Inhaltsverzeichnis
GhostWire: Tokyo ist ein merkwürdiges Spiel. Ist es jetzt ein Horrorspiel? Ist es nun ein Actionspiel? Oder irgendetwas dazwischen?
Während die Genreausrichtung einen fragwürdigen Mix darstellt und ich ab und zu das Gefühl habe, dass Shinji Mikami lieber früher als später vom Horrorgenre weg möchte, ist der Titel von Tango Gameworks dennoch aus vielerlei Gründen ein beachtliches Stück Mediengut.
Hängen wir uns also heute einmal nicht am eintönigen Kampfsystem auf und lassen die zähe Story – die erst zum Schluss so richtig an Fahrt aufnimmt – außen vor, hatte ich doch eine Menge Spaß mit dem Spiel. Denn den hatte ich definitiv, auch wenn die Antwort nach dem „Warum eigentlich“ wie so oft zwischen den Zeilen verborgen liegt.
Was also kann an „GhostWire: Tokyo“ begeistern? Das ist im Endeffekt eine ganze Menge, denn der willkommene japanische Einfluss ist allgegenwärtig. Ich meine, klar, es spielt in Tokio, Japan. Aber wenn es nicht von einem japanasichen Entwicklerstudio produziert worden wäre, wäre das wohl gar nicht so auffällig. Und bei Weitem nicht so erstklassig in Szene gesetzt. Hier und da habe ich echt gestaunt. Ist das noch ein Spiel oder schon ein Tokio-Walking-Simulator? Und warum eigentlich nicht beides?
Die nachfolgenden Dinge machen „GhostWire: Tokyo“ wahrlich einzigartig, zumindest für mich, sodass ich jedem ans Herz legen würde, dem Spiel eine Chance zu geben!
Schmackhaftes Essen, gut fürs.. Leben?
Oh je, ich habe Hunger! Kaum ein Spiel hat das Wiedergewinnen von Lebenspunkten so toll gemeistert wie „GhostWire: Tokyo“. Ich meine, schaut euch diese Bilder doch einmal an!
Wer hier keinen Hunger bekommt, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Erstklassige Speisen aus der japanischen Küche entpuppen sich als lebenswichtiges Feature, das wir mit Akito verköstigen, um seine und damit unsere Lebensanzeige wieder aufzufüllen. Besser geht es doch gar nicht?
Und falls ihr euch noch nicht ganz sicher seid, welche Speisen ihr dem Protagonisten verabreichen möchtet, hilft euch da der hiesige Markt schon weiter. Es gibt viele traditionelle Spezialitäten, die jeweils einen unterschiedlichen Effekt haben – manche geben mehr, manche weniger Lebenspunkte. Und die Speisen gibt es dann auch nochmal als Geistervariante, dem Unterwelt-Pendant. Ob die in der Realität auch so gut schmecken würden wie die Originale? Na, ich weiß ja nicht!
Das Problem an der Sache ist nur, dass ich am liebsten alles selbst verspeisen möchte, während ich meinem digitalen Freund Akito lediglich dabei zu sehen darf. Er isst leckerste Onigiri mit Thunfisch-Mayo oder Lachs, speist Yakitori mit himmlisch-schmackhafter Soße und das Dango erst. Letzteres habe ich persönlich zwar noch nie gegessen, aber es sieht einfach toll aus!
Fest steht: es wird mal wieder Zeit für die japanische Meile auf der Immermannstraße in Düsseldorf, die ich jedem nur wärmstens empfehlen kann, wenn es aktuell nicht für einen Trip nach Japan reicht!
Aber zur Strafe, dass ich nichts abbekomme, bekommt Akito von mir erst einmal schöne Takoyaki (Tintenfisch im Teigmantel) serviert, das so schleimig und widerlich wie glitschig schmeckt, dass diese Speise nur ein echter Gourmet zu genießen weiß – zu denen ich glücklicherweise nicht zähle. Das hast du jetzt davon, Akito!
