Nintendo hat am 20. November 2020 ein Prequel zum Erfolgshit The Legend of Zelda: Breath of the Wild veröffentlicht. Dieses trägt den Namen Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung. Dabei handelt es sich um einen Ableger aus dem Warriors-Genre, das demnach von Omega Force produziert wurde, während Nintendo als Publisher fungiert. Aber noch mehr als ein Warriors-Titel ist das Prequel ein vollwertiges, unumgängliches Spiel des Zelda-Franchise. Und warum das so ist, möchten wir euch in diesem Special erklären.
In unserem Test erfahrt ihr zudem, wie das abwechslungsreiche Warriors-Gameplay motiviert und uns selbst nach weit über 30 Stunden Spielzeit zum Weiterspielen ermutigt:
Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung – kein simpler Warriors-Titel
Es ist wichtig zu wissen, dass „Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung“ nicht einfach nur ein weiterer Warriors-Titel ist, von denen es schon unzählige gibt. Fetzige Kämpfe, große Gegnerhorden und viele verschiedene Charaktere. Das sieht mir doch ganz nach einem herkömmlichen Warriors-Kuchen mit ein wenig Zelda-Sahne obendrauf aus. Oder etwa nicht? Auch wenn man dies im ersten Moment oder auf den ersten Blick annehmen könnte, trügt der Schein. Es steckt weitaus mehr dahinter, als es beispielsweise die vor dem Release veröffentlichte Demoversion erahnen ließ.
Nintendo liefert hier nämlich ein vollwertiges Prequel zum wohl erfolgreichsten Abenteuer für die Nintendo Switch überhaupt: „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“.
Kaum ein Spiel für die Hybridkonsole zog die Nintendo-Community so sehr in ihren Bann wie das erste Zelda-Spiel für die Switch. Es setzt auf eine Open World mit einer eigenen Geschichte, während die grundlegende Story dem typischen Handlungsschema eines „The Legend of Zelda“-Spiel folgt. Sprich: Link, Zelda, das Königreich Hyrule und Bösewicht Ganon spielen eine wichtige Rolle. Doch Nintendo hat mit BotW auf der Switch mehr erreicht. Sie konnten das Franchise neuartig inszenieren, dem Ganzen eine umfangreiche Hintergrundgeschichte verpassen und mit unfassbar starken Charakteren auftrumpfen.
Doch insbesondere in Hinsicht auf die Charaktere ging aufgrund der nicht-linearen Handlung viel Potenzial im Hauptspiel verloren. Hier kann ein „Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung“ ansetzen und punkten.
Ein Prequel, der perfekte Kompromiss?
Es ist ein kluger Schachzug von Nintendo, mit BotW eine neue Spielereihe in der bestehenden Zelda-Spielereihe zu etablieren und diese Spielception nun durch ein Prequel weiter auszubauen, die Erzählung somit also schon vor dem eigentlichen 2. Teil fortzuführen. Regulär steht ein Zelda-Spiel immer nur für sich allein, während es hier einzelne Ausnahmen wie Ocarina of Time und Majora’s Mask gibt, die zu N64-Zeiten ähnlich aufeinander aufbauten.
Da zu einem noch unbekannten Zeitpunkt ein offizieller Nachfolger zu BotW erscheint, sind es dann also drei vollwertige Titel mit einer eigenen, in sich geschlossenen Rahmenhandlung, die dem Zelda-Universum neuartig Leben einhauchen – und das als dediziertes Gesamtabenteuer auf der Nintendo Switch. Diese Idee bietet mehrere Vorteile für alle Beteiligten.
Noch bevor es mit „The Legend of Zelda: Breath of the Wild 2“ als Action-Adventure in einer Open World von Nintendo weitergeht und wir mit Link und Zelda gegen die humanoide Manifestation von Ganon namens Ganondorf antreten werden, lernen wir schon jetzt im Prequel unsere Helden und Heldinnen aus dieser dedizierten Spielreihe besser kennen.
Dadurch, dass es ein Warriors-Spiel ist, konnten die Entwickler einen sehr linearen Handlungsstrang verbauen, der viel Platz für die Erzählung bietet und die Ereignisse aufzeigt, die sich „vor 100 Jahren während der Verheerung Ganon“ abspielten.
Nintendo erschafft mit der Hilfe von Omega Force somit eine große Leinwand für sehr viel wertvollen „The Legend of Zelda“-Output.
Charaktere mit Charme, Witz und Tiefgang – wenn Welten kollidieren!
Im Fokus von „Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung“ stehen die Helden und Heldinnen, die wir aus BotW kennen. Es sind jene Charaktere, die uns während der gesamten Reise in Breath of the Wild begegnet sind: Neue BotW-Figuren wie Mipha, Revali, Urbosa oder gar Daruk, die Recken von Hyrule, oder altbekannte Figuren wie Impa, Link und Zelda, die in dem Zusammenspiel dieses Warriors-Ablegers ganz anders aufblühen können.
In „Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung“ sehen wir sie allesamt zu ihrer Blütezeit. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass BotW erst 100 Jahre nach der sagenumwobenen Verheerung spielt und nicht alle Lebewesen in diesem Universum so lange leben. Deshalb gibt es viele dieser Charaktere in BotW teils nur als spirituelle Manifestation zu sehen, was der potenziellen Figurenkonstellation schadet.
Doch in ZdV verteidigen wir ganz Hyrule vor der Verheerung und das beispielsweise Seite an Seite mit dem Goronen Daruk, der den Protagonisten Link wie einen Bruder betrachtet und mit dem wir die felsigen Berglandschaften am Todesberg vor der Verheerung schützen. Zudem streifen wir mit der Zora-Prinzessin Mipha agil durch wässrige Gefilde oder sausen mit dem gefiederten und überspitzt selbstbewussten Orni Revali durch die Lüfte. Doch insbesondere Urbosa mit ihrer Macht über Blitz und Donner bietet aus spielerischer Sicht ungemeines Potenzial.
