Der unglaubliche Erfolg Fortnites beflügelt nicht nur die Bankkonten der Entwickler, sondern auch die Aufrufzahlen mehrerer YouTuber. Davon insipiriert versuchen einige Kinder nun, so schnell wie möglich auf irgendeine Art und Weise berühmt zu werden.
Der Hype rund um Fortnite erinnert an die Sternstunden von Minecraft – sowohl kommerziell als auch auf Plattformen wie YouTube. Der immense Erfolg sorgt nun dafür, dass tausende Erwachsene, Jugendliche und vor allem Kinder versuchen, so schnell wie möglich berühmt zu werden.
Zuletzt konnten wir ein solches Phänomen im Sommer 2016 feststellen, als Pokémon Go die gesamte Welt eroberte. Nahezu minütlich sprossen neue Kanäle aus dem Boden, allesamt mit denselben Tricks: Vermeintliche Geheim-Tricks, Clickbait, rote Pfeile und Capslock-Titel. Das sorgt für Zuschauer, für Klicks, für Geld, für schnellen Ruhm. Wie schnell der wieder verfliegt, zeigt sich bei einer aktuellen Analyse damals erfolgreicher Kanäle: Trotz hunderttausender Abonnenten kommen die meisten Kanäle mittlerweile kaum noch auf fünfstellige Aufrufzahlen.
Damals waren es teilweise mehr als eine Million.
„So erfolgreich, dass er es vier weitere Male wiederholte“
Bei Fortnite ist es aktuell besonders beliebt, so zu tun, als hätte man die Kreditkarte eines Verwandten zum Kauf der V-Bucks (die Ingame-Währung) verwendet. Der ist natürlich aufgebracht, findet die Situation so gar nicht lustig und droht (immer wieder) mit Strafe. Alles nur ein Prank, teilweise jede Woche.
Tommy Ladd, 13 Jahre alt, ist einer der größten seiner Art. Mit 11 Jahren sorgte er erstmals für Aufmerksamkeit, als er ein Prank-Video hochlud, in dem er sich als Jacob Sartorius – ein 15 Jahre alter Popsänger – ausgab und vermeintlich weibliche Fans anrief. Das Video ging so viral, dass er es kurz darauf vier weitere Male wiederholte.
Ladd griff im Anschluss zu weiteren beliebten Methoden: Reactions, Q&As, noch mehr Prank-Anrufe, dann Real-Life-Pranks, wieder Reactions. Jedes Thumbnail ist voller Emojis, roter Pfeile und mit einem vermeintlichen Plottwist, der sich letztendlich als vollkommene Lüge erweist. Für einige Millionen Aufrufe reicht's trotzdem.
Fortnite: Spieler wird gebannt, weil er sagte, sein Vater arbeite bei SonySchnell dem Trend hinterher
Im März begann er damit, angebliche Pranks an seinen Eltern durchzuführen. Die Thumbnails lauten eigentlich immer gleich: Kind kauft V-Bucks, die so und so viel Wert sind, mit der Kreditkarte seiner Mutter oder seines Vaters (total schiefgelaufen). Weil das Video immer wieder funktioniert, aber seine anderen Videos kaum Aufmerksamkeit erhalten, setzte er sie in abgewandelter oder sogar identischer Form gleich dreizehn (!) Mal um, stets mit der selben Prämisse: Der Verwandte wusste nichts davon, ist ganz wütend, das Kind lacht sich einen ab, am Ende läuft alles schief. Immer und immer wieder.
Eine kleine Auswahl an Videos, die Tommy Ladd veröffentlicht
Bereits aus dem Thumbnail geht hervor, dass die ganze Aktion völlig gestellt ist – es wäre auch verwunderlich, wenn man ihn nach dem ersten Mal einfach weitermachen ließe. In einem Interview mit Kotaku gaben Ladd und seine Eltern zu, dass sämtliche Videos durchgeplant waren. Ladd bewundere YouTuber wie KSI oder Logan Paul und wäre gerne genauso erfolgreich. Als er den Trend der „Kinder-Erwachsene V-Bucks Kreditkarten-Betrug“-Videos entdeckte, musste er schnell reagieren, um ihn nicht zu verpassen. Seine Eltern unterstützen ihn dabei.
Inzwischen haben ihn auf YouTube 1,8 Millionen Menschen abonniert, hinzu kommen 200.000 auf Instagram.
