Wegen der eher enttäuschenden Verkaufszahlen der Wii U ist einigen wirklich guten Spielen leider nicht die Aufmerksamkeit zuteil geworden, die sie eigentlich verdient hätten. So auch Donkey Kong Country: Tropical Freeze, das zweite Jump'n'Run von Retro Studios zeigte Nintendos Chefgorilla wieder einmal von seiner besten Seite. Mit der Veröffentlichung für Switch hat der Titel eine zweite Chance bekommen, seine Vorzüge unter Beweis zu stellen.
Frostbeulen, ahoi!
Ausgerechnet an DKs Geburtstag kreuzen die Snowmads, eine Gruppe tierischer Wikinger, vor seiner Heimatinsel auf und verwandeln das tropische Paradies in eine Eiswüste. Natürlich lässt sich die Kong-Familie diese Verfrorenheit nicht bieten und bläst zum Gegenangriff. Donkey Kong Country: Tropical Freeze ist ein 2,5D-Plattformer, das heißt Charaktere und Levels sind in 3D animiert, während das Gameplay auf zwei Dimensionen beschränkt bleibt. In einer Reihe von Levels müsst ihr euch zunächst einen Weg über die umliegenden kleineren Inseln bahnen, um schließlich die Snowmads vertreiben zu können. Rennen, Springen und Bananen sammeln wird die nächsten zehn bis elf Stunden eure Hauptbeschäftigung sein, wie man es von der Reihe seit der 16-Bit-Ära gewohnt ist.
Auch das Partner-System von damals ist beibehalten worden. Befreit ihr Diddy, Dixie oder Cranky aus einem Fass mit ihrem Namen, stehen sie euch nicht nur tatkräftig zur Seite, sie erhöhen außerdem eure Gesundheit von zwei auf vier Herzen. Spielt ihr alleine, nimmt der andere Charakter auf Donkey Kongs Rücken Platz. Im Koop kann der zweite Kong entweder von einem Freund gesteuert werden oder wahlweise auch huckepack genommen werden, was insbesondere unerfahreneren Spielern zu empfehlen ist. Die Wahl des Partners hat auch Auswirkungen auf das Gameplay, da sie unterschiedliche Spezialfähigkeiten besitzen. Diddy kann mit seinem Jetpack kurzzeitig schweben und Feinde mit seinen Erdnusspistolen benommen machen. Dixie rotiert mit ihrem Pferdeschwanz und verschafft euch somit einen Doppelsprung, Cranky benutzt seinen Gehstock wie einen Pogostab, um damit auf Gegner zu stampfen oder Stacheln sicher zu überqueren.
Über eine Oberwelt arbeitet ihr euch Stück für Stück bis zum Bossgegner durch, um auf die nächste Insel zu gelangen. In den Levels gibt es für euch mehr zu tun, als einfach nur das Ende zu erreichen. Versteckte KONG-Buchstaben müssen eingesammelt werden, um versteckte Levels zu finden und Puzzleteile schalten Boni wie Artwork, Musikstücke oder Dioramen frei. Hinzu kommen Time Trials, wenn ihr das Spiel zu 200% abschließen wollt. Neu im Vergleich zu Donkey Kong Country Returns sind Ziplines und Unterwasser-Abschnitte, anders als auf dem SNES habt ihr jedoch nur für begrenzte Zeit Luft und müsst entweder auftauchen oder Luftblasen einatmen. Für 100 Bananen gibt es nicht nur ein Extraleben, ihr füllt mit dem Einsammeln von DKs Leibspeise außerdem eine Leiste auf, mit deren Hilfe ihr mit eurem Partner eine Team-Attacke startet, die alle Gegner auf dem Bildschirm auf einen Schlag ausschaltet und in Items verwandelt.
Nur die Harten kommen zurück auf die DK-Insel
Die kindgerechte Präsentation täuscht, denn der Schwierigkeitsgrad von Tropical Freeze hat es in sich. In manchen Abschnitten werdet ihr selbst mit Checkpoints eure Leben fast im Dutzend verbraten, unter anderem in den Loren-Fahrten oder auf den Raketen-Fässern. Versteckte Bonusräume, die ihr beim ersten Versuch meistern müsst, wenn ihr nicht den gesamten Level noch einmal spielen wollt und Boni, die erst nach vollständigem Einsammeln gespeichert werden, sind das Kryptonit aller obsessiv-kompulsivem Komplettisten. Schreckt also nicht davor zurück, euch im Shop mit Extraleben einzudecken, ihr werdet sie gut gebrauchen können. Gelegentlicher Frust ist vorprogrammiert, trotzdem solltet ihr euch bis zum Ende durchbeißen, denn sonst werden euch einige von Retro Studios Leckerbissen in puncto Design und Präsentation entgehen.