Am Ende ist es die tiefgreifende Erzählung, die vollständig von diesen charmanten Charakteren und ihrer Konstellation getragen wird, die uns nur in dieser Weise so emotional einspannen kann und das Spiel zu einer unvergesslichen Reise werden lässt.
Denn das Schöne ist, dass wir nach BotW nun endlich so richtig viel Zeit mit ihnen verbringen dürfen, was in BotW an einigen Stellen zu kurz kam. Das spiegelt sich im gesamten Handlungsverlauf wider und wird dadurch unterstützt, dass wir so gut wie alle wichtigen Charaktere auch selbst spielen können. Für jeden spielbaren Charakter gibt es sogar Nebenmissionen, die wichtig für die Charakterentwicklung und Verbindungen sind, die wir zu ihnen aufbauen. Das kennen wir beispielsweise aus Dragon Age oder Mass Effect.
Am wichtigsten erscheint hier also die Tatsache, dass diese äußerst stark inszenierten Charaktere untereinander Zeit miteinander verbringen. Das ist ungemein wichtig. Denn wenn so unterschiedliche Figuren aufeinandertreffen, ist es per se immer recht spannend anzusehen, was passiert, da wie in diesem Fall Welten kollidieren. So passiert es in ZdV, dass wir endlich mit den Champions von Hyrule als ganze Truppe umherstreifen können, was ein tiefgreifendes, verbindendes Gefühl entstehen und uns diese magische Reise nicht vergessen lässt.
Endlich Publikumslieblinge spielen!
Während wir uns in BotW also nahezu vollständig alleine im Kampf gegen all das Böse befinden, weichen uns die Recken in ZdV nie wirklich von der Seite. So fühlt sich die Welt pompöser und greifbarer an, während wir uns als aktiver und passiver Teilnehmer oder passive Teilnehmerin an unterhaltsamen Dialogen, spannenden Schlachten und der einen oder anderen Wendung im Spiel erfreuen dürfen. All das geschieht, während wir noch tiefer in die Welt Hyrule gezogen werden.
Dabei ist ein äußerst schöner Nebeneffekt, dass wir sogar die weiblichen Heldinnen und Publikumslieblinge wie Urbosa oder Zelda spielen dürfen. Denn wie wir es bereits in BotW vernommen haben, ist die Gerudo-Königin Urbosa eine starke Kriegerin, die nicht lange fackelt und all ihre Feinde niedermäht. Es ist eine echte Wohltat, neben Mipha, Impa und weiteren Figuren in die Haut von Urbosa schlüpfen zu dürfen.
Doch nicht nur die Gerudo-Königin überzeugt. Die Tragweite dieser Entscheidung erkennen wir unter anderem anhand von Prinzessin Zelda.
Sie kämpft im gesamten Handlungsverlauf zu weiten Teilen auch gegen sich selbst und hadert mit ihren Fähigkeiten, was eine nachvollziehbare Emotionalität schafft und dem Charakter Glaubwürdigkeit verleiht. Sie ist ein Charakter im Spiel, der sogar über eine echte Evolutionsstufe in der Charakterentwicklung verfügt, diese dynamische Figur wird sogar im Gameplay widergespiegelt. Wo verborgene Fähigkeiten schlummern, gibt es zumeist recht nachvollziehbar ein logisches Erwachen. Ohne groß spoilern zu wollen, entpuppt sich Zelda in jedem der beiden Movesets zu einer echten Lieblingsfigur im Spiel, als wäre sie nicht ohnehin schon eine der beliebtesten Figuren im Franchise gewesen.
Die weiblichen Charaktere machen eine gute Figur und zeigen, dass auch das Zelda-Franchise in Zukunft auf spielbare, weibliche Protagonisten setzen sollte. Ein möglicher Ansatzpunkt wäre es, Zelda als Co-Protagonistin im Sequel spielbar zu machen.
Und sogar ganz neue Charaktere wie die zeitreisenden Shiekah-Wächter oder der mysteriöse Seher Astor werden im Prequel eingeführt, die die Figurenpalette erweitern, sodass wir am Ende auch aus dieser Perspektive nur kaum um das Spiel herumkommen.
Die Rahmenhandlung, die all die alten und neuen Charaktere einschließt, entwickelt sich zu einem großen Ganzen, das unweigerlich mit den Geschehnissen in BotW verwoben ist. Schließlich müssen wir also sogar das Prequel spielen, um die ganze Geschichte zu kennen und das nicht zuletzt auch, um bestmöglich auf „The Legend of Zelda: Breath of the Wild 2“ vorbereitet zu sein.
Von Verbindungen und Brücken
„Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung“ schafft am Ende etwas, was wohl kaum ein Warriors-Titel zuvor geschafft hat. Deshalb ist es auch ziemlich clever von Nintendo, mit Omega Force diesen Schritt zu gehen. Der Entwickler kann den Zelda-Fans mit dieser Idee so viel mehr geben, losgelöst von den Handlungen in BotW, und trotzdem weichen sie nicht vom Kurs ab.
Auf der einen Seite bleibt also ein wohliges Gefühl, wieder zurück im vertrauten Zelda-Universum zu sein, das durch BotW in 2017 neue Züge annahm, und auf der anderen Seite erforschen wir so viel Neues, dass sich „Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung“ wie eine ganz neue Abenteuerreise anfühlt. Kein Fan des Zelda-Franchise kommt um diesen Titel herum und das ist auch vollkommen in Ordnung so.