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Früher oder später merkt wohl jeder die Spuren des Alters. Das ist nicht zwangsläufig etwas Schlechtes, denn das Altern bringt viele positive Wendungen mit sich – auch beim Thema Gaming.
Wie verändert sich unser liebstes Hobby mit voranschreitenden Lebensjahren? In diesem Artikel bringen wir euch fünf Aspekte näher, die sich zumindest bei uns als Gamer im Laufe des Erwachsenwerdens gewandelt haben.
Weniger Zeit zum Spielen
Herrlich ist die Erinnerung an das Dasein als Schülerin oder Schüler. Obwohl Hausaufgaben, Freunde und ein pubertierender Geist viel Platz einnehmen, bleibt genügend Zeit für stundenlanges Zocken am Tag. Studierende oder Auszubildende müssen schon größere Abstriche in virtuellen Welten tätigen. Als Berufstätige hingegen kommen wir um eine strenge zeitliche Priorisierung nicht umhin – vor allem, wenn zum Job noch Beziehung, eigene Kinder, Sport und andere Hobbys hinzukommen.
Als Resultat können wir es uns seltener erlauben, ein Spiel zu 100 Prozent zu komplettieren, wenn wir mehr als zwei Games im Jahr abschließen möchten. Glücklicherweise ist das eigene Ego in der Regel gefestigter und misst digitalen Statussymbolen wie Collectibles, Trophäen oder Rankings weniger Wert bei, was für einen gewissen Ausgleich sorgt.
Analog zur Zeit wird auch unsere Frusttoleranz geringer. Stundenlanges Rumprobieren in einem Point-and-Click-Adventure? Der hundertste Versuch in einem Soulslike? Dafür muss das Spiel schon außergewöhnlich packend sein; andererseits wird Google nach kürzester Zeit zurate gezogen, um weiterzukommen.
Auch Online-Gaming mit Freunden funktioniert nicht mehr so spontan. „Hey, Lust auf eine Runde Zocken?“ – „Gerne, wie sieht es bei dir nächste Woche Dienstag von 20 bis 22 Uhr aus?“ Die wertvolle Spielzeit möchte bei vollen Terminkalendern gut geplant und abgestimmt werden. Das mag zunächst abschreckend klingen, hat aber auch etwas Gutes: Videospielen wird dadurch umso kostbarer!
Wählerische Spieleauswahl
Irgendwann hören wir auf, uns selbst zu belügen: Nein, unseren Pile of Shame werden wir nie abarbeiten können. Und das ist auch in Ordnung. Wir müssen nicht alles gespielt haben. Dafür picken wir uns die Rosinen heraus, denn für mittelklassige Spiele bleibt uns keine Zeit.
Deshalb freuen wir uns über kürzere Spiele. Während uns eine Spieldauer von zehn bis 20 Stunden früher abgeschreckt hätte, präferieren wir heute kompaktere Erfahrungen. Das Abschließen mehrerer kurzer Spiele kann deutlich befriedigender sein als das nächste 100-Stunden-Open-World-Game, das möglicherweise zu einem zähen Jahresprojekt verkommt.
Dabei muss es nicht zwangsläufig ein neues Spiel sein. Nostalgie wird im Alter ein immer wertvollerer Schatz, weshalb wir uns häufiger Retro-Games widmen. Bei den Lieblingsspielen unserer Kindheit wissen wir einfach, dass wir gut unterhalten werden und welche Gefühlslagen uns erwarten.
Kompetitives Online-Gaming mit Fremden verliert hingegen an Reiz, da wir mit den jüngeren Nonstop-Spielern nicht mithalten können – vor allem nicht im Mobile-Bereich mit der Smartphone-Steuerung, die wohl nur die neue Generation zur Perfektion beherrscht. Da ist uns ein storygetriebenes Singleplayer-Spiel lieber, das wir gemütlich im eigenen Tempo genießen können.
Geschichten anders wahrnehmen
Mit zunehmender Lebenserfahrung verändert sich unser Blick auf die Storys von Videospielen. Das beginnt damit, dass wir uns in reifere Charaktere besser hineinversetzen können, während wir uns mit adoleszenten Protagonisten weniger identifizieren als früher.
Damit geht ein steigender Anspruch an die Plausibilität einer Handlung einher. Statt coolen Sprüchen und Stereotypen interessieren wir uns für die tiefe Vielfalt an Gefühlen und Umständen, die eine Figur zu einem Verhalten bewegen – ganz einfach, weil wir diese selbst erlebt und/oder zu verstehen gelernt haben.
Mit einem ausgeprägten Erfahrungsschatz nehmen wir subtile Details anders wahr und entdecken selbst in bekannten Spielen neue Botschaften, die uns als Heranwachsende entweder verborgen blieben oder für die wir uns schlichtweg nicht interessiert hatten.
Weniger in Communitys aktiv
„Mit diesem neumodischen Schnickschnack kann ich nichts anfangen.“ Es liegt wohl in unserer Natur, dass wir von Einstellungen wie diesen in jungen Jahren abgeschreckt werden, uns im Laufe des Lebens aber immer öfter dabei ertappen, das Gleiche zu denken.
Influencer, Livestreams und Let’s Plays gehören in gewisser Weise dazu. Während das Fernsehen an Relevanz verliert, haben sich (Gaming-)Influencer zum neuen Unterhaltungsprogramm und auch zu Vorbildern für die jüngeren Generationen etabliert. Das Schwärmen für „Stars“ war schon immer Teil der Teenager-Popkultur, doch heute können Fans ihren Idolen durch Twitch, YouTube und Social Media deutlich näher sein.
Je erwachsener wir werden, desto weniger sind wir auf solche Identifikationsfiguren angewiesen. Das gleiche gilt für allerlei Gaming-Communitys, die jüngeren Spielern Austausch und Halt bieten können, den ältere eher im eigenen Umfeld suchen.
Das führt dazu, dass immer mehr Trends an uns vorbeiziehen und wir uns manches Mal wundern, dass wir „die heutige Jugend“ nur bedingt verstehen können, obwohl wir uns selbst bis vor Kurzem dazugezählt hatten. Das kann eine irritierende, aber auch eine ziemlich befreiende Erfahrung sein. Jugendliche, stellt euch schon mal darauf ein!
Early und Late Adopters
Ein äußerst positiver Aspekt des Erwachsenwerdens ist das eigene Einkommen – zumindest im Vergleich zum jugendlichen, mittellosen Selbst. Vorbei sind die Tage, dass wir bis Weihnachten warten mussten, um ein Objekt der Begierde geschenkt zu bekommen.
Wir können es uns immer häufiger leisten, uns direkt zum Release selbst eine Freude zu machen. In Bezug auf Hardware gehören Berufstätige damit öfter zu den Early Adoptern, was häufig mit einer kindlichen Neugier einhergeht.
Andererseits ist Geduld eine Tugend, die im Alter wächst. So müssen wir nicht sofort die nächste Konsolengeneration im Schrank stehen haben, da es genügend andere Prioritäten in unseren Leben gibt (ob gewollt oder nicht). Das hat den Vorteil, dass wir durchaus gemütlich bis zur zweiten Hardware-Iteration warten können, die erfahrungsgemäß weniger Makel aufweist als die erste.
Wie ihr seht, verändert sich Gaming im Alter nicht zum Schlechten – es wird durch unsere innere wie äußere Wandlung nur etwas anders. Was jedoch nie verlorengeht, sind die unschuldigen Momente voller Begeisterung und Freude, die uns Videospiele zuhauf bescheren können.