Die Rollenspielreihe Final Fantasy besticht durch zahlreiche phänomenale Ableger, die bis heute Kultstatus bei den Fans genießen - allem voran Final Fantasy 7. Das im Jahr 1997 für die erste PlayStation veröffentlichte JRPG-Epos gilt dank spannend erzählter Story, charismatischer Charaktere und einer besonderen Atmosphäre als Meilenstein der Videospielgeschichte. Das zeigt sich auch in den Verkaufszahlen: „Final Fantasy 7“ ist der bis dato erfolgreichste Ableger der gesamten Reihe. Bis heute verkaufte sich das Spiel weltweit über 12 Millionen Mal. © Square Enix Nun will Square Enix dieses Stück Videospielgeschichte in die heutige Zeit verfrachten und bringt das langersehnte Remake endlich auf den Markt. Klobige Charakter-Polygone und rundenbasierte Kämpfe weichen dabei inszenatorisch beeindruckender Grafikpracht und actionreichem Echtzeit-Kampfsystem. Inwieweit Square Enix das Remake zu Final Fantasy 7 Remake gelungen ist, klären wir in diesem Test. Lang nicht gesehen, Midgar. Du bist aber groß geworden! „Final Fantasy 7 Remake“ umfasst erstmal nur einen Teil des Originals. Wir bekommen also den ersten von mehreren Parts. Square Enix sagte bereits im Vorfeld, dass wir uns ausschließlich in der Metropole Midgar bewegen und den Rest Gaias erst in späteren Parts erkunden. Wer jetzt aber Angst bekommt, nur ein kurzes Abenteuer auf den beiden Spieldiscs vorzufinden, den können wir getrost beruhigen. © Square Enix Uns erwartet nämlich trotz allem ein vollwertiges Rollenspiel in der Länge eines normalen Final Fantasy-Soloabenteuers. Zum Vergleich: Der Midgar-Part im Original ist rund 5 oder 6 Stunden lang. Im Remake bewegen wir uns zwischen 40 und 60 Stunden durch die Metropole (je nach eurem eigenen Spielstil). Das erlaubt dafür, die Umgebung, die Geschichte und vor allem die Charaktere besser kennen zu lernen. Wie im Original kämpfen wir als Ex-Soldat Cloud Strife mit der Widerstandsgruppe Avalanche gegen den skrupellosen Mega-Konzern Shinra, der die Lebenskraft des Planeten – das Mako – aussaugt. Direkt der Anfang des Remakes beginnt originalgetreu mit dem Anschlag auf den Mako-Reaktor 1. © Square Enix Erweiterte Handlung, die selbst Kenners des Originals Überraschungen bietet Im Kern folgen wir in „Final Fantasy 7 Remake“ den Geschehnissen des Originals. Schnell wird jedoch ersichtlich, wo die zusätzlichen Spielstunden verbracht werden: nämlich in erweiterten Story-Abschnitten und noch nie vorher besuchten Orten. Gerade dort können sich Geschichte und Charaktere mehr entfalten. So folgen wir Cloud nach der Zerstörung des ersten Mako-Reaktors auf einer von Trümmern gesäumten Straße. Die zu hörenden Stimmen der verängstigten Bevölkerung zeigen hervorragend eine andere Perspektive der Geschehnisse auf und verbinden die Taten von Avalanche mit einem eher bitteren Beigeschmack. Wenig später wird Cloud zudem von vermummten, geisterhaften Gestalten umringt. Eines der neuen Elemente in der überarbeiteten Handlung. Dementsprechend dürfen sich auch Kenner des Originals noch auf einige Überraschungen gefasst machen. © Square Enix Während die Dialoge aufgrund von Hardware-Limitationen der Ur-PlayStation ausschließlich in Textform erfolgten, nahmen die Skripter für das Remake die Chance wahr, der Geschichte durch zusätzliche und gesprochene Dialoge mehr Ausdruck zu verleihen. So begegnen wir weiteren Facetten der bereits lieb gewonnen Charaktere. Die deutsche Synchronisation erweist sich dabei als hochwertig umgesetzt und glänzt mit einem durchweg gut besetzten Cast. Besonderes Schmankerl: Barret besitzt den gleichen Sprecher wie Kratos, nämlich Tobias Brecklinghaus. Wahlweise lässt sich aber natürlich mit englischen Stimmen spielen. Der Umfang ist ein zweischneidiges Schwert Mehr Umfang ist für Fans des Originals ein Segen – könnte man meinen. Tatsächlich nehme ich persönlich sehr viele der überarbeiteten oder neuen Szenen sehr willkommen