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Guild Wars 2: Guild Wars 2 im Test: Erwartungen, Innovationen und ein gutes MMORPG

ArenaNet bietet mit Guild Wars 2 nicht nur den offiziellen Nachfolger zu Guild Wars an, sondern schafft einen heißen Anwärter auf das MMORPG des Jahres 2012. Mit NCsoft holen sich die Entwickler außerdem einen gigantischen Publisher ins Boot, der den Hit fachgerecht vermarkten kann. Neben den guten Rahmenbedingungen bietet Guild Wars 2 aber in erster Linie Neuheiten, die die zur Zeit triste MMOG-Branche durchaus gebrauchen kann. Ob die Entwickler das Rad jedoch neu erfunden haben, oder Altbekanntes nur neu verpackt wurde erfahrt ihr natürlich in unserem Test. Außerdem habe ich mir die Mühe gemacht, in der kurzen Zeit auf Level 80 zu kommen, um einen ersten Blick in den Endgame-Content zu werfen und zu prüfen, ob Guild Wars 2 auch langfristig für Unterhaltung sorgen kann. Wird der Titel dem Hype gerecht? Oder verbirgt sich doch eine weitere Enttäuschung hinter einem großen Namen? Das und mehr erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

Untote Riesendrachen und andere Bösewichte

Die Geschichte des Vorgängers wird in Guild Wars 2 natürlich fortgesetzt. Ungefähr 250 Jahre nach „Eye of the North“ setzt der Zeitstrang erneut ein und stellt die Spieler vor eine epische Herausforderung: Die Drachen haben sich Tyria unter den Nagel gerissen, verwüsten ganze Landstriche und terrorisieren die Bevölkerung. Doch damit nicht genug: Nachdem Siedlungen, Dörfer und Städte niederbrannten, machten sich die Drachen die überlebenden Bewohner zunutze und somit zu willenlosem Werkzeug für ihre grausamen Machenschaften. Besonders zu erwähnen sind hierbei die Ruinen von Orr, wo Zhaitan, geschützt aus der Stadt Arah heraus, das Zentrum des Bösen bildet. Seine Streitmacht von Untoten hob das versunkene Königreich zurück an die Oberfläche und löste dabei Erdbeben aus, die gewaltige Flutwellen zur Folge hatten, welche viele Küstenregionen einschließlich des Kampfarchipels und der Stadt Löwenstein zerstörten. Und genau hier setzt eure Geschichte ein, denn nur ein wahrer Held kann Tyria befreien und die Drachen besiegen. Ein wahrer Held? Nun, nicht ganz, erst wenn sich die fünf Völker vereinen und gemeinsam gegen das Unheil antreten, kann die Welt gerettet werden.

Neben der allgemeinen Story hat jeder Charakter zudem seine eigene ganz persönliche Geschichte, die er durch getroffene Entscheidungen bei der Erstellung beeinflusst. Dadurch alleine ergeben sich verschiedene persönliche Erzählstränge, die in Form von Missionen immer instanziert alleine oder als Gruppe absolviert werden können. Hinzu kommen Entscheidungen, die in manchen eurer Missionen getroffen werden müssen. Auch diese haben einen großen Einfluss auf den weiteren Verlauf der eigenen Geschichte und die folgenden Aufträge. Fast schon einem Einzelspieler-Adventure gleich, besitzt jeder Spieler sein eigenes instanziertes Gebiet in der jeweiligen Hauptstadt der gespielten Rasse. Je nach getroffenen Entscheidungen finden sich dort entsprechend die NPCs wieder. Wer mag, kann seinen Freunden dieses Gebiet zeigen und sie so an der eigenen Geschichte teilhaben lassen.

Vom kleinen Asura bis zur großen Norn

Wie bereits erwähnt dürft ihr in Guild Wars 2 zwischen fünf Völkern wählen, den Menschen, Charr, Asura, Norn und Sylvari. Habt ihr euch für ein Volk entschieden, dürft ihr noch zwischen Männlein und Weiblein unterscheiden. Verschiedene Frisuren und Gesichter lassen sich dann noch ein wenig modifizieren und mit den getroffenen Entscheidungen für eure persönliche Geschichte ist die Charaktererstellung auch schon vollendet. Die Optionen zur Individualisierung sind allerdings eher mittelmäßige Kost, wer also einen umfangreichen Gesichts-Editor erwartet, der wird von Guild Wars 2 leider enttäuscht.