So weit, so bekannt. Aber was hat sich auf Nintendo Switch geändert? Auch wenn Donkey Kong Country: Tropical Freeze bereits mehr als vier Jahre alt ist, bleibt das Jump'n'Run eine Augenweide. Das Fell der Kongs, die farbenfrohen Welten und abwechslungsreichen Szenerien überzeugen auch heute noch. Im Dock liegt die Auflösung bei 1920×1080 Pixeln, im Handheld-Betrieb unter 720p. In beiden Fällen liegt die Framerate bei soliden 60fps, was dem Gameplay zugute kommt. Die Ladezeiten, einer der größten Kritikpunkte der Wii U-Version, fallen nunmehr deutlich kürzer aus und dauern im Schnitt keine zehn Sekunden. Ob das nun an der potenteren Hardware liegt oder besserer Optimierung liegt, sei dahingestellt. In jedem Fall steht euch auf der Switch ein technisch angenehmeres Spielerlebnis bevor.
Auch Tropical Freeze führt ein weiteres Mal den Nachteil vor Augen, dass die Joy-Cons kein Steuerkreuz besitzen, was für ein Jump'n'Run dieser Art die ideale Eingabemethode wäre. In Donkey Kong Country Returns wurde euch Schütteln für mehrere spielwichtige Aktionen aufgezwungen, hier ist Bewegungssteuerung rein optional. An der Steuerung gibt es trotzdem etwas auszusetzen, denn verschiedene Moves liegen auf demselben Knopf. Steht ihr still, beginnt Donkey Kong zu trommeln, in Bewegung führt er eine Vorwärtsrolle aus. Das kann in mehreren Situationen zu Problemen führen, wenn ihr eigentlich eine Falltür auf dem Boden öffnen wollt und stattdessen von der nächstgelegenen Kante in den Bildschirmtod rollt, weil ihr noch nicht komplett still steht. Das Problem hätte man dadurch lösen können, indem man beide Aktionen auf verschiedene Knöpfe legt, anstatt jeweils zwei Knöpfe mit denselben Moves zu belegen. Außerdem wirkt das HD Rumble etwas zu dick aufgetragen und könnte etwas subtiler ausfallen, die Vibrationen fallen für unseren Geschmack etwas überspitzt und eintönig aus.
Fühl den Funk in dir
Aushängeschild der Umsetzung für Nintendo Switch ist der Funky Mode, der euch Funky Kong als zusätzlichen spielbaren Charakter bietet. Zu Beginn eines Spielstands müsst ihr euch zwischen Original und Funky Mode entscheiden, ihr seid den Rest des Spiels an diese Auswahl gebunden und könnt sie nicht ändern. Der coole Affe mit Bandana und Sonnenbrille hat nicht nur von Beginn an gleich fünf Herzen und muss unter Wasser nicht Luft holen, er besitzt außerdem sämtliche Spezialfähigkeiten der restlichen Kongs. In den Story-Cutscenes taucht er jedoch nicht auf, sie bleiben gänzlich unverändert. Alternativ steht statt Funky auch weiterhin DK als Charakter zur Verfügung, wahlweise darf auch wieder ein Koop-Partner mitspielen. Funky Mode dient quasi als ein einfacherer Schwierigkeitsgrad, in dem zum Beispiel auch eure Tragekapazität für Items aufgestockt wird, trotzdem stellt das Spiel weiterhin eine Herausforderung dar.
Abgesehen von Funky Mode und einer neuen Idle-Animation, bei der Donkey Kong nach längerem Stillstehen eine Switch zückt, gibt es keine nennenswerten Neuerungen gegenüber dem Original für die Wii U. Online-Features gibt es nur in Form von Ranglisten mit Bestzeiten in den Time Attack-Herausforderungen, Koop ist nur lokal möglich. Bei einem Preis von knapp 60 Euro wird es schon ein Stück schwieriger, einen zweiten Kauf zu rechtfertigen. Nicht etwa, weil Donkey Kong Country: Tropical Freeze ein schlechtes Spiel wäre – weit davon gefehlt. Aber die spärlichen Neuerungen rechtfertigen keinen Kauf zum Vollpreis, auch wenn das Insel-Abenteuer von nun an auch unterwegs spielbar ist. Aber solltet ihr den Titel auf der Wii U verpasst haben, dann solltet ihr auf jeden Fall diese Lücke jetzt schließen.