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Ein wahrgewordener Traum für alle Nostalgiker? Assassin’s Creed Mirage im TEST

Nachdem Ubisoft in der näheren Vergangenheit mit den drei Serienablegern Origins, Odyssey und Valhalla monumentale Content-Schwergewichte mit einigen Rollenspielanleihen veröffentlichte, gibt es mit Assassin’s Creed Mirage nun nach vielen Jahren wieder einen deutlich kompakteren Titel.

Mirage ist im Bagdad des 9. Jahrhundert angesiedelt und soll Serienveteranen vor allem die Notalgie der ersten Teile zurückbringen, während hier und da moderne Features das Gameplay angenehmer gestalten sollen. Doch ist Ubisoft der Spakat zwischen alt und neu gelungen? Unser Test beantwortet euch genau dieses Frage.

AC Mirage im Test: Ihr bekommt, was erwartet wird

Bei Ubisoft-Titeln ist es eigentlich immer, wie wenn man nach einem Urlaub zurück nach Hause kommt. Man hat die eigenen vier Wände, das gemütliche Bett und seine Haustiere vermisst, alles ist wohlbekannt, ehe man sich versieht, kehrt aber auch schon wieder der Alltag ein – und schon befinden wir uns wieder im Hamsterrad des Lebens!

Und Mirage tanzt in dieser Hinsicht ebenfalls nicht aus der Reihe. Alles fühlt sich wohlbekannt an, die Steuerung geht gut von der Hand und die Handlung präsentiert uns bereits bekannte Kost rund um den mysteriösen Orden.

Bagdad mit seinen insgesamt sechs großen Bezirken sowie einem übersichtlichen Außenareal bestehend aus einer kleineren Stadt, einigen Dörfern und ein paar weiteren Sehenswürdigkeiten, ist wunderschön gestaltet, erschlägt uns aber gleichzeitig nicht von Beginn an, wie es bei den zuvor erwähnten drei Ablegern der Fall ist.

Ubisoft hat ein wunderschönes historisches Bagdad gestaltet. © Ubisoft

Während die Straßen durch die vielen Bewohner gut besucht sind, werdet ihr in Gestalt von Protagonist Basim die meiste Zeit über die Dächer der Stadt laufen, um von A nach B zu gelangen, nahezu unsichtbar Attentate zu begehen oder um vor den Wachen zu fliehen.

Das Parcours-System geht dabei im Grunde gut von der Hand, sonderlich viel müssen wir allerdings dabei auch nicht beachten, nur die ungefähre Richtung wählen und einen weiteren Knopf drücken. Es gibt unzählige Wege und Abschnitte, die sich immer wieder unterschiedlich miteinander kombinieren lassen und uns im Grunde schnell und unbemerkt an jeden Punkt in der Stadt bringen.

So geschmeidig wie hier läuft es leider nicht immer. © Ubisoft

Ernüchterung statt Nostalgie

Dennoch gibt es viele kleine Stolpersteine, die dann hier und da doch wieder den Flow aus einem eigentlich schnellem und flüssigen Parcours-Lauf herausnehmen. Entweder ist Basim etwas übermotiviert, wodurch er an Stellen hochklettert, an denen er eigentlich nicht in die Höhe steigen soll und mal möchte er seine Akrobatik partout nicht so unter Beweis stellen, wie wir es gern hätten.

Mit steigenden Spielstunden stellt sich das System als zu ungenau heraus, wodurch es immer wieder zu ungewollten Klettereien kommt. Das ist aber durchaus noch zu verzeihen, denn im Grunde machen die Sprints über Bagdads Straßen viel Spaß, was vor allem auch an der wunderschön gestalteten Kulisse liegt.

© Ubisoft

Mit ein wenig Übung wissen wir immerhin, wie wir an entsprechenden Stellen vorgehen müssen. Und dennoch stellt sich nach wenigen Spielstunden Ernüchterung ein, es ist eben ein klassischer Assassin’s Creed-Titel im kleineren Umfang mit all seinen bekannten Schwächen und Stärken.

Dümmer geht kaum

Weniger zu verzeihen sind die Punkte, die wir jetzt ansprechen müssen: Story und KI. Beginnen wir mit letzterem, damit wir es schnell hinter uns haben! Denn dieses Problem ist alles andere als neu: Sämtliche Gegner in Mirage haben anscheinend den IQ eines nicht beschmierten Toasts.