 

Die ersten Schritte durch Tyria

Nachdem wir uns einen schicken Menschen gebastelt haben, werden wir auch gleich freundlich von einer Horde Zentauren begrüßt, oder mit anderen Worten: Wir werden gleich zu Beginn ordentlich gefordert. Die Zentauren greifen tatsächlich eines unserer Dörfer an und versetzen die Bewohner in Angst und Schrecken. Also fix den Rückzug in die Taverne organisieren, nebenbei ein paar Zentauren mit dem Streitkolben zurechtweisen und die Dorfbewohner retten. Der Einstieg ist flott und viel Zeit für Erklärungen wird nicht verschwendet. Getreu dem Motto „Probieren geht über Studieren“ findet man sich dennoch intuitiv zurecht, besonders da Guild Wars 2 nicht zu kompliziert ist. Die Skillleiste ist angenehm klein und bietet zu Beginn nur wenige Skills, die außerdem teilweise noch freigeschaltet werden müssen. So führt das MMORPG angenehm an das Gameplay heran und bietet auch Anfängern ausreichend Zeit, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Nach den ersten Erlebnissen, die gleich zu Beginn in Form von zwei riesigen Steinhänden beeindruckend daherkommen, entdecken wir das erste Gebiet. Das Königin-Tal will erkundet werden, und so laufen wir zur ersten Aufgabe, welche durch ein goldenes Herz auf der Karte gekennzeichnet ist. Aufgaben in dieser Form stellen fortan die Rahmenbedingungen unserer Reise dar, findet man diese doch auf (fast) jeder Karte. Dazu nehmen wir an allerhand Events, also spontanen Ereignissen, teil und sammeln so weitere Erfahrung, Karma und Geld. Dann noch Bäume fällen, Karte erkunden, Erz abbauen und Kräuter ernten und die Erfahrungsquellen wären abgedeckt.

Falls man zwischendurch als Neuling nicht weiterweiß empfiehlt es sich übrigens, eines der anderen Startgebiete zu erkunden, zum Beispiel die Ebenen von Aschfurt. Denn auch im Gebiet der Charr dürfen die anderen Völker Erfahrung sammeln und die Gegend erkunden. Schnell fällt uns besonders auf, dass es viele Kleinigkeiten zu entdecken gibt und die Entwickler mit Liebe zum Detail an die Welt gegangen sind. So finden wir beispielsweise eine junge Dame, die von einem Grizzly vom Picknick abgehalten wird. Töten wir den Bären, freut sich Madame unheimlich und setzt ihr Picknick fort. Und das ganz ohne Event. So macht erkunden Spaß.

Dynamische Events vs. klassische Quests

Doch nach einigen Events wird leider allzu schnell klar: ArenaNet hat das Rad nicht neu erfunden. Die Events sind zwar in dieser Form erfrischend anders, im Grunde aber doch nur ein Questersatz. Für mich als eher lesefaulen und actionorientierten Redakteur eine willkommene Abwechslung, für andere leider nur Einheitsbrei.  So bleiben nach den ersten 20 bis 30 Leveln erste Wiederholungen natürlich nicht erspart, trotzdem findet man immer wieder tolle Events, welche die Laune deutlich steigern, besonders wenn man in einem Kuhkostüm anderen Rindern beibringen muss, wie man mit Hörnern richtig kämpft. Alles in allem stellen Events also nicht die erhoffte Innovation dar, bieten dennoch eine willkommene Abwechslung, die mir persönlich durchaus Freude bereitet.

Charakterentwicklung und Skillsystem

Skillpunkte musst du dir verdienen – hinter dieser Ansage verbergen sich diverse Skill-Herausforderungen. Meist treten diese in Form von Veteranen auf, die bezwungen werden müssen, um einen Skillpunkt zu erlangen. Das ist zu Beginn noch äußerst interessant und nicht immer leicht, wird aber nach einiger Zeit schnell zur Routine und nervig, wenn der Skill, den man unbedingt haben möchte, 30 Punkte kostet. Skillpunkte findet man dafür auf jeder Karte, und man sollte sie in jedem Falle erschließen, da man im späteren Verlauf legendäre Items damit herstellen kann. Ab Stufe 80 kann man übrigens weiter Erfahrung sammeln und erhält für jedes weitere „Level“ einen Skillpunkt dazu. Neben den Skillpunkten für eure Slot-Fertigkeiten erhält euer Charakter außerdem ab Stufe 11 einen Eigenschaftspunkt, der auf die verschiedenen Eigenschaften verteilt werden kann. Insgesamt fünf verschiedene Eigenschaften mit maximal 30 Punkten machen die Auswahl nicht gerade leicht und bieten euch genügend Freiraum, euren Charakter nach euren Vorlieben zu gestalten. Worauf ihr euch spezialisieren wollt, ist euch natürlich selbst überlassen. Für die Eigenschaften muss man sich jedoch vorher bei einem Trainer (in jeder Stadt zu finden) ein entsprechendes Buch kaufen, damit man die Punkte verteilen darf. Habt ihr eure Punkte verteilt und eure Fertigkeiten ausgewählt, dürft ihr wieder die große Welt von Tyria erkunden.