Sightseeing deluxe, da muss ich hin!
Aber das Essen und jene Studien darüber sind nicht der einzige Grund, wieso der Titel so viel Spaß macht. Selten habe ich solch eine spannende Datenbank gesehen, die mich dazu ermutigt hat, so viele Einträge wie nur irgend möglich zu studieren. Denn nicht nur das Essen wird im Detail beschrieben.
Es wird sehr schnell klar, dass die Entwickler*innen in jeglicher Hinsicht viel Wert auf Authentizität gelegt haben. Weite Teile der digitalen Stadt existieren in der Wirklichkeit.
Die sogenannten Wahrzeichen werden der Datenbank automatisch hinzugefügt, wenn wir sie entdecken. Im Verzeichnis erfahren wir alles über das berühmt-berüchtigte Einkaufszentrum 429 oder den in die Jahre gekommenen Stadtteil Enzancho im Herzen Shibuyas.
Da ist der Tokyo Tower mit seinem pompös in Szene gesetzten Eingang nur ein kleiner Teil von dem, was wir über die Stadt lernen und virtuell sehen können. Da möchte man umgehend nach Japan reisen!
Wir dürfen also einen kleinen Urlaub in Tokio verbringen, obwohl wir selbst gar nicht vor Ort sind. Zugegeben, da stellt sich ein wenig Fernweh ein. Aber der wertvolle Lerneffekt ist durchaus gegeben und super praktisch. Falls wir denn dann doch nochmal in physischer Form nach Japan reisen werden in der Zukunft, kennen wir uns dank dieser unorthodoxen Lernmethode schon bestens aus in Tokio? Das ist doch was!
Doch wie so oft sind es auch die kleinen Dinge. Es gibt viele Ecken, die zum Entschleunigen einladen – wie dieser Park voller Kirschblüten – den ich einfach umgehend näher betrachten möchte.
Nebenmissionen sind Pflicht
Auch bei den Örtlichkeiten empfehle ich, immer mal wieder einen Blick in die Datenbank zu werfen. Denn die Hintergründe der Großstadt werden im Detail beleuchtet. Und wo wir schon beim Stichpunkt Datenbank und Örtchen sind. Hier mein Lieblingseintrag unter Schlüsselgegenstände, die wir im Spiel finden können.
Diesen Schlüsselgegenstand benötigen wir im Spiel für eine wichtige Nebenmission. Denn bei dem „Mann, der Papier braucht“ ist die Kacke buchstäblich am Dampfen.
Die Entwickler*innen haben Humor. Und die Schüssel sprengen, das machen Menschen nun mal in jedem Land? Authentizität eben.
Aber davon ab gibt es viele Nebenmissionen, die zum Mitfühlen einladen, während andere eher schauriger Natur sind, da hier urbane Legenden aus der japanischen Kultur ihren Einsatz finden.
Auch hier haben die Japaner stets mit Bedacht programmiert, die mindestens ein Auge immer auf die Authentizität der Spielerfahrung gerichtet haben. Meine liebste Nebenmission beinhaltet ein Easter Egg, das an den Horrorklassiker „Resident Evil“ (1996) erinnert. Wahrlich eine nostalgischer Flashback der Extraklasse!
Noch einen Extra?!
Und apropos Extras. Ach ja, und wir können Hunde streicheln in „GhostWire: Tokyo“. Hunde streicheln. Hallo? Wenn euch das nicht überzeugt, dann weiß ich auch nicht!
Es gibt also ziemlich viele Gründe, die für das Spiel sprechen. Und das sind selbstredend noch lange nicht alle. Aber jetzt habt ihr vielleicht einen kleinen Eindruck davon, wie viel Herzblut in diesem Titel steckt. Denn wenn man eines über die Entwickler*innen bei Tango Gameworks sagen kann, dann, dass sie ihre Arbeit wirklich lieben und das spürt man.