Nach elf Jahren und zahlreichen Verschiebungen veröffentlichte Blizzard Entertainment im Mai 2012 endlich den dritten Teil der Hack'n Slay-Rollenspiel-Reihe Diablo 3. Die Erwartungen der Fans waren gigantisch. Kein Wunder, denn das Spiel wurde bereits im Jahr 2008 angekündigt. Schon damals arbeitete Blizzard North bereits sieben Jahre an diesem Titel. Vier Jahre nach besagter Ankündigung veröffentlichte Blizzard den Titel nun endlich. Ist doch klar, dass wir uns für Euch in die zerstörte Welt von Sanktuario gestürzt und den Titel ausgiebig getestet haben.
Tristram erneut im Blickpunkt
Die Story setzt zwanzig Jahre nach den Ereignissen von Diablo II ein. Diablo, Mephisto und Baal, oder auch der Herr des Schreckens, der Herr des Hasses und der der Zerstörung sind Geschichte. Doch es gibt niemanden, der sich an die zerstörerischen Kräften und Hinterbleibsel der drei Brüder erinnern kann. Viel mehr glaubt man in Sanktuario, dass es sich bei den von Überlebenden erzählten Geschichten und Erfundenheiten und Mythen handelt. Keiner will so recht glauben, dass Tief in den Gemäuern der Erde noch immer Böses schlummert, als es eines Tages einen verheerenden Schauer über Tristram gibt.
Und genau hier beginnt das Abenteuer unseres neuen Helden. Deckard Cain, letzter Überlebender des Horadrim Stabs und seine Enkelin Leah stellen gerade Nachforschungen in der alten Kathedrale zu Tristram an, als ein riesiger fallender Stern in das alterwürdige Gebäude einschlägt und einen riesigen, magischen Krater hinterlässt. Horden von fiesen Dämonen strömen in das Landesinnere. Ganz Neu-Tristram wird auseinander genommen, Menschen werden getötet oder selbst zu Dämonen. Schnell wird den Bewohnern klar: Das Böse ist zurück in Sanktuario und es gibt so gut wie keine Hoffnung mehr auf ein normales Leben in der Provinz.
Fünf heldenhafte Charaktere
Gerade als Neu-Tristram schon abgeschrieben wurde, kommen wir uns Spiel. Im Titelmenü wählen wir einen von fünf heldenhaften Charakteren aus, mit dem wir Sanktuario vor dem endgültigen Dämonen-GAU retten können. In Diablo 3 gibt es verschiedene Klassen. Da wäre zum einen der feister Barbar, der größtenteils aus Diablo II übernommen wurde. Allerdings besitzt dieser einige neue Fertigkeiten, die man im Kampf gegen Dämonen anwenden kann. Gleiches gilt für den Wizard (Zauberer), der dem Pendant aus Diablo II zwar ähnelt, aber viele neue Fertigkeiten und Talente aufweist. Komplett neu hingegen sind die beiden Magier Mönch und Hexendoktor. Diablo-Veteranen dürfte zwar Ersterer noch ein Begriff aus dem Add-on "Hellfire" (1997) sein, allerdings hat Blizzard diesen von Grund auf neu entwickelt. Der Hexendoktor greift auf die Fertigkeiten und Talente von typischen Magiern zurück. Der Hexendoktor beispielsweise ruft auf Knopfdruck eine Horde Spinnen an seine Seite, die im Kampf gegen Dämonen durchaus effektiv sind. Der Mönch hingegen nutzt die Kräfte der seiner Fäuste und rückt den Feinden zumeist mit Zweihandwaffen oder der puren natürlichen Gewalt auf die Pelle – etwa wie ein Barbar. Zu guter Letzt wäre da noch die Dämonenjägerin, die grundlegende Fertigkeiten der Assassine aus Diablo II aufweist. Insgesamt sind alle drei Charakterklassen sehr unterschiedlich und abwechslungsreich.
Von Individualisierung keine Spur
Der Trend der gegenwertigen Rollenspiele geht eindeutig in die Richtung individualisierung. Egal ob The Elder Scrolls V: Skyrim, Torchlight II oder Risen 2: Dark Waters – überall gibt es verschiedene Dinge Einstellungsmöglichkeiten im Charakter-Auswahlmenü. Einen ganz anderen Weg bestreitet hier Diablo 3. Blizzard Entertainment setzt auf die Tradition. Dies bedeutet, es können keinerlei Veränderungen am Charakterdesign vorgenommen werden. Einzig und alleine die Wahl des Geschlechts bleibt dem Spieler überlassen. Ansonsten gibt es keine Einstellungsmöglichkeiten für Haare, Klamotten oder andere Details am virtuellen Avatar. Das ist zwar nicht unbedingt ein Kritikpunkt, aber mit dem Schritt der nicht einbindung eines Charakter-Editors hängt Diablo 3 der Konkurrenz durchaus hinterher.
