des Erfinders sein. Exakt der schob dem Ganzen dann auch einen Riegel vor, aber nicht, ohne für eine Alternative im eigenen Sinne zu sorgen. Seit dem Engramme-Patch gibt es nämlich auch garantierte Behälter für verschiedene Aktivitäten. Zwar nicht in gleicher Menge wie zuvor aus der Höhle, dafür aber legitim und ohne Trickserei. Gebannt wurde dafür auch keiner, Bungie zeigte sich sogar selbstkritisch in einigen Tweets, indem man über sich selbst witzelte. Eine nette Geste, ganz ohne das übliche Drama, das man von pöbelnden Entwicklern kennt.
Sind Bungie damit jetzt heilig? Sicherlich nicht! Denn es gibt noch viel zu tun bei Destiny. Bisher wirkt der Inhalt des MMOs allenfalls wie der Anfang von einer großen Sache. Der (voraussichtlich) im Dezember erscheinende DLC „Dunkelheit lauert“ stellt die erste großspurige Erweiterung des Contents um neue Missionen, Strikes, Raids und Ausrüstung dar. Pech für Bungie war allerdings, dass Spieler durch einen Bug bereits einen Blick auf die neuen Inhalte werfen konnten und von deren Menge nicht gerade überzeugt waren. Auch im Spiel sollen einige Regionen und platzierter Loot vorhanden sein, wie Videos auf YouTube zeigen. Da kommt natürlich flott der Gedankengang auf, dass Bungie gezielt Inhalte vom Grundspiel abgetrennt hätte, um diese dann später zu verkaufen – die übliche Kritik an der DLC-Politik eben. Die Entwickler bestreiten es natürlich und Community-Manager DeeJ beteuert, dass die Arbeiten am DLC-Content noch gar nicht abgeschlossen seien.
Mag man es glauben oder nicht, fest steht aber, dass die Qualität der DLCs auch über die Zukunft des MMOs entscheidet. Sollte die Story wieder nur so ein halbgares Süppchen werden, könnte die Popularität wohl arg darunter leiden – zumal schon jetzt viele Spieler fordern, dass die Erweiterungspakte gratis zur Verfügung gestellt werden, eben weil das Grundspiel so reduziert ausfiel.
Aber nicht nur Bezahlinhalte frischen den Alltag in Destiny auf, auch mit kostenlosen Events sollen die Spieler regelmäßig beglückt werden. Exakt zwei davon fanden bereits statt, mit durchwachsenen Ergebnissen. Während „Der Zorn der Königin“ bockschwere PvE-Missionen (keine neuen, sondern nur bekannte etwas aufgewertet) brachte, deren legendären Belohnungen noch ziemlich hilfreich waren, sorgt das Eisenbanner-Turnier derzeit für viel Frust. Die eigentliche Idee dahinter war, dass der Level-Bonus, der im normalen PvP keine Rolle spielt, hier beachtet wird und daher Hüter mit hohem Rang Vorteile haben sollten. In Wahrheit aber kann ein Low-Level-Charakter genauso problemlos Stufe-30-Spieler umnieten, was natürlich ziemlich frustig ist. Ebenso wie die Tatsache, dass nur das Gewinnerteam Ruf-Punkte erhält und deswegen schon bei einem kurzen Nachteil desertiert wird, um die „Zeitverschwendung“ in Grenzen zu halten. Grob gesagt ging das Hardcore-PvP-Event damit mal ziemlich in die Hose – auch ein Punkt, an dem Bungie in Zukunft noch arbeiten muss.
Schlusswort
Letztendlich ist Bungie mit Destiny ein ziemlicher Glückstreffer gelungen, trotz vieler Probleme und Nachholbedarf seitens der Entwickler erfreut sich der Online-Shooter im MMO-Gewand derzeit großer Beliebtheit und das obwohl „MMO“ hier schon sehr geprahlt ist. Dies ist aber kein Freibrief für alle Tage und es kann schon sehr gut sein, dass sich das Blatt in ein paar Wochen wendet und Destiny in der unteren Schublade verschwindet. Es wird also Zeit, dass Bungie aus dem bisherigen Feedback schöpft und das Spiel weiter an die Wünsche seiner Fans anpasst. Sicherlich sollte nicht jede Vereinfachung gleich übernommen werden, im Pool der Verbesserungsvorschläge finden sich aber bereits einige Ideen, deren Umsetzung sehr wünschenswert wäre.
Wichtig wäre hier vor allem das Matchmaking, das letztendlich ja auch das Zusammenspiel fördert und somit den MMO-Faktor steigern würde. Wäre dies in gewisser Form auf alle Inhalte ausgeweitet, würde das die Stimmung schon sehr lockern. Ebenso wäre hochwertige Belohnung für Hüter ab Stufe 26 keine falsche Sache. Auch die kommenden Events und DLCs sollten auf jeden Fall durchdachter sein, bessere Geschichten erzählen, den Progress vorantreiben und am Ende eben dafür sorgen, dass Destiny weiterhin motiviert und Spaß macht.