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Fortnite: Sony in der Crossplay-Falle

Fortnite, Rocket League und Minecraft: Sony stellt sich in Sachen Crossplay quer. Nintendo und Microsoft lachen sich ins Fäustchen. Wieso die Crossplay-Debatte vor allem den Spielern schadet!

Die ganze Welt ist online. Dass das nicht zwangsläufig dazu führt, dass sich die Menschen auch verstehen, sieht man immer wieder bei Shitstorms, Trollen und anderen Auswüchsen des modernen Online-Lifestyles. Das Internet veränderte nicht nur unseren Alltag, sondern auch die Videospielbranche.

Noch vor 25 Jahren spielten wir zumeist offline oder gar im lokalen Netzwerk. LAN-Partys führten Gaming-Begeisterte in den Neunzigern zusammen. Meterlange Netzwerkkabel von einem Haus zum nächsten waren keine Seltenheit. Doch je großflächiger sich das schnelle Internet verbreitete, desto mehr starb auch der lokale Multiplayer aus.

Heute erfordert fast jedes Spiel eine Online-Verbindung. Ganz egal, ob Fortnite, Overwatch oder FIFA 19 – die größten Matches finden inzwischen im Netz statt. War einstmals die Internet-Verbindung die Einstiegshürde, mutiert im Jahr 2018 die gemeinsame Systemplattform zur Eintrittskarte in die Online-Arena. Plattform-übergreifendes Spielen – das so genannte Crossplay – ist der große Aufreger. Denn was so einfach klingt, ist inzwischen Spielball für die Firmenpolitik von Sony, Microsoft und Nintendo.

Der Stein des Anstoßes

Auf der Spielemesse E3 kündigte Nintendo den Start des aktuell äußerst populären Battle-Royale-Shooters Fortnite auf der Nintendo Switch an. Anfang des Jahres erreichte Epic Games mit dem Actionspiel weltweit über 40 Millionen Spieler. Im April vermeldet das Unternehmen 3,4 Millionen Spieler gleichzeitig – mehr als GTA Online. Fortnite mauserte sich im Schatten von Playerunknown's Battlegrounds zu einem Phänomen unserer Zeit.

Dieses Spiel auch unterwegs an der Switch zocken zu können, wäre ein Traum für alle Fans. Kein Wunder, dass Fortnite bereits am ersten Tag zwei Millionen Mal auf der Switch herunterheladen wurde. Doch PlayStation 4-Besitzer schauen derzeit in die Röhre. Fortnite läuft über den Epic-Account und ist dieser mit dem eigenen PSN-Konto verknüpft, dann kann man Spielfortschritte nicht mehr mit der Nintendo Switch und Xbox One synchronisieren. Bedeutet: Der eigene Spielfortschritt bleibt lediglich auf der PS4, kann aber nicht auf anderen Plattformen fortgesetzt werden. 

Gibt es eine baldige Lösung?

Für Microsoft und Nintendo ist diese unpopuläre Entscheidung natürlich eine Steilvorlage. Kurz nach dem frühen, ersten Statements von Seiten Sonys kündigen die Konkurrenten ihre Zusammenarbeit an. Unter dem Motto „Better together“ stellt man die Crossplay-Funktionen des Erfolgsspiels Minecraft vor und unterstreicht damit ein weiteres Alleinstellungsmerkmal.

In den sozialen Netzwerken mehrt sich inzwischen der Widerstand: Spieler rufen zum Sony-Boykott auf und mit John Smedley meldet sich der einstige Chef von Sony Online Entertainment über Twitter zu Wort. In einem inzwischen gelöschten Tweet erklärt er, dass Sony durch Crossplay kein Geld verdienen würde und dass Spieler weiter Druck machen sollten, um so das Problem zu beseitigen.

Dies scheint inzwischen erste Früchte zu tragen. Shawn Layden, CEO von Sony Interactive Entertainment America, erklärte im Rahmen einer Gamelab-Konferenz, dass Sony die Rufe der Fans höre. Darüber hinaus arbeite man an einer Lösung, die die Gaming-Community zufrieden stellt und andererseits Sonys Geschäft nicht negativ beeinflusst. Mehr Informationen gibt es derzeit jedoch noch nicht.

PlayStation 4PlayStation 4: Sony arbeitet an verschiedenen Möglichkeiten für Crossplay-Problem

Kein Einzelfall

Natürlich ist Fortnite nur das aktuelle und damit prominenteste Beispiel. 2016 geriet Blizzard ins Kreuzfeuer der Kritiker als es Crossplay zwischen PC- und Konsolenspielern ausschloss. Auch auf die zuvor als möglich eingestufte Verbindung von PS4- und Xbox-One-Spielern warten wir bislang noch vergeblich.

2017 folgte schließlich mit Rocket League ein ganz ähnlicher Fall wie bei Fortnite. Obwohl es technisch problemlos möglich wäre, verweigerte Sony die Crossplay-Funktionalität und dass trotz ständiger Anfragen von Entwickler Psyonix.
Immerhin: Zumindest bei Rocket League kommt offensichtlich Bewegung in die Sache. Im Januar kündigte der Rocket League-Kundenservice über Twitter die Arbeiten an Crossplay-Funktionen an, die im Sommer-Update an den Start gehen sollen. Wir sind gespannt.

Crossplay funktioniert

Es ist schon bitter, wenn Spielspaß so offensichtlich zwischen die Mühlen der Unternehmenspolitik gerät. Denn, dass Crossplay funktionieren kann, zeigen bereits jetzt Titel wie Fortnite, Rocket League oder eben auch Minecraft. Microsoft verbindet zudem mit seinem „Play Anywhere“-Konzept zumindest PC- und Xbox One-Spieler miteinander und lässt sie beispielsweise Sea of Thieves, State of Decay 2 oder Gears of War 4 miteinander spielen. Dass auch die PlayStation 4 mit anderen Plattformen kann, zeigt sie beispielsweise bei dem VR-Spiel Star Trek: Bridge Crew. Hier steuern Besitzer der PlayStation VR gemeinsam mit Oculus Rift- und HTC Vive-Fans die USS Aegis durch die Tücken des Weltraums.

Unsere Meinung: In einer Welt, in der wir zugleich ständig miteinander in Verbindung stehen, aber dennoch zunehmend den persönlichen Kontakt verlieren, sollte es keine Grenzen zwischen den Plattformen geben. Auch wenn Sony vielleicht unmittelbar kein Geld mit Crossplay verdient, so sollte ein Unternehmen dieser Größenordnung auch das eigene Image im Hinterkopf behalten. „This is for the Players“ lautet der Slogan der PlayStation 4. Also dann Sony, „take one for the Team“!

Olaf Bleich

Seit über 20 Jahren Spielejournalist, der sich in Polen die Hand gebrochen und trotzdem weiter Artikel geschrieben hat. Videospielgeschmack mäandert zwischen Shootern, Spaß und Stardew Valley – abgesehen davon besitzt er eine obskure Vorliebe für Wrestling.
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