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Final Fantasy 7 Remake: Interview mit Co-Direktor Naoki Hamaguchi

Wir waren kürzlich bei Square Enix zu Besuch in Berlin und konnten die Vollversion von Final Fantasy 7 Remake in einer mehrstündigen Anspielsession ausprobieren. Wie uns das Spiel bislang gefällt, lest ihr in unserer umfangreichen Preview:

Final Fantasy 7 RemakeFinal Fantasy 7 Remake, die überragende Neuinterpretation eines Klassikers – Preview

Vor Ort haben wir uns zudem mit dem Co-Direktor Naoki Hamaguchi getroffen und ihm einige Fragen bezüglich des Remakes gestellt. Nachfolgend lest ihr einen Auszug mit spannenden Fragen und vielversprechenden Antworten, die ihr auf keinen Fall verpassen solltet.

Unser großes Interview mit Naoki Hamaguchi

Wie fühlt es sich an, zu einem Spiel wie „Final Fantasy 7“ zurückzukehren?

Naoki Hamaguchi: Es ist jetzt schon 23 Jahre her, dass das Original auf den Markt kam. Es gibt viele junge Spieler, die das Original überhaupt nicht kennen. Sie kennen womöglich noch heute populäre Charaktere wie Cloud und Sephiroth, aber oft hat diese Zielgruppe das Original nie gespielt. Wenn diese Leute das Original spielen wollten, dann hatten sie nur die Möglichkeit, die 23 Jahre alte PlayStation-Version zu spielen. Unter anderem aus diesem Grund wollten wir „Final Fantasy 7“ einer neuen Generation von Spielern näher bringen und dafür die neueste Grafiktechnologie und die aktuellsten Innovationen im Gaming-Bereich nutzen. Das war eine starke Motivation für mich, das Remake umzusetzen.

Die Reaktionen auf die Ankündigung von „Final Fantasy 7 Remake“ fielen großartig aus. Was waren die wichtigsten Fanwünsche, als bekannt wurde, dass an einem Remake für PS4 gearbeitet wird?

Naoki Hamaguchi: Eine Sache, die die Leute nach der Gameplay-Demo von der E3 2019 immer wieder anführten, war das Kampfsystem. Letztendlich hat sich ja der Kern des ursprünglichen ATB-Kampfsystems in eine eher Action-orientierte Richtung gewandelt. Unsere Idee dabei war es, etwas zu erschaffen, das sowohl die Fans des Originals als auch neue Spieler anspricht. Uns sagten die Leute damals, dass sie den Look des Remakes mochten und Lust hatten, es zu spielen. Allerdings gab es auch viele, denen das Action-orientierte Kampfsystem nicht zusagte. Viele sagten uns, sie wären keine Fans von Actionspielen, wollten aber trotzdem die Story erleben und das Spiel spielen. Daher überlegten wir uns, was wir tun könnten, damit auch diese Leute Spaß am Remake haben. 

Da es uns wichtig war, das neue Kernkonzept des Kampfes nicht zu verändern, fassten wir irgendwann den Entschluss, einen optionalen Klassik-Modus zu ergänzen. Die Idee war es, die Action-Elemente des neuen Kampfsystems zu automatisieren. Natürlich sollte der Spieler dabei immer noch die Möglichkeit haben, über das Kommando-Menü mit dem Spiel zu interagieren. Wir probierten viel herum, um die bestmögliche Umsetzung zu finden. Am Ende dieses Prozesses hatten wir den Eindruck, dass die KI-Automatisierung sehr gut funktioniert.

Der Klassik-Modus wurde noch nicht auf der E3 gezeigt, richtig?

Naoki Hamaguchi: Richtig. Erstmals zeigten wir den Klassik-Modus auf der Tokyo Game Show, die Kampfsystem-Änderungen basieren jedoch auf dem Feedback zur E3-Fassung.

Und da wäre noch eine andere Sache. Diese hat weniger mit Feedback zur E3-Fassung zu tun, sondern vielmehr mit etwas, das wir schon seit dem Release des Originals hören. Online gibt es wirklich viele Leute, die entweder Tifa oder Aeris mögen. Wir hören oft Feedback aus diesen beiden Gruppen, welches besagt, dass die Entwickler doch bestimmt Tifa bevorzugen. Die andere Gruppe hingegen denkt, dass wir Entwickler Aeris besser finden und ihr daher mehr Auftritte im Spiel gönnen. Während der Entwicklung von „Final Fantasy 7 Remake“ haben wir diese Aussagen sehr genau analysiert und darauf geachtet, dass beide Charaktere gleich viel Content und Screentime erhalten. Beispielsweise kriegt Tifa diese eine wirklich coole Szene. Wir können das Gleiche nicht für Aeris machen, aber dafür haben wir eine andere neue Szene erschaffen, die dieser definitiv ebenbürtig ist. Die Balance zwischen diesen beiden weiblichen Charakteren zu halten, war etwas, in das wir wirklich viel Arbeit gesteckt haben.

© Square Enix

Die Leute werden bestimmt Videos machen, um zu vergleichen, ob die Auftritte wirklich gleich verteilt sind…

Naoki Hamaguchi: Ja, vermutlich. Leider haben wir Barret da ein bisschen außen vor gelassen (lacht).

Im Remake entdeckt man viel mehr von Midgar als im Originalspiel. Wie kam es, dass die Entscheidung getroffen wurde, die Geschichte zu erweitern? Und woher nehmen sie diese neuen Story-Elemente? Sind es komplett neue Dinge? Oder vielleicht solche, die im PS1-Klassiker ausgelassen wurden? Und was ist mit dem Film „Advent Children“ – spielt der auch irgendwie in das Ganze mit rein?

