Das Jahr 2012 klingt aus und wir haben den Weltuntergang überlebt. Nun können wir aufatmen und uns wieder auf die wesentlichen Dinge im Leben konzentrieren. Zum Beispiel darauf, welche Onlinespiele uns in den letzten zwölf Monaten am meisten bewegt haben. Nicht gerade wenige Top-Titel sind dieses Jahr erschienen: Guild Wars 2, The Secret World, TERA, World of Warcraft: Mists of Pandaria und noch viele mehr. Einige davon erfüllten ihre Erwartungen, andere schmolzen dahin wie Butter in der Sonne. Unsere Redaktion hat sie alle gespielt, bewertet, verspottet oder verehrt. Was hat uns beeindruckt, was enttäuscht? Auf den folgenden Seiten zeigen wir euch, welche MMORPGs uns 2012 besonders, egal ob im Guten oder im Bösen, im Gedächtnis geblieben sind.
World of Warcraft – In Azeroth nichts Neues? (Christian Liebert)
Ich mag Pandas! So und nicht anders kann man meine Vorfreude auf die neue World of Warcraft Erweiterung Mists of Pandaria beschreiben. Für mich waren die niedlichen Kampfbären, die mitnichten bei DreamWorks Kung Fu Panda abgepaust sind, der Grund überhaupt, mich auf das neue Add-on zu freuen. Zugegeben, mit dem asiatischen Setting an sich muss ich mich erst noch anfreunden, aber Spaß am Spiel habe ich trotzdem. Ein kleines Grinsen konnte ich mir natürlich nicht verkneifen, als bekannt wurde, dass World of Warcraft erneut die Zehn-Millionen-Spieler-Marke geknackt hat. Immerhin haben die üblichen Verdächtigen mal wieder den Tod von Blizzards Altmeister prophezeit. Der Messias hieß dieses Mal Guild Wars 2, ist grundlegend ein gutes Online-Rollenspiel, hat aber dennoch seine Mängel. Da ist es immer interessant, die Stimmen der Community zu beobachten, die von anfangs noch euphorischen „Bei diesem Spiel ist alles besser“ bis hin zu „WoW hatte zu Beginn auch Probleme!“ Not-Ausreden wandern. Aber halt, ich will nicht auf Guild Wars 2 rumhacken, denn so schlecht ist ArenaNets Meisterwerk eigentlich gar nicht. Es ist nur eben schön zu sehen, dass World of Warcraft auch das Jahr 2012 wieder für sich entscheiden konnte.
Die Frage ist nur, wie lange das so noch gehen kann und vor allem soll. Vergleicht man den Wirbel um Mists of Pandaria zum Beispiel mit dem um Wrath of the Lich-King oder Burning Cursade, stellt man fest, dass die Wellen bei Weitem nicht mehr so hoch peitschen wie noch vor einigen Jahren. WoW zu spielen ist grauer Alltag geworden. Das Besondere, der Reiz des Neuen, ist nicht mehr da. Man hat einfach alles irgendwie schon mal gemacht. Egal ob Quests, Raids oder Dungeons. Es fühlt sich immer aufgewärmt an. Immerhin die Haustierkämpfe, die bestens an Pokémon erinnern, bringen etwas frischen Wind in den trockenen Sommernachmittag. Doch eine Frage stellt sich unablässig: Steht der Herbst für dieses MMOs kurz bevor? Man kann den Entwicklern keinen Vorwurf machen. World of Warcraft hat die besten Jahre einfach hinter sich und den Zenit weit überschritten. Die Zeit ist reif für etwas Neues, doch ein neuer MMO-König muss erst mal gefunden werden. Bisher hat dieser Bulldozer alle Angriffe auf seinen Thron zerschmettert. Alleine dieser Tatsache gebührt eine gewaltige Portion Respekt und macht WoW für mich auch erneut zum Onlinespiel des Jahres.
Star Wars: The Old Republic – Tod und Wiedergeburt (Benno Hobrecht)
Es mag verrückt klingen, doch mit Star Wars: The Old Republic habe ich mein "MMO-Highlight 2012" gefunden. Dazu muss gesagt werden, dass ich dieses Jahr leider nicht viele Onlinegames spielen konnte. Lediglich Guild Wars 2 und SWTOR standen bei mir im wunderbaren Jahr 2012 auf der Agenda. Guild Wars 2 gefiel mir zu Beginn sehr gut, doch leider verlor ich aufgrund der lahmen Story schnell die Motivation am Weiterspielen. Nachdem BioWare dann dem Spiel, welches mir schon im Vorfeld sehr zusagte, einen Free-to-Play-Modus spendierte, stand für mich fest, Star Wars: The Old Republic wenigstens mal auszutesten. Als begnadeter Spieler der alten Knights-Of-The Old-Republic-Teile ging es mir vorrangig um die Story. Ich wählte für meinen Charakter einen Zabrak-Sith-Marodeur und war zu Anfang sehr beeindruckt von der, für MMORPGs untypischen, Inszenierung der Gespräche und Zwischensequenzen.
