Für viele Spieler und auch Gaming-Redakteure ist das „perfekte Onlinespiel“ noch immer ein Mythos. Man kennt ein solches Spiel vielleicht vom Hörensagen, vielleicht von einem passionierten Spieler von World of Warcraft, der Azeroth vor zehn Jahren zur zweiten Heimat erklärt hat. Nun, Menschen wie ich suchen seit zehn Jahren nach dieser Heimat. Und auch unter unseren Lesern vermute ich diese Heimatlosen. Vielleicht fällt es Onlinespielern wie mir und euch leichter, nach dem Richtigen statt dem Perfekten zu suchen? Mit teilweise zugegeben simplen Tipps können wir bei der Suche nach dem Richtigen helfen. Gleichzeitig wird sich so im Laufe dieses Artikels aber auch zeigen, dass es verdammt viele Faktoren zu beachten gibt. Eigentlich geht es uns deshalb eher darum, euch schneller ans Ziel zu führen. Wer dieses kennt, muss nämlich nicht erst 20 Games runterladen, anspielen und löschen.
Tipp 1: Ohne Moos nix los?
Tipp 1 zählt zum grundlegenden Handwerkszeug eines Spielesuchers und wird von den meisten Spielern bestens beherrscht: der Blick in den Geldbeutel. Er war vor Jahren zugegeben viel wichtiger als heute, denn mittlerweile sind die meisten Onlinespiele kostenlos und nach kurzer Anmeldung als Download verfügbar. Es geht aber nicht nur um die klassische Frage nach „Pay-2-Play“ (Kaufpreis und monatliche Gebühren, eventuell Item-Shop), „Buy-2-Play“ (Kaufpreis, eventuell Item-Shop) oder „Free-2-Play“ (Item-Shop) – sondern um die Suche nach versteckten Kosten.
Klar: Will man nicht direkt Geld überweisen, um eine Spielwelt zu betreten, dann kann man sich direkt nach Free-2-Play-Games umschauen. Beachtet aber, dass da draußen noch immer unfaire Item-Shops lauern, die spätestens im Endgame den Kauf bestimmter Gegenstände verlockend machen. Auch wenn kein Kaufzwang besteht, gilt diese Methode als Teil der „versteckten Kosten“. Wenn euch ein Spiel zusagt, googelt am besten nach dessen Name in Kombination mit dem Schlagwort „Shop“, „Item-Shop“, „Pay 2 Win“, „fair“ oder „unfair“. Gezielte Suchergebnisse findet ihr über offizielle Foren, Fanseiten-Foren und die Plattform Reddit, die meist ein eigenes Subreddit für euer Spiel bietet.
Bei interessanten kostenpflichtigen Spielen könnt ihr euch nach Testversionen umschauen. Auch wenn man bei der Vorstellung, direkt oder monatlich zahlen zu müssen, eher zurückschreckt, kann man so von vornherein einen großen Bogen um abzockende Publisher machen.
Tipp 2: Schuster bleib bei deinen Leisten
Die schlimmste Ausgangssituation für die Suche sieht so aus, dass man nicht weiß, wo man anfangen soll. Gerade wenn man in der Vergangenheit vor allem an Offlinespielen hing und eifrig auf Spieledatenbanken wie unsere lange Liste auf playMASSIVE zusteuert, erschrickt man schnell, denn es gibt mehr Onlinespiele als viele denken.
Wer sich bei Offlinespielen für Shooter begeistert, der sollte nicht plötzlich nach MMORPGs, also nach Rollenspielen suchen. Sich für ein Genre zu entscheiden, das mit den eigenen Vorlieben wenig zu tun hat, macht kaum Sinn. Getreu dem Motto „Schuster bleib bei deinen Leisten“ kann man sich die Suche so von vornherein erleichtern.
Die Idee, die in den Köpfen der Branchen-Urväter in den 90er-Jahren umherschwirrte, war ja, weiterhin großartige Spiele zu produzieren – und sie durch das Verbinden von Spielern auf einem gemeinsamen Server noch großartiger werden zu lassen. Onlinespiele müssen das Rad nicht neu erfinden und Onlinespieler müssen nicht nach einem neuen Messias suchen, sondern sich nur von dem Miteinander begeistern lassen. Das Gameplay ist bestenfalls ähnlich dem, was man seit Jahren kennt und liebt.