Naoki Hamaguchi: Ein großes Thema im Remake ist, wie wir einige der Nebencharaktere aus dem Original behandeln. Dies ist etwas, das sowohl Herr Kitase, unser Story-Writer Herr Kazushige Nojima als auch viele andere aus unserem altem Team tun wollten. Sie alle hatten das Gefühl, dass diese Charaktere im Original nicht mit all ihren Details gezeigt wurden. Also beschlossen wir, zurückzugehen und ihnen mehr Persönlichkeit zu verleihen. Wir wollen mehr von ihren Geschichten zeigen und besser erklären, wer diese Charaktere sind.

Ein anderer wichtiger Teil des Remakes betrifft die Art und Weise, wie die ursprüngliche Geschichte erzählt wird. Es ging nicht unbedingt darum, komplett neue Story-Ideen zu finden, es ging mehr darum, die noch offenen Lücken zu füllen und die Sachen zu zeigen, die im Original nur unzulänglich gezeigt wurden. Es galt herauszufinden, wie wir all das implementieren. Viele neuen Elemente des Spiels basieren darauf, die vorher ausgelassenen Details zu zeigen.

Eines der besten Beispiele dafür ist die Idee von Zeit im Spiel. Im Original war Midgar eine Location, die man praktisch nur bei Nacht erlebt hat. Nehmen wir die Location Wall Market – sie ist etwa in der Mitte des Midgar-Abschnitts der Geschichte. Im Original ist es beginnend ab dem Wall Market-Abschnitt bis hin zum Betreten des Shinra-Gebäudes immer Nacht. Es wird in dieser Zeit niemals Tag. Bedingt durch die Art und Weise wie das Spiel strukturiert ist, funktionierte das im Original. Die Spieler schenkten dem Ganzen nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit. Mit der neuen Darstellung der Figuren im Remake und dem neuen Grad an Immersion erscheint es jedoch sehr seltsam, wenn es im Spiel ständig Nacht ist. Wenn man es die ganze Zeit Nacht sein lässt, dann glauben die Spieler irgendwann, ein Tag in der Welt von „Final Fantasy 7“ hätte mehr als 24 Stunden und fragen sich, warum die Nacht so lang ist. Um all das realistischer zu gestalten, nahmen wir das Szenario von Herrn Kazushige wie es war, bauten es ins Remake ein und erschufen eine Struktur drumherum. Auf diese Weise konnten wir die Problemstellen im Szenario ausfindig machen, Herrn Kazushige darauf hinweisen und ihn bitten, diese Passagen umzuschreiben. Daraus ergab sich ein sehr kreativer Austausch zwischen dem Entwicklerteam und dem Szenario-Schreiber. Ich glaube am Ende haben wir eine sehr gute Form erreicht, bei der wir all das zeigen, was er in die Story einbringen wollte. Gleichzeitig ist alles drin geblieben, was uns wichtig war. Dieser Austausch war ein wirklich nützlicher Prozess, um das neue Porträt der ursprünglichen Geschichte zu formen.

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© Square Enix

Die kommende Spielkonsolengeneration wird abwärtskompatibel sein. Darüber hinaus bieten die neuen Systeme auch mehr Grafikleistung in Form von Raytracing usw. Arbeitet ihr Team daran, solche Features mit „Final Fantasy 7 Remake“ zu unterstützen?

Sprecher von Square Enix: Leider können wir nicht über solche Dinge sprechen. Wir sprechen aktuell nur über die PS4-Version.

Im Menü des Spiels taucht eine spannende Datenbank auf, die Feindtypen usw. zeigt. Gab es das im Original auch schon? Und falls nicht, was war die Idee dahinter?

Naoki Hamaguchi: Die Idee diese sogenannten Battle Reports ins Spiel zu integrieren, ist Teil einer weiteren Philosophie rund um die Entwicklung des Spiels. Letztendlich ist „Final Fantasy 7 Remake“ ein Story-getriebenes Spiel. Ich glaube die Fans werden dem ebenfalls zustimmen. Basierend auf unseren vergangenen Erfahrungen mit dieser Art von Spiel ist es sehr wichtig, dass man Nebenaktivitäten und andere Dinge hat, die der Spieler nach Belieben und in seiner eigenen Geschwindigkeit absolvieren kann. Obwohl es eigentlich ein lineares Spiel ist, wollten wir verhindern, dass es sich zu linear anfühlt. Daher integrierten wir Nebenaktivitäten wie die Söldner-Quests, Missionen, bei denen man Aufträge für einen anderen Charakter erledigt und natürlich die Battle Reports. Minispiele sind ebenfalls ein wichtiger Teil dieser Nebenaktivitäten. Die Spieler können also etwas in ihrer eigenen Geschwindigkeit machen und dann – wann immer sie möchten – mit der Hauptgeschichte fortfahren. All diese Zusatzaktivitäten sollen dafür sorgen, dass das Spiel das richtige Maß an Freiheit anbietet und die richtige Balance hat, was das Fortschreiten in der Geschichte angeht.

Sönke Siemens

Liebt Couch-Koop-Spiele, geht mit Freunden gerne auf Zombie-Jagd, sticht regelmäßig bei Sea of Thieves in See, kann sich für Hardware aller Art begeistern, versucht jede große Spielemesse zu besuchen und podcastet regelmäßig bei Games Insider (www.spielejournalist.de).
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