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Mit seinem neuen Game Harvestella wagt Videospielentwickler Square Enix einen auf den ersten Blick ungewöhnlichen Genre-Mix, immerhin trifft hier ein JRPG auf einen Farming-Simulator. Warum diese Kombination nicht immer glückt, verraten wir euch nachfolgend in unserem Test.
Farming, Monster und Zeitreisen?!
Nachdem wir zu Beginn des Spiels in einem Editor mit einer eher übersichtlichen Anzahl an Einstellungsoptionen unseren Charakter erstellt haben, beginnt das Abenteuer. Wir erwachen in einem kleinen Dorf, das verlassen zu sein scheint. Doch der Schein trügt, wie wir später merken.
Tatsächlich haben sich die Einwohner in ihren Häusern verkrochen, weil sie Angst vor Silentium haben, der Jahreszeit des Todes. Kurz nach unserem Erwachen knüpfen wir erste Verbindungen mit den Einwohnern und erhalten ein kleines Stück Land am Rande des Dorfes, wo wir leben und Feldarbeit machen können.
Ein ruhiges Leben ist der unter Amnesie leidenden Hauptfigur jedoch nicht beschieden, denn schon kurze Zeit später sorgt ein weiteres merkwürdiges Phänomen für Aufsehen: Die Omen sind erschienen und kurz darauf tritt ein geheimnisvolles Mädchen auf der Bildfläche. Der Auftakt einer Reise voller Mysterien!
Wie euch sicherlich nicht entgangen ist, bleiben wir bei der Story von „Harvestella“ ziemlich vage und das aus gutem Grund, denn sie ist die größte Stärke des Spiels! Insbesondere die wichtige Charaktere sind gut geschrieben, selbiges gilt für die Dialoge sowie einige spannende Twists. Die Handlung ist toll gelungen.
Schade ist lediglich, dass die Präsentation etwas altbacken daherkommt, was vor allem daran liegt, dass es im Farming-JRPG keine Sprachausgabe gibt. Auch die Gesichtsanimationen der Charaktere sind etwas steif. Das ist schade, nimmt der Handlung rund um Monster und Zeitreisen jedoch nichts von ihrer Spannung.
Lahmes Kampfsystem trifft coole Job-Möglichkeiten
Apropos Monster: Natürlich bietet „Harvestella“ auch allerlei Action, denn in den Umgebungen, die wir außerhalb des Dorfes erkunden, lauert es oft nur so vor gefährlichen Kreaturen. Glücklicherweise hat unsere Spielfigur kämpferisch ordentlich was auf dem Kasten und lernt im Laufe der Reise noch dazu.
Ähnlich wie in einigen „Final Fantasy“-Games gibt es auch hier ein Job-System. Das bedeutet kurz gesagt, dass ihr über diese Mechanik entscheiden könnt, ob eure Spielfigur auf den Nahkampf, auf Magie oder vielleicht auch Angriffe aus der Distanz spezialisiert ist. Jeder Job hat seinen eigenen Skill-Tree, über den ihr die Fähigkeiten eures Helden beziehungsweise eurer Heldin verbessern sowie erweitern dürft.
Das macht gerade am Anfang wirklich Spaß, da wir so gewissermaßen verschiedene Kampfstile ausprobieren können. Da viele Gegner, die sich uns im Laufe des Abenteuers entgegenstellen, auch spezielle Schwächen gegen Elemente oder Waffentypen haben, kommt hier ein angenehmer Hauch von Taktik hinzu.
Allerdings fühlen sich die Kämpfe insgesamt dennoch etwas steif an. Die Konfrontationen gegen Monster und andere Feinde sind oftmals sehr simpel, weshalb „Harvestella“ das Potential seines Kampfsystems nicht ausschöpft. Die etwas ungelenken Animationen der Figuren helfen hier auch nicht weiter.
Darüber hinaus ist das Balancing nicht immer optimal. Nach dem dritten Akt der Geschichte zieht der Schwierigkeitsgrad ziemlich stark an und einige Gegner halten fast schon lächerlich viel Schaden aus. Hier sollten die Entwickler mit einem Patch noch etwas nachjustieren.
Die Kämpfe an sich machen Spaß, da sie eine schöne Abwechslung vom normalen Alltag sind – dazu kommen wir gleich -, doch das Kampfsystem an sich ist weder ausgereift noch komplex genug, um langfristig zu begeistern.
Farming all day long
Doch natürlich hat „Harvestella“ auch ruhigere Momente zu bieten. Einen nicht unerheblichen Teil der Spielzeit verbringen wir damit, den kleinen Acker beim Haus zu bestellen, das wir zu Beginn des Spiels zur Verfügung gestellt haben. Diese Fläche können wir nutzen, um dort verschiedene Getreide- und Gemüsesorten anzupflanzen, die wir später verkaufen können.
Mit der Zeit erhalten wir zudem Zugriff auf weitere Gartengeräte. Haben wir anfangs nur eine Gießkanne, kommt später beispielsweise noch eine Spitzhacke hinzu, mit der wir einige Steine im Garten zerlegen können. Des Weiteren erhalten wir Zugriff auf neue Samen, die wir anbauen können, unter anderem als Belohnung für die Erkundung der schick gestalteten Spielwelt. Sehr schön!
Allerdings hat das Farming-System einen nicht unerheblichen Schwachpunkt verglichen mit ähnlichen Mechaniken in anderen Games. Dort dient die Ernte vor allem dazu, Geld zu verdienen. So können wir etwa mit verschiedenen NPCs in der Umgebung ins Gespräch kommen. In „Harvestella“ müssen wir die Ernte allerdings primär in die eigenen Taschen stopfen, denn unsere Spielfigur muss regelmäßig essen.
Falls sie das nicht tut, geht ihre Ausdauer immer mehr zur Neige, bis diese letztendlich erschöpft und quasi wehrlos ist. Ebenfalls einen Strich durch die Rechnung machen kann uns die Zeit, denn sind wir zulange unterwegs, brechen wir zusammen. Besonders ärgerlich wird das, wenn wir uns gerade mitten in einem Bosskampf befinden oder noch einmal ganz ans andere Ende der Spielwelt laufen müssen.
Erkundung, Farming und Kämpfe arbeiten hier eher gegeneinander und stören den Spielfluss.
Dafür ist die soziale Komponente des JRPG-Farming-Mix gut gelungen. Zumindest hinsichtlich der Interaktion mit euren Teamkameraden. Genre-typisch schließen sich euch im Laufe der Story verschiedene Charaktere an, die euch auch aktiv in den Kämpfen unterstützen können. Der Aufbau von Beziehungen zu diesen Figuren erfolgt nachvollziehbar und führt zu einigen wirklich schönen Momenten.
Die Interaktionen mit den NPCs in eurem Heimatdorf und den anderen Orten der Spielwelt fallen dagegen eher überschaubar aus. Das liegt unter anderem daran, dass die Städte nicht allzu belebt sind und es immer nur recht wenige wichtige Figuren an jedem Standort gibt.
Toller Soundtrack und okaye Technik
Audiovisuell haben wir dafür nicht allzu viel zu beanstanden. Der Artstyle von Harvestella ist wirklich schick anzusehen und lässt uns über einige Kompromisse, die Square Enix bei der Nintendo Switch-Version eingehen musste, hinwegsehen. Die ungelenken Animationen hatten wir bereits genannt und zu diesen gesellen sich ein paar Performance-Probleme. Das Spiel läuft nicht immer rund.
Der Soundtrack des Games ist dafür ein echtes Highlight und besticht mit einigen schlichtweg wunderschönen Melodien, die die emotionalen wie adrenalintreibenden Momente hervorragend untermalen.
Schade ist jedoch der Verzicht auf eine Sprachausgabe. Die Präsentation des Farming-JRPG-Mix hätte angesichts der spannenden Geschichte gerne packender sein dürfen.
Insgesamt erwartet euch mit „Harvestella“ ein zwar gutes Spiel, dessen Facetten allerdings nicht immer wirklich geschmeidig ineinandergreifen. Kämpfen und Farming machen Spaß, doch beide lassen Tiefe vermissen und behindern oft den Spielfluss. Mit mehr Feintuning wäre hier mehr drin gewesen und hätte in Kombination mit der coolen Zeitreise-Geschichte ein besseres Gesamtpaket abgegeben.