GhostWire: Tokyo bringt uns zum Schaudern. Obwohl es im Kern ein Actionspiel ist, was wir unter anderem am flotten Kampfsystem erkennen, ist es zu Teilen auch ein Horrorspiel. Das Übernatürliche, die Geister, die uns an den Kragen wollen, und einige gruselige Passagen haben es wahrlich in sich.
Diesen Aspekt des Spiels vergisst man ab und an bei all der Action. Doch die Handschrift von Shinji Mikami (Executive Producer) ist klar erkennbar. Aber wo ein Anfang ist, da ist zumeist auch ein Ende.
GhostWire: Tokyo – Das Ende vom Mikami-Horror?
Die Videospiellegende Shinji Mikami ließ zuletzt nämlich durchblicken, dass es an der Zeit ist, mit Tango Gameworks künftig in eine andere Richtung zu gehen.
Sie wollen weg von dem Horrorimage und deshalb auch in Zukunft Spiele produzieren, die nicht in das Korsett eines Horrorspiels passen. Es klingt so, als wäre Mikami-san erst einmal durch mit dem Thema Horror.
In gewisser Weise schließt sich hier der Kreis also. Mikami, der Schöpfer von „Resident Evil“, der das Horrorgenre mit Capcom im Jahre 1996 maßgeblich für die Videospielindustrie geprägt hat, lässt eben jenes Genre nun endlich hinter sich. Er hat in der Vergangenheit zwar hin und wieder an anderen Spielen gearbeitet, aber fand bis zuletzt mit The Evil Within 2 immer wieder zu seinen Horrorwurzeln zurück.
Wenn wir das allererste „Resident Evil“ also gewissermaßen als Startpunkt von Mikami-sans Horrorreise interpretieren, können wir sagen, dass „GhostWire: Tokyo“ dem gegenübergestellt das Ende dieser Reise darstellt.
Resident Evil: Easter-Egg dient als Symbolik
Bewusst oder unbewusst wurde dies sogar symbolisch in Szene gesetzt in „GhostWire: Tokyo“. Ein Easter Egg, das wir im Spiel vorfinden, verweist mit seiner bloßen Existenz auf das erste „Resident Evil“.
Hierbei handelt es sich um die Nebenmission „Fluchkomposition“, die uns in die Klavierschule führt. Doch schon in der Nähe der Örtlichkeit macht sich sanfte Nostalgie breit, wenn wir die Mondscheinsonate von Ludwig van Beethoven in unseren Ohren erklingen hören.
Die Nebenmission ist dabei im Grunde recht simpel. Wir helfen der Pianistin Santon, die dem Zorn des schlechteren Meisters Giovanni erlag. Die Leiden eines Wunderkindes eben. Nun vermag sie jedoch endlich ihre Ruhe zu finden. Aber ein bitterer Beigeschmack bleibt nach dieser Nebenmission bestehen.
Viele von uns, die „Resident Evil“ in 1996 oder danach in den Anfangstagen der PlayStation gespielt haben, kennen die Mondscheinsonate sehr gut. Jill Valentine spielt sie, nachdem sie entsprechende Notenblätter in die Hände bekommt. Das Spielen als solches wurde wiederum als Rätsel verbaut. Denn hinter einer geheimen Wand verbirgt sich eines der Objekte, die wir zum Voranschreiten im Mansion benötigen.
Seither hat sich dieses Meisterwerk von Beethoven in unseren Geist eingebrannt. Und das Stück nun in Mikamis vermeintlich letztem Horrorspiel zu begegnen, löst wahrlich ein merk- und denkwürdiges Gefühl aus. Wo ein Anfang ist, ist immer auch ein Ende?
Aber wie wir wissen, dient ein Ende auch nicht selten als Neuanfang. Stichwort Kojima Productions.
In diesem Sinne bin ich gespannt, was Shinji Mikami mit Tango Gameworks in Zukunft plant und ob die Spiele der nächsten Generation auch so gut ankommen wie The Evil Within oder das noch recht knackfrische GhostWire: Tokyo. Ich für meinen Teil fände es schade, wenn so gar nichts mehr in diese Richtung käme.
Und wer weiß? Vielleicht überrascht uns das Entwicklerstudio eines Tages ja doch nochmal mit einem Horrorspiel? Was würdet ihr euch von Tango Gameworks in Zukunft lieber wünschen?
Jüngst hat Mikami-san übrigens den Schöpfer von Silent Hill besucht. Diesen 40-minütigen Talk solltet ihr auf keinen Fall verpasst haben!