Agent 47 kehrt mit frisch polierter Glatze in Hitman 2 zurück. Der neueste Auftritt des adretten Sonnyboys von Entwickler IO Interactive knüpft direkt an den gelungenen Vorgänger an. Unser Test verrät euch, ob es 47 noch immer drauf hat oder ob es langsam Zeit wird, die Handschuhe an den Nagel zu hängen.
Sechzehn Jahre nach Hitman 2 ist Hitman 2, das eigentlich Hitman 7 heißen müsste, zurück. Bitte was? Nach dem gelungenen Hitman: Absolution aus dem Jahr 2012 folgte der Cut, ehe sich der im Genlabor gezüchtete Auftragskiller Agent 47 vor nunmehr zwei Jahren erneut die Lederhandschuhe überstreifte.
Ohne Zahlen und Untertitel verstand sich der letzte Auftritt quasi als Reboot der beliebten Stealth-Action-Serie und kam bei Fans und Kritikern gleichermaßen gut an. Aufgrund der zweifelhaften Veröffentlichung im Episodenformat erntete Hitman in 2016 allerdings auch eine Menge negative Kritik.
Packende Story, bescheiden präsentiert
Hitman 2, das nunmehr siebte Spiel der Reihe, knüpft direkt an die Geschehnisse des Vorgängers an, der uns nach der finalen sechsten Episode mit vielen offenen Fragen zurückließ. Dementsprechend dreht sich auch diesmal wieder alles um den mysteriösen Schattenklienten, der unsere Arbeitgeber der ICA mit der Ermordung hochrangiger Ziele der Geheimorganisation Providence beauftragt hat.
Während sich die Handlung im Vorgänger allerdings erst langsam entfaltete, fügen sich die Puzzleteile in Hitman 2 nach und nach zusammen und sorgen für eine spannende und wendungsreiche Story, die uns begeistert.
Was man von der Präsentation allerdings leider nicht behaupten kann, denn das Spiel verzichtet komplett auf klassische Zwischensequenzen. Stattdessen wird die Story lediglich von animierten Standbildern vorangetrieben, die immerhin mit einer hervorragenden englischen Synchronisation punktet.
Dabei gelingt den dänischen Entwicklern von IO Interactive der Spagat, Serienneulinge wie auch Veteranen anzusprechen. Vorkenntnisse sind jedenfalls nicht zwingend notwendig, doch wer die Vorgänger gespielt hat, freut sich darüber, dass einige offene Fragen endlich geklärt werden.
Mach es nochmal, 47!
Ganz hinter sich gelassen hat Hitman 2 das Episodenformat jedoch nicht. Auch der neueste Ableger unterteilt seine Handlung in sechs abwechslungsreiche Kapitel, die in sich mehr oder weniger abgeschlossen sind.
Neu ist diesmal, dass alle Episoden direkt zum Start verfügbar sind, lagen im letzten Teil doch knapp fünf bis sechs Wochen zwischen den einzelnen Teilen. Ein zweischneidiges Schwert, wie sich während unseres Tests herausstellt: Haben wir im Vorgänger die Wartezeit zwischen den Episoden dazu genutzt, verschiedene Vorgehensweisen und alternative Lösungswege auszuprobieren, können wir nun also sofort mit der nächsten Mission weitermachen.
Zwar schlägt uns das Spiel nach dem Abschluss eines Auftrages vor, wie wir die Zielperson noch hätten ausschalten können, doch der Anreiz zu erfahren, wie es mit der Story weitergeht, ist einfach zu groß.
Das ist insoweit ärgerlich, da Hitman 2 eigentlich von seinen vielfältigen und kreativen Mordmöglichkeiten lebt. Das Herumexperimentieren und Finden alternativer Lösungswege ist eine der größten Stärken des Schleichspiels.