Eine kurze Erwähnung müssen an dieser Stelle auch die zahlreichen Skins finden. Die Designer von ArenaNet haben sich große Mühe gegeben und viele verschiedene Erscheinungsformen von Rüstungen und Waffen entworfen. Hinzu kommen zahlreiche Farben, die erst gefunden werden müssen und eure Rüstung entsprechend einfärben können. Wie bereits in Guild Wars kann die Jagd nach dem perfekten Style also beginnen.

Ohne Moos nix los

Wie bereits weiter vorne erwähnt, spielt das Abbauen von verschiedenen Rohstoffen eine wichtige Rolle in Guild Wars 2. Egal ob mit Axt, Sichel oder Spitzhacke, ihr solltet alles mitnehmen, was auch nur ansatzweise auf eurem Weg liegt. Das bringt nicht nur eine Menge Erfahrung, sondern schafft zeitgleich die Grundlage für eure gewählten Handwerksberufe. Zwei Jobs darf jeder Spieler dabei zeitgleich ausüben und hat die Wahl zwischen Koch, Waffenschmied, Rüstungsschmied, Juwelier, Waidmann, Konstrukteur, Schneider und Lederer. Wer mag, darf zudem für kleines Entgelt den Beruf wechseln, behält aber seine bereits gesammelte Erfahrung, Rezepte und Punkte bei. Neue Rezepte müssen sich die Spieler zudem nicht kaufen – wie bei einem Puzzle darf hier geknobelt werden. Der Schwierigkeitsgrad hält sich dabei jedoch in Grenzen, und auch Neulinge stellen schnell passende Ausrüstung für sich und Freunde her.

Neben der Ausrüstung erlangt ihr auch während der Herstellung Erfahrungspunkte für euren Charakter. Handwerksberufe stellen also eine nette Erfahrungsquelle dar, die nicht außer Acht gelassen werden sollte. Doch Vorsicht: Habt ihr nicht genügend Ressourcen gesammelt, wirkt sich das Crafting schnell auf euren Geldbeutel aus und zwar im negativen Sinne. Man braucht also nicht nur Moos für ein Rezept, sondern auch Moos in Form von Geld, sonst sitzt man schnell auf dem Trockenen. Wichtig ist also auch hier, die Balance zwischen Farmen und Erschaffen zu wahren.

Instanzen? Check.

Neben 25 verschiedenen Zonen mit zugehörigem Welt-Boss und sechs Städten bietet Guild Wars 2 zudem (bisher) acht Instanzen für Gruppen von bis zu fünf Spielern. Jeder Dungeon beinhaltet dabei einen Geschichts-Modus sowie einen Erkundungs-Modus, der nochmals in drei verschiedene Versionen unterteilt ist. Insgesamt kann also von 32 Instanzarten gesprochen werden, da sich die einzelnen Versionen und Modi stark voneinander unterscheiden. Die Dungeons selbst kann man getrost als „klassisch“ bezeichnen, finden sich dort doch nach diversen Zwischengegnern immer auch ein Endgegner und entsprechende Belohnungen. Neu ist jedoch, dass auch während eines Ausfluges in einem Gewölbe plötzlich ein Event in Form von zum Beispiel überraschend auftauchenden Höhlentrollen starten kann, was die Erkundungen nochmals interessanter macht. Die erste Instanz, die Katakomben von Ascalon, dürft ihr übrigens ab Stufe 30 im Startgebiet der Charr betreten, die zugehörigen Erkundungs-Modi folgen mit Stufe 35. Hier wird in Zukunft sicher ein Video von uns folgen.

Herz der Nebel oder ewige Schlachtfelder?

