Die E3 ist in vollem Gange, doch die offiziellen Enthüllungen sind vorbei. Ich nehme die Pressekonferenz von Bethesda genauer unter die Lupe. Was waren die Highlights der PK und wo hat der Branchenriese noch nicht aus den Fehlern der vergangenen Jahre gelernt?
Bethesda hatte bei Weitem kein einfaches Jahr seit der letzten E3. Fallout 76 hat die Fans der Rollenspielreihe maßlos enttäuscht. Die Nachricht, dass Starlink und The Elder Scrolls 6 ebenfalls auf der eingestaubten Engine basieren sollen, sorgte bei vielen für Bauchschmerzen. Die E3 2019 wäre also die Gelegenheit gewesen, um die Sorgen der Fans auszutreiben, sich für die vergangenen Monate ein wenig zu entschuldigen und zu zeigen, dass sie es im kommenden Jahr besser machen werden. Ist das passiert? Die glasklare Antwort: Jein.
Wir bringen euch Liebe
„Starlink“ und „The Elder Scrolls 6“ gab es nämlich gar nicht zu sehen. Stattdessen bestand ein Großteil der knapp anderthalb stündigen Pressekonferenz von Bethesda aus Clips von Gamern oder den Entwicklern selbst, die sich gegenseitig Liebeserklärungen zuschoben und immer wieder betonten, wie großartig Gaming als Hobby sei. Hierzulande sind wir bis 2:30 Uhr in der Nacht aufgeblieben, um uns die PK anzuschauen. Wir lieben Gaming also schon genug. Eine ständige Erinnerung braucht es nicht. Höchstens, wenn man als Publisher nur wenig zu zeigen hat und damit die Zeit strecken möchte.
Und so künstlich gestreckt hat sich auch die gesamte PK angefühlt. Aber immerhin gab es direkt zu Beginn beschwichtigende Worte von Todd Howard, Executive Producer bei Bethesda und Grundlage für eine unglaubliche Anzahl an Memes aus der Community. Er gab zu, dass die Community „Fallout 76“ zu Recht kritisiert hätte. Dennoch wären alle am Ball geblieben und daraus eine der besten Communities entstanden, die die Branche bislang gesehen hätte. Das mag stimmen, aber mit den folgenden Ankündigungen haben die Entwickler wohl kaum jemanden herausgelockt, der „Fallout 76“ schon längst hinter sich gelassen hat.
Stop! It’s already dead!
Für mich persönlich ist „Fallout 76“ noch vor dem Launch gestorben. Mir fehlte es einfach an einer lebendigen Spielwelt samt NPCs. Einen Survival-Touch á la DayZ und vielen anderen Spielen danach, hat für mich einfach den Glanz verloren. Die Ankündigung des Wastelanders-Updates sollte also dank NPCs, einer vollständigen Quest-Line und Dialogen genau ins Schwarze treffen, oder? Der Versuch „Fallout 76“ mit einer Autobatterie und Starterkabeln zu reanimieren, muss aber auch erst einmal glücken.
Der Beweis dafür, dass Bethesda immer noch nicht so recht verstanden hat, was die Community eigentlich will, ist der neue Modus Nuclear Winter. Battle Royale für ein „Fallout“. Diese News wäre vor ein paar Jahren noch als Aprilscherz durchgegangen. Heute ist die Verzweiflung groß und jeder Hype-Train, mag er auch schon ausgelutscht sein, wird als letztes Rettungsseil festgeklammert. Nun haben wir also bald die Chance, um den Posten des Aufsehers in „Fallout 76“ zu kämpfen, auf dem Weg dahin sogar Atomsprengköpfe zu zünden und dafür kosmetische Items als Belohnung zu kassieren. Ob das auch nur im Ansatz mit anderen Battle-Royale-Games mithalten kann, muss sich noch zeigen.
Die echten Lichtblicke
Kommen wir lieber zu den echten Lichtblicken der Konferenz: Den neuen Spielen von Arkane und Tango Gameworks. Fangen wir mit Deathloop an. Die Macher von Dishonored und Prey wagen sich an ein Spiel mit Zeitschleife und zwei Hauptfiguren, die sich gegenseitig Tag für Tag über den Haufen ballern wollen. Der Trailer ist sowohl optisch als auch atmosphärisch der absolute Hammer und forderte in mir das Gefühl, gleich mit „Deathloop“ loslegen zu wollen. Ich vertraue den klugen Köpfen bei Arkane, dass sie dazu noch spaßiges Gameplay fabrizieren. Zudem stehe ich einfach auf Geschichten mit Zeitschleifen oder Zeitreisen. „Deathloop“ steht auf alle Fälle auf meiner persönlichen Hype-Liste.
GhostWire: Tokyo von Tango Gameworks und damit auch Horror-Legende Shinji Mikami (Resident Evil, The Evil Within) zeigt, was passiert, wenn Thanos einmal zu viel schnippt. Zumindest verschwindet nicht nur die Hälfte, sondern direkt ein Großteil der Bevölkerung von Tokyo und lässt leere Straßen zurück. Fast leer, denn da sind ja noch die Geister und Dämonen, die nun die Stadt übernommen haben. Doch da unser Protagonist mit einem Bogen und übermenschlichen Kräften ausgestattet ist, dürften diese kein Problem darstellen. Der erste Ausblick auf den japanischen Ghost Buster war spektakulär. Ich hoffe, dass „GhostWire: Tokyo“ aber auch Mikamis Herz in sich trägt und ein waschechtes Horrorspiel wird.
Lobende und tadelnde Erwähnungen
Alle Spiele abzuarbeiten, die auf der E3-Pressekonferenz von Bethesda gezeigt wurden, würde den Rahmen sprengen. Allerdings möchte ich zum Abschluss noch kurz Doom Eternal hervorheben, das mir zwar mit dank hyperaktivem Gameplay schon wieder Kopfschmerzen bereitet hat, aber sicherlich ein grandioser Shooter wird. Gerade der Battlemode mit Slayer vs. Dämonen könnte sehr spannend werden.
Etwas skeptischer bin ich noch bei Wolfenstein: Youngblood. Einzig der Koop-Einschlag könnte den Shooter noch davor bewahren, wieder zu viel vom gleichen Gameplay-Trott der letzten Spiele in den neuen Ableger zu packen. Immerhin gibt es damit ein bisschen neues Blut – Wortwitz Ende. Zu guter Letzt noch ein kleiner Kritikpunkt an Bethesda, davon gab es in diesem Text noch zu wenig. Liebe Verantwortliche: Wenn ihr schon Fans in die ersten Reihen der Pressekonferenz packt, dann gebt ihnen doch wenigstens nicht die Anweisung, bei jedem Game und jeder gesprochenen Zeile der Präsentatoren komplett auszurasten. Das wirkt nach dem dritten Mal für die restlichen Zuschauer nur noch gekünstelt.