Keine Angst: Eigentlich bieten alle Genres ein breites Angebot, ihr habt also noch eine Auswahl. Rollenspieler betreten virtuelle Welten in MMORPGs, Hobby-Schützen machen ein MMOFPS oder schlicht einen Online-Shooter unsicher, und Strategen haben in einer MOBA oder in Kriegssimulationen im Stile von NavyField die größte Chance auf Glück.
Tipp 3: Achtung, marodes Business
Das Geschäft mit den Onlinespielen ist eine einzige Hassliebe zwischen Spielern und Entwicklern beziehungsweise Publishern. Viele Publisher lieben und schätzen ihre Schäfchen so lange die Server gut gefüllt sind und die Kassen klingeln. Ist das nicht mehr der Fall, gehen plötzlich die Server vom Netz und Aus ist das Online-Abenteuer. Besonders bitter, wenn man Monate und Jahre mit dem Aufbau eines Charakters verbracht hat. Es ist ein Fehler, der in den Köpfen vieler Entscheidungsträger verhaftet ist – und leider vor allem auch ein Problem, das sich bei deutschen Unternehmen beobachten lässt.
So lange die Publisher ihr Denken nicht ändern und Entwickler ihre Spiele anders als das Vorbild Guild Wars nicht mit dem Gedanken konzipieren, dass ein Spiel mit automatisierten Funktionen auch endlos online bleiben kann, stellt uns die Branche vor ein Optimierungsproblem. Wenn uns Publisher enttäuschen, müssen wir diese Enttäuschung minimieren.
Versucht bei einem interessanten Spiel nach älteren Produkten des Publishers zu suchen und herauszufinden, ob diese eingestellt wurden – das funktioniert mit den Google-Stichwörtern „Shut down“ oder „Eingestellt“ nebst dem Namen des Publishers ganz gut. Besondere Achtsamkeit ist leider bei Publishern geboten, die ganze Portale mit vielen Spielen aufgebaut haben – auch sehr beliebt in Deutschland. Dort ist die Liste der angebotenen Spiele zwar lang, das ist aber noch kein Qualitätsmerkmal. Die Liste ist meist nämlich nicht so lang, weil die Unternehmen noch nie ein Spiel vom Netz nahmen. Der Grund ist oft viel einfacher: Was Erfolg bringt, bleibt – und was scheitert, wird durch ein neues Experiment ersetzt. Schaut in den Foren vorbei und guckt, wie aktiv die Community ist. Um beim Spielen Spaß zu haben, meldet man sich besser nicht für eine Leiche an.
Tipp 4: The cake is a lie.
Wie Tipp 3 vermuten lässt, geht es teilweise darum, sich nicht von falschen Versprechen und Vorstellungen verlocken zu lassen. Entwickler und Publisher sind nicht der natürliche Feind des Spielers. Viele Studios und Anbieter machen ihre Sache verdammt gut. Man kann den Unternehmen mit einem gewissen Risiko vertrauen – oder sich selbst die Informationen beschaffen, die man braucht.
Informationen, die die meisten Spieler suchen, sind keine langen Texte, sondern Gameplay-Eindrücke. Dieses Bedürfnis erfüllen die Webseiten der Onlinespiele mit Unmengen an Screenshots und Trailern. Gerade kinoreife Cinematic-Trailer sollen in den Videobereichen Qualität vermitteln und Spielern sagen: „Wir haben’s drauf“. Diese Filmchen dienen als Service für treue Fans, aber als Werbespot für interessierte Videospieler. Auch haben die Anbieter längst Photoshop entdeckt und Publisher wissen eigentlich immer ganz genau, ob sie sich mit einem Produkt großen Müll eingekauft haben. Deshalb werden Screenshots vereinzelt mit Filtern aufgehübscht und nervige Kanten eliminiert. Einmal abgesehen davon, dass stets die schönsten Ecken einer Spielwelt fotografiert und veröffentlicht werden.
Ein übler Trick, der gerade bei Nutzern mit schwacher Internetverbindung nach dem Download Enttäuschung hinterlässt. Das Internet als Ort der Transparenz bietet bessere Wege, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Schaut bei Live-Streams auf Twitch vorbei oder genießt die Videos von fleißigen Let’s Playern. Ihr müsst keiner Webseite, auch keinem Fazit einer Redaktion trauen, sondern nur euren eigenen Augen.