auf. Clouds Charakter bekommt durch weitere Flashbacks oder Dialoge mit seinen Gefährten mehr Charaktertiefe. Etwas, das im Original so nicht möglich war. Als Fan streife ich auch sehr gern durch Midgar und entdecke neue Ecken, die mir im Original verborgen blieben. Zum Beispiel geht es mit Jessie, Wedge und Biggs auf die Platte von Sektor 7 oder mit Barret in ein unterirdisches Shinra-Testgelände. Zudem gibt es verschiedene Kapitel des Spiels, in denen ihr wie in einem klassischen RPG verschiedene Aufträge von der Bevölkerung annehmt und ausführt. © Square Enix Dass ihr im Remake-Midgar über 40 Stunden verbringt, ist also keinesfalls untertrieben. Der erhöhte Umfang hat jedoch auch seine Schattenseiten. Diverse Stellen im Spiel – insbesondere Pfade, die ihr zurücklegt, um den nächsten Ort zu erreichen – fühlen sich unnötig langgestreckt an. Das erweckt den Eindruck, als wolle man damit ganz pragmatisch die Spielzeit in die Länge ziehen. Leider bergen diese „Filler“-Bereiche ein wachsendes Maß an Langeweile und man ist froh, wenn der nächste Checkpoint endlich erreicht ist, der die nächste Story-Cutscene triggert. Gerne hätte ich stattdessen mehr weitläufigere Bereiche gesehen. Davon gibt es nämlich nur eine Hand voll, allem voran die Slums von Sektor 5 und 7 sowie der detailreich gestaltete Wallmarkt. Ansonsten sind es meist vorgegebene Wege, die ihr ablauft. Das schränkt den Entdeckungsdrang ziemlich ein. Damit wird schnell ersichtlich: „Final Fantasy 7 Remake“ ist eher ein Story-orientiertes Spiel und damit überhaupt nicht mit Final Fantasy 15 und seiner Open World zu vergleichen. © Square Enix Das neue Kampfsystem im Check Die größte Neuerung im Vergleich zum Original dürfte ohne Zweifel das Kampfsystem darstellen. Um Clouds Abenteuer in die heutige Zeit zu verfrachten, hat sich Square Enix ein neues, immersiveres Kampfsystem einfallen lassen – ohne jedoch die Wurzeln des Originals zu vergessen. Wie schon im „Ur-FF7“ dreht sich in den Gefechten alles um ATB. Auf Knopfdruck könnt ihr die Gegner mit Standardangriffen malträtieren, das bringt jedoch nicht sonderlichen Schaden. Vielmehr wird dies genutzt, um die ATB-Leiste aufzuladen. Die Leiste ist in zwei Balken unterteilt und sobald mindestens einer der Balken voll ist, lässt sich der Kampf über ein Kommando-Menü erst so richtig vorantreiben. © Square Enix Während ihr für die Kosten von ATB-Balken Aktionen wie Spezialangriffe oder Zauber auswählt, ist das Kampfgeschehen stark verlangsamt. So wird euch Zeit gegeben, euch für die richtige Taktik in der Situation zu entscheiden. Möchtet ihr lieber einen gerade nötigen Trank nutzen, damit Cloud nicht K.O. geht oder doch lieber auf Risiko setzen und seinen Mutangriff für einen hoffentlich letzten Angriff nutzen, der den Gegner doch noch auf die Bretter schickt? Die taktische Komponente ist trotz des Echtzeit-Kampfes nicht zu unterschätzen, denn eine weitere Aktion lässt sich erst dann erneut auswählen, sobald ein ATB-Balken wieder gefüllt ist. Simples Button-Smashing hilft auf Dauer also nicht weiter, speziell auf höheren Schwierigkeitsgraden oder bei Bosskämpfen. Spezialattacken lassen sich übrigens auch bequem über Button-Shortcuts aktivieren, ohne das Kommando-Menü aufzurufen. Das spart Zeit und lässt die Kämpfe nochmals immersiver erscheinen. Natürlich dürfen in „Final Fantasy 7 Remake“ die Materia nicht fehlen, die im Remake eine Rückkehr feiern. Beschwörungen dürft ihr ebenfalls in den Kampf schicken. Dafür gibt es eine eigene Beschwörungsleiste in speziellen Kämpfen, die vorgibt, wann ihr Ilfrit, Shiva oder einen anderen Esper ins Gefecht loslassen dürft. Der starke Kumpan kämpft eine Weile an eurer Seite und lässt sich mit Kommandos befehligen, bevor er nach abgelaufener Beschwörungszeit zu einem mächtigen Spezialschlag ansetzt. © Square Enix Jeder Gefährte ist einzigartig Cloud eignet sich dank seiner Schwertfertigkeiten vor