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Heroes of the Storm: Gründerpakete, seriously Blizzard?

Es ist ein für Blizzard absolut ungewöhnlicher Schritt: Seit Dienstagabend verkauft der Spieleriese aus Kalifornien für 35 Euro ein Gründerpaket zu Heroes of the Storm, welches Käufern direkten Zugang in die Beta sowie einige Extras verschafft. Das kommt unerwartet, ist aber nicht völlig abwegig, denn auch Blizzard muss sich im Zuge seiner jungen Free-2-Play-Strategie neu erfinden. Doch der Schritt kratzt am Image. Er riecht nach purer Gier.

Vorab: Was beinhaltet das Gründerpaket?

Das Gründerpaket zu Heroes of the Storm dürfte vor allem wegen des Beta-Zugangs interessant sein. Enthalten sind aber ebenfalls 2.500 Einheiten der Ingame-Währung "Gold", je ein Held aus den drei Blizzard-Universen (Raynor, Diablo und Tyrande) mit je einem Skin pro Held sowie ein goldenes Cyber-Reittier. Hierfür verlangt man 34,99 Euro von den Fans – und sicherlich werden sich genügend solche Käufer finden. Vor allem jene, die seit Monaten verzweifelt in die Testphase wollen.

An sich ist der Preis überhaupt nicht überraschend, denn schon die Shop-Preise gelten seit der Alpha-Phase als zu hoch. In unserem Artikel bewerteten wir die Monetarisierung aber als im Großen und Ganzen fair. In diesem Sinne muss man auch dem Preis des Gründerpakets Fairness attestieren, denn auch im Spiel verkauft Blizzard das gleiche Paket als sogenanntes „Komplettpaket“ ohne Beta-Zugang für 34,99 Euro. Der Preis liegt beim Einzelkauf aller Gegenstände bei 58,43 Euro (20,97 Euro für die Helden, 27,47 Euro für die Skins, 9,99 Euro für das Reittier), die Ersparnis bei rund 40 Prozent.

Blizzard zeigt ein anderes Gesicht

Blizzard genießt den Ruf, sein Herz am rechten Fleck zu tragen. Spiele wie StarCraft, Diablo und Warcraft haben die Kindheit und Jugend vieler Zocker begleitet und das Unternehmen zur Ikone gemacht. Kaum ein anderer Entwickler oder Publisher scheint derart für seine Spieler da zu sein. Ein großer Patzer konnte dem Studio bisher auch nicht unterlaufen, solange es stets schön auf die Qualität seiner Produkte achtete und kein unfertiges Spiel auf den Markt warf. In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts scheint sich Blizzard aber mit der Umschichtung zu Free-2-Play neu zu erfinden. Dieser Schritt braucht natürlich eine Strategie. Eben diese Strategie schien bei Hearthstone noch vollstens zum alten Image zu passen. Ein Kartenpaket, das auch erspielt werden kann, kostet nicht einmal zwei Euro. Doch ist der Shop von Hearthstone auch ein harmloser Markt für Kartenpakete und Turnierzugänge. Bei Heroes of the Storm schafft Blizzard hingegen erstmals ein vollwertiges Free-2-Play-Spiel, das nicht aus der Laune einiger weniger Mitarbeiter heraus entwickelt wurde. Es hätte Blizzard schlichtweg nicht wehgetan, wäre Hearthstone das erwartete Nischenspiel geworden. Bei HotS könnte man sich dies nur schwer erlauben.

So ist Blizzard bei seiner MOBA plötzlich 'Unternehmen' und führt mit seinem eigenen Founder Pack die Idee der bezahlten Beta-Zugänge ad absurdum. Zur Erinnerung: Als Gründerpakete vor wenigen Jahren ein Novum waren, da waren sie vor allem für junge und unabhängige Entwickler ein wertvolles Mittel, die Fertigstellung eines Produktes zu ermöglichen. Heute hat das Gründerpaket viele Gesichter, darunter das des Early Access. Von einem Early-Access-Titel ist die MOBA aber meilenweit entfernt, denn sie ist annähernd fertig entwickelt. Blizzard geht es mit dem Gründerpaket nicht mehr darum, HotS mit Hilfe des Feedbacks Spieler zu gestalten – es geht höchstens noch um kleine Verbesserungen und Fehlerbehebungen … und das Geld, besser gesagt den Gewinn.