Der Start in eine (epische?) Reise
Nachdem wir unserem Charakter einen Namen gegeben haben, startet das Spiel mit einer Zwischensequenz. Anschließend startet das epische Abenteuer vor den zerstören Toren Neu-Tristrams. Von nun an erledigen wir verschiedene Aufträge. Wir helfen vor den Stadttoren bei der Bekämpfung von Dämonen, erkunden die düstere Landschaft, lernen neue NPCs kennen und sammeln beziehungsweise verkaufen die gesammelten Gegenstände. Hier schleicht sich schnell der Serien-typische Sammeltrieb ein. Wer statt Geld lieber Rohstoffe und Verbesserungen gewinnen möchte, kann sich nach und nach gegen Bezahlung in der Schmied-Fertigkeit verbessern. Hier können wir dann einzigartige Gegenstände erstellen und mit auf unsere Reise nehmen. Das Crafting-System ist zwar längst nicht so ausgereift und umfangreich wie bei World of Warcraft oder The Elder Scrolls V: Skyrim, hat aber durchaus seinen Charme und erfüllt seinen Zweck.
Wo Diablo drauf' steht, ist auch Diablo drin'?
Wer viele Monster schnetzelt und Aufträge erfüllt, der steigt relativ schnell im Level auf. Auch das ist ein typisches Merkmal von Diablo: Viele Dämonen in die Hölle schicken, um schnell neue Fertigkeiten und Talente lernen zu können. Während es bei Diablo II noch einen schmucken Fertigkeiten-Baum verschiedenster Kategorien gab, gestaltet sich das System bei Diablo III ein wenig anders. Es gibt zwar noch immer Kategorien wie Offensiv, Defensiv, Primär, Sekundär, allerdings können die einzelnen Fertigkeiten nicht mehr mit Talentpunkten aufgewertet werden. Vielmehr dienen Runen, die von Level zu Level freigeschaltet werden, nun als etwaige Verbesserungen für die einzelnen Talente. Dies ist nicht nur gewöhnungsbedürftig, sondern hat auch nicht mehr allzu viel mit dem „klassischen“ Diablo-Spielstil zutun. Einmal dran gewöhnt, kann aber auch das neue System durchaus für viel Laune sorgen.
Einmal quer durch Sanktuario
Diablo 3 steht, genau wie auch schon der zweite Teil, für viel Abwechslung, wenn es um die Schauplätze geht. Während wir uns im ersten Akt noch in der düsteren Wildnis und in der Kathedrale von Tristram herumschlagen, führt uns der zweite Akt beispielsweise in die sogenannten „Borderlands“ (Grenzlande). Hier ist der Dreh- und Angelpunkt die Stadt „Caldeum“. Auf der Suche nach dem Herr der Lügen schlagen und schnetzeln wir uns durch eine Wüstenregion, die stark an Lut Gholein aus dem zweiten Teil von Diablo erinnert. Übrigens: Es tauchen auch bekannte Ortschaften wie Landstriche oder Städte auf, jedoch sind nicht alle von ihnen begeh- beziehungsweise bespielbar. Aus Spoiler-Gründen wollen wir an dieser Stelle nicht jeden einzelnen Akt-Schauplatz aufzählen, aber es sei gesagt: Diablo 3 bietet in diesem Punkt einmal mehr eine bisher unübertroffene Abwechslung!
Kooperatives Monster-Schnetzeln
Ist doch klar, dass Diablo auch einen Mehrspieler-Modus am Start hat. Hier gibt es gleich mehrere Möglichkeiten. Entweder spielen wir mit einem oder mehreren Freunden aus der Battle.net-Friendlist oder aber wir kreieren ein offenes Spiel und hoffen, dass uns Spieler von weltweit nachtreten. Das Coop-Erlebnis ist dabei sehr durchdacht und gut entwickelt. In der Hauptstadt gibt es am Wegpunkt immer eine Flagge der Mitspieler, mit der Ihr Euch ohne großen Aufwand zum Kollegen teleportieren könnt – nachträgliches Zujoinen ist also gewährleistet. Gesammelte Gegenstände können problemlos untereinander getauscht werden. Und wer meint, er habe ein besonders seltenes Stück gefunden, der kann dies über das Blizzard-Auktionshaus auch für bares Geld an den Mann bringen. Die Online-Features sind, für einen Blizzard-Titel typisch, sehr ausgereift und durchweg gelungen. Das Auktionshaus ist sicherlich ein Feature, dass bei einigen Veteranen für ein Runzeln auf der Stirn sorgt. Aber es sei gesagt: Das Auktionshaus muss nicht genutzt werden!
Die Technik: Inspiration World of Warcraft
Technisch macht Diablo III eine sehr gute Figur. Die Charaktere sehen sehr detailliert aus, die Landschaften sind durchweg abwechslungsreich gestaltet und auch die cineastischen Zwischensequenzen, die immer neue Story-Abschnitte einleiten, können überzeugen. Dem ein oder anderen wird bereits der neuartige Comic-Look von Diablo aufgefallen sein. Kein Wunder: Blizzard Entertainment macht kein Geheimnis daraus, dass man vor allem den Grafik-Stil von World of Warcraft als Inspirationsquelle nutzte. Das ist aber keinesfalls ein Negativpunkt, sondern im Gegenteil eher positiv aufzufassen, da Diablo III auch trotz des neuen Looks eine intensive, düstere Atmosphäre aufbauen und tolle Effekte bieten kann. Der Soundtrack ist, ebenfalls für Blizzard-Verhältnisse typisch, bombastisch und an den genau richtigen Stellen im Spiel eingespielt. Es ist schon ein bisschen Gänsehaut, wenn man zur klassischen Tristram-Melodie im zerstörten Dörfchen einläuft. Ebenfalls positiv aufgefallen ist uns die sehr gute deutsche Synchronisation, die heutzutage auch keine Selbstverständlichkeit mehr darstellt.