allem für den Nahkampf. Solltet ihr aber doch auf Gegner treffen, die sich in der Luft heimisch fühlen, kann Barret getrost mit seiner Wumme Kleinholz aus ihnen machen. Während Kämpfen könnt ihr zwischen den Gruppenmitgliedern wechseln oder ihnen über das Befehlsmenü Kommandos geben. Damit lässt sich je nach Situation der passende Vorteil ausspielen. Darüber hinaus kann Aerith mit ihrer Magie helfen oder Tifa ihre Fäuste schwingen. Außerhalb von Kämpfen steuert ihr stehts den für die Story bestimmten Charakter – das muss nicht immer Cloud sein. Kampfsystem bietet hervorragende Balance zwischen Neu und Alt Ich persönlich habe kurz vor dem Remake das Original nochmal gespielt und muss sagen, dass ich trotz aller Nostalgie und rundenbasierter Strategie das actionreiche Kampfsystem des Remakes liebe. Square Enix hat sich bemüht einen Mix aus immersiven Action-Kampfeinlagen und dem Strategie-Gefühl aus dem Original zu schaffen. Und ich muss sagen, dass diese Balance hervorragend gelungen ist. Von allen Final Fantasy-Teilen gefällt mir das neue Kampfsystem aus „Final Fantasy 7 Remake“ am meisten. © Square Enix Das ATB-System greift gut mit dem Echtzeit-Kampfansatz und den Kommandos ineinander. Es macht Spaß, mit Cloud Schwerthieb für Schwerthieb auszuteilen und die verschiedenen Kampf-Möglichkeiten zu nutzen. Für Square Enix war es keine leichte Aufgabe, das Kampfgeschehen frisch zu gestalten, ohne den Fans des Klassikers komplett vor den Kopf zu stoßen. Das Kampfsystem zeigt sich leicht eingängig und bietet doch strategische Tiefe, ohne dabei die kurzweilige Action zu verlieren. Square Enix ist also ein guter Kompromiss gelungen. Das war aber noch nicht alles … Wer’s lieber klassisch mag Für Nostalgiker oder generell Fans des Kampfsystems aus dem „Original-FF7“ hat Square Enix zusätzlich den so genannten Classic Mode dazugepackt. Damit hat der Publisher auf kritische Community-Stimmen gehört, die sich mit dem actionreichen Kampfsystem nicht anfreunden können. Der Classic Mode lässt sich als alternativer Schwierigkeitsgrad anwählen und ermöglicht es, dass ihr euch ganz und gar den Kommandos widmen könnt. Cloud und Co. greifen die Gegner automatisch mit Standardattacken an. Mit anderen Worten: Die ATB-Leiste füllt sich kontinuierlich wie im Original. Auf Knopfdruck könnt ihr dann wir gehabt Fertigkeiten oder Gegenstände nutzen. Wer spontan doch eigenhändig ins Kampfgeschehen eingreifen möchte, kann dann ganz ohne Unterbrechung selbst wieder die volle Kontrolle des Charakters übernehmen. Der Schwierigkeitsgrad der Kämpfe bewegt sich im Classic Mode ausschließlich auf dem leichten Niveau. Es ist immer eine gute Sache, wenn ein Entwickler auf die Fans hört und einen der Grundpfeiler des Spiels um eine Alternative erweitert. Somit können auch diejenigen getrost ein Auge auf „Final Fantasy 7 Remake“ werfen, die das Kampfsystem des Originals nicht missen möchten. © Square Enix Final Fantasy 7 Remake ist eine wahre Augenweide Zur Grafik von „Final Fantasy 7 Remake“ lässt sich nur eines sagen: Wow, einfach Bombe! Hätten wir jemals erwartet, Cloud und Co. in so schöner Pracht nochmals wieder zu sehen und ihm durch eine derart aufwendig inszenierte und packend erzählte Handlung zu begleiten? Dabei ist es nicht allein das visuelle Make-over an sich, das dank Unreal Engine 4 möglich gemacht wurde und mich so begeistert – es sind zudem die Details. Der Wallmarkt strotzt nur so vor Detailreichtum, an jeder Ecke ist etwas los. Noch nie war Midgar so lebendig. Jeder NPC hat sogar etwas zu sagen, sobald ihr euch ihm nähert. Dasselbe gilt auch für die Slums, die vor Lebensfreude schier überschwemmen. Negativ aufgefallen sind mir höchstens ab und zu unscharfe Bodentexturen in den Slums. Das stört das Gesamtbild jedoch nicht merklich. Zudem könnten so einige NPCs besser designt sein, manche Bewohner wirken vom Detailgrad dann doch eher blass. © Square Enix