Es kommt nicht selten vor, dass man ein lieb gewonnenes Spiel von früher wieder in die Hand nimmt und ein weiteres Mal durchspielen möchte. Leider kommt es ebenso oft vor, dass man die unbequeme Erkenntnis machen muss, dass der Titel heute nicht mehr so gut ist, wie man ihn bis dahin in Erinnerung behalten hat. Remakes von Klassikern sind längst zu einem Industrie-Standard geworden, doch nicht alle sind wirklich eine Verbesserung gegenüber dem Original. Wir haben fünf Neuauflagen gesammelt, die ihren Vorlagen ganz klar überlegen sind.
Resident Evil (2002)
Auch wenn Capcom das Survival-Horror-Genre nicht erfunden hat, so hat man es 1996 mit Resident Evil entscheidend geprägt. Leider sind die Charakter-Modelle mit ihren staksigen Animationen, die grob matschigen Texturen und die Vertonung auf B-Movie-Qualität binnen kürzester Zeit dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen. 2002 veröffentlichte man dann für Nintendos damals brandneuen GameCube ein identisch betiteltes Remake, mit dem man so einige Änderungen vornahm. Die Grafik wurde generalüberholt, die Sprachausgabe klingt wesentlich professioneller, es kamen neue Areale und Rätsel hinzu. Und schließlich passte man durch Ingame-Dokumente und -Tagebucheinträge den Erstling an den Kanon der folgenden Titel an. Das Remake sollte heute also eure erste Wahl sein, wenn ihr den Auftakt der Reihe erleben wollt. Mit der im vergangenen Jahr veröffentlichten HD-Neuauflage ist das nun auf zahlreichen verschiedenen Plattformen möglich.
Test: Das HD-Remaster von Resident Evil auf dem Prüfstand
Metroid: Zero Mission
Das Ur-Metroid fürs NES ist eins dieser "Was? Wohin? Wieso?"-Spiele. Ohne ausgiebiges Studium der Bedienungsanleitung oder einer Komplettlösung habt ihr nur wenig Ahnung, warum ihr jetzt auf einem fremden Planeten seid und wo ihr als nächstes hin müsst. Story in einem 8-Bit-Titel zu präsentieren, war 1986 mehr als nur ein kleines Kunststück. Bis zum Endbildschirm konntet ihr also unmöglich wissen, dass ihr die ganze Zeit über keinen Roboter, sondern eine Frau in einem Kampfanzug gespielt habt. Das Remake für den Game Boy Advance hat euch hingegen mit einer Oberweltkarte das Vorankommen erleichtert und mit kurzen Zwischensequenzen schicksalhafte Momente, wie die ersten Konfrontationen mit Ridley und Kraid, stimmig in Szene gesetzt. Und das ohne stellenweise zum spielbaren Film zu verkommen, wie in Metroid: Other M. Außerdem durfte Samus in dem brandneuen Epilog unter Beweis stellen, dass sie auch ohne ihren Power Suit alles andere als hilflos ist.
Perfect Dark (XBLA)
Hier hätten genauso gut die fantastischen und ebenfalls von 4J Studios entwickelten Umsetzungen von Banjo-Kazooie und Banjo-Tooie für Xbox Live Arcade stehen können. Während die beiden Banjo-Titel dank ihres zeitlosen Designs und des nach wie vor tadellosen Gameplays wie Wein gealtert sind, ist Perfect Dark auf dem Nintendo 64 wie Milch gealtert. Selbst mit einem eingesteckten Expansion Pak hatte das Original auf dem N64 nicht nur bei Explosionen mit heftigen Slowdowns zu kämpfen. Die Neuauflage hingegen läuft mit 60 Frames pro Sekunde bei einer nativen Auflösung von 1080p und bietet neben dem schon damals hoch gelobten Splitscreen-Modus noch zahlreiche Online-Modi. Die Kampagne leidet auch heute unter wirr beschriebenen Missionszielen und es gibt immer noch keine Checkpoints, aber mit bis zu drei Partnern im Koop ist sie gleich ein ganzes Stück angenehmer. Als besonderes Schmankerl könnt ihr im Versus-Multiplayer auch die Knarren aus einem indizierten Bond-Shooter fürs Nintendo 64 benutzen.
The Secret of Monkey Island: Special Edition
Die frühen 90er waren die Blütezeit der Point & Click-Adventures, an dessen Speerspitze sich LucasArts mit Evergreens wie Day of the Tentacle, Indiana Jones and the Fate of Atlantis und Sam & Max Hit the Road befand. 1990 erschien vor all diesen Spielen The Secret of Monkey Island, das mit seinen Zwerchfell quälenden Dialogen und cleverem Rätseldesign viele Tugenden der nachfolgenden Werke begründete. Mithilfe des Fan-Emulators ScummVM sind die Spiele von damals auch auf normalen Computer-Systemen lauffähig, aber mit dieser Special Edition können sie nicht mithalten. Handgezeichnete Grafiken in HD, neu eingespielte Musikstücke und eine extra für das Remake produzierte Sprachausgabe hauchen dem Klassiker neues Leben ein. Und wem das Abenteuer dadurch zu aufgebrezelt erscheint, kann mit einem einzigen Knopfdruck wieder zum Original wechseln. Die Steuerung per Analogstick auf PlayStation 3 und Xbox 360 ist natürlich nicht mit der Bedienung mittels einer Maus vergleichbar, dennoch ist es ein akzeptabler Kompromiss dafür, dass Monkey Island auf den beiden Plattformen spielbar ist.
SEGA 3D Classics-Reihe
Zugegeben, es ist schon eine etwas linke Nummer, dass hier anstelle eines einzelnen Spiels eine ganze Serie steht. Doch bevor ihr jetzt die Fackeln und Mistgabeln zückt, hört mich bitte an. Emulation von 16-Bit-Titeln ist auf dem Nintendo 3DS nicht reibungslos möglich, deswegen sind SNES-Spiele als Virtual Console-Download nur auf einem New 3DS lauffähig. Der japanische Entwickler M2 hat für die SEGA 3D Classics keinen neuen Emulator erstellt, sondern jedes Spiel einzeln für den Handheld umgesetzt, sodass ihr auch unterwegs Klassiker aus der Spielhalle und vom Mega Drive, wie z.B. Streets of Rage, Space Harrier oder Gunstar Heroes, spielen könnt, ohne Abstriche wegen unzureichender Anpassung an die Hardware hinnehmen zu müssen. Und das auf allen Geräten der 3DS-Familie. Bei einem Preis von 4,99 Euro pro Spiel sind sie dafür auch noch recht günstig und beinhalten zum Teil exklusive Boni, während euch auf der Virtual Console ein SNES-Titel – ohne derartige Extras – deutlich teurer zu stehen kommt. "SEGA does what Nintendon't" trifft hier tatsächlich zu.