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Gwent: Ein Hexer am Spielbrett? Unser Eindruck von der Open Beta

Von einer kleinen Nebelspielerei zum erfolgreichen Onlinehit? CD Project hat die Community erhört und eine kompetitive Onlineversion des Witcher-Cardgame Qwent ins Rennen geschickt – zumindest werkeln die Entwickler aktuell am Titel und präsentieren uns den bisherigen Stand ihrer Arbeit in der momentan laufenden Open Beta. Grund genug für uns einen vorsichtigen Blick in die „Vollversion“ von Gwent zu verwerfen und die Frage zu beantworten, ob das selbsternannte Könner-Cardgame überhaupt das Potenzial besitzt, einen Marktführer wie Hearthstone vom Thron zu stoßen und die Community dauerhaft zu begeistern.

Das Spielprinzip: Worum geht es?

Die Spielregeln sind denkbar einfach: Eine Partie Gwent besteht aus drei Runden, deren jeweilige primäre Aufgabe darin besteht, eine möglichst kraftvolle Truppe auf der eigenen Spielbrettseite zu versammeln. Einheitskarte bringt dafür eine sogenannte Truppenstärke mit, die mit eurer jeweiligen Gesamtpunktzahl verrechnet wird. Neben der tatsächlichen Spielkraft, findet sich auf jeder Karte eine Angabe, in welcher Reihe eures Spielfelds diese ausgespielt werden kann – grob unterschieden wird dabei zwischen einer Nah- und Fernkampf sowie Katapultreihe.

Daneben stehen euch allerlei Karteneffekte und Zauber zur Verfügung, mit denen das Spielgeschehen zu euren Gunsten oder zum Leidwesen eures Gegenspielers manipuliert werden kann. Darunter finden sich beispielsweise legendäre Karten mit goldenen Rahmen, die von nahezu keinem Karteneffekt betroffen werden können sowie Wetterkarten, die beachtlichen Schaden an gegnerischen Truppen einer Spielfeldreihe anrichten.

Interessant sind außerdem die sogenannten „Anführerkarten“, die innerhalb einer Partie jederzeit zur Verfügung stehen, jedoch ausschließlich in einer einzigen Runde ausgespielt werden können – selbsterklärend bieten diese, in den meisten Fällen, beeindruckende Effekte, mit denen eine komplette Runde noch einmal gnadenlos gedreht werden kann. Karten werden insgesamt abwechselnd gespielt – gewonnen hat derjenige Spieler, der zuerst zwei Runden für sich entscheiden kann.

Abgesehen vom Grundkonzept ist jedoch viel interessanter, wie die einzelnen Runden zueinanderstehen. Während jeder Runde kann der jeweilige Spieler entscheiden, ob er eine weitere Karte ausspielt oder ob er „passt“ und somit für den restlichen Verlauf der Runde aussetzt. Nachdem also gepasst wurde, kann der jeweilige Gegner theoretisch unbegrenzt weiter Karten ausspielen, bis eine höhere Truppenstärke erzielt wurde.

Der Twist: Nach Abschluss einer Runde wird das Board komplett geleert und die Kontrahenten müssen mit den Karten weiterspielen, die sich aktuell noch auf der Hand befinden. Daraus resultierend ist die Anzahl der verfügbaren Handkarten ein extrem wichtiger Aspekt von Gwent – natürlich kann man beispielsweise alle Karten in der ersten Runde raushauen, um die erste Runde für sich zu entscheiden – habt ihr zu Beginn der zweiten Runde jedoch nur noch fünf Karten übrig und euer Gegner acht, sieht es für die kommenden zwei Runden extrem düster aus.

Gwent spricht an dieser Stelle definitiv eine effiziente Kartennutzung aus und es wird bereits ab der ersten Runde extrem strategisch, an welcher Stelle man passt, die Runde somit hergibt, aber gleichzeitig der Meinung ist ausreichend für die nächsten Runden gewappnet zu sein. Zu der taktischen Tiefe später aber mehr.

Darüber hinaus unterscheidet sich Gwent nicht großartig von anderen Titeln – besonders hinsichtlich Hearthstone finden sich diverse Gemeinsamkeiten: Jede vollendete Partie bringt Erz, mit welchem wiederum Fässer gekauft werden können, die jeweils fünf Karten eurer Sammlung hinzufügen. Die Karten unterscheiden sich hinsichtlich ihres Seltenheitsgrads – allgemein können gewöhnliche, seltene, epische oder legendäre Karten gesammelt werden.

Besteht keinerlei Interesse an gezogenen Karten, können diese jederzeit aufgelöst werden, um dadurch andere Karten herzustellen. Aus der Sammlung heraus werden schließlich noch die Decks erstellen, die aus einem Anführer und weiteren 25 bis 40 Karten bestehen. Auch hier gibt es verschiedene Klassen mit jeweils einzigartigen Karten, mit denen Strategien und Taktiken mehr Tiefe verliehen werden kann.

Ein taktisches Hin und Her – es wird spannend!

Schon aus der allgemeinen Beschreibung lässt sich ableiten: Das Spielerlebnis in Gwent unterscheidet sich deutlich von anderen Cardgames wie Hearthstone. Es geht nicht um stumpfe Kontrolle über den Gegner oder pures Überrennen – die Tatsache, dass ein Spieler zwei Runden für sich entscheiden muss, eröffnet einen massiven taktischen Spielraum der auch Ingame funktioniert. Vom ersten Zug an muss strategisch abgewogen werden, bei welchen Karten es Sinn macht sie auszuspielen und an welcher Stelle sogar taktisch das Handtuch geworfen werden sollte, um den Kontrahenten in den folgenden zwei Runden auseinanderzunehmen.

Selbsterklärend entwickeln sich an dieser Stelle diverse unterschiedliche Spielstile, die dann innerhalb der Partien aufeinandertreffen. Passenderweise werben die Entwickler dabei schon mit dem Slogan, dass Können und nicht Glück ausschlaggebend sind und wir freuen uns, dass wir dieser Aussage schon in der Open Beta ohne Zweifel zustimmen können.

Was aktuell auffällt, aber vollkommen charakteristisch für eine Open Beta ist, ist die Tatsache, dass die einzelnen Klassen untereinander noch etwas unausgeglichen sind. Manche Klassen beschwören teilweise vier Karten vom Friedhof aufs Feld, die in der Zwischenzeit noch jeweils um fünf Kraftzähler gestärkt wurden, während die Stärke einer anderen Klasse schlichtweg darin besteht, Wettereffekte aufs Feld zu bringen und darauf basierend Synergien zu realisieren. Während die Wiederbeschwörung kaum bis gar nicht unterbunden werden kann, wird die wetterbasierte Strategie in den meisten Fällen schlichtweg mit einer gewöhnlichen Karte komplett ausgespielt. An dieser Stelle sind wir aber noch guter Dinge, dass sich die Entwickler der Kritik annehmen und in Zukunft ein ausgeglichenes Spielerlebnis zur Verfügung stellen werden.

Was uns zu diesem Zeitpunkt noch fehlt, ist eine gewisse Langzeitmotivation, die zugegebenermaßen auch bei der Konkurrenz fehlt. Klar, in Zukunft besteht im Rahmen von Ranglistenspielen die Möglichkeit in Stufen aufzusteigen, während die eigene Kartensammlung aufgestockt wird, aber warum nicht etwas über den magischen Tellerrand schauen?

Ein Turniermodus könnte beispielsweise frischen Wind ins Geschehen bringen und sich dadurch von anderen Titeln abheben – stattdessen scheint die Wahl auf pure Sicherheit gefallen zu sein, womit primär erst einmal altbekannte Modi von der Konkurrenz zu implementiert wurden – schade!

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