Vor 15 Jahren waren Handys nur zum Telefonieren gut und hatten diese tolle Option, dass man kurze Textnachrichten, die sogenannten SMS, verschicken konnte. Mit dem simplen Zeitvertreib Snake wurde ein erster Schritt in Richtung Entertainment getan und der Ansatz von einem Videospiel auf das mobile Telefon gebracht. Obwohl das Gameplay damals noch an erste Automaten-Spiele aus den frühen 1980ern erinnerte, zeigte sich schnell, dass grundlegendes Interesse an einer solchen Plattform vorhanden ist. Warum auch nicht? Handys wurden damals immer populärer, jeder hatte plötzlich so ein Gerät und der Bedarf galt nicht mehr nur reinen Kommunikations-Optionen. Mit der Einführung der Apps, die vor allem von Apples iPhone vorangetrieben wurde, nahmen die Handys immer neue Gestalten an und verwandelten sich in Smartphones, einer neuen Generation mobiler Telekommunikation, deren technische Entwicklung immer weiter voranschreitet. Wo früher kleine Jump'n Runs der Wartezeit-Überbrückung dienten, finden heute komplexe Games Platz, die ihrem Namen alle Ehre machen. Aufwendige 3D-Grafik, Zwischensequenzen in HD-Qualität und eine butterweiche Steuerung zeichnen einen Trend ab, der immer größeres Interesse und Beachtung findet. Werden Smartphones zur Konkurrenz für klassische Handhelds wie den Nintendo 3DS oder die PlayStation Vita? In unserem Special zeigen wir euch, was diese neue Generation Games auf dem Kasten hat und mit welchen Barrieren immer noch gekämpft wird.
Evolution schafft neue Plattformen
Hätte man Ende der 1990er daran gedacht, dass der neue Trend der Handys – wie Mobiltelefone in Deutschland fälschlicherweise bezeichnet werden – in in Richtung Gaming gehen würde, hätte man beim damaligen Angebot und den technischen Möglichkeiten seiner Zeit müde gelächelt. Heute ist das anders, Bedarf schafft Ideen und diese sorgen wiederum für Weiterentwicklung. Wenn man also merkt, dass primitive Games wie Snake so viele Menschen begeistern, dann erschafft man Möglichkeiten, dieses Konzept zu verbessern. Dies geht zwangsläufig nur durch das Integrieren stärkerer Hardware, die aber auch wieder neue Möglichkeiten für frische Produkte hervorbringt. Ein ewiger Kreislauf, an dessen derzeitigem Punkt wir derzeit stehen und unseren Augen nicht trauen. Wo vor ein paar Jahren gerade mal Game-Boy-Optik möglich war, präsentieren aktuelle Geräte plötzlich Spiele, die mit gestochen scharfer HD-Grafik, einer eindrucksvollen Soundkulisse und umfangreichem Gameplay brillieren. Das alles auf einem Gerät, das sich früher nur zum Telefonieren eignete. Smartphones und Tablets machen es möglich. So staunt man nicht schlecht, wenn einem die Android- und iOS-Version von Dead Space vor Spannung die Nackenhaare aufsteigen lässt, man bei hitzigen Autorennen in Need for Speed: Most Wanted mitfiebert oder sich bei Dead Trigger durch Horden von Zombies ballert. Dabei kommen diese Games ohne reguläre Controller oder Tasten aus. Alles funktioniert bequem über das Touch-Eingabefeld des jeweiligen Gerätes. Die Auswahl deckt so gut wie alle Genres ab und beherbergt neben bekannten Franchises auch etliche neue Titel. Interessant ist dabei vor allem der Preis. Während man für ein durchschnittliches Spiel für den 3DS oder die PS Vita immer noch um die 40 Euro zahlt, bekommt man die meisten Games für Android und iOS schon für um die fünf Euro. Schnäppchen möchte man meinen. Allerdings hat man dafür auch mit einigen Entbehrungen zu leben, wie wir euch nachher noch zeigen werden.