Die Klassen-Quests auf dem ersten Planeten habe ich förmlich an einem Abend aufgesogen und mit meinem Sith mal so richtig die Sau rausgelassen. Ich fühlte mich als KoTOR-Liebhaber sofort wie zu Hause und freute mich auf jede Quest, die ich auf dem Anfangsplaneten Korriban, den man auch in KoTOR besuchte, fand. Von den Einschränkungen habe ich in den ersten Spielstunden, von der Charaktererstellung mal abgesehen, nichts gemerkt. Erst nach Beendigung des zweiten Planeten, Dromund-Kaas, stellte sich ein kleines Motivationstief ein, da sich Quests oft wiederholten. Doch nachdem ich nach einiger Zeit weiterspielte, packte es mich wieder. Sicherlich, die Einschränkungen des Free-to-Play.Modells nerven zwar hier und da, doch für mein Erlebnis in der Story hatte ich keinerlei Begrenzungen. Auch heute noch geistere ich mit meinem Sith-Marodeur durch die liebevoll designten Planeten und verbreite Angst und Schrecken. Sehr schön sind übrigens auch die sehr häufigen Anspielungen auf die Vorgängerteile. Star Wars: The Old Republic Free-to-Play ist daher mein kleines "MMO-Highlight 2012".
RIFT: Storm Legion – Mein Online-Rollenspiel 2012 (Thomas Wallus)
Auch wenn nach wie vor, zum Nachteil von Entwickler und Publisher Trion Worlds, viele MMO-Spieler RIFT als Heimat ihrer virtuellen Abteuer außer Betracht halten, darf die Erweiterung Storm Legion dieses Jahr in einem Rückblick nicht fehlen. Ihr zugrunde liegt nämlich ein umfassendes Paket an Neuerungen und Zusatzinhalten, das bemerkenswert ist, auch wenn Licht und Schatten in den neuen Zonen Telaras nah beieinander liegen. Die Verdreifachung der Spielwelt-Größe hält beispielsweise viel Raum für Freiheit bereit, leider verpufft dieses Potenzial in Anbetracht der stupiden Massakerquest, die man objektiv noch loben kann, da das Grinding ausgelagert wurde. Sonst lockt in Storm Legion aber eine abenteuerliche Geschichte mit schön vertonten Abschnitten. Wer sich abseits der Quest-Vorgaben bewegt, entdeckt auch den Glanz der sehenswerten Seiten der Erweiterung, deren Stärken in Abschnitten wie dem Handwerk, der Dungeons oder der Risse liegen.
Auch wenn ich mich ohnehin in RIFT verliebt habe und nach fünf Jahren des Suchens „mein“ MMO gefunden habe, verdient das Online-Rollenspiel, das auch für Neueinsteiger gerade jetzt bestens geeignet ist, ein objektives Lob. Das sage ich nicht nur, weil der Besuch beim Publisher Trion Worlds zu meinen Jahres-Highlights zählt. Letztlich ist RIFT eben besonders stark. Die Tücke der breiten Feature-Palette liegt allerdings darin, dass man die Art und Weise, wie man sich in Storm Legion verliebt, erst noch finden muss. Denn abseits des roten Pfadens liegt hier die Vielfalt begraben. Wer sie findet, kommt nicht mehr los.
Guild Wars 2 – Am Ende noch mein MMO des Jahres (Niklas Nosber)
Mein persönliches Highlight im MMO-Bereich dieses Jahr war ganz klar Guild Wars 2 und kaum ein anderes Spiel hat dieses Jahr wohl in unserer Branche für so viel Furore gesorgt. Bereits vor dem offiziellen Release brach der Nachfolger von Guild Wars der Entwickler von ArenaNet zahlreiche Rekorde und erlebte einen unglaublichen Hype in der Szene. Ganz frisch ist der Titel jetzt nicht mehr auf dem Markt, für mich persönlich ist Guild Wars 2 trotzdem Spiel des Jahres. Nicht, weil es in meinen Augen das beste Spiel ist, da hab ich andere lieber gespielt, auch nicht, weil es besonders schlecht ist, das wäre unangemessen. Nein, vielmehr war kein anderes Spiel so permanent präsent in den Medien und hat für so viel kontroverse Diskussionen gesorgt. Mein Test ist entsprechend positiv ausgefallen, meine Kolumne über den Hype dann eher weniger, doch Guild Wars 2 polarisiert, hat die Lager der MMO-Fans und auch mich persönlich (zwie-)gespalten.