„Erwähnt man nur einmal Fortnite, klicken alle auf das Video“
Ladd ist nicht der Einzige, der auf den schnellen Erfolg hofft, nein, er ist nur einer von Unzähligen. „DavidsTV“, betrieben von einer ganzen Familie, versucht es ebenfalls: Obwohl man bereits eine treue Fangemeinde versammeln konnte, ging der Fortnite-Hype nicht an den Betreibern des Kanals vorbei. Vater und Mutter stellen ihre Kinder Jagger und Dylan (4 und 6 Jahre alt) vor die Kamera, lassen sie etwas vermeintlich Dummes tun, schreien sie im Anschluss an und am Ende ist alles gut. Später rufen sie die Zuschauer dazu auf, ihnen auf Instagram zu folgen.
Das Alter von „Morgz“ kennen wir nicht, auch wenn er durchaus so aussieht, als wäre er soeben in der Pubertät angelangt. Seinen unglaublichen Erfolg (sagenhafte 30 Millionen Aufrufe im Monat) verdankt er ebenfalls seinen vermeintlich realen Fortnite-Pranks. Er kauft V-Bucks mit der Kreditkarte seiner Mutter, seine Mutter verbietet ihm Fortnite, seine Mutter schenkt ihm spontan ganz viele V-Bucks, er spielt um 3 Uhr nachts noch Fortnite und wird erwischt.
Unser Highlight, das ist jetzt kein Scherz: „Gruseliger Clown bricht in Haus ein, während ein Kind in Fortnite gewinnt.“
Sämtliche seiner Videos wären allesamt belanglos, wäre da nicht Fortnite. Erwähnt man auch nur einmal das Spiel im Titel oder im Thumbnail, klicken alle auf das Video. Egal was er macht, ob er auf dem Klo ist oder mit seiner Freundin schläft, grundsätzlich hat alles mit Fortnite zu tun. Die Scham kennt absolut keine Grenzen.
Fortnite: Warum der Shooter laut eines Psychiaters verboten werden sollteSie bezeichnen sich als „Kind“
Wir haben uns dutzende andere Kanäle angeschaut und es ist unglaublich, wie erfolgreich die angeblich realen Kreditkarten-Pranks sind.
MindofRez: 1,1 Millionen Aufrufe.
KingKennyTv: 5,3 Millionen Aufrufe.
FaZe Rug: 2 Millionen Aufrufe.
Adventure: 400.000 Aufrufe.
MoreWolfie: 600.00 Aufrufe.
Und und und und und.
Sie alle dürfen sehr wahrscheinlich noch nicht einmal einen Führerschein besitzen, sind noch in der Schule und wissen dennoch, wie man in Windeseile an Klicks und Geld kommt. Pfeile und wütende Verwandte auf den Thumbnails, eine Videolänge von 10 Minuten, mehrere Werbeunterbrechungen und ein schockiertes Gesicht. Es wäre nicht verwunderlich, wenn die Eltern hinter dem Konzept der Kanäle stecken und lediglich finanziell profitieren wollen.
Sie alle erwähnen in den Überschriften nie ihren Namen, sondern bezeichnen sich immer nur als „Kind“. Sie anonymisieren das Video so weit, dass unwissende Zuschauer am Ende denken könnten, es handle sich um ein reales Geschehen und man wolle lediglich darüber berichten.
Die Nachahmer
Auch wenn es sich nur um gestellte Szenen handelt, können diese klickerhaschenden Aktionen zur realen Gefahr mutieren: Die Anzahl Minderjähriger, die aktuell ihr gesamtes Taschengeld für Fortnite-Mikrotransaktionen ausgeben oder versuchen, das Geld anderer dafür zu nutzen, explodiert regelrecht. Dass besonders Kinder sehr anfällig für Statussymbole sind, die in Form von Skins und Emotes daherkommen, ist allgemein bekannt. Dass Kinder nicht wirklich gut mit Geld umgehen können, auch. Dass ihnen die Perzeption finanzieller Realität fehlt, ebenfalls.
Oh, dieser YouTuber gibt das ganze Geld seiner Eltern für Fortnite aus und am Ende ist alles gut? Coole Sache, sollte ich auch mal probieren!
Auch wenn man dieses Szenario für unwahrscheinlich hält, die Vergangenheit zeigt, dass es letztendlich dazu kommen wird – oder schon gekommen ist. Natürlich sind die meisten Eltern dafür verantwortlich, das Verhalten ihrer Kinder zu kontrollieren und wenn einmal etwas schief laufen sollte, sind sie in der Regel selbst Schuld.
Besorgniserregend ist es trotzdem.