Jetzt schreiben wir hier schon wieder nur von den großen Namen, den üblichen Verdächtigen der Gaming-Industrie. Dabei waren es gar nicht EA oder Rockstar, die diesen Trend vorangetrieben haben. Der Ursprung liegt bei ganz anderen Spielen, die vor allem mit ihren einfachen Konzepten die Massen begeisterten. Snake war seiner Zeit nur der Anfang, aber zeigte auch gleichzeitig, was die Konsumenten wollen: schlichten Zeitvertreib mit Dauerbrenner-Garantie. Fast jeder Zweite hat schon Titel wie Angry Birds, Doodle Jump oder Fruit Ninja gespielt. Einfache Ideen, die mit ihrem zwar repetitiven, aber dennoch fesselndem Gameplay punkten konnten. Mittlerweile hat sich schon ein wahrer Kult um diese und andere Mobilegames entwickelt. Dabei erinnern sie spielerisch eher an Automaten wie Space Invaders oder Asteroids. Es geht darum, ein Level zu absolvieren oder immer wieder den Highscore zu knacken. Immer neue Versionen und Erweiterungen sorgen für unnachlässigen Spielspaß, der seit Jahren begeistert. Ein Hype war geboren, der den Weg für eine neue Generation Games ebnete.
Erfinderisch in der Not – Die Steuerung
Das wohl größte Problem beim mobilen Gaming ist die Bedienung. Da ein Smartphone oder Tablet in der Regel auf Tasten verzichtet und niemand große Lust verspüren wird, sich einen Controller an sein Hosentaschengerät anzuschließen, muss eben die normale Berührungsfläche herhalten. Dies klappt in den meisten Fällen gar nicht so schlecht. Um sich zum Beispiel in einem Adventure oder einem Shooter zu bewegen, fährt man mit dem linken Daumen über das Display und gibt damit die Richtung an. Mit dem rechten Daumen steuert man das Sichtfeld und die Aktionstasten. Will man ein paar schnelle Runden in einem Rennspiel drehen, verwandelt sich das Gehäuse des Smartphones oder Tablet in ein Lenkrad, bei dem alle wichtigen Aktionen über das Display bedient werden. Klingt auf den ersten Blick alles recht einfach, braucht aber ein bisschen Eingewöhnung und vor allem einen großen Bildschirm. Kleinere Geräte sind hier leider eher benachteiligt. Einfacher wird es dagegen bei simplen Simulatoren, Aufbauspielen oder Klick-Adventures. Hier berührt man auf dem Touchfeld mühelos jenes Objekt, mit dem man gerade interagieren will. Problematisch wird es hier nur mit der Genauigkeit. Hätte Max Payne keine umfangreiche Zielhilfe, würde man in engen Räumen und bei hohem Gegneraufkommen schnell recht dumm dastehen. Tut man leider manchmal auch, da nicht alle Spiele dieses nützliche Feature haben. In einigen Fällen merkt man der Steuerung ihre Behilfsmäßigkeit leider an. Sei es bei wilden Schießereien, kurvenreichen Straßen oder schnellem Reaktionsbedarf. Ein bisschen frustresistent sollte man auf alle Fälle sein.
Hin- und hergerissen
Längst haben hochauflösende HD-Texturen und aufwendige Zwischensequenzen auch vor mobilen Plattformen nicht haltgemacht. Aktuelle Titel wie Dead Trigger oder N.O.V.A. 3 brillieren hier durch ihre hochwertige Optik, die zwar noch nicht mit PC- oder Konsolen-Titeln konkurrieren kann, aber dennoch eine gute Figur macht. Das alles sogar mit recht moderaten Ladezeiten. Problematisch wird dies nur bei älteren Geräten, die bei der hohen Grafikanforderung schnell in die Knie gehen und das erhoffte Spielerlebnis in einer ruckeligen Dia-Show enden lassen. Ein weiteres Problem ist der Speicherplatz. Je nach Gerät stehen davon gerade mal ein paar Gigabyte zur Verfügung. Lediglich die Top-Modelle schaffen es auf satte 64GB interner Speicherkraft, was heutzutage noch kein Standard ist. Umfangreiche Spiele wie GTA: Vice City benötigen schon gut und gerne mal 2GB, was neben Fotos, Videos und anderen Apps schon einen großen Teil des verfügbaren Platzes einnimmt. Um mehrere Titel parat zu haben, müssen schnell Speicherkarten nachgeschoben werden. Dies ist auch mit unter der Grund dafür, dass es sich bei den meisten Markentiteln eher um Ableger, als um vollwertige Portierungen handelt. Mass Effect: Infiltrator zum Beispiel ist ein reiner Deckungs-Shooter und hat außer dem Geballer nichts mit seinem großen Rollenspiel-Bruder gemeinsam. Dafür kostet das Spiel eben auch nur ein Viertel des Preises. Mobilegames sind derzeit eher für den kleinen Zeitvertreib gedacht und haben oft nur eine geringe Spielzeit. Spaß machen sie aber trotzdem.