Zwei Modi und doppelter Spaß für PvP-Fans, vorausgesetzt man mag denn beide. Im Herz der Nebel findet ihr den strukturierten PvP-Modus, in welchem auf verschiedenen Schlachtfeldern entweder mit acht gegen acht oder fünf gegen fünf gespielt wird. Hierzu musst du als Spieler keine Voraussetzungen erfüllen und kannst sofort einsteigen, ohne dir den PvE-Inhalt angesehen zu haben. Im strukturierten PvP, kurz sPvP, sind die Regeln für alle Beteiligten gleich. Jeder Spieler hat Zugriff auf die gleichen Rüstungen, Amulette, Waffen und Runen. Eure Eigenschaften dürft ihr nach herzenslust so oft zurücksetzen wie ihr wollt und testen an dafür vorgesehenen Dummies ist durchaus erwünscht und empfehlenswert. Probiert also ruhig aus, welcher „Build“, also welche Zusammensetzung von Eigenschaften und Fertigkeiten euch mit verschiedenen Items am besten gefällt.

Danach geht’s ganz fix in die ersten Gefechte, wo ihr Ruhm ernten könnt, den ihr wiederrum für Gegenstände ausgeben könnt, die anders aussehen. So bleibt sogar ein gewisser Spielraum zur Individualisierung bestehen. Wer ganz hoch hinaus will, der darf sich mit einer organisierten Gruppe auch an die Turniere wagen. Hier gibt es monatliche und jährliche Gipfeltreffen der besten PvP-Spieler für gewaltige Belohnungen. Außerdem sind für die Zukunft Turniere geplant, die von Spielern gestaltet werden und somit einen Grundbaustein für die E-Sport-Szene legen. Wann es allerdings soweit ist, konnte man bisher nicht bestätigen.

Neben dem sPvP dürfen Fans von großen Schlachten und Belagerungen auch am Welten-PvP teilnehmen. Neben den ewigen Schlachtfeldern hat jede der drei teilnehmenden Welten noch eigene Grenzlande, auf denen zahlreiche Versorgungscamps, Türme und Festungen erobert und verteidigt werden wollen. Hat euer Server bzw. eure Welt Objekte besetzt, gibt es in regelmäßigen Abständen Punkte auf euer Serverkonto. Mit diesen Punkten erhält euer kompletter Server Boni für das PvE-Spiel. Diese zusätzlichen Verbesserungen für eure Mitspieler können kritische Handwerkserfolge sein, aber auch erhöhte Lebenspunkte, erhöhtes Goldeinkommen, schnellere Regeneration, mehr Verteidigung, gesteigerte Rohstoffausbeute oder verbesserte Heilung. Die Rate ist natürlich abhängig von der Anzahl der besetzten Objekte. Um einen Turm oder eine Festung zu erobern, braucht man jedoch das richtige Equipment. Egal ob Belagerung, Verteidigung oder Sturmangriff, die passende Belagerungs-Waffe gibt es für alle Fälle. Ihr braucht jedoch genügend Rohstoffe, um die Waffen aufzubauen, Einzelgänger werden es also sehr schwer haben. Nur wenn ein Server und die Spieler entsprechend zusammenarbeiten kann man im Welt-gegen-Welt-gegen-Welt PvP überhaupt eine Chance haben.

Optisch attraktiv mit technischen Schwächen

Bei all den tollen Features sieht die Realität an bestimmten Stellen leider anders aus. Was auf dem Papier so vielversprechend aussah, wird durch Bugs und technische Schwächen ruiniert. So sind die Grenzlande im WvW meist voll, oftmals landen wir auch in normalen Gebieten auf Überfluss-Servern und können so nicht mit unserer Gruppe zusammen spielen, und generell sind die Server nicht für die Last ausgelegt, der sie derzeit standhalten müssen. So gab es bereits in den ersten Tagen mehrfach Abstürze des Login-Servers und Spieler konnten sich nicht einloggen. Auch erleben wir hin und wieder Events, die noch nicht richtig funktionieren, einen Handelsposten, der nicht abrufbar ist, ein unsicheres internes Mail-System und Lagspikes auf scheinbar leeren Karten. Immerhin sieht Guild Wars 2 dank der hausgemachten Engine für ein MMORPG fantastisch aus und bietet wunderschöne Landstriche und lebendige Karten.

Auch muss man anerkennen, wie schnell die Entwickler bei Sicherheitslücken wie Mailsystem reagieren und Fehler beheben. Generell scheint man bei ArenaNet derzeit 24/7 an Bugfixes zu arbeiten, um den leicht verpatzten Start zu retten. An dieser Stelle würde ich außerdem gerne an den gescheiterten Start von Diablo 3 erinnern, der deutlich schlimmer verlaufen ist. Für ein MMOGdes-Jahres jedoch hätte ich mir persönlich einen abgeklärteren Start gewünscht.

Redaktion PlayCentral

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