Steht ihr nicht direkt vor ihnen, zeigen sie in den meisten Fällen keinerlei Interesse an euch, selbst wenn ihr euch inmitten einer streng bewachten Festungsanlage befinden. Und auch für ihre Kollegen scheinen sie nicht sonderlich viel Interesse über zu haben.

Die KI scheint sich für Basim eher weniger zu interessieren. © Ubisoft

Dieses Wissen nutzen wir regelmäßig aus, um mit Basims versteckter Klinge nach und nach jede Wache anzulocken und in einem Busch auszuschalten, ohne auch nur ansatzweise irgendwie die Aufmerksamkeit der Kollegen zu wecken.

Ist das diese Nostalgie, die wir in Mirage erwartet haben? Irgendwann ist das Gewächs, in dem wir uns befinden, voll mit Leichen von Wachen, Verdacht schöpft hier aber dennoch keiner. Und wenn doch, dann ist das Interesse nach kurzer Zeit ohne Sichtkontakt schon wieder verloren.

Und da sich Mirage wieder mehr an „Assassin’s Creed 1“ und Co. richtet, könnt ihr mit der Klinge aus dem Hinterhalt heraus jeden Gegner direkt töten, egal wie stark dieser ist – und das sogar von Beginn an ohne irgendwelche Perks oder Upgrades!

Zugegeben, im Grunde ein guter Gedanke und sogar ein Kritikpunkt vieler Fans bezüglich der vorherigen Teile, der von den Entwicklern in Mirage also ausgemerzt wurde. Schließlich soll dadurch der Fokus wieder auf das Stealth-Gameplay, das die Reihe große gemacht hat, gelegt werden. Wer sich fleißig und geschickt an seinen Gegner anschleicht, der wird mit einem One-Hit Kill belohnt.

Jetzt nur noch die richtige Taste drücken und die Zielpersonen ist tot und die Mission damit bereits geschafft. © Ubisoft

Doch die andere Seite der Medaille ist, dass Mirage dadurch viel zu einfach wird. Steht ihr zum Beispiel im richtigen Winkel über oder hinter einer wichtigen Zielperson, die es auszuschalten gilt, dann müsst ihr nur noch den richtigen Knopf betätigen, um deren Leben auszuknipsen.

Dadurch lohnt es sich eigentlich kaum, dass ihr Gebiete wie Festungen zuvor erkundet und auf Schwachstellen überprüft. Hier und da lassen sich zwar auch Musiker oder Söldner überreden, dass sie für euch die Wachen ablenken. Aber warum das alles, wenn wir in wenigen Minuten die gesamte Belegschaft ausgeschaltet und der Zielperson gegenüberstehen?

Natürlich könnt ihr auch in Mirage wie in einem Stealth-Spiel vorgehen, wenn ihr das wirklich fokussiert, die KI macht euch dieses Unterfangen aber dennoch viel zu einfach und belohnt wird ein solches Unterfangen auch nicht. Ein Stufensystem mit Erfahrungspunkten gibt es nicht, es ist also im Grunde vollkommen egal, wie elegant oder grob ihr vorgeht.

Im späteren Verlauf der Handlung seid ihr zudem dank weiterer Perks, stärkeren Rüstungen und besseren Waffen sowie Dolchen so gut ausgerüstet, dass man euch kaum noch etwas entgegensetzen kann.

Klar, die kleinen Zubehör-Gimmicks wie Rauchbomben, Wurfmesser oder Giftfallen sind ziemlich cool und machen durchaus Spaß, wirklich einsetzen müssen wir sie aber eigentlich nicht.

Eine völlig austauschbare Handlung

Und wäre das noch nicht genug, präsentiert uns Ubisoft hinsichtlich der Handlung bestenfalls Einheitsbrei, den wir schon in unzähligen Vorgängern wieder und wieder durchgekaut haben. Das Prinzip der Missionen ist dabei nahezu immer identisch und unterscheidet sich lediglich in Nuancen voneinander.

In den meisten Fällen müsst ihr Hinweise finden, wodurch die Identität eines neuen Ordensmitglieds aufgedeckt wird. Das Ziel ist schließlich die Enttarnung und Eliminierung des Oberhaupts des Ordens. Das ist weder inszenatorisch noch gameplay-technisch spannend, abwechslungsreich oder in irgendeiner Form überraschend.

Auch in Mirage geht es vordergründig wieder um den Orden der Ältesten. © Ubisoft

Und selbst das Ende präsentiert uns so ziemlich genau das, was Kenner der Serie schon unzählige Male in anderen Ablegern erlebt haben.

Was also bleibt von Mirage, wenn diese aufgezählten Punkte höchstens Mittelmaß sind?

Naja, wir bekommen eine an sich sehr stimmige Spielwelt, die hübsch designt ist und für rund 15-20 Stunden einen ordentlichen Sog entwickeln kann. Parallel wiegt immer das Gefühl mit, dass der Content übersichtlich ist und die Credits von Mirage für eigentlich jeden Spieltyp durchaus erreichbar sind.

Zwar lauern hier und da noch einige Nebenbeschäftigungen, Trophäen, Easter-Eggs und Geheimnisse, Mirage ist und bleibt aber ein gut verdaulicher Assassinen-Happen, der weder Bauchschmerzen verursacht, gleichzeitig aber auch kein absoluter Gaumenschmaus ist.

Sowohl Fans als auch Gelegenheitsspieler kommen durchaus auf ihre Kosten, wenn denn die Erwartungen zuvor nicht allzu hoch geschraubt wurden. „Assassin’s Creed Mirage“ ist ein typischer Ableger der Reihe mit einem Nostalgiegewand, der einige moderne Features und Ideen der letzten Teile miteinander vereint.

Einige werden damit sicherlich ziemlich zufrieden sein und ihre Zeit in Bagdad genießen, andere wird wohl die Erkenntnis ereilen, dass die Entwicklung der Reihe hin zu Origins, Odyssey und Valhalla, doch nicht so schlecht war.

Klar, hier gibt es auch Probleme und viele der in diesem Test aufgezählten Kritikpunkte, sind dort ebenfalls vorhanden. Der immense Umfang, die vielen Geheimnisse und die zum Teil herausragend designten Spielwelten der Vorgänger konnten aber viele Kritikpunkte mindestens neutralisieren. Durch den geringeren Umfang fallen generische Missionen, das unpräzise Gameplay und die allgemeine Ideenlosigkeit der Entwickler in Bezug auf die Reihe in Mirage nun einmal schneller auf.

Fazit zu Assassin’s Creed Mirage

PlayCentral.de spricht eine Kaufempfehlung aus und meint Assassin’s Creed Mirage ist: „Solid!“

Der nächste Assassin’s Creed-Ableger darf von mir aus also gerne wieder inhaltlich üppiger werden, mehr Geheimnisse, mysteriöse Kreaturen und fantastische Geschichten bieten, solang Ubisoft endlich die das Problem mit der strunzdummen KI angeht. Denn ob wir nun von einer übersichtlichen Spielwelt wie in Mirage oder einer riesigen Map wie bei Odyssey ausgehen, das unbemerkte Meucheln, die von langer Hand geplanten Attentate und das generell Stealth-Gameplay sollte im Vordergrund der Reihe stehen.

Sind unsere Gegner aber nicht in der Lage auch nur einen Meter weit zu denken, dass fühlt man sich als Spieler unweigerlich unterfordert. Seites Gameplay ohne viel Anspruch für den Feierabend in allen Ehren, etwas mehr Anspruch darf es dann aber doch gern sein. Denn gerade dieses Gefühl, wenn Adrenalin durch unsere Adern gepumpt werden und wir gerade unbemerkt durch eine gute bewachte Festung steuern, während uns ein Fehler auffliegen lassen würde, ist das, was die Reihe seit dem ersten Teil ausmacht.

Insgesamt hat mir Mirage durchaus Spaß bereitet, da ich mich vor allem für rund 20 Stunden wunderbar in der Spielwelt verlieren konnte. Die vielen wiederkehrenden Abläufe in Missionen mit ihren klar erkennbaren Mustern nach der bekannten Ubisoft-Formel nerven aber irgendwann. Im Grunde bekommt man mit dem Titel aber genau das, was man erwartet hat und was die Verantwortlichen im Vorfeld angekündigt haben. Im nächsten Ableger wünsche ich mir aber etwas mehr Mut zur Innovation, was vor allem die Handlung und die KI anbelangt.

Patrik Hasberg

Schreiberling, Spieleentdecker, praktizierender Perfektionist und Mann fürs Grobe. Außerdem laufender Freizeit-Hobbit, der Katzen liebt. – Hunde gehen auch. „Auch sonst eigentlich ganz ok“.
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