Viel Hype, zu hohe Erwartungen, Enttäuschung und Frust stehen dabei dynamischen Kämpfen und einem tollen Gameplay mit teils brillianter Inszenierung gegenüber. Simplifiziert bleibt aber trotzdem genau das, wofür man bezahlt: Ein gutes MMO, das ausreichend Spielspaß für genügend Stunden bietet. Punkt. Wo die Reise von Guild Wars 2 im kommenden Jahr hingeht, darauf bin ich persönlich demnach besonders gespannt, denn auch wenn mir aktuell die Motivation fehlen mag, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Trotzdem, oder gerade deshalb, glaube ich, dass 2013 ein gutes Jahr für den MMO-Markt wird, es wartet ja so allerhand auf uns.
The War Z – Zwischen Himmel und Hölle (Christian Liebert)
Eine wahre Odyssee verbinde ich mit dem wohl umstrittensten Spiel des Jahrs: The War Z. Das selbst ernannte erste Zombie-MMO aus den Händen von Hammerpoint Interactive ist ein offensichtlicher DayZ-Klon, der aber gerne die Erfindung des Rades für sich selbst beanspruchen möchte. Allerdings sollte man zuvor schnell erklären, worum es sich bei DayZ eigentlich handelt. Eine Modifikation für die Militär-Simulation ARMA 2: Combined Operations, die seine Spieler mitten in eine Zombie-Apokalypse wirft. Ohne jegliche Ausrüstung gilt es zu überleben – mit allen Mitteln. Diese Idee ist einer der Gaming-Highlights 2012, da sie Millionen Spieler für sich begeistern konnte. Begeistert waren auch die Leute rund um den fragwürdigen Producer Sergey Titov, die sich eben jenes Konzept zueigen machten, es mit einigen interessanten Zusatzfeatures aufpumpten und blitzschnell als eigenes Spiel, mit dem Titel The War Z, auf den Markt drückten. Dank geschickter Marketing-Tricks wurde das MMO dann schnell zu einem der meist erwarteten Spiele 2012. So weit, so gut, denn ab dann wurde es nur noch schlechter. Die erste spielbare Version, die man sich bereits für um die 20 Euro kaufen musste, präsentierte sich als ein flink zusammengeführtes Flickwerk an guten Ideen, die in der Realität nur leider nicht funktionierten. Kein Wunder, Hammerpoint Interactive hatte The War Z auch erst drei Monate zuvor angekündigt und wahrscheinlich auch nicht sonderlich mehr Zeit in die bisherige Entwicklung gesteckt.
Zwar verbesserte sich die Situation zunehmend durch regelmäßige Updates, doch die Entwickler und gerade Sergey Titov wussten sehr gut, wie man von einem Fettnäpfchen ins nächste trampeln kann. Ein paar nicht eingehaltene Versprechungen hier, dunkle Enthüllungen ehemaliger Mitarbeiter da, ein komplett verpatzter Release auf Valves Verkaufsplattform Steam und zum Schluss noch der Streit um den Namen War Z mit Hollywood-Gigant Paramount Pictures (World War Z). Das wirklich Schlimme an der Sache ist aber eigentlich, dass mir dieses Spiel so verdammt viel Spaß macht. Zwar sollte mich die ganze Negativpresse abschrecken, doch sie tut es nicht. The War Z ist ein gelungenes Spiel, das seinem geistigen Vater DayZ einiges voraushat. Gespannt bin ich jetzt vor allem, wie sich die Sache 2013 entwickeln wird und ob DayZ als eigenständiges Spiel auf den Markt kommt. Erwartet mich hier ein weiterer ewig währender Kampf wie bei Battlefield und Call of Duty, Xbox und PlayStation, Coka Cola und Pepsi?