Wer jede Episode nur einmal angeht und dabei noch die Hilfestellungen aktiviert, verzichtet nicht nur auf die bestmögliche Spielerfahrung, sondern wird erstaunt feststellen, dass der Abspann bereits nach wenige Spielstunden über den Bildschirm flimmert. Dabei hat Hitman 2 eigentlich so viel zu bieten und es ist ein wahrer Genuss, die gelungenen Umgebungen mit der Instinkt-Ansicht nach neuen Strategien oder kuriosen Attentatsmöglichkeiten zu durchforsten.
Kreatives Meuchel-Puzzle mit Köpfchen
Die sechs neuen, gigantischen Umgebungen gehören zu den größten Stärken des Spiels und verstehen sich als kreativen Spielplatz für Auftragsmörder und solche, die es noch werden wollen. Das Leveldesign fällt abwechslungsreicher aus als in den vorangegangenen Teilen. Mit der Waffe im Anschlag die Behausung unseres Ziels zu stürmen, führt uns dabei nicht zum Ziel.
Hitman 2 ist eigentlich kein wirkliches Action-Spiel, sondern versteht sich vielmehr als originelles Schleich-Puzzle, welches kluge Köpfchen und aufmerksame Beobachter belohnt. Natürlich könnten wir auf MP oder Gewehr zurückgreifen, das ist aufgrund der fummeligen Steuerung und gegnerischen Übermacht allerdings nicht von Erfolg gekrönt.
Wir schleichen unbemerkt durch die riesigen und wunderschönen Umgebungen, spionieren Wachposten aus, lauschen aufmerksam den Gesprächen der Passanten oder besorgen uns eine Verkleidung, um uns unbemerkt unter die Mechaniker eines Rennsport-Teams zu mischen.
Vom kolumbianischen Dschungel über die verwinkelten Gassen Mumbais bis hin zur idyllischen US-Vorstadt: Alle Level im Spiel warten mit zahllosen Details und versteckten Möglichkeiten auf, die es zunächst einmal zu entdecken gilt.
Jede Mission beginnt mit einem kurzen Briefing, das uns die Zielpersonen und ihre Verbindung zu Providence vorstellt. Daraufhin wählen wir unsere Ausrüstung für den Einsatz und schon kann es eigentlich losgehen. Haben wir eine Mission erledigt, schalten wir neue Waffen frei, die unsere Auftraggeber freundlicherweise in den Gebieten für uns verstecken oder wählen unterschiedliche Startpunkte, die uns gänzlich neue Möglichkeiten liefern. Alles Optionen, die uns beim einmaligen Absolvieren verwehrt bleiben.
Nach einer gelungenen Einführungsmission geht es ab in das sonnige Miami, in dem wir Vater und Tochter eines millionenschweren Technologiekonzerns ausschalten sollen. Papa Knox zieht im Business-Centre einer Rennstrecke seine Kreise, während Tochter Sierra sich selbst hinter das Steuer eines Rennwagens klemmt.
Wie wir die beiden potentiellen Opfer ausschalten, liegt ganz bei uns. Möglichkeiten dafür gibt es viele, denn Hitman 2 liefert uns gefühlt Dutzende Optionen, zum Ziel zu kommen. Jetzt könnten wir Frau Knox mit einem Scharfschützengewehr eliminieren, während sie auf der Piste ihre Runden dreht. Aber das geht doch noch unauffälliger, oder?
So bietet sich uns beispielsweise die Möglichkeit, ein Flamingo-Kostüm zu ergattern, mit dem wir unbemerkt an den Wachleuten vorbei in den VIP-Bereich gelangen. Dort können wir Sierra in eine ruhige Gasse locken und verschwinden lassen. Oder wir mischen uns unter die Boxencrew und sorgen dafür, dass die Reifen des Rennwagens vielleicht nicht ganz so fest angezogen werden, wie sie es sollten. Oder wir vergiften den Champagner in ihrem Siegerpokal. Oder oder oder.