Anders ist es aber bei ersten Gehversuchen, vollständige Spiele auf die Smartphones und Tablets zu bringen. Neuveröffentlichungen alter Klassiker wie Baphomets Fluch, GTA 3 oder Max Payne bieten ein komplettes Erlebnis zum kleinen Preis. Für unterwegs eine super Sache. Auch wenn die Steuerung oft gewöhnungsbedürftig ist, kommen Freude und Nostalgie auf. Im Gegensatz zu alten, meist entäuschenden Handy-Ablegern, wie sie zuhauf Mitte der 2000er erschienen und zum Glück längst vergessen sind. Die neue Generation hat zum Glück aus alten Fehlern gelernt und profitiert von der modernen Technik. Leider gibt es auf diesem Gebiet noch nicht genügend Titel, um mobiles Gaming wirklich ernst zu nehmen. Aber der Trend geht unablässig in diese Richtung.
Ein Stück Zukunft
Abseits von Portierungen und Wiederverwertungen alter Ideen bieten Smartphones und Tablets auch Platz für Neues. GPS lautet hier das Schlüsselwort und verbindet Ortskennung mit Gaming-Möglichkeiten. Am besten wird dies in Googles neuem MMO-Experiment Ingress demonstriert, bei dem sich der Spieler durch seinen realen Lebensraum bewegt, der digital auf dem Gerät mit diversen interaktiven Objekten bestückt wird. In Form einer Simulation ist er in der Lage, mit diesen zu interagieren und kleinere Aufgaben wie zum Beispiel das Hacken eines fiktiven Computers zu übernehmen. Andere Spieler in seiner Umgebung werden in diesen Vorgang eingeschlossen und können unter anderem zu PvP-Kämpfen herausgefordert oder zur Teamarbeit motiviert werden. Ein interessantes Konzept, was in der Form nur auf mobilen Geräten möglich ist. Bekommen wir hier schon ein Stück Zukunftsmusik zu hören?
Fazit: Auf gutem Wege, doch noch keine Konkurrenz
Wenn man den Bereich der Mobilegames näher betrachtet, steht man ein wenig zwischen den Stühlen. Zum einen gibt es erste Titel, die sich bereits als vollwertige Games beweisen können und nicht nur als bessere Lückenfüller dienen. Andererseits gibt es zu wenig von diesen Lichtblicken, was sich in Zukunft hoffentlich noch ändern wird. Der Trend geht seinen Weg in diese Richtung und die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass wir es bald mit einem immer gereifteren Markt an Spielen für mobile Plattformen zu tun bekommen. Eine wirkliche Konkurrenz für Handhelds sind die Games für Android und iOS derzeit noch nicht, aber die Zahnrädchen stehen nicht still. Hauptprobleme sind zu dieser Zeit vor allem noch die ungenaue Steuerung und die fehlende Performance mancher Endgeräte. Kommt Zeit, kommt Rat und mit einer neuen Hardware-Generation auch wieder neue Möglichkeiten. Der mobile Markt entwickelt sich rasend schnell. Fast jährlich erleben wir wahre Sprünge im Bereich des Möglichen. Während Sony und Nintendo nur alle paar Jahre ein Upgrade ihrer Produkte auf den Markt bringen können, steigern sich Tablets und Smartphone wesentlich schneller. Bald wird man hier aus den Kinderschuhen herauswachsen und einen immer wichtigeren Platz in der Welt der Videospiele einnehmen.