World of Tanks: Erfolgsträger des Jahres 2012 (Sebastian Lammich)
Schon wieder ist ein Jahr um und vieles hat sich in der MMO-Szene getan. Doch wenn eines in diesem Jahr gleich geblieben ist, dann ist es der lang anhaltende Erfolgszug von World of Tanks. Zum Jahresabschluss 2012 hatte der russische Entwickler Wargaming.net zwei neue Rekorde aufgestellt. Zum einen waren zu Spitzenzeiten bis zu 600.000 Spieler gleichzeitig auf einem Server aktiv und zweitens kletterte die Anzahl von registrierten Nutzern über die 45-Millionen-Marke. 2011 sprach man noch vom Aufsteiger des Jahres und heute gehört World of Tanks schon zum Grundbestandteil der Szene. Ein, von außen betrachtet, simples Spielprinzip überrollt alles Bekannte und erhält in diesem Jahr sogar den Golden Joystick in der Kategorie bestes MMO. Dahinter steckt eine Erfolgsgeschichte, die dieses Jahr volle Fahrt aufnahm. Durch den Erfolg ihres MMORTS schaffte das Unternehmen 2012 den großen Durchbruch. Es gelang ihnen, sich auf dem hart umkämpften asiatischen Markt zu etablieren. Neben der großen Expansion des Unternehmens blieb World of Tanks aber nicht zurück.
Mit neuen HD-Texturen, einer ausgeklügelten Physik-Engine, neuen Karten und Panzern sowie der Briten-Fraktion und vielen weiteren Verbesserungen entwickelte sich das Spiel stetig weiter. Überraschend dabei war, in welcher Geschwindigkeit die Updates rausgebracht wurden. Jeden Monat erschien ein größerer Patch, welcher Verbesserungen und neuen Content enthielt. Wenn dann gerade kein Patch anstand, lockte Wargaming.net seine Nutzer mit Events, Feiern oder Wettkämpfen, wodurch World of Tanks das ganze Jahr über präsent blieb. Ein Ziel, welches von vielen anderen Unternehmen als vernachlässigbar angesehen wird. Deren Spiele hatten aber auch nicht das Glück als offizielle e-Sportart bei den World Cyber Games 2012 dabei zu sein. Durch den neuen Bekanntheitsgrad, den World of Tanks dadurch erreicht hat, ist es nun fest als wichtiger Bestandteil der Szene verankert. Hier wage ich die Prognose, dass Wargaming.net auch 2013 seinen Erfolgszug weiter fortsetzten wird. Ob dann aber World of Tanks seine konkurrenzlose Stellung behaupten kann oder ob die neuen Kreationen von Wargaming.net den Panzern den Rang ablaufen werden, wird uns nur die Zeit zeigen können.
The Secret World – Verkanntes Genie? (Christian Liebert)
Etwas traurig stimmt mich dieses Jahr der bisher sehr holprige Verlauf von Funcoms neuem MMORPG The Secret World. Obwohl das Online-Rollenspiel wie kein anderes frischen Wind in das Genre bringt, bahnte sich gleich zum Start beinahe ein Flop an. Schwacher Verkaufsstart, schwindende Spieler und immer mehr Entlassungen beim Entwickler. Es sah zu Beginn wirklich alles andere als schön für das Game aus. Dabei bietet The Secret World eigentlich alles, was ein gutes Onlinespiel braucht: eine packende Story, modernes Setting, eine offene Charakterentwicklung und vertonte Dialoge. Scheinbar reichte dies nicht aus, da viele Spieler The Secret World eher negativ gegenübertraten. Dies kann vor allem mit der nicht ganz so ruhmreichen Vergangenheit von Entwickler Funcom zusammenhängen, der mit Age of Conan eines der größten Desaster in der MMO-Geschichte abgeliefert hatte. Das Spiel wurde seiner Zeit so unfertig veröffentlicht, dass, obwohl der Start mit über einer Millionen verkauften Einheiten sehr stark anfing, das Spiel seine reale Chance auf den Online-Rollenspiel-Thron gleich wieder verspielte.
In den Köpfen der Spielerschaft blieb dies sicherlich hängen und so driftete auch The Secret World in den Schatten des Genres ab. Dass es aber dennoch gute Gründe dafür gibt, dieses MMORPG doch zu spielen, haben wir euch ja bereits in einem umfangreichen Artikel ausgiebig erläutert. Einen weiteren Pluspunkt machte Funcom allerdings in diesem Monat, als sie sich dazu entschieden, das Bezahlmodell auf Buy-2-Play zu ändern. Jetzt muss der Spieler nur noch den Gameclient für ca. 30 Euro kaufen und kann dann ohne monatliche Kosten spielen. Nur für einige kleine Boni und Content-Updates fallen jetzt noch Gebühren an. Seither geht es wieder bergauf, die Server füllen sich und ich kann nur wirklich jedem Fan von Geistergeschichten, Verschwörungstheorien und Mysterie-Serien ans Herz legen, einen Blick in das Spiel zu werfen. Es lohnt sich auf alle Fälle. Funcoms Liebe zum Detail sucht seines Gleichen.