Jan, was macht für dich den Reiz von Esports aus?
Man findet Gleichgesinnte, man diskutiert über Taktik oder man spielt mit anderen seine Lieblingsgames, weil es zusammen mehr Spaß macht. Die meisten bei uns im Hochschulsport oder im Verein sind mit Computerspielen aufgewachsen. Auch Teamspirit ist wichtig, weil man an Turnieren teilnimmt.
Also eigentlich wie beim „normalen“ Sport.
Es gibt an sich zig Möglichkeiten, „Sport“ zu definieren. Beim Esport ist die Hand-zu-Augen-Koordination wichtig – und die Konzentration, bei anderen Sportarten kommt noch Kardio, also Bewegung, körperliche Anstrengung hinzu. Das allein reicht als Trennungsmerkmal zwischen Sport und Esports aber nicht. Denn wenn ich auf der Bühne sitze und etwa LoL zocke, in Sekunden Entscheidungen treffen muss, meine Taktik abstimme, ein enormes Reaktionsvermögen brauche, dann habe ich ebenfalls einen Puls von 180, wie bei anderen Sportarten auch. Dazu kommt: Wenn mein Körper nicht fit ist, bin ich kein guter Computerspieler. Ich kann mich nicht zehn Stunden am Stück konzentrieren, wenn ich keinen Sport treibe. All diese Punkte machen den Esport zu einer sportlichen Aktivität. Aber sie taugen nicht unbedingt als Argumente für eine offizielle Anerkennung.
Die ist für dich also kein Muss?
Der Esport braucht den Sport nicht. Nicht unbedingt.
Warum?
Wir Frankfurter sind jetzt der, ich glaube, achte oder neunte eingetragene, reine Esports-Verein in Deutschland. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem die Community beschlossen hat: Okay, wenn wir keine Hilfe von außen bekommen, dann machen wir eben unser eigenes Ding.
Aber anerkannter Sport zu sein hätte ja einige Vorteile, oder?
Klar, jeder Verein könnte ohne Probleme eine eigene Esports-Abteilung aufmachen. Diese Vereine könnten sich dann aufgrund der Sporttätigkeit viel leichter gemeinnützig melden. Und Gemeinnützigkeit bringt Vorteile, etwa Steuererleichterungen, man kann einfacher kommunale Räume für Treffen mieten und so weiter. Aber das ist eben nicht zwingend notwendig, um eine funktionierende Esports-Landschaft in Deutschland aufzubauen.
Wie genau ist der Esport in Deutschland momentan eigentlich organisiert?
Leider sehr fragmentiert. Es gibt sehr viele verschiedene Ligen und Turniersysteme, etwa die Deutsche eSport Bundesliga, die ESL oder universitär die UEG. Das sind dann mehr oder weniger private Firmen oder Dienstleister, die Wettkämpfe anbieten. Die meisten Teams, die mitmachen, sind keine Vereine, sondern eigenständige Firmen, manchmal auch bloß ein paar Freunde, die gern miteinander zocken. Der deutsche Esport-Bund ist dran, das Ganze mal auf einen Nenner zu bekommen. Aber so richtig gut organisiert sind wir hier in Deutschland noch nicht.
Würde das die Anerkennung nicht ändern?
Was sich vielleicht ändern würde, wäre, dass Esports in der breiten Gesellschaft besser angenommen wird. Es gibt noch so viele Leute, die dagegen sind.
Wirklich?
Ja. Wir hatten einen Stand auf dem Frankfurter Museumsuferfest. Da war das ziemlich erschreckend. Klar, es gab auch viel positive Rückmeldung. Aber es waren eben auch Leute da, die sich, na ja, manchmal schon fast spuckend zu uns umgedreht haben und die gefragt haben, was der ganze Scheiß eigentlich soll. Das hat man auch unter dem Facebook-Post des Fußballvereins Eintracht Frankfurt gesehen, der erst vor Kurzem Leute für ein Esports-Team gesucht hat. Da stand dann so was wie: Super, jetzt hängen noch mehr Kinder nur vor dem Bildschirm. Die sind doch eh alle nur dick. Die gehen nicht raus, die machen nichts. Das Ding ist: Esports ist eben kein Sport, bei dem man auf den ersten Blick schwitzt und ohne Vorwissen kann man in den Spielen oft wenig taktische Tiefe erkennen. So ist es für viele nur „kindliches“ Zocken. Aber Esports ist eben keine Sache von Kellerkindern, sondern etwas, das Leute zusammenbringt. Ein Hobby für jeden und für viele, eine Passion.