Eine Notwendigkeit für mehr Kapital bei der Fertigstellung von Heroes of the Storm legt der Jahresabschlussbericht von Blizzard nicht offen. Dies käme zugegeben etwas überraschend. In Zeiten, in denen die Skepsis gegenüber Early-Access-Games und Gründerpaketen wächst und der Verkauf solcher Pakete immer mehr in  Verruf gerät, weil katastrophale Schrottspiele unter das Volk gemischt werden und damit vor allem das finanzielle Risiko der Entwickler reduziert wird, liefert Blizzard einen weiteren Beweis dafür, dass sich viele Unternehmen mit Gründerpaketen vor allem in die eigene Tasche wirtschaften. Es geht nicht um das Spiel.

Nun kann man bei Heroes of the Storm nicht von einer Katastrophen-MOBA sprechen. Hunderte Spiele habe ich seit der Alpha-Phase genossen. Die Neuerungen der Beta-Phase sind großartig. Der Verkauf des Zugangs also ein netter Zug? Nicht ganz. Eine Beta-Phase ist und bleibt eine Beta-Phase – zum Nutzen der Entwickler. Jegliche Abweichung hiervon, insbesondere durch den Verkauf des Beta-Zugangs, sollte man nur aus besonderen Gründen gutheißen. Etwa wenn die Finanzierung eines erwarteten Spiels auf der Kippe steht. Auch Early-Access-Games wie H1Z1 müssen sich dieser Kritik stellen. Wenn ein Unternehmen das Feedback der Spieler braucht und will, wieso ist dann der Spieler der Zahlende? Blizzard versucht seine Online-Arena meiner Meinung nach kurz vor dem Start der Free-2-Play-Version noch einmal als kostenpflichtigen Titel zu melken.

Das Problem liegt vor allem in der Verbindung des Beta-Zugangs mit einem 35 Euro teuren Paket an Extras. Spieler der späteren Free-2-Play-Version müssen sich dieses Bündel für ihren Spielspaß nicht kaufen. Dies bedeutet nichts anderes als dass Blizzard die Emotionen der Spieler, sprich die Vorfreude auf einen kostenlosen, hochwertigen Titel, ausnutzt.

Das 35-Euro-Bündel ist eine gute Entschuldigung, um den Preis des Beta-Zugangs mit 0 Euro zu betiteln, denn das gleiche Komplettpaket können sich ja alle Tester kaufen. Der Unterschied: Tester geben 35 Euro für drei Helden, drei Skins und ein Reittier aus; Käufer ohne Testzugang zahlen 35 Euro für einen Beta-Zugang, denn das Paket ist einem neuen Spieler herzlichst egal. Die Frage: Ist jeder Käufer auch bereit, 35 Euro für einen Beta-Zugang auszugeben? Oder glaubt er nur dazu bereit zu sein, weil ihm von Blizzard suggeriert wird, dass er 35 Euro für die Extras ausgibt und das Geld damit einen Gegenwert hat? Dabei sollte man als Käufer in der Welt der digitalen Güter stets beachten, dass Blizzard allein über den Wert bestimmt und es keinen Marktpreis durch Angebot und Nachfrage gibt. Vielleicht liegt der Wert des Pakets also eigentlich bei 10 Euro.

Was am Ende übrig bleibt

Es ist einfach schade, dass nun auch Blizzard, als Bastion des Fanservices, diese eigentlich zweifelhaften Methoden zur Finanzierung heranzieht, die man eigentlich gar nicht nötig hätte. Heroes of the Storm ist als kostenloses Onlinespiel konzipiert und genau das sollte es auch bleiben. Die Beta zum Einkaufspreis lässt einfach das Gefühl aufkeimen, dass man hier die Spieler zur Kasse bittet und das sogar doppelt, denn der voll ausgestattete Ingame-Shop ist bereits seit der Alpha Bestandteil der MOBA.

Ebenso wie das aktuell heiß diskutierte H1Z1 muss sich auch Blizzard die Kritik gefallen lassen, dass das Gründerpaket ein sehr trübes, fast schon diabolisches, Licht auf den eigentlich als "Good Guy" bekannten Entwickler wirft.

Letztendlich steht die Frage im Raum: Muss ich wirklich die Beta eines kostenlosen Onlinespiels zum Vollpreis kaufen, nur weil ich es kaum noch